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1) Die Stele des Nemtiemhat
 Michael Tilgner am 03.10.2005 um 21:29:43 - Anhang: 2 Anhänge

Liebe Ägyptenfreunde,

kürzlich hat mich Naunakhte auf die schön gearbeitete Stele des Nemtiemhat (Kairo CG 20088) aufmerksam gemacht.



Wie wäre es mit einer kleinen Übersetzungsübung?

Die Stele ist auch abgebildet in: Francesco Tiradritti (Hrsg.), The Cairo Museum. Masterpieces of Egyptian Art,
Thames & Hudson, London, 1999, S. 94 [dieses Buch gibt es in Deutsch unter dem Titel: „Die Schatzkammer Ägyptens“].

Die Textteile lassen sich wie folgt gliedern.

  • Text A (oberhalb der Szene links) ist von rechts nach links zu lesen; er hat 11 Zeilen, nennen wir sie mal A1 ... A11.
  • Text B (oberhalb der Szene rechts) ist von links nach rechts zu lesen; mit den Zeilen B1 ... B13.
  • Unterhalb der Szene ist links der Text C mit den Spalten C1 ... C4.
  • Die Gabenbringer unten rechts enthalten die Beischriften: D1 ... D2.

Es handelt sich um die bekannte Opferformel Htp-Di-nsw (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 567), manchmal auch Htp-di-nsw gelesen.

Text A

Die Zeilen A1 ... A6 sind vergrößert als Anhang beigefügt.

A1: Htp-Di-nsw Wsir xnti-imn.tiw
„Ein Opfer, das der König gibt (und) Osiris, der Erste / an der Spitze der Westlichen“

Das Zeichen M23 sw steht als Abkürzung für nsw „König“ (Hannig, S. 431). Es wird ehrenhalber nach vorne gestellt.

xnti-imn.tiw „Chontamenti“ (Hannig, S. 1232)
xnti „vorn befindlich ... an der Spitze (von Personen)“ (Hannig, S. 607-608)
imn.tiw „die Toten (im westlichen Totenland), die Westlichen“ (Hannig, S. 72) - Das Wort leitet sich von imn.t „rechte Seite; der Westen“ ab (auch imnt.t geschrieben; imn.tj „westlich“ ist ein hieraus abgeleitetes Adjektiv (sog. „Nisbe-Bildung“ [leider ist der Eintrag zu Nisbe im Lexikon verlorengegangen]), das auch als Substantiv verwendet werden kann: "der Westliche". imn.tiw ist der Plural. Zur Schreibung: Das erste Zeichen ist R14 imn.t, das zweite ist G4 tiw, das Ganze ist ebenfalls eine abkürzende Schreibweise.

Zum Gott Chontamenti bzw. zu seiner Verschmelzung mit Osiris zu Osiris-Chontamenti siehe den Beitrag im
Lexikon der Ägyptologie, Bd. I, Sp. 964-965.

Wer möchte sich mal an A2 versuchen?

Viele Grüße,
Michael Tilgner

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2) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 heka-waset am 03.10.2005 um 22:14:34

Also ich kann was lückenhaftes zu A2 sagen:

Das ganze beginnt wieder mit der Opferformel

Htp-Dj inpw nb(.w) tA ?? Müsste D40 sein, Htp-Dj



> Antwort auf Beitrag vom: 03.10.2005 um 21:29:43


3) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Gast_A. am 03.10.2005 um 22:51:14 - Anhang: Parallelen_1.jpg

Hallo,

kleine Lesehilfe: Das Zeichen wird - wie die beigefügten Beispiele zeigen - ziemlich unterschiedlich geschrieben (die Parallelen stammen alle aus einem zeitlich nahen Umfeld wie unsere Musterstele (aus dem British Museum).
Das Beispiel (1) scheint Hekas Lesungsvorschlag in ähnlicher Form zu bestätigen. Allerdings sind Beispiele (2) und (3) doch schon wieder problematisch, wenn es sich wirklich um Gardiners Hieroglyphe D40 (Arm mit Messer)


handeln soll. Wenn man sich Beispiel (1) genauer ansieht, kann man nach dem fraglichen Zeichen noch eine Hieroglyphe über dem Landzeichen (N25) erkennen. Dieses Zeichen ist ein sogenanntes phonetisches Komplement und gibt Hinweis auf die Lesung von Hekas Hierogylphe "D40".
Vielleicht hilft das hier etwas...

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 03.10.2005 um 22:14:34


4) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 snormi am 03.10.2005 um 23:14:43

Wie wäre es mit nb tA Dsr Herr des Heiligen Landes, ein Epitheta des Anubis

Wollte noch nachtragen das tA Dsrder Name des Nekropolenareals in Abydos ist

> Antwort auf Beitrag vom: 03.10.2005 um 22:51:14


5) Re: Die Stele des Nemtiemhat
Gitta am 03.10.2005 um 23:28:53

Würde ich zustimmen. Dann gehts weiter:

Htp dj anqt (?) Xnmw nTrw Abu dj sn prt xrw

Ein Opfer, das Anuket (die Schreibung ist etwas merkwürdig) und Chnum geben, die Götter von Elephantine, sie geben ein Totenopfer (bestehend aus)....

> Antwort auf Beitrag vom: 03.10.2005 um 23:14:43


6) Re: Die Stele des Nemtiemhat
Gitta am 03.10.2005 um 23:55:49

...kA(?) Apd Ss mn(xt) xt nb(t) nfr(t) wab(t) anxt nTr jm mrrt Ax nTrw wnm

...Rindern (?), Geflügel, Alabaster, Leinen und alle guten und reinen Dinge, von denen ein Gott lebt und das die göttlichen Seelen zu essen lieben

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 03.10.2005 um 23:28:53


7) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Gast_A. am 04.10.2005 um 00:14:27

Nochmal kurz zurück auf das „Heilige Land“ (tA-Dsr). Die Übersetzung ist nach den Maßstäben des Lexikons richtig. Aber sie suggeriert, dass wir wissen, was der Begriff Dsr wirklich bedeutet. Eigentlich bleibt schon der moderne Begriff „heilig“ so schwammig und unkonkret, dass man damit alles zukleistern kann. Bei solchen modernen Übersetzungen ist unbedingt Mißtrauen angebracht!
Wir besitzen leider keine altägyptische Begriffserklärung zur Wurzel Dsr und die Übersetzung „heilig“ hat sich seit Generationen in der Ägyptologie eingebürgert! Erst 1985 hat James Karl Hoffmeier eine detailierte Untersuchung „Sacred in the Vocabulary of Ancient Egypt. The Term Dsr, with Special Reference to Dynasties I-XX“ (Orbis biblicus et orientalis [OBO] 59, Fribourg - Göttingen 1985) vorgelegt.
Darin wird deutlich, dass unsere heutigen Assoziationen mit „heilig“ (soweit es denn welche gibt) nur sehr bedingt das ägyptische Konzept von Dsr treffen. Offenbar liegt diesem Terminus im religiösen Kontext die aktive Grundbedeutung „abwehren/zurückweisen“ zu Grunde. Damit verbundene Begriffe sind also nicht frei zugänglich bzw. für Unbefugte „verschlossen“ . So verstanden ist auch das tA-Dsr in einem entsprechenden Licht zu sehen.

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 03.10.2005 um 23:14:43


8) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 heka-waset am 04.10.2005 um 14:30:25

also am besten einfach t3-dsr stehen lassen würde ich sagen

> Antwort auf Beitrag vom: 04.10.2005 um 00:14:27


9) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Gast_A. am 04.10.2005 um 15:21:34 - Anhang: Anuket_1.jpg

Hallo Gitta!

Zitat:
Ein Opfer, das Anuket (die Schreibung ist etwas merkwürdig) und Chnum geben, die Götter von Elephantine, sie geben ein Totenopfer (bestehend aus)....

Anuket ist von Dir sicherlich aus der Nennung von Chnum erschlossen worden. Die Schreibung ist in der Tat für die Göttin Anuket sehr merkwürdig und sollte daher nochmal angesprochen werden. Das Beispiel 5 der tA-Dsr-Parallelen setzt sich ganz ähnlich zu unserer Stele fort (s. Bild; links die Schreibung bei Nemtiemhat, rechts bei der BM-Stele). Dort tritt dieselbe Zeichenfolge bei der Gottheit auf. Zweimal dieselbe „merkwürdige“ Schreibung eines Götternamens wäre erstaunlich! Ein Vergleich der Determinative kann hier vielleicht weiterführen...

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 03.10.2005 um 23:28:53


10) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Geistsucher am 04.10.2005 um 15:38:10

Ich sehe in # 8 einen Frosch:
Göttin Heqet.

> Antwort auf Beitrag vom: 04.10.2005 um 15:21:34


11) Re: Die Stele des Nemtiemhat
Qn-hr-hps.f am 04.10.2005 um 15:39:24

Also doch @qt = die Froschgöttin Heqet.

Und nach nTrw steht doch noch jmjw, mit dem w kann ich zwar im Moment nichts anfangen. jmj wäre aber der darin befindliche.
Den Ort würde ich nicht Elephantine lesen, sondern AbDw Abydos.
Frei übersetzt dann: die Götter die in Abydos sind.



> Antwort auf Beitrag vom: 04.10.2005 um 15:21:34


12) Re: Die Stele des Nemtiemhat
Gitta am 04.10.2005 um 15:42:03

Hallo A,

ich hatte zunächst hqt gelesen. Das Determinativ fand ich auch noch ganz passend, nicht aber den Zusammenhang. Dazu fällt mit höchstens ein, dass sowohl Chnum als auch Heket etwas mit Schöpfung/Geburt zu tun haben. Aber auf Elephantine? Das "h" habe ich deshalb eher als verunglücktes "anch" angesehen, obwohl ich eine Schreibung der Anuket mit einem "anch" auch nicht kenne. Aber es kommt ja manchmal vor, dass bei Privatstelen schon mal falsche Schreibungen zu finden sind.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 04.10.2005 um 15:21:34


13) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Gast_A. am 04.10.2005 um 16:08:01 - Anhang: LAe_Heqet_1123-24.jpg

Anbei der LÄ-Eintrag zu Heqet (LÄ II, 1123f.). Damit erweist sich dann auch die Lesung "Abydos", die Qn-hr-hps.f anstelle von Elephantine vorgeschlagen hat, als richtig!

> Antwort auf Beitrag vom: 04.10.2005 um 15:42:03


14) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Michael Tilgner am 04.10.2005 um 17:01:51 - Anhang: 2 Anhänge

Hallo, Gast_A und die anderen,

nochmal zu tA Dsr "Heiliges Land, Nekropole"!

Bereits vor der von Dir zitierten Arbeit gab es schon ähnliche Auffassungen; siehe den beigefügten Ausschnitt aus dem Eintrag "Alltagswelt und Heilige Welt" im Lexikon der Ägyptologie, Bd. I, Sp. 138-144 (immerhin 1975 erschienen!).

Vorsichtshalber füge ich schon mal den nächsten Ausschnitt für die Übersetzungsversuche an.

Leider komme ich erst heute abend dazu, auf die vorgeschlagenen Übersetzungen einzugehen.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 04.10.2005 um 00:14:27

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15) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Michael Tilgner am 04.10.2005 um 22:09:43

Liebe Freunde,

ich bin über die Resonanz, die dieses Thema gefunden hat, sehr überrascht! Vielen Dank an alle Beteiligten, die etwas zur Übersetzung beigetragen haben.

Ich fasse mal zusammen, was wir bis jetzt haben.

Text A - Fortsetzung

A2: Htp Di Inpw nb tA-Dsr
"ein Opfer, das Anubis gibt, der Herr des Heiligen Landes / der Nekropole"

nb tA-Dsr "Herr des Heiligen Landes" (Hannig, S. 914) - siehe dazu auch das Posting von Gast_A zur Bedeutung von Dsr

Die folgende Phrase geht über mehrere Zeilen (Zeilenübergang = | )

A2-A4: Htp Di | @q.t $nmw nTr.w imi.w | AbDw
"ein Opfer, das Heqet, Chnum und die Götter geben, die in Abydos sind"

@q.t "Heqet" (Hannig, S. 1228) - Determinativ I 7 "Frosch"
$nmw "Chnum" (Hannig, S. 1234)
imi "darin befindlich sein" (Hannig, S. 47) - @Qn-hr-hps.f: das .w von imi.w ist der Plural zum Bezugswort nTr.w "die Götter"
AbDw "Abydos" (Hannig, S. 1293)

@Gitta: ich glaube, die anderen Postings haben die Lesungen Heqet und Abydos überzeugend dargelegt.

Die folgenden Teile gehören ebenfalls zusammen:

A4-A6: di=sn pr.t-xrw iH.w Apd.w Ss mnx.t ix(.t) nb(.t) | nfr(.t) wab(.t) anx.t nTr im mrr.t Ax.w | wnm im
"sie geben ein Totenopfer (bestehend aus) Rind, Geflügel, Alabaster, Kleidung und allen guten, reinen Dingen, von denen ein Gott lebt und wovon die Verklärten zu essen  lieben"

@Gitta: echt super, Deine Übersetzung! Kann ich weitestgehend nachvollziehen.

Zu recht schreibst Du ein Fragezeichen bei der Lesung kA F1 "Rinderkopf", das inzwischen als iH gelesen wird (Hannig, S. 1043). Zwar bemerkt Hannig, S. 96,: "in der 'abkürzenden' Schreibung nicht immer von kA Stier zu trennen", aber siehe Günther Lapp, Die Opferformel des Alten Reiches. Unter Berücksichtigung einiger späterer Formen, Mainz, 1986, S. 128 belegt die Schreibung iH, wie schon Grapow in den Belegstellen zum Großen Wörterbuch vermerkt hat. Im Mittleren Reich werden iH.w undApd.w als Kollektivbegriffe aufgefaßt (Lapp, S. 120).

Apd.w "[Plural] Geflügel" (Hannig, S. 7)
Ss "Ägyptischer Alabaster" (Hannig, S. 834) - das  Zeichen W3 ist hier Determinativ (Hannig, S. 1093)
mnx.t "Kleid, Gewand" (Hannig, S. 341) - Zeichen S27 "unfertiges Tuch mit zwei Kettfäden" (Hannig, S. 1079)

ix.t nb.t nfr.t wab.t anx.t nTr im "alle guten und reinen Dinge, von denen ein Gott lebt" (Hannig, S. 98 [siehe bei ix.t unter Bedeutung (4)]
im [Adverb/Pronomialadjektiv; Gebrauchsweisen entsprechend der Präposition m] (Hannig, S. 47)
mrr [Partizip imperfektiv aktiv] "liebend" - weibliche Endung wegen ix.t
Ax "Ach-Geist, Verklärter; der würdige Tote" (Hannig, S. 11) - Das Zeichen dahinter - wohl A40 - würde ich als Determinativ auffassen und nicht lesen. Zum "Ach": Lexikon der Ägyptologie, Bd. I, Sp. 49-52
wnm "essen" (Hannig, S. 198)

@Gitta: das letzte rückbezügliche im hast Du übersehen

Bis dahin erstmal! Wer macht weiter?

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 04.10.2005 um 17:01:51


16) Re: Die Stele des Nemtiemhat
Gitta am 04.10.2005 um 22:17:18

jm m smdt m wAg DHtt

dort zum Halbmondfest und zum Wagfest (18. des Monats Thot, Fest des Osiris und der Toten - Hannig, Band 2, Seite 592) und "Djehutet" (ebenfalls ein Fest - ders. Seite 596)

n kA n jmAx

für den Ka des Ehrwürdigen...

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 04.10.2005 um 22:09:43


17) Re: Die Stele des Nemtiemhat
Gitta am 04.10.2005 um 22:58:46

wr-swnw srqt sS smAyt NmtjmHAt mAa Xrw

... Arzt und Skorpionstichheiler (Hannig 1, Seite 731 - das evtuelle aHa? könnte ein Determinativ sein), den Schreiber des Archivs, Nemtiemhat, wahr an Stimme.

Wie wird eigentlich der Name abgeleitet? Von Schreiten? "Der vorn Schreitende"?

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 04.10.2005 um 22:17:18


18) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Gast_A. am 05.10.2005 um 01:14:23

Hallo Gitta!

Gemäß ähnlich aufgebauter Titel ist das Zeichen nicht
sondern
zu lesen. Das kann man bei der Sauklaue am Original aber wirklich nicht erkennen! Nemtiemhat war ausserdem nicht einfach in irgendeiner Praxis in Abydos tätig, sondern als wr-s(w)nw und nach W. Helcks Ergebnissen (Beamtentitel, 66) ein „Leiter der Hofärzte“ (wenn man die Ergebnisse Helcks vom Alten auf das Mittlere Reich überträgt). Zumindest stand er wohl ganz weit oben in der Hierarchie (In Titelketten steht z.B. ein wr einer Gruppe von xrp-Untergebenen vor, die wiederum einer Arbeitergruppe kontrollierten; es heißt dann also etwa wr xrp(.w) Hmw.w "Leiter der Vorsteher der Handwerker").

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 04.10.2005 um 22:58:46


19) Re: Die Stele des Nemtiemhat
Gitta am 05.10.2005 um 20:08:22

Dann müsste es also heißen:

...für den Ka des Ehrwürdigen, des Oberarztes/Vorstehers der Ärzte,

srqt xsf

der den Skorpion abwehrt

... usw.

@Michael

Zitat:
@Gitta: echt super, Deine Übersetzung! Kann ich weitestgehend nachvollziehen.

Das werde ich mir glatt einrahmen. Bei meinen Übersetzungskünsten kommt das ja nicht allzu oft vor

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 05.10.2005 um 01:14:23


20) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Gast_A. am 05.10.2005 um 21:35:47 - Anhang: Gardiner_S42.jpg

Hallo Gitta,

Das Gardiner-Zeichen S42
liest Du als xsf. Diese Wurzel gehört allerdings zu dem ähnlich aussehenden Zeichen U34.
Ich habe mal die Gardiner-Kommentierung aus dessen Sign-List zu S42 reingestellt (der graue Textabschnitt). Daraus wird auch die korrekte Reihenfolge der Titelsequenz ersichtlich.

Zu den unterschiedlichen Stöcken und ihren verschiedenen lautlichen Lesungen im Hieroglyphenschriftbild ist Ali Hassans Dissertation „Stöcke und Stäbe im Pharaonischen Ägypten bis zum Ende des Neuen Reiches“ in der Reihe Münchner Ägyptologische Studien (MÄS) Bd. 33 (München-Berlin 1976) zu empfehlen.

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 05.10.2005 um 20:08:22


21) Re: Die Stele des Nemtiemhat
Gitta am 05.10.2005 um 22:12:50

Dann wäre Nemtiemhat "Leiter der Ärzte und Leiter der Vorsteher der Archivschreiber"? Und was macht der Skorpion dazwischen? Ist er als Determinativ zu sehen? Vielleicht ist es ja auch gar kein Skorpion. Ich konnte kein anderes Zeichen damit in Übereinstimmung bringen.

Ich mache jetzt einfach mal gnadenlos weiter.

dj.t n=f t Hr Htp Aa n hAkr

Geben für ihn Brot auf den großen Opfertisch für das Haker-Fest

dj.t n=f aq m wjA Hr wAwt jmntt

Geben für ihn Zutritt in die Barke auf den Wegen des Westens

jmAx NmtjmHAt Hmt=f Mr-anch-snp nb.t pr

der ehrwürdige Nemtiemhat und seine Gemahlin Meranchsenep, Herrin des Hauses.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 05.10.2005 um 21:35:47


22) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Michael Tilgner am 05.10.2005 um 22:34:48

Hallo, Freunde,

nun läßt der Enthusiasmus nach?

Text A - Fortsetzung

A6-A7: m Abdw *smd.t m wAg | DHwt.t
"am Monatsfest, am Halbmonatsfest, am Wag-Fest und am Thot-Fest"

Es folgt eine Aufzählung von Festen, an denen sich der Verstorbene die Opfergaben wünscht:

m "(3) [zeitlich] an (Tag)" (Hannig, S. 311)
Abdw "Monatsfest (erster Tag der Sichtbarkeit des Mondes)" (Hannig, S. 7)
*smd.t "Halbmonatsfest" (Hannig, S. 711) - das Zeichen ist N13 (Kombination von N11 Mondsichel und N14 Stern) (Hannig, S. 1064)
wAg "Wag-Fest (am 18. des Monats Thoth, Fest des Osiris und der Toten" (Hannig, S. 177) - Zum Wagfest: Lexikon der Ägyptologie, Bd. VI, Sp. 1135-1139 (in französisch)
DHwt.t "Thot (ein Fest)" (Hannig, S. 1014)

Obwohl 4 Feste erwähnt werden, steht nur zweimal das m "am ..." da. Ich denke, daß die ersten beiden und die letzten beiden enger zusammengehören. Zum Verhältnis der letzteren siehe Lexikon der Ägyptologie, Bd. II, Sp. 174 im Eintrag "Feste", wo es heißt, daß das Wag-Fes- und das  Thot-Fest gewöhnlich gemeinsam gefeiert werden.

@Gitta: das im in A6 gehört noch zum vorhergehenden Teil (sh. mein gestriges Posting)


n kA n imAxw wr-swnw xrp-srq.t | sS smAy.t Nmti-m-HA.t mAa-xrw
"für den Ka des Ehrwürdigen / Versorgten, den Oberarzt, "Gift-Kundigen" und Schreiber des Archivs Nemtiemhat - selig"

imAxw "der Ehrwürdige; der Versorgte" (Hannig, S. 71) - zum grundlegenden Konzept der "Jenseitsversorgung": Lexikon der Ägyptologie, Bd. VI, Sp. 661
wr-swnw "Oberarzt" (Hannig, S. 677)
xrp-srq.t "*Skorpionsstichheiler (ein Arzttitel)" (Hannig, S. 731) - Im "Handbuch der altägyptischen Medizin" von Wolfhart Westendorf (Bd. 1; Leiden / Boston / Köln, 1999, S. 251) wird dieser Titel als "Leiter der Selkis" und freier mit "Gift-Kundiger" übersetzt. - Der Name der Göttin wird aus Ehrengründen vorangestellt.
sS smAy.t "Schreiber des Archivs" (Hannig, S. 703)
Nmti-m-HA.t "Nemti (der Gott) ist an der Spitze" ("Nemti": Hannig, S. 1215 ; m-HA. "an der der Spitze, S. 505) - zu Nemti, "den Wanderer": Lexikon der Ägyptologie, Bd. IV, Sp. 453 - Hermann Ranke, Die ägyptischen Personennamen, Band I: Verzeichnis der Namen, Glückstadt, 1935, S. 69, Nr. 21 liest noch an.ti (?)-m-HA.t "(der Gott) an.ti(?) ist an der Spitze"; inzwischen hat sich die Lesung des Zeichens G7b "Falke im Boot" geklärt.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 05.10.2005 um 22:12:50


23) Re: Die Stele des Nemtiemhat
Gitta am 05.10.2005 um 23:41:44

Aufgrund eines freundlichen Hinweises   hier noch einmal eine kleine Korrektur:


Zitat:
jmAx NmtjmHAt Hmt=f Mr-anch-snp nb.t pr

der ehrwürdige Nemtiemhat und seine Gemahlin Meranchsenep, Herrin des Hauses.


jmAxw NmtjmHAt Hm.t=f mr Anch-snp nb.t jmAx.t

Der Ehrwürdige*, Nemtiemhat, und seine geliebte Gemahlin Anch-senep, die ehrwürdige Herrin.

*gem. Schreibungsvorschlag von Michael s.o. jmAxw statt jmAx.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 05.10.2005 um 22:12:50


24) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Michael Tilgner am 06.10.2005 um 10:12:41 - Anhang: 2 Anhänge

Hier die Ausschnitte zum Text B.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 05.10.2005 um 23:41:44

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25) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Michael Tilgner am 06.10.2005 um 22:20:13

Hallo,

es geht gnadenlos weiter!

Text A - Fortsetzung

A9-A10: Di.t n=f t Hr Htp-aA hrw n hA | kr
"Geben für ihn Brot auf den großen Opfertisch am Tage des Haker-Festes"

(r)Di.t ist Infinitiv von (r)Di, oft auch als sog. "historischer Infinitiv" für Beischriften von Szenen verwendet. Vielleicht ist es aber aber auch alsPassiv (r)Di.tw zu lesen? "Ihm wird gegeben ..." oder gar als Wunsch: "Ihm möge gegeben werden ..."
t "Brot" (Hannig, S. 911)
hrw n "(5) am Tage des (Machens)" (Hannig, S. 496) - siehe auch die dortigen Belege zu Festtagen, u.a. die Parallele hrw n WAg "Tag des Wagfestes"
Htp aA "großer Opfertisch" (Hannig, S. 567)
hAkr "Haker-Fest" (Hannig, S. 488) - Dieses Fest wird im Lexikon der Ägyptologie, Bd. II, Sp. 929-931 behandelt, wo auch diese Stelle zitiert wird.


A10: (r)Di.t n=f a m nSm.t Hr wA.wt imnt.t
"Reichen für ihn die Hand in der Neschmet-Barke auf den Wegen des Westens"

rDi a.wi / Dr.t "die Hand reichen" (Hannig, S. 482), damit dem Verstorbenen auf die Barke geholfen wird?
nSm.t "Neschmet-Barke (des Osiris)" (Hannig, S. 435) - Bei dem Zeichen muß es sich um eine Variante von P3 "heilige Barke" handeln; wirklich nicht leicht zu erkennen! Wegen des Bezuges zu Osiris habe ich mich für diese Lesung entschieden. Man müßte mal die Parallelen zusammenstellen (Gast_A?).
wA.t "Weg" (Hannig, S. 171)


A11: imAxw Nmti-m-HA.t Hm.t=f mr(.t)=f anx=s-n=i nb.t imAx
"dem Ehrwürdigen / Versorgten Nemtiemhat (und) seiner geliebten Frau Ancheseni, die Ehrwürdige / Versorgte"

Hm.t=f mr(.t)=f "seine geliebte Frau" habe ich wegen zahlreicher Parallelstellen so ergänzt. Außerdem sieht es so aus, daß das f sowohl unter Hm.t wie auch unter mr steht!
anx=s-n=i "Ancheseni (='sie lebt für mich') - das Zeichen unter dem n ist kein p, sondern der Strich Z1; auf Zeile B13 ist dort ein Frauendeterminativ geschrieben, so daß Z1 hier als Abkürzung für "ich, mich" gelesen werden muß.
nb.t imAx "die Versorgte / die Ehrwürdige" (Hannig, S. 70) - wörtlich: "die Besitzerin der 'Jenseitsversorgtheit'"

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 06.10.2005 um 10:12:41


26) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 snormi am 07.10.2005 um 15:58:53

Lieber Michael,

ich möchte gerne eine Frage stellen.

Du schreibst  
 = Dj, Gitta umschreibt es dj.


Brunner gibt die Schreibung di / rdj in seiner Mittelägyptischen Grammatik an, Hannig trennt die Umschrift für Mittelägyptisch und später.
Ich hätte nun vermutet, dass es sich um einen Mittelägyptischen Text handelt und ebenfalls dj geschrieben. Darf ich Deiner Umschrift entnehmen, dass es sich hier um Neuägyptisch handelt?

OK, du schreibst im ersten Post man kann es so und manchmal auch so lesen. Gibt es denn keine Regeln dafür, wann man es dj und wann Dj umschreibt?

Danke

> Antwort auf Beitrag vom: 06.10.2005 um 22:20:13


27) Re: Die Stele des Nemtiemhat
Gitta am 09.10.2005 um 23:36:00

1) Htp dj nsw wsjr nb jmntt

Ein Opfer das der König gibt (und) Osiris, der Herr des Westens

2) Htp dj xntj-imntjw nb AbDw

(und) ein Opfer das Chontamenti gibt, der Herr von Abydos

3) prt xrw kA (jH) Abdw t r n Hsb Hnkt

ein Totenopfer, bestehend aus Rindern, Geflügel, Brot, mehr als zu zählen (ist), und Bier

Das "Brot" habe ich eher erraten als lesen können und das r würde ich als Komparativ ansehen und deshalb mit "mehr als" übersetzen. An Letzterem habe ich ziemlich lange geknabbert und bin demzufolge nicht sehr weit gekommen

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 07.10.2005 um 15:58:53


28) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Michael Tilgner am 10.10.2005 um 10:44:37

Liebe snormi,

Deine Frage ist berechtigt. Der Text auf der Stele ist wohl aus der 12. Dyn., also mittelägyptisch; Neuägyptisch kommt erst später auf.

Die Lesung rDi ist für das Altägyptische - also die Sprachstufe des Alten Reiches - gesichert. Elmar Edel gibt in seiner Altägyptischen Grammatik, § 459, dafür auch die Belege an. Im frühen Mittleren Reich spaltet sich D auf in D und d. Die mittelägyptische Lesung ist rdi.

Da viele der in der Stele vorkommenden Formeln schon im Alten Reich auftreten, ist es eine nachlässige Gewohnheit, die "alte" Transkription auch für die mittelägyptischen Texte anzusetzen. Richtiger wäre es, sie mit (r)di zu transkribieren.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 07.10.2005 um 15:58:53


29) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Michael Tilgner am 10.10.2005 um 11:12:39

Liebe Gitta,

schön, daß Du Dich an den Teil B herangemacht hast!

Zu der Stelle in B3, an der Du "ziemlich lange geknabbert" hast, würde ich vorschlagen:

t n Hsbw "(2) ... Brot für die Zuteilung" (Hannig, S. 911)

Das, was Du als D21 r gelesen hast, würde ich nur als Determinativ für Brot nehmen, vielleicht eine Variante von X4? Auf jeden Fall hat es eine innere Struktur, sieht fast so aus wie das Auge D4.

Ansonsten würde ich anmerken, daß Apdw "Geflügel" zu lesen ist, nicht Abdw, wohl nur ein Versehen.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 09.10.2005 um 23:36:00


30) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 snormi am 10.10.2005 um 11:20:29

Lieber Michael,

hab vielen Dank für Deine Erklärung. So ist nun die Diskrepanz zwischen Deiner und Gittas Umschrift klar.

Ganz liebe Grüße
snormi

> Antwort auf Beitrag vom: 10.10.2005 um 10:44:37


31) Re: Die Stele des Nemtiemhat
Gitta am 10.10.2005 um 11:41:22

Hallo Michael,


Zitat:
Das, was Du als D21 r gelesen hast, würde ich nur als Determinativ für Brot nehmen, vielleicht eine Variante von X4? Auf jeden Fall hat es eine innere Struktur, sieht fast so aus wie das Auge D4.


Natürlich, das ist es! Manchmal sehe ich den Wald vor Bäumen nicht

Abdw für Geflügel ist tatsächlich ein Verschreiber.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 10.10.2005 um 11:12:39


32) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Michael Tilgner am 10.10.2005 um 14:29:53

Hallo, Gitta (und die anderen natürlich auch!),

ich mach mal im Text weiter ...

Text B - Fortsetzung

B4: XAm.t DfA.w n.w nb AbDw
"'ein Bier' (und) die Speise des Herrn von Abydos"

XAm.t "ein Bier" (Hannig, S. 631) - etwas "verunglückt" das Determinativ D32 "umarmende Arme". Das folgende würde ich als Zeichen W22 "Bierkrug" bzw. W23 "Krug mit zwei Henkeln" und damit als weiteres Determinativ sehen.


B5: pr.t Hr Htp n Wsir m-xt Htp kA=f im
"welche kommen vom Opferaltar des Osiris, nachdem sein Ka sich daran delektiert hat"

prj Hr wdHw n Imn "(13) vom Opfertisch des Amun kommen" (Hannig, S. 284) sehe ich hier als Parallele; statt wdHw "Opfertisch" steht hier eindeutig Htp "Opfertafel, Opferplatte, Opferaltar" (Hannig, S. 567) - Da mit pr.t ein feminines Partizip vorliegt, fragt man sich, was das dazugehörige Bezugswort ist: pr.t-xrw oder die ganze Aufzählung der Opfergaben als Kollektivum?
m-xt "[Präposition] nach" (Hannig, S. 311)
Htp "(2) [mit Objekt] zufrieden sein mit, sich delektieren an (auch Gott an Opfer)" (Hannig, S. 568) - Ich kann auch nichts dafür, daß dieses Htp so viele Bedeutungen hat!

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 10.10.2005 um 11:41:22


33) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Michael Tilgner am 17.10.2005 um 16:44:41

Liebe Freunde,

Text B - Fortsetzung

Während der nächste Abschnitt in B6 bis zum Namen klar ist - ich laß ihn hier einmal weg -, wird der darauffolgende Abschnitt knifflig! Hier meine Übersetzung; Anmerkungen sind erwünscht!

B6-B7: sbi.tw n=f | a Xr Htp.t m Hb.w n.w Xr.t-nTr Hna
"Möge ihm gebracht werden ein Arm, beladen mit Speisen / Opfer an den Festen der Nekropole zusammen mit ..."

sbi "(6) herbeibringen, bringen" (Hannig, S. 683)
a "Arm" (Hannig, S. 121)
Xr "(3) [als Paraphrase für 'tragen'] tragen(d), beladen mit, haltend (in den Händen)" (Hannig, S. 638)
Htp.t "Speisen, Opfer (für Götter, Tote)" (Hannig, S. 567)
Xr.t-nTr "Nekropole, Totenreich" (Hannig, S. 643) - das fragliche Zeichen scheint eine Kombination von R8 "Götterfahne" und T28 "Schlachtblock" zu sein; siehe auch die Schreibvariante bei Hannig, S. 643
Hna "zusammen mit" (Hannig, S. 538) - leicht verunglückte Schreibung wegen Platzmangel


B8: Smsw n Wsir Hr war.t 'di.t Htp.t'
"dem Gefolge des Osiris vom Nekropolenbezirk 'Geben der Speise'"

Smsw n Wsir "Eskorte des Osiris" (Hannig, S. 823) - ich habe die andere Übersetzung "Gefolge" für Smsw als passender gewählt
Hr "(2) [Herkunft] Hr xAs.t vom Gebirge her" (Hannig, S. 546)
war.t "Nekropolenbezirk" (Hannig, S. 186)
di.t Htp.t denkbar wäre auch ein perfektisches aktives Partizip (wird zumeist mit r geschrieben, gibt es aber auch ohne; Gardiner, Egyptian Grammar, § 359 anom.); also zu übersetzen: "der Nekropolenbezirk, der Speisen / Opfer gibt". Jedoch weist Erman / Grapow, Wörterbuch, Bd. I. S. 288 unter dem Stichwort war.t auf folgendes hin: "Besonders von den einzelnen Abteilungen der Nekropole von Abydos mit folg. Angabe von deren Namen, z.B. war.t nb.t Htp.t der Nekropolenbezirk namens 'Herrin der Opfergaben'".

Viele Grüße,
Michael Tilgner



> Antwort auf Beitrag vom: 10.10.2005 um 14:29:53


34) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Michael Tilgner am 19.10.2005 um 18:44:25

Liebe Freunde,

@Nauna: Hier kommt der Bezug zu Mentuhotep II., allerdings nicht bei Nemtiemhat selbst, sondern bei seinem Sohn!


Text B - Fortsetzung

B9: Dd n=i imn.t ii-wi m Htp saH mnx
"Der Westen [= die Nekropole] möge mir sagen: 'Willkommen, trefflicher Edler, ..."

imn.t "Westen; Totenreich, Nekropole" (Hannig, S. 72) - Variante von imnt.t
ii-wi m Htp "(3)  Begrüßungsformel: Willkommen" (Hannig, S. 28)
saH "Würdenträger, Vornehmer, Adliger, Edler, Würdevoller" (Hannig, S. 671) - in der Vergrößerung ist klar das Zeichen E31 "Ziege mit Halsband und Siegel" zu erkennen!
mnx "tüchtig, richtig, vortrefflich, qualitativ gut sein" (Hannig, S. 340) - das Zeichen ist U22 "Lochbeitel"
Interessant der Perspektivenwechsel von der 3. Person zur 1. Person Einzahl!


B10: rx rA=f m-m anx.w
"... der richtig zu reden weiß unter den Lebenden'"

rx rA=f "richtig zu reden wissen" (Hannig, S. 474) - die Stelle könnte man auch nominal übersetzen: "ein 'richtig zu reden Wissender'"
m-m "[Präposition] unter (einer Anzahl von Menschen, Tieren, Sachen)" (Hannig, S. 312)
anx "(1) der Lebende (2) der Lebende (im Jenseits), *der Wiedergeborene" (Hannig, S. 146)
Hier schließe ich die direkte Rede mal ab, weil nun die Titel folgen.

B10-B11: Xri-Hb.t Hri-tp | m Ax-s.w.t (Nb-Hp.t-Ra)| Hm-nTr @r-smA-tA.wi
"Der Oberste Vorlesepriester im Ach-sut Nebhetepre, Priester des Horus-Sematawi, ..."

Xri-Hb.t Hri-tp m Ax-s.w.t (Nb-Hp.t-Ra)| "Oberster Vorlesepriester im Ach-sut Nebhetepre" (Hannig, S. 641)
Ax-s.w.t (Nb-Hp.t-Ra)| "Ach-sut Nebhetepre (Name des Totentempels von Mentuhotep II. in Deir el-Bahari)" (Hannig, S. 1294)
Nb-Hp.t-Ra "Herr des Steuerruders ist Re", Thronname von Mentuhotep II. (Hannig, S. 1261) - das Zeichen in der (senkrecht geschriebenen!) Kartusche ist P8 "Ruder" - zu nb Hp.t (Hannig, S. 524)
Hm-nTr @r-smA-tA.wi "Priester des Horus-Sematawi" (Hannig, S. 528)
@r-smA-tA.wi "Harsomtus" (Hannig, S. 1227) - zum Gott Somtus und zu seiner Verbindung mit Horus: Lexikon der Ägyptologie, Bd. V, Sp. 1080-1081

Auf dieser Zeile können wir die Vertauschung von Zeichen ehrenhalber mehrfach beobachten:
  • in der Kartusche wird Re nach vorne bzw. nach oben gestellt, weil Re ein Göttername ist
  • in der Ortsbezeichnung Ax-s.w.t (Nb-Hp.t-Ra)| wird der gesamte Pharaonenname vorangestellt
  • im folgenden Titel ist die Voranstellung sogar doppelt: Hm-nTr @r-smA-tA.wi,
    • zum einen bei Hm-nTr: das Gotteszeichen tritt an die erste Stelle
    • zum anderen wird der Gottesname @r-smA-tA.wi insgesamt vorn geschrieben

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 17.10.2005 um 16:44:41


35) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Michael Tilgner am 20.10.2005 um 15:07:49 - Anhang: 2 Anhänge

Liebe Freunde,

Text B - Fortsetzung und Schluß (?)

B12: Hri-sStA n pr-nfr sS imi-HA.t n miti.w=f
"Geheimrat in der Balsamierungsstätte, Schreiber, Vorbild / Führer seinesgleichen"

Hri-sStA n pr-nfr "Geheimrat in der Balsamierungsstätte" (Hannig, S. 552)
imi-HA.t "Vorbild; Führer" (Hannig, S. 66)
miti "ein Gleicher ... miti.w=j [Plural] Leute meinesgleichen" (Hannig, S. 324)


B13: &tw ir.n anx=s-n=i
"Tetu, erzeugt von Ancheseni"

ir.n "(8) erzeugt (von Vater, auch Mutter)" (Hannig, S. 88)


Trotz längerem Grübeln, Tüfteln und Knobeln kann ich den Rest nicht vollständig aufklären

B13: sn=f mr=f sm Hri-sStA .?. MHwi (?)
"sein geliebter Bruder, Sem-Priester, Geheimrat .?. Mechui(?)"

Hier muß es um die andere Person, wahrscheinlich ganz rechts gehen.
Hri-sStA "Geheimrat", abkürzende Schreibweise durch E15 (Hannig, S. 1041); denkbar ist auch sm Inpw "Sem-Priester des Anubis"
was dann kommt, kann ich nicht interpretieren; entweder gehört es schon zum Namen oder es ist ein weiterer Titel; ob ich den Namen richtig abgegrenzt habe, vermag ich ebenfalls nicht zu sagen!

Anbei noch einmal vergrößert die Szene und Text C.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 19.10.2005 um 18:44:25

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36) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Udimu am 20.10.2005 um 15:39:02

Hallo,

sn mr.f sm wtw zmA inpw mHwi

sein geliebter Bruder, Sm-Priester, Balsamierungspriester*, Stolist des Anubis, Mehui

*anders: Fischer, Egyptian Titles, 14, Nr. 754b. Er ist sich bei der Lesung der Titel nicht sicher und lässt die Lesung offen (eventuell hat er kein Photo der Stele vorliegen gehabt, die Druckhieroglyphen im Calalogue Generale sind jedenfalls etwas irreführend).

Gruss
Udimu

> Antwort auf Beitrag vom: 20.10.2005 um 15:07:49


37) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Michael Tilgner am 20.10.2005 um 17:41:29

Herzlichen Dank, Udimu!

Danach wäre das Zeichen unter dem liegenden Anubis Aa2 "das schlechte Paket" und darunter ein t.
wt "Balsamierer, Einwickler" (Hannig, S. 224)

smA Inpw "Stolist des Anubis" (Hannig, S. 703) - Trotz einer ungewissen Ungenauigkeit des Zeichens würde ich sagen, daß es sich nicht um das erforderliche Aa25 mit Lesung smA handelt, sondern um S42! Siehe auch den Hinweis bei Henry George Fischer, Egyptian Studies I: Varia, New York, 1976, wo er im Index auf die gleiche Zeichenvertauschung bei der Stele des Uni (Cairo CG 1574) hinweist (S. 122).

Ann McFarlane, Titles of smA + god and xt + god. Dynasties 2 to 10, in: Göttinger Miszellen, Heft 121, S. 77-100 (1991) merkt an, daß es für das Mittlere Reich nur einen Beleg für den Titel smA Inpw gebe (S. 83, Fußnote 16). Ist das "unsere" Stele?

Man lernt nie aus! Bisher war mir ein Titel "Stolist" nicht geläufig! Nun sehe ich, daß es im Lexikon der Ägyptologie, Bd. VI, Sp. 63-65 sogar einen entsprechenden Eintrag gibt. Danach ist ein Stolist ein Priester, der "vornehmlich für die Bekleidung, Salbung und rituelle Reinigung der Kultbilder zuständig war". Er ist vor allem für die Spätzeit belegt, es können aber auch frühere Titel "begrenzt mit der Tätigkeit der späteren Stolisten in Verbindung gebracht werden", z.B. mit dem smA.

Nochmals danke für Deine Hilfe!

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 20.10.2005 um 15:39:02


38) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Udimu am 20.10.2005 um 18:25:06

Hi Michael,

ich muss zugeben, dass ich die Lesung von dem einen Zeichen (Aa25 contra S42) eher geraten habe. Mit S42 kann ich einfach keinen Sinn aus dem Titel machen, bei Aa25 (das in Inschriften oftmals klein und vermurkst aussieht), macht die ganz Sache dann wenigstens Sinn. Immerhin gibt es einen Titel wt inpw m zH-nTr ...-nwt m xnt ipt.f, wo bei ... eben dieses Zeichen (S42) vorkommt. Vielleicht steht dieser Titel mit hiesigen auf 'unserer' Stele in Verbindung?

Der andere Beleg für zmA inpw im Mittleren Reich ist nach Fischer, Egyptian Titles, 25, Nr. 1288a: BMMA 28 (Nov. 1933, pt. 2), 15 (keine Ahnung was das ist, vermute mal etwas aus el-Lischt, jedenfalls nicht diese Stele).

Gruss
Udimu

> Antwort auf Beitrag vom: 20.10.2005 um 17:41:29


39) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Michael Tilgner am 22.10.2005 um 10:27:26 - Anhang: CG_20088_unten_Mitte_rechts.JPG

Liebe Freunde,

Text C

Der Text ist in Spalten von rechts nach links zu lesen.

C1: imaxw Xri-Hb.t &tw Dd=f i wab nb
"Der Ehrwürdige / Versorgte (und) Vorlesepriester Tetu; er spricht: 'O jeder Wab-Priester, ..."

wab "Wab-Priester" (Hannig, S. 183)


C2: Xri-Hb.t nb sS nb n rA-pr pn rn(=i) pw nfr
"..., jeder Vorlesepriester (und) jeder Schreiber dieses Tempel(bezirk)s! (Mein) Name / Ruf ist gut, ..."

rA-pr "Heiligtum, Tempel(bezirk)" (Hannig, S. 458)

rn "Name; Ruf, Leumund, Reputation, Ansehen; ... nfr rn mit gutem Namen, mit gutem Ruf ..." (Hannig, S. 468) - Das Suffix =i wird oft weggelassen und ist hier sinngemäß ergänzt.


C3: sxA(w)=Tn iw sS.n=i m
"... dessen ihr gedenken sollt! Ich habe geschrieben in ..."

sXA "sich erinnern, gedenken, nicht vergessen" (Hannig, S. 742) - Da ein Objekt fehlt, stellt sich die Frage, was für eine Form hier vorliegt. Ich denke, es handelt sich um ein imperfektisches passives Partizip, eine ähnliche Konstruktion wie bei sA=f mry=f "[wörtlich:] sein Sohn, geliebt durch ihn" - vgl. Gardiner, Egyptian Grammar, § 379, 2 ("The semantic subject after the passive particles"). Also rn=i ... sxAw=Tn "[wörtlich:] mein Name, dessen gedacht werden soll durch euch". - Zur Form dieses Partizips: § 358. Imperfektisch, weil es sich um eine fortgesetzte und stets zu wiederholende Aktion handeln wird, die Tetu hier verlangt. - Da es im Ägyptischen an Wörtern für "sollen" und "müssen" fehlt, werden hierfür aktive und passive Partizipien eingesetzt (§ 371: Use of the participles to express obligation or the like").


C4: Hw.t-nTr tn n.t #nti-imnti.w imaxw &tw mAa-xrw
"diesem Tempel des Chontamenti, (ich), der Ehrwürdige / Versorgte Tetu, selig.'"

Hw.t-nTr "Gotteshaus, Tempel, Tempelanlage" (Hannig, S. 517)


Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 20.10.2005 um 18:25:06


40) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 naunakhte am 22.10.2005 um 12:15:59

Lieber Michael,

nachdem Deine Übersetzung des Textes nun dem Ende entgegen geht möchte ich mich mit Fragen allgemeineren (diese Formulierung ist eigentlich gelogen, denn so allgemein sind die Fragen ja nicht) Art nun zu Wort melden.

Zuerst aber vielen Dank für die ausführlich erläuterte Übersetzung des Textes. Wenn auch die Kommentare in Form von Posts nicht zahlreich waren, sie dürften umso zahlreicher gelesen worden sein. So auch von mir.

Nun liegt als Ausgangsbasis der Text vor. Ein paar allgemein gehaltenere Angaben zur Stele darf man den Katalogen entnehmen.

So die Angabe zur Herkunft der Stele.
Lange/Schäfer (Grab- und Denksteine des Mittleren Reiches, S. 105) gibt als Herkunft Abydos, an. Er präzisiert seine Angabe noch in "nördliche Nekropole, nordöstliche Zone, gegen die äußere Mauer der Umwallung".
Der genauen Herkunftsangabe würde ich entnehmen, dass die Stele aus einer Grabung stammt. Ihre Herkunftsangabe wäre demnach ziemlich sicher.
Aufgrund des Textes der Stele, der die Nekropole in Abydos und die dortigen Götter nennt würde ich sie auch nicht anzweifeln.

Dann müßte die Stele datiert werden.
In dem von dir Eingangs angegebenen Buch "Die Schatzkammer Ägyptens" wird in der Bildbeischrift eine Datierung in die 12. Dynastie angegeben.
Hier stellt sich nun die Frage worauf basiert diese Datierung? Eine Angabe auf der Stele fehlt. Die Nennung des Königs Mentuhotep II. aus der 11. Dynastie ist posthum.
Die Personennamen der Stele habe ich bei Franke, Personendaten nicht gefunden. Hieraus wäre eventuell zu schließen, dass es keine weiteren Denkmäler zu den Personen gibt. Außer eventuell ein dazu gehöriges Grab. Hier muß ich gestehen, ein Grab dazu habe ich noch nicht gefunden, da mangelt es mir gerade an der passenden Literatur. Ein Grab könnte aber eine Datierung geliefert haben, ebenso der Fundkontext.

Die Stele selber kann natürlich auch aus sich heraus die Datierungskriterien liefern. Zum Beispiel aufgrund der Grammatik oder der Benutzten Worte oder Floskeln. Hier denke ich an etwas wie das n kA n. Ab der 12. Dynastie gerne gebraucht, schließt es allerdings eine frühere Datierung auch nicht ausschließlich aus. Hier wäre die Frage gibt es im Text noch weitere Datierungskriterien dieser Art?

Da die Personennamen (scheinbar) keine nähere Datierung zulassen, kann man sich die Götter anschauen. Ab wann verschmilzt Osiris mit Chontamenti? Die Namensform des Tempels Mentuhotep II. hilft nicht weiter, da die Namensbildung wie sie hier vorliegt nur einmal – nämlich auf dieser Stele – belegt ist (so: Arnold, AV 8, S. 90). Er merkt hier auch an, dass "nach dem Reliefstil zu urteilen möchte man die Stele ... in die 12. Dynastie datieren."

Nun müßte man den Reliefstil analysieren und dessen Kriterien für die 12. Dynastie raussuchen. Vielleicht findet sich hier ja jemand mit entsprechenden Anmerkungen dazu.

Ich wüsste schon gerne wie man es nun anpackt die Stele zu datieren.

nauna

PS: Natürlich kann man sich auch noch mit der Aussage des Textes, und den Gründen für die Aufstellung der Stele auseinander setzen. Der Tread wäre ewig weiterzuführen  

> Antwort auf Beitrag vom: 22.10.2005 um 10:27:26


41) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Udimu am 25.10.2005 um 18:13:58 - Anhang: stelen.jpg

Hi,

weil sich hier sonst niemand meldet, tu ich das mal.

Die Stele des Nemtiemhat ist gut in die erste Regierungshälfte von Sesostris I. datierbar. Sie gehört nämlich zu einer Gruppe von Stelen, die alle bestimmte Gemeinsamkeiten aufweisen und wohl deshalb aus der selben Werkstatt oder sogar von dem selben Künstler stammen und der eben in den ersten Jahren von Sesostris I. arbeitete.

Einige der anderen Stelen dieser Werstatt oder dieses Künstlers sind gut datierbar, da sie den Herrschernamen tragen oder von bekannten Personen stammen.

Besonders typisch für die Stelen dieser Gruppe ist die Scheintür im unteren Teil der Stele. Die meisten Stelen zeigen auch ein sitzendes Paar und die 'Brote' auf dem Opfertisch haben nie einen 'Stamm' oder eine 'Stütze'  wie sonst üblich. Daneben kommen oft Reihen von Nebenfiguren auf dieser Stelengruppe vor.

Das alles nach: Rita E. Freed, Stela Workshops of Early Dynasty 12, in Studies in Honor of W. K. Simpson, Boston 1996, pp. 317-20

Man siehe auch zwei weitere Stelen aus dieser Werkstatt zum Vergleich.

Gruss
Udimu

> Antwort auf Beitrag vom: 22.10.2005 um 12:15:59


42) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 naunakhte am 25.10.2005 um 18:57:09

Hallo Udimu,

zur Stele CG 20515 habe ich eine schöne große Abbildung im Netz gefunden. Hier
1 kann man sie sich genau betrachten und einen Detailvergleich anstellen.

Danke
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 25.10.2005 um 18:13:58


1: http://www.fltr.ucl.ac.be/FLTR/GLOR/EPO/Egypte/steles/CaireCG20515.htm


43) Re: Die Stele des Nemtiemhat
 Udimu am 25.10.2005 um 19:06:39

Danke Naunachte

interessant auf Stele CG 20515 finde ich ja die Erwähnung des 'ältesten Vorlesepriesters, Vorzeichners in Itjtawy-Amenemhat' Nacht. Ist das etwa der Chef der besagten Werkstatt und damit der beauftragte Künstler auch für die Nemtiemhat-Stele?

Gruss
Udimu

> Antwort auf Beitrag vom: 25.10.2005 um 18:57:09