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Ägyptologie Forum >> Schrift & Sprache


1) Rote Schriftfarbe
Andi am 01.06.2005 um 13:53:06

Hallo zusammen,

wie ist das nun genau mit der roten Schriftfarbe.
Einige sagen, damit kennzeichnet man alles schlechte und Negative, weil es an roten Wüstensand erinnert.
Andere dagegen meinen, dass rot der Hervorhebung dient und als "Überschriftsfarbe" und somit eigentlich positiv zu verstehen ist.  

Danke für eure Infos!  


2) Re: Rote Schriftfarbe
JMK am 01.06.2005 um 16:46:17

Hallo Andi!


Zitat:
Einige sagen, damit kennzeichnet man alles schlechte und Negative, weil es an roten Wüstensand erinnert.


Na, das klingt ja eher nach Ägyptomanie und Esoterik. Zumal sich mir der Zusammenhang von "Negativ" und "Roter Wüstensand" nicht direkt erschließt.

Nimm es einfach mal ganz un-geheimnisvoll: Die Hieroglyphenschrift kannte keine echten Satzzeichen. Die einzige Möglichkeit einer sinnvollen Unterteilung waren der sog. "Verspunkt", der Sinneinheiten markieren sollte sowie die Kennzeichnung eines neuen Abschnitts, indem man den Anfang des "Absatzes" (achtung, moderner Begriff!) einfach in rot schrieb. Dieses sog. "Rubrum" diente dann der optischen Gliederung, anhand derer man sich im Text schnell bis zur gewünschten Stelle hangeln konnte.

HTH

Crossinger

> Antwort auf Beitrag vom: 01.06.2005 um 13:53:06


3) Re: Rote Schriftfarbe
 Gast_A. am 01.06.2005 um 19:00:42

Hallo Andi,

Das Rote diente in Texten wie JMK geschrieben hat zur Textgliederung. Allerdings besaß es auch in diesem Zusammenhang eine "magische" Komponente, die Schreiber dazu veranlasste Kombinationen bestimmter Zeichen, die in rot geschrieben offenbar als bedrohlich empfunden wurden, zu vermeiden. Ich habe mal ein Beispiel aus dem Papyrus Sallier II angehängt, das dieses Schema gut veranschaulicht. Das in schwarzer Tinte geschrieben Auge war eine "normale" Hieroglyphe. Aber als "rotes Auge" war es gefährlich (auch heute noch ist der "böse Blick" in vielen Ländern eine Bedrohung). Daher schrieb man es auch in den Rubren (also den roten Einleitungsversen) in schwarzer Tinte. Einen ähnlichen Zweck haben ja auch die "Verstümmelungen" von Hieroglyphen in magisch-religiösen Texten (zB. der Pyramidentexte).

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 01.06.2005 um 13:53:06


4) Re: Rote Schriftfarbe
Maketaton am 01.06.2005 um 19:42:16


Hi,

auf der Turiner Königsliste wurde Djosers Name als einziger mit einem Rubrum geschrieben.

Dies wird doch wohl weder was mit Texteinteilung noch mit negativer Magie zu tun haben!?

Viele Grüße
Maketaton

> Antwort auf Beitrag vom: 01.06.2005 um 19:00:42


5) Re: Rote Schriftfarbe
 Gast_A. am 01.06.2005 um 20:22:26

Hallo Maketaton,

hierzu hat sich D. Wildung (Die Rolle ägyptischer Könige im Bewußtsein ihrer Nachwelt, MÄS 17, Berlin 1969, S. 65) geäußert. Es dürfte sich dabei wohl um die strukturierende Funktion der Rubren handeln. Sie sind ja ein typisches Werkzeug in Listen (vgl. Abusir-Papyri).

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 01.06.2005 um 19:42:16


6) Re: Rote Schriftfarbe
 Michael Tilgner am 01.06.2005 um 20:59:28

Hallo, Andi,

das Lexikon der Ägyptologie, Bd. V, Sp. 313-314, Stichwort: "Rubrum" faßt die Verwendung der mit roter Tinte geschriebenen Rubren zusammen. Statt daß ich das wiederhole: Kann jemand diesen Abschnitt hier einfügen?

Speziell im Stichwort "Akten" [sowas gab es auch im alten Ägypten!], Bd. I, Sp. 118-126 wird auch auf die in rot geschriebenen Texttteile eingegangen (Sp. 120). (Und diese Passage auch?) -- Danke, Nauna!

Wer es noch genauer wissen will, kann sich in Wolfgang Helck, Altägyptische Aktenkunde des 3. und 2. Jahrtausends v. Chr., München/Berlin, 1974, Kapitel "Die Benutzung der roten Tinte", S. 53-63 informieren.

Zum Gebrauch der roten Tinte äußert sich auch: Manfred Weber, Beiträge zur Kenntnis des Schrift- und Buchwesens der alten Ägypter, Köln, 1969, S. 51-53

Ausführlich wird die Frage des Gebrauchs roter Tinte bzw. die Vermeidung ihres Gebrauchs aus magischen Gründen abgehandelt in:
  • G. Posener, Sur l'emploi de l'encre rouge dans les manuscrits égyptiens, in: JEA, Bd. 37,S . 75-80 (1951)
  • G. Posener, Les signes noirs dans les rubriques, in: JEA, Bd.  35, S. 77-81 (1949)

Aber wie gesagt, die entsprechenden Aussagen sind in den genannten Lexikonartikeln zusammengefaßt dargelegt.

Viele Grüße,
Michael Tilgner



> Antwort auf Beitrag vom: 01.06.2005 um 20:22:26


7) Re: Rote Schriftfarbe
 naunakhte am 01.06.2005 um 21:24:06 - Anhang: 2 Anhänge

Hallo Michael,

ich werde dir mal deine Wünsche erfüllen.  

Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 01.06.2005 um 20:59:28


8) Re: Rote Schriftfarbe
Gitta am 01.06.2005 um 21:40:25 - Anhang: 2 Anhänge

Und hier ist noch die Passage aus Helck's "Aktenkunde". Da die Seite 1 leider etwas verunglückt ist, habe ich sie noch einmal gesondert eingescannt.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 01.06.2005 um 21:24:06


9) Re: Rote Schriftfarbe
 Michael Tilgner am 01.06.2005 um 21:44:05

Danke, Nauna und Gitta!

Gitta, ich muß mir doch noch mal Gedanken über Deine Bibliothek machen  

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 01.06.2005 um 21:40:25


10) Re: Rote Schriftfarbe
Gitta am 01.06.2005 um 21:52:10


Zitat:
Gitta, ich muß mir doch noch mal Gedanken über Deine Bibliothek machen


Naja, ich glaube, das war eher sowas wie die Sache mit dem blinden Huhn und dem Korn

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 01.06.2005 um 21:44:05


11) Re: Rote Schriftfarbe
 naunakhte am 02.06.2005 um 08:52:48

wer es ganz knapp zusammengefasst haben möchte, schaue im Forumslexikon1 nach.  

nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 01.06.2005 um 20:59:28


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=lexikond&id=050602082351