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Ägyptologie Forum >> Schrift & Sprache


1) sDmwf
Gast am 13.07.2006 um 15:06:49

Hallo, ich beschäftige mich gerade mit dem Altägyptischen und bin bei E. Edel auf eine sDmwf-Form gestoßen, die aber von den neueren Einführungsgrammatiken (und dem älteren Gardiner) nicht erwähnt wird. Nun ist meine Frage: Ist diese Form inzwischen überholt, oder einfach nur so selten, dass sie für Anfänger nicht wichtig ist? Oder hat es mit Schenkels 3a/3b-Form jrj.(w/y)=f zu tun? Würde mich über eine Antwort feuen.


2) Re: sDmwf
 NebTauiAmunRe am 13.07.2006 um 21:09:16

Voller Stolz (- weil ich jetzt nach extrem langer Zeit wieder mal beginne, Ägyptisch zu lernen) kann ich berichten, dass es sich bei der Form sDmw.f um einen Prospektiv handelt (s. James P. Allen, Middle Egyptian. An Introduction to the Language and Culture of Hieroglyphs, Kap. 21.2). Das w wird direkt an den Wortstamm angefügt, wie man sieht. Er führt u.a. ein Beispiel rdjw.j an "I will be given".

Neb

> Antwort auf Beitrag vom: 13.07.2006 um 15:06:49


3) Re: sDmwf
 Kemeti am 15.07.2006 um 10:24:23

Hallo NebTauiAmunRe, ich glaube, das ist nicht ganz das, was der Gast meint. Falls er sich auf Edel § 511-531 bezieht, meint er jedenfalls die aktive sDm=f-Form und nicht das von dir zitierte passive Futur.

Grüße

> Antwort auf Beitrag vom: 13.07.2006 um 21:09:16


4) Re: sDmwf
 NebTauiAmunRe am 15.07.2006 um 17:00:01

Für einen Altorientalisten war es den Versuch wert

Neb

> Antwort auf Beitrag vom: 15.07.2006 um 10:24:23


5) Re: sDmwf
 Kemeti am 15.07.2006 um 17:15:49

Ich habe ja auch keine Ahnung, welche Verbform das nun tatsächlich ist...

> Antwort auf Beitrag vom: 15.07.2006 um 17:00:01


6) Re: sDmwf
 Sobeknefer am 15.07.2006 um 17:58:38

Hallo,
kannst du mal einen Beispiel Satz mit dem "sDm=f" schreiben?
Kenne das Buch von Edel nicht und auch nicht den Schenkel.

Vielleicht das passive sDm.w=f ? ansonsten weisen eben die subjunktiv.prosp. sDm=f Formen noch bei den ult.inf. und caus.ult.inf dieses w auf, das verbale prosp. sogar noch häufiger bei allen klassen.

> Antwort auf Beitrag vom: 15.07.2006 um 17:15:49


7) Re: sDmwf
 Kemeti am 15.07.2006 um 19:19:40

Ein Beispiel für sDm.w=f (das meinst Du doch mit "dem "sDm=f"", oder ?) wäre:
Hmsj.w=f "er setzt sich" (den ganzen Satz findest du in  Pyramidentexte,  1562 b1), also eindeutig aktivische Bedeutung. Die genauen Daten des Edel sind: Elmar Edel, Altägyptische Grammatik. Rom 1955/1964; den Schenkel findest du als Wolfgang Schenkel, Tübinger Einführung in die klassisch-ägyptische Sprache und Schrift. Pagina, Tübingen 2005 (ISBN 3-938529-00-8). Interessant ist aber, dass die Verbalklassen mit w mit Edels sDmwf weitgehend übereinstimmen.

> Antwort auf Beitrag vom: 15.07.2006 um 17:58:38


1: http://www.lib.uchicago.edu/cgi-bin/eos/eos_page.pl?DPI=100&callnum=PJ1553.A1_1908_vol2_cop3&object=339


8) Re: sDmwf
Wolfgang Schenkel am 15.07.2006 um 20:39:54

Wenn ich dich/euch siezen darf:
Es handelt sich bei der fraglichen Form um den aktivischen Prospektiv. Man könnte die Form von ihrer Funktion her auch als Futur bezeichnen. Die Formenbildung ist bei den verschiedenen Verben nicht einheitlich. Teilweise wird sie mit einer Endung -w gebildet (die unter bestimmten Bedingungen zu -y werden kann), teilweise ohne eine Endung. Edel hat a) von diesen Formen mit seinem sDmwf also nur einen Teil erwischt und b) nicht recht die Funktion der Form erkannt. In meiner Tübinger Einführung steht die Form im Kern-Paradigma, wie Sie sehr richtig gesehen haben, unter 3a und 3b, und zwar deshalb in zwei Varietäten aufgespalten, weil es sich möglicherweise nicht um einen einzigen Prospektiv handelt, sondern entsprechend den zwei Funkionen (prädikativ und abstrakt-relativisch) um zwei auch formal (in der Silbenstruktur bzw. den Vokalen) verschiedene Verbalformen.

Freude und Erfolg beim Studium des Ägyptischen wünscht
Wolfgang Schenkel

> Antwort auf Beitrag vom: 13.07.2006 um 15:06:49


9) Re: sDmwf
 Kemeti am 16.07.2006 um 12:32:56

Dass man hier Antworten von so fachlicher Seite bekommen kann, habe ich gar nicht erwartet   . Damit wird natürlich auch klar, warum Edel beim sDm.w=f zwischen "nach Art der normalen sDmf-Form" und "Nach Art der mmrf-Form" unterscheidet.

Wo Sie uns über Edel schon Auskunft erteilt haben, möchte ich Sie noch fragen, was Sie davon halten, dass Edel den Komplementsinfinitiv in § 725 als ein Gemisch aus Infinitiv und Nomen actionis deutet, was Sie in Ihrer Tübinger Einführung § 7.4.2.1 (S. 261) nicht übernommen haben. Ich würde mich über eine Antwort von fachlicher Seite sehr freuen,

Grüße

> Antwort auf Beitrag vom: 15.07.2006 um 20:39:54


10) Re: sDmwf
 Sobeknefer am 16.07.2006 um 13:37:18

Vielen Dank, dann hatte ich mit meiner prospektives Sdm=f Vermutung sogar recht   Wenigstens mal ein Höhepunkt im Leben eines geplagten 2.Semesters kurz vor der Klausur  

> Antwort auf Beitrag vom: 16.07.2006 um 12:32:56


11) sDm.w=f; Komplementsinfinitiv
Wolfgang Schenkel am 16.07.2006 um 18:06:20

A propos Komplementsinfinitiv:

Unter "Komplementsinfinitiv" fasst man Formen unterschiedlicher Bildungsweise nach ihrer Funktion zusammen. Welche Verben welche Formen bilden, ist nicht in eine klare Regel zu fassen. Denkbar ist durchaus, dass auch Infinitive in dieser Funktion gebraucht werden, wie Edel meint. Nur dürfte es schwierig sein, die diversen Bildungsweisen und den Infinitiv im Einzelfall zu unterscheiden. Um genau unterscheiden zu können, müsste man die vokalisierten Formen haben, aber diese hat man nicht. Ich halte es deshalb für besser, die Formen primär nach ihrer Funktion zu beurteilen.

A propos mrr=f:

Edel hat sehr richtig gesehen, dass das sDm.w=f fallweise dem mrr=f entspricht, nämlich, wie man im Anschluss an Polotsky sagen kann, dann, wenn es abstrakt-relativische Funktion hat (bei mir der Fall b)). Was Edel aber nicht gesehen hat, ist, dass das sDm.w=f ein anderes Tempus (andere würden sagen: einen anderen Aspekt) zum Ausdruck bringt als das mrr=f. sDm.w=f ist in meiner derzeitigen Nomenklatur ein Futur, mrr=f ein Präsens.

Erneut gute Wünsche,
Wolfgang Schenkel

> Antwort auf Beitrag vom: 16.07.2006 um 12:32:56


12) sDmwf
 Kemeti am 18.07.2006 um 19:40:17

Wie kann es dann sein, dass Edel Beispiele von Verba 3-rad mit  w anführt, während in der Tübinger Einführung Formen ohne w angegeben sind?

Grüße

> Antwort auf Beitrag vom: 15.07.2006 um 20:39:54


13) Re: sDmwf
Wolfgang Schenkel am 23.07.2006 um 14:48:48

Edel hat sich geirrt:

Bei sdA.w handelt es sich nicht um ein sDm.w=f, sondern um eine Relativform. Es heißt an der Stelle, die Edel zitiert, sdA.w n=k psD.t, was James P. Allen in seiner neuen Übersetzung der Pyramidentexte übersetzt mit "You at whom the Nine shake" (James P. Allen, The Ancient Egyptian Pyramid Texts, Atlanta, GA 2005, S. 105, 4. Zeile).

Das Verb zwn, das Edel zitiert, ist in Wirklichkeit ein Verb IV.inf. zwnw (s. James P. Allen, The Inflection of the Verb in the Pyramid Texts, Malibu, CA 1984, S. 584).

Mit guten Wünschen
Wolfgang Schenkel

> Antwort auf Beitrag vom: 18.07.2006 um 19:40:17


14) Re: sDmwf
 Kemeti am 23.07.2006 um 15:33:45

Interessant zu wissen! Das hieße ja, dass auch der Hannig trotz seines neuen Datums im Fall von zwnw noch eine falsche Lautform angibt.

Grüße und Danke für die Auskunft

> Antwort auf Beitrag vom: 23.07.2006 um 14:48:48


15) Re: sDmwf
 Kemeti am 27.07.2006 um 14:32:13

Oh, ich sehe gerade, dass ich mich in Bezug auf den Hannig geirrt habe, da ja schon Erman-Grapow vier Radikale angeben.

> Antwort auf Beitrag vom: 23.07.2006 um 15:33:45


16) Re: sDmwf
Wolfgang Schenkel am 27.07.2006 um 19:15:04

Von welchem Wort sprechen wir eigentlich? Doch von zwnw "leiden", Hannig 1, S. 677, Zeile 10, bzw. Hannig 4, S. 1089, mittlere Spalte. Für den Ansatz von Wurzeln, die man im Wörterbuch bei Verben als Lemmata benutzt, sind nicht die hieroglyphischen Schreibungen maßgebend, maßgebend ist vielmehr die Transkription. Die hieroglyphischen Schreibungen sind nämlich stets Schreibungen bestimmter Flexionsformen, nicht Schreibungen der Wurzel, eines theoretischen Konstrukts, das von den Ägyptern nie geschrieben wurde. Ob der 4. Konsonant w zur Wurzel gehört oder zu irgendwelchen Flexionsendungen, lässt sich nicht ohne Weiteres sagen, solange man den Textzusammenhang nicht kennt. Da die Schreibungen mit w offenbar die Standardschreibungen sind, kann man allerdings mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit schließen, dass das w mit der Wurzel zusammenhängt. Streng genommen, setzt Hannig die Wurzel als 3-rad. an.

Erneut gute Wünsche,
Wolfgang Schenkel

> Antwort auf Beitrag vom: 27.07.2006 um 14:32:13


17) Re: sDmwf
 Kemeti am 29.07.2006 um 10:05:44

Meine zweite Antwort beruhte auf einem Irrtum, da ich versehentlich bei zwnz "Arzt" nachgesehen hatte. Wo ich hier schon mit Ihnen spreche, wollte ich noch fragen, ob sich in der Tübinger Einführung (2005) A. 153 1. Zeile nicht ein kleiner Fehler verbirgt: Sie schreiben im Kapitel zum Adjektivalsatz:
Zitat:
c) An das Partizip kann eine Endung =wi ... angehängt werden

Edel § 944 (ich vermute, auch bei Gardiner, aber der steht mir gerade nicht zur Verfügung) schreibt hingegen

Zitat:
bb) Personalpronomen nachgestellt
§ 944 - ...Oft tritt die Partikel
wj ... dazwischen

Liegt nun in Ihrer Tübinger Einführung ein Druckfehler vor oder habe ich nun Edels Angabe falsch verstanden?

Viele Grüße

> Antwort auf Beitrag vom: 27.07.2006 um 19:15:04


18) Re: sDmwf
 Kemeti am 29.07.2006 um 10:07:39

Ich sehe gerade, dass ich mich gerade etwas missverständlich ausgedrückt habe : Was mich wundert, ist, dass nach Edel das wj auch an Adjektive treten kann (und nicht, dass dieses wj von Ihnen als Endung und von Edel als Partikel angesehen wird)

Grüße

> Antwort auf Beitrag vom: 29.07.2006 um 10:05:44


19) Re: sDmwf
Wolfgang Schenkel am 29.07.2006 um 22:23:30

Trotz der Korrektur noch ein Wort zur vorletzten Nachricht:
Die Grammatiker beschreiben das fragliche wi teils als Partikel, teils als Endung. Gardiner, den Sie nennen, spricht von einer Endung. Bei Malaise/Winand, Grammaire raisonnée, findet man sogar zwischen den Deckeln eines und desselben Buches – möglicherweise auf die zwei Verfasser zu verteilen – beide Erklärungen. Ich neige zur Endung, wollte mich aber nicht definitiv festlegen und habe deshalb die Notation als ein „Suffix“ gewählt (=wi). S. Tübinger Einführung, S. 110 unten. Auf der einen Seite vertage ich damit eine definitive Entscheidung, auf der anderen Seite hat die Darstellung als „Suffix“ den praktischen Vorteil, dass das Element in der Transkription leicht zu erkennen ist. Ich messe dieser Lösung keine große Bedeutung zu.

Zur Frage, ob das wi auch nach Adjektiven stehen kann:
Zwischen Partizipien und Adjektiven besteht wohl kein Unterschied aus dem einfachen Grund, dass die "Adjektive" im Normalfall Partizipien sind. Es gibt, soweit ich sehe, nur wenige echte Adjektive, d.h. Adjektive, die nicht von Verben abgeleitet werden können. Ob an diese überhaupt das fragliche wi angehängt werden kann, erscheint mir auf Anhieb unwahrscheinlich, müsste man aber zuerst noch einmal beobachten.  

Mit Grüßen von Wolfgang Schenkel

> Antwort auf Beitrag vom: 29.07.2006 um 10:07:39


20) Re: sDmwf
 Kemeti am 30.07.2006 um 20:56:28

Zur Frage nach Partikel oder Endung: Das zeigt wieder einmal deutlich, wie ungenügend hieroglyphische Schreibungen doch sind.

Zur Frage Adjektiv/Partizipien: Das hieße doch, dass dieses wi hinter Nisben von Substantiven und Präpositionen nicht stehen kann? Allerdings liefert Edel § 949 das Beispiel
(PN I S. 273, 12), das er xntj wj kAj "wie ist mein Ka vorne!" lesen möchte. Es würde mich allerdings nicht wundern, wenn Edel hier irrte, da das Beispiel vereinzelt scheint. Sollte Edels Deutung richtig sein, würde diese Schreibung die Auffassung als Endung bzw. Suffix unterstützen, da durch das G4 Adjektiv und wj zusammengezogen werden, was ich bei zwei getrennten Wörtern nicht erwarten würde.

Schöne Grüße

> Antwort auf Beitrag vom: 29.07.2006 um 22:23:30


21) Re: sDmwf
Wolfgang Schenkel am 30.07.2006 um 22:22:25

Edels Interpretation des Namens ist, wie er auch mit seinem vorsichtigen "Hierher gehört wohl" zu erkennen gibt, nicht mehr als ein Versuch. Die Schreibung des wi ist ungewöhnlich. Ich würde schon deshalb Edels Interpretation in Zweifel ziehen.

In meinem vorausgehenden Statement hatte ich nur die vermeintlichen primären, d.h. unabgeleiteten Adjektive im Auge, bei denen es sich normalerweise um Partizipien handelt. Wenn ich von Ausnahmen, d.h. von primären Adjektiven sprach, so dachte ich etwa an sms.w "ältester". Ich wüßte nicht, dass auf solche Adjektive wi folgen kann, will dies aber nicht definitiv ausschließen. Bei dem beispielsweise genannten sms.w würde ich die Verbindung für denkbar unwahrscheinlich halten.

Sehr richtig ist der Hinweis darauf, dass es noch eine zweite Gruppe von abgeleiteten Adjektiven gibt, nämlich die Nisben. Dass auf Nisben wi folgen könnte, ist mir nicht geläufig. Auf jeden Fall müßte man dafür bessere Beispiele haben als das Edelsche.

Mit Grüßen von Wolfgang Schenkel

> Antwort auf Beitrag vom: 30.07.2006 um 20:56:28