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Ägyptologie Forum >> Schrift & Sprache


1) Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 26.12.2006 um 09:31:22 - Anhang: 3 Anhänge

Liebe Leute,

im Rijksmuseum van Oudheden - mit altägyptischen Stücken hervorragend ausgestattet - befindet sich ein Objekt (Leiden AMS 62), das allgemein als Kopftafel oder Hypocephalus bezeichnet wird. Insgesamt sind davon etliche Dutzend bekannt, in den verschiedensten Museen verstreut; teilweise liegen sie nur noch in Fragmenten vor (Lexikon der Ägyptologie, Bd. III, Sp. 693, Stichwort: "Kopftafel").

Dieses Stück wird in die Ptolemäerzeit datiert und besteht aus Kartonnage.

Auch für Fortgeschrittene stellt dieses Objekt eine Herausforderung dar: Die Zeichen sind in einer der sog. Totenbuchkursive ähnlichen Form verfaßt. Einige wenige Zeichen entstammen der ptolemäischen Zeichenliste. Neben dem Text werfen auch die Abbildungen etliche Fragen auf.

Das beigefügte Photo stammt von Naunakhte; vielen Dank!

Viele Grüße,
Michael Tilgner

||


2) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 26.12.2006 um 09:32:51 - Anhang: Hypocephalus_Leiden_AMS_62_Detail_01.jpg

Beginnen wir gemäß der Beschriftung mit dem mittleren Teil I.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 26.12.2006 um 09:31:22


3) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 snormi am 26.12.2006 um 11:30:22

Hallo Michael,

ich möchte mich einmal dran versuchen.

Die Texte sind auf beiden Seiten des vierköpfigen Bock von Mendes (soll er doch wohl sein) gleich.

Ich würde sie so lesen:
dwA-nTr hn(w) zp 4
Dua-netjer (Lobpreis) jubeln 4 Mal

das Zeichen
habe ich nach der ptol. Zeichenliste von Leitz mit sp = "Mal" übertragen.
das jubeln/preisen hnw würde lediglich verkürzt geschrieben.

Aber so hat es für mich Sinn gemacht  

Noch einen schönen letzten Weihnachtsfeiertag ...

> Antwort auf Beitrag vom: 26.12.2006 um 09:32:51


4) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 NebTauiAmunRe am 26.12.2006 um 13:20:51

Ist dwA hier ein Infinitiv, also eine Beschreibung des Dargestellten?

Neb

> Antwort auf Beitrag vom: 26.12.2006 um 11:30:22


5) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 26.12.2006 um 13:46:01 - Anhang: Moeller_Hieratische_Palaeographie_III_37.jpg

Hallo,

@snormi

hnw (hnj) "Jauchzen, Jubel" würde gut in den Kontext passen; ich meine aber, daß nur pn "dieser" zu lesen ist. Siehe die rechte Inschrift, wo das Zeichen geschlossen ist. Das p mit einem Strich taucht auch an anderen Stellen in dieser Kopftafel auf. Diese Schreibung ist sicherlich durch das Hieratische beeinflußt. Ausschnitt: Georg Möller, Hieratische Paläographie, Bd. III, 1936, S. 37 - Zeichen Möller 388 = Gardiner Q3

@NebTauiAmunRe

Ja, ich bin auch der Meinung, daß es sich bei dwA um den sog. absoluten Gebrauch des Infinitivs handelt, z.B. als Beischrift zu einer Szene (Gardiner, Egyptian Grammar, § 306 "Absolute uses of the infinitive").

dwA-nTr pn sp 4
"diesen Gott preisen - viermal"
(ähnlich bei Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 972)


Wieso viermal? Um welchen Gott könnte es sich handeln?

Viele Grüße,
Michael Tilgner



> Antwort auf Beitrag vom: 26.12.2006 um 13:20:51


6) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 naunakhte am 26.12.2006 um 13:51:41

Hallo Michael,

du fragst nach dem Gott den man 4 mal preisen würde.

Wenn es, wie oben erwähnt, eine Abbildung des Bock von Mendes ist, würde ich einen Part des Forumslexikons1 hier anbringen:


Zitat:
Dieser Gott ("Widder von Mendes" oder auch "Bock von Mendes") wurde Ba-neb-djet, "die Ba-Seele, de Herr von Djedet" genannt. Er schloss die schöpferische Urkraft der Welt in vier Formen oder "Ba-Seelen" in sich ein, die als Ba-Seelen der ersten vier Herrscher über die Welt - Re, Schu, Geb und Osiris - galten. Aus diesem Grunde erhielt er in späterer Zeit auch vier Köpfe.


Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 26.12.2006 um 13:46:01


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=lexikond&id=030911130505&uid=051213112222


7) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 26.12.2006 um 14:08:49 - Anhang: Vierkoepfiger_Widder.jpg

Hallo, Naunakhte,

so einfach scheint es mir nicht zu sein

Das folgende Bild stammt aus: Rosalie David, Ägypten. Kunstschätze am Nil, Hamburg, 1981, S. 162 mit der Bildunterschrift:

Zitat:
An der hinteren Wand der linken Kapelle dieses Tempels finden wir auf dem Türsturz eine Szene, in der Osiris als Widder mit vier Köpfen, überragt von einer Sonnenscheibe mit Uräus, dargestellt ist.

Die Szene stammt aus einem Tempel in Deir el-Medineh und wird in die Ptolemäerzeit um ca. 145 v.Chr. datiert.

Man sollte jedoch die ganze Szene auf der Kopftafel in Betracht ziehen; m.E. kommt Osiris nicht in Frage.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 26.12.2006 um 13:51:41


8) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 naunakhte am 26.12.2006 um 14:25:13

Hallo Michael,

magst du es dann lieber mit Bonnet, RÄRG 389f halten, der angibt:

Zitat:
Selten fehlt das Bild einer hockenden Gestalt mit vier Widderköpfen, die hier als eine Form des pantheistisch aufgefaßten Amon-Re gilt.


Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 26.12.2006 um 14:08:49


9) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 26.12.2006 um 16:59:08 - Anhang: Hypocephalus_Leiden_AMS_62_Detail_02.jpg

Hallo, Naunakhte,

dazu passen jedenfalls die Paviane, die auch im Amduat dem Sonnengott zujubeln. Die in den Ovalen skizzierten Schlangen deuten ebenfalls darauf hin, daß man sich das Ganze im Duat vorzustellen hat.

Mit "viermal" ist sicher gemeint: in alle 4 Himmelsrichtungen.

Ich schließe den Text (a) an.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 26.12.2006 um 14:25:13


10) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 NebTauiAmunRe am 27.12.2006 um 16:27:50

Ich wollte grad fragen, ob diese Vierheit etwas mit Himmelsrichtungen zu tun hat. Das gehört zwar nicht hierher, aber viergesichtige/köpfige Gottheiten gibt es auch aus dem mesopotamischen Bereich. Im Diyala-Gebiet nordöstlich von Baghdad wurden eine thronende, viergesichtige Göttin, die mit Wasser in Zusammenhang steht, sowie ein stehender, viergesichtiger Kriegsgott gefunden.

Ich versuch mal den Anfang der ersten Zeile:

j sA Sps wbn

"O vornehmer Sohn, aufgehen??"

Neb

> Antwort auf Beitrag vom: 26.12.2006 um 16:59:08


11) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 27.12.2006 um 16:42:56

Hallo, NebTauiAmunRe,

beachte den Unterschied dieser beiden Zeichen:



Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 27.12.2006 um 16:27:50


12) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 NebTauiAmunRe am 27.12.2006 um 19:40:01

ah, das Detail habe ich übersehen:

bA, oder?

Neb

> Antwort auf Beitrag vom: 27.12.2006 um 16:42:56


13) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 27.12.2006 um 21:26:02 - Anhang: 27246470-Hrt.jpg

Hallo, NebTauiAmunRe,

genau! Ich gehe mal ein bißchen weiter:

Zeile 1

j BA Sps wbn m
"O, edler Ba, der aufgeht am"

bA Sps "Edler Ba" (Epithet für einen Gott) (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 237)


Zeile 2

Hr.t ...
"Himmel ..."

Hr.t "Himmel" (Hannig, S. 555) - siehe auch wbn m p.t/Hr.t "im Himmel aufgehen" (Hannig, S. 188)


Daß es sich bei dem ersten Zeichen in Zeile 2 um D2 mit Lesung Hr handelt, ist nicht leicht zu erkennen; allerdings kann "aufgehen" nicht an so vielen Orten stattfinden



Das t ist nach dem Determinativ geschrieben. Laut Zettelarchiv des TLA ist eine solche Schreibung für die Spätzeit häufiger belegt.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 27.12.2006 um 19:40:01


14) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Kemeti am 28.12.2006 um 09:22:19

Ich transkribiere mal weiter:
2. sHD r tA.wj m ra ms.t (?) ? w

3. f z (?) a k anx bA wDA.t nTr.t

4. ? ? xtm (?) n wsjr tyA.t mAa-xrw

(? steht für Hieroglyphen, die ich nicht erkennen kann)

  1. Warum steht sHD hier mit Präposition r? Die einzige Übersetzung, die Hannig für sHD r anbietet, macht hier keinen Sinn; das WB kennt nur sHD n
  2. Was heißt das tyA.t? Ich habe es weder im WB noch bei Hannig gefunden.


Das Vorhandene ergibt dann folgende Übersetzungs-Brocken:
2. der erleuchtet die beiden Länder als Sonne ??
3. ?? leben(d) - Ba - Udjat-Auge der Göttin
4. ?? Siegel/Amulett des Osiris ?? gerechtfertigt

> Antwort auf Beitrag vom: 27.12.2006 um 21:26:02


15) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 naunakhte am 28.12.2006 um 10:27:31

Hallo,

mein Vorschlag für das Ende von Zeile 2 wäre die Lesung msw.t -


Und in Zeile drei, ab dem dritten Zeichen, hätte ich für dj.k anx bA wDa XAt nTr tr -
angeschaut.

Die Hieroglyphe K4A stellt er leider nicht dar.
In der Übersetzung dann etwas wie der wohlbehaltene/unversehrte Leichnam ...

Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 28.12.2006 um 09:22:19


16) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 28.12.2006 um 11:42:58 - Anhang: 2 Anhänge

Hallo,

ich bin beeindruckt! Da kommt doch langsam Licht in den Text!

@Kemeti

Ich lese das, was auf sHD folgt, nur als tA.wj, also ohne r. Die Sonne N5 ist als Abkürzung für Tag zu lesen (siehe beigefügten Zettel aus dem Zettelarchiv), so daß das Ganze dann mit Naunakhtes Lesung von msw.t so weitergeht:

Zeile 2-3

sHD tA.wj m hrw n msw.t=f
"(und) der die Beiden Länder erleuchtet am Tage seiner Geburt"

hrw (n) msw.t "Geburtstag, Tag der Geburt" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 496 - siehe unter (5) bei hrw). Zur Schreibung von msw.t mit den beiden Strichen siehe den Zettel aus dem Zettelarchiv.

@Naunakhte

Mit Deiner Transkription von Zeile 3 stimme ich (fast) überein; das tr am Ende ist m.E. nur Lesehilfe für nTr.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 28.12.2006 um 10:27:31

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17) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 naunakhte am 28.12.2006 um 11:57:06

Hallo Michael,

bei tr hatte ich auch zuerst an Beifügungen zu nTr gedacht. Mir bereitet aber der Anfang von Zeile 4 noch etwas Probleme (von anderen Stellen ganz zu schweigen  ) - und da hätte mir tr  - Zeit - in Verbindung mit den nächsten Zeichen noch gut in den Kram gepasst.

Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 28.12.2006 um 11:42:58


18) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Kemeti am 28.12.2006 um 12:05:00

Zum "Leichnam" passt auch gut, was WB III 359,9 ff. schreibt:


Zitat:
XA.t...Leichnam...II. Leichnal eines Gottes, bes. 1) von der Leiche des Osiris...

denn von osiris ist ja in der nächsten Zeile die Rede. Grammatisch bleibt mir die dritte Zeile unklar. Ist das Dj.k Pseudopartizip oder sDm=f? Vielleicht "Du lässt den Ba des unversehrten leichnams des Gottes leben?"

Grüße
Kemeti

> Antwort auf Beitrag vom: 28.12.2006 um 10:27:31


19) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 28.12.2006 um 12:37:14

Hallo, Kemeti,

meiner Meinung nach folgt nach dem Anruf an den Gott ein Wunschsatz (prospektives sDm=f bzw. Subjunktiv nach Allen, Middle Egyptian, Kapitel 19, speziell § 19.5 (1)). Außerdem ist (r)dj + Infinitiv als "etwas tun lassen" zu übersetzen (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 484 unter III.).

dj=k anx bA wdA XA.t nTr
"mögest du den Ba leben (und) den Leichnam des Gottes unversehrt sein lassen ..."

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 28.12.2006 um 12:05:00


20) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 28.12.2006 um 14:30:19 - Anhang: 3 Anhänge

Hallo,

Zeile 4 ist etwas vertrackt; meine Lösung:

Zeile 4

rnp(.t) saH n Wsjr &A-jr.t mAa(.t)-xrw
"(und) [mögest du] die Mumie des Osiris Ta-iret - gerechtfertigt - sich verjüngen [lassen]"

Der Satz der vorhergehenden Zeile wird fortgesetzt, daher die eckigen Klammern. Im einzelnen.

rnpj "sich verjüngen" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 471) - Das erste Zeichen lese ich als M4; die hieratische Form aus Möllers Hieratischer Paläographie, Bd. III, S. 25; das zweite Zeichen ist m.E. Y1 die Buchrolle senkrecht. Zur Schreibweise ein Zettel aus dem Zettelarchiv.

saH "Mumie, der Verstorbene" (Hannig, S. 671) - Warum das Siegelzeichen S20 als Determinativ verwendet wird: keine Ahnung. Aber: "ersetzt auch S19 und E31" (Hannig, S. 1079) - E31 ist die Ziege. Man beachte auch den Hinweis in Wb. IV, 52: "Mumie des Menschen, bes.: a) neben bA 'Seele', XA.t 'Leichnam' u.ä."


&A-jr.t "Ta-iret" - hier steht nur &jA.t, ich habe die Lesung übernommen aus Ranke, Personennamen I, S. 354, Nr. 7. Das folgende ist das Frauendeterminativ B1.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 28.12.2006 um 12:37:14

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21) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 28.12.2006 um 14:47:17 - Anhang: Hypocephalus_Leiden_AMS_62_Detail_03.jpg

Hallo,

es fällt auf, daß in diesem Abschnitt (a) der Name des Gottes, dessen Ba angerufen wird, nicht genannt wird. Aus den Beiworten ist aber ersichtlich, daß es sich um den Sonnengott handeln muß.

Im folgenden Wunschsatz ist knapp zusammengefaßt, was dem Alten Ägypter wichtig war: Das Weiterleben seines Bas, die Unversehrtheit seines Körpers und die sich stetig wiederholende Erneuerung seiner Mumie.

Ich hänge den Abschnitt (b) an.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 28.12.2006 um 14:30:19


22) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Kemeti am 28.12.2006 um 19:30:50

Ich fahre dann mal mit dem wenigen, was ich davon verstehe, fort:

1. j nTr pfj Sps anx Hrw TAw
2. jw m mw a ra nTr r(oder phon. Kompl ?) km

  1. O, dieser vornehme und lebendige Gott da (so versuche ich Gardiner § 110 und Edel § 186 umzusetzen), Horus des Windes (?)
  2. gehend auf dem Wasser ?? Sonne - Gott - ?


Grüße
Kemeti

> Antwort auf Beitrag vom: 28.12.2006 um 14:47:17


23) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 28.12.2006 um 20:38:29 - Anhang: 2 Anhänge

Hallo, Kemeti,

den Vogel in Zeile 1 sehe ich als Eule G17 mit Lesung m. Das ergibt dann einen guten Sinn.

Zeile 2 ist knifflig. Den Anfang hatte ich anfänglich und lange so wie Du; inzwischen bin ich - nach längerem Durchblättern des Zettelarchivs zu einem etwas anderen Schluß gekommen. Davon später. - Mir scheint, daß Du vor dem Gott Re noch etwas unterschlagen hast. - Das Zeichen R8 nTr sehe ich nur als Determinativ zu Re und lese es nicht mit; vergleiche auch bei Wsjr auf dieser Tafel. Siehe das Digitale Zettelarchiv. Das Zeichen nach dem r halte ich für das Kuhohr F21; siehe auch die hieratische Form dieses Zeichens (vgl. Möller, Hieratische Paläographie, Bd. III, S. 14). Jedenfalls paßt es dann auch zu Zeile 3

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 28.12.2006 um 19:30:50

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24) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Kemeti am 29.12.2006 um 12:26:29

Hallo Michael,

genau die gleiche Verwechslung von Kuhohr und km ist mir auch im Hieratischen passiert

Dass ich vor dem Re irgendetwas unterschlagen habe, war mir schon klar, nur wusste ich mit
nichts anzufangen.

Schöne Grüße
Kemeti

> Antwort auf Beitrag vom: 28.12.2006 um 20:38:29


25) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 29.12.2006 um 12:33:36

Hallo, Kemeti,

diese Stelle lese ich als


Das erste Zeichen sieht zwar so ähnlich aus wie die laufenden Beine, ist aber geschlossen.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 29.12.2006 um 12:26:29


26) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Kemeti am 29.12.2006 um 13:02:39

Aha, das macht Sinn

Ich bin schon ganz gespannt auf Deine Deutung des Anfangs der zweiten Zeile. Ich weiß gar nicht, wo ich da im Zettelarchiv schauen müsste

Schöne Grüße
Kemeti

> Antwort auf Beitrag vom: 29.12.2006 um 12:33:36


27) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 30.12.2006 um 12:45:05 - Anhang: 2 Anhänge

Also weiter im Text (b).

Zeile 1

j nTr pf Sps anx m TAw
"O, jener edle Gott, der von der Luft lebt"

pf (oder pfj) "jener" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 276)
TAw "Luft" (S. 947) ... anx m TAw "von der Luft leben" (S. 948)


Zeile 2

pr m Nwn aq Ra r sDm
"(und) der aus dem Urwasser kommt. Möge Re eintreten, um zu hören"

prj m Nwn "der aus dem Urwasser kam" (Hannig, S. 399) - Wie komme ich dazu? Es steht doch jw m mw "der aus dem Wasser komt" da! Ich habe lange das Digitale Zettelarchiv durchgeblättert und keine ähnliche Sentenz gefunden, stattdessen die oben genannte. Laut Wörterbuch I, 518 wird D54 auch als Abkürzung für prj verwendet (siehe beigefügten Zettel). Die drei Wasserlinien N35a werden auch als Determinativ für Nwn verwendet. - Zur Deutung der anderen Zeichen hatte ich mich schon vorher geäußert. - Auch hier folgt ein Wunschsatz nach der Anrufung eines ungenannten Gottes.


Zeile 3

mdw.t=f mj n Wsjr
"seine Worte: Komme zu Osiris"

Das zweite Zeichen ist eindeutig die Hand D46; vgl. die hieratischen Schreibformen (Möller, Hieratische Paläographie, Bd. III, S. 10). Das nach dem f folgende Zeichen ist m.E. G20 Kombination von Eule G17 und Arm D36.


mj "[Imperativ von jw] komme (n zu jdn)" (Hannig, S. 323)


Zeile 4

&A-jr.t mAa(.t)-xrw
"Ta-iret - gerechtfertigt"

Was dann kommt, konnte ich bisher nicht vollständig entschlüsseln. Insbesondere das Zeichen nach dem n habe ich nicht identifizieren können.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 29.12.2006 um 13:02:39

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28) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Kemeti am 30.12.2006 um 13:32:39

Interessant...

Nachdem diese Abschnitte schon so viel Merkwürdiges enthielten bin ich schon ganz gespannt auf die anderen Teile der Tafel.

Schöne Grüße
Kemeti

> Antwort auf Beitrag vom: 30.12.2006 um 12:45:05


29) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 30.12.2006 um 15:19:54 - Anhang: Hypocephalus_Leiden_AMS_62_Detail_04.jpg

Gehen wir zum Abschnitt II: Das Beiwort zu diesem Gott dürfte nicht so schwer sein ...

> Antwort auf Beitrag vom: 30.12.2006 um 13:32:39


30) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Kemeti am 31.12.2006 um 12:57:17

Findest Du? Ich kann die komischen symmetrischen Hieroglyphen über dem Doppelkopf nicht entziffern

Nun zum Ernst:

Rechts oben:

ist nach WB II 442,7 ff. und DZA 26.004.550 perf. Partizip akt. (also wohl j.rx(.w) mit j-Augment) von rx, also "der Wissende"

Rechts unten:

Ich transkribiere jw n=k nTr.w nb.t, wobei ich mir finale t von nb.t als Fehler aus der Spätzeit erklären möchte.

Jetzt bin ich wieder an einem Punkt angelangt, an dem ich glaube, die Wörter zu kennen, aber den Satz nicht so recht zusammenkriegen zu können, denn "Alle Götter sind für dich" ergäbe ja einigermaßen Sinn, aber dann müsste das n=k hinten stehen. Wenn von jw auch ein sDm.n=f gebildet werden kann (Gardiner § 461), sollte ich mir die Grammatik nochmal anschauen. Und eine andere Lösung fällt mir gerade nicht ein.

Viele Grüße
Kemeti

> Antwort auf Beitrag vom: 30.12.2006 um 15:19:54


31) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 naunakhte am 31.12.2006 um 13:05:16

Hallo,

das t am Ende finde ich auch störend - ansonsten hätte ich spontan dabei an den "Herr der Götter" gedacht.
Zudem bin ich am überlegen ob man den Gott auf der Standarte in die Lesung mit einbezieht?

Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 31.12.2006 um 12:57:17


32) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Kemeti am 31.12.2006 um 13:17:32

gute Idee, denn das t kann man ja, wie gesagt, weginterpretieren. Das jw n=k ist mir dann aber immer noch nicht klar.

Viele Grüße
Kemeti

> Antwort auf Beitrag vom: 31.12.2006 um 13:05:16


33) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 31.12.2006 um 14:09:56 - Anhang: 2 Anhänge

Hallo, Leute,

das jw rx kann ich leider auch nicht deuten; meiner Meinung nach eine Bezeichnung des Gottes.

jw n=k nTr.w nb(.w)
"dir gehören alle Götter"

Mit der Präposition n wird der Besitz einer Sache ausgedrückt:

n "... (6) [dativus possessoris; Angabe des Besitzes, Paraphrase von gehören, haben] ... jw n=k anx das Leben gehört dir ... nn n=k st es gehört dir nicht" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 385)

Sicherlich in der Bedeutung: Dir sind alle Götter untertan. Man beachte auch, daß hier zwei Götter dargestellt sind, mit zwei Paar Armen und zwei Paar Beinen.


Noch einmal zum Rest von Text Ib; ich habe ihn noch einmal angehängt. Mein Vorschlag:

nHm sw m-a jx.t nb(.t) Dw(.t)
"mögest du sie retten vor allem Bösen"
oder: "(komme zu Osiris Ta-iret, damit) du sie rettest vor allem Bösen"

nHm "... (6) [allg] (sich) retten m-a vor" (Hannig, S. 423)
jx.t nb.t Dw.t "alles Böse" (Hannig, S. 98)

Zu dieser Phrase insgesamt: Wb. II, 296

Im einzelnen: Das Zeichen nach dem n ist N41 mit Lesung Hm; der Vogel ist offensichtlich das Wachtelküken w und nicht A, vielleicht verschrieben; das t bei nb.t wird in späteren Inschriften oft weggelassen; das letzte Zeichen ist die Berghieroglyphe N26 mit Lesung Dw; in der Spätzeit wird das t oft weggelassen. Also:


Anbei ein Beispiel aus dem Zettelarchiv.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

PS: Ich füge noch hinzu, daß in späterer Zeit sw nicht nur für die 3. Person Singular maskulin, sondern auch für die 3. Person Singular feminin verwendet wird (Erman, Neuägyptische Grammatik, § 91).

> Antwort auf Beitrag vom: 31.12.2006 um 13:17:32

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34) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 31.12.2006 um 14:12:30 - Anhang: Hypocephalus_Leiden_AMS_62_Detail_05.jpg

Hier ist zwar weniger Text, aber einiges zu deuten ...

> Antwort auf Beitrag vom: 31.12.2006 um 14:09:56


35) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Kemeti am 31.12.2006 um 19:34:50

oh, ich hatte die zwei Hieroglpyhen links ganz übersehen:  
.

Da ist mir auch klar, was du mit "deuten" gemeint hast...Ich hätte da an eine Schreibung von bA "Ba" gedacht, aber da ich im Zettelarchiv die Zettel zur Schreibung dieses Wortes nicht finde, bin ich ziemlich ratlos.

Schöne Grüße
Kemeti

> Antwort auf Beitrag vom: 31.12.2006 um 14:12:30


36) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 01.01.2007 um 19:09:52 - Anhang: Hypocephalus_Leiden_AMS_62_Detail_06.jpg

Hallo,

zu (d):

In der Mitte einer Barke sitzt ein Ba-Vogel, vielleicht die Verstorbene? Links eine Göttin mit den Schriftzeichen As.t "Isis" auf ihrem Kopf; rechts eine andere mit den Schriftzeichen Nb.t-Hw.t "Nephthys".

zu (e):

Wiederum eine Barke; links das Schriftzeichen R7, das auch als Ersatz für W10a verwendet wird (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 1075). Es ist daher als Abkürzung für bA aufzufassen. Meines Erachtens steht er hier für den widderköpfigen Sonnengott. In der Mitte der xpr-Käfer, ein Sinnbild des jugendlichen Sonnengottes, wahrscheinlich auf einem Zeichen für den Urhügel. Rechts Harachte.

Das ganze ist wohl eine komprimierte Zusammenfassung der Erscheinungsformen des Sonnengottes, wie es in den Jenseitsbüchern beschrieben wird.

Zitat:
Im Mittelpunkt steht der Sonnengott, der in verschiedenen Erscheinungsformen und unter vielen Namen auftritt. Zu Beginn seiner Nachtfahrt verwandelt er sich ... in die widderköpfige Menschengestalt, in der in allen vier Unterweltsbüchern erscheint; der "Widder" (ägyptisch Ba) kennzeichnet ihn als Sonnen-Ba, der die Unterwelt durchzieht und sich mit seinem Leib vereinigt. Dieser abendlichen Verwandlung entspricht in der 12. Stunde die Verwandlung in den Skarabäus-Käfer, der als morgendliche Erscheinungsform des Sonnengottes zum Himmel emporsteigt. Im Übergang zwischen Unterwelt und Himmel erscheint er als "Horizontischer" (Achti). (Erik Hornung, Ägyptische Unterweltsbücher, 1972, S. 48)

Es folgt der nächste Abschnitt (f).

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 31.12.2006 um 19:34:50


37) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 naunakhte am 01.01.2007 um 22:49:11

Hallo Michael,


Zitat:
Es ist daher als Abkürzung für bA aufzufassen.


und das t ? Ist es auf dieser Kopftafel lediglich als Zierde angebracht? Es fällt wohl ziemlich häufig unter den Tisch.  

nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 01.01.2007 um 19:09:52


38) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Kemeti am 02.01.2007 um 10:12:35

Ich mache mal mit dem oberen Text weiter:
, dahinter 8 mal E183 (Hannig, Ägyptisch-Deutsch (2006), S. 1432).


Das transkribiere ich als: jw n=k bAk m psD.t rhnj.w (oder so ähnlich), wobei ich davon ausgehe, dass eigentlich neun liegende Widder gemeint sind.

Übersetzung: "Der Diener gehört dir in der Neunheit der (heiligen) Widder des Amun".

Schöne Grüße
Kemeti

> Antwort auf Beitrag vom: 01.01.2007 um 19:09:52


39) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 naunakhte am 02.01.2007 um 16:35:48

Hallo,

Seschen hat mir ein paar Überlegungen zur Hieroglyphe  
 geschickt.


Ihren Vorschlag für das untere Boot:

Ra xpr (-Ds=f) jt (-nTrw)
Re der Selbstentstandene, Vater (der Götter)

darf ich hier stellvertretend für sie einstellen.

Und zwar erinnerte sie sich (ich werde alt und musste nun erst lange suchen  ) an diese Übersetzungsaufgabe hier,1 wo in Post 13 und 14 jt, der Vater mit der Hieroglyphe
geschrieben wurde.

Sie hat sich dann weiter von dieser Übersetzung inspirieren lassen:

Sie hätte damit immerhin das t untergebracht   - und Michael bevorzugt ja zur Zeit/für dieses Teil die Sonnengötter.

Zeitlich passt das Zeichen und "Vater" gut zusammen, da es für die griechische Zeit belegt ist. Die Kopftafel datiert mit ca. 300 v. Chr. genau in diese Zeit hinein.
Einzig der Fundort würde abweichen. Die Nutzung dieser Hieroglyphe ist laut Zettelarchiv wohl für Dendera belegt und die Kopftafel stammt aus Theben. - Was soll's - auch nicht schlimmer wie zahlreiche ts zu streichen  

nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 31.12.2006 um 14:12:30


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?board=guan&action=display&num=1074430819


40) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 02.01.2007 um 21:13:50

Hallo,

@Naunakhte und Seschen

Genial! Super! Tolle Lösung, paßt irgendwie gut in den Kontext - aber: Leider handelt es sich hier auf der Kopftafel um das Zeichen R7 Räucherpfanne, während es bei dem Zeichen im Wort jt-nTr um X2 Brotlaib handelt; siehe auch die Bemerkung im genannten Thread bzw. bei Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 1096.

Meine Erklärung zum scheinbar überflüssigen t: Zwar ist der Text mittelägyptisch, aber er wurde in einer Zeit geschrieben, als sich die gesprochene Sprache erheblich weiter entwickelt hat. Insbesondere das t wurde oft nicht mehr gesprochen und entsprechend nicht geschrieben. Andererseits wurde es auch an Stellen geschrieben, wo man es eigentlich nicht erwartet. Mit den Besonderheiten dieser Sprachstufe hat sich Karl Jansen-Winkeln in seiner Spätmittelägyptischen Grammatik der Texte der 3. Zwischenzeit, Wiesbaden, 1996 befaßt. Im § 32 "X1 [t] als 'Determinativ' oder Füllzeichen" heißt es:

Zitat:
Nach klassischem Maßstab überflüssiges X1 ist ziemlich häufig:
- Bei Ortsnamenbezeichnungen ...
- Z.T. könnte es sich um ein Füllzeichen oder wieder um die Übernahme eines graphischen Schemas handeln, wenn es ein feminines Wort von der derselben Wurzel gibt ...
- Wenn der Stamm auf einen Dental auslautet ...
- Beim Stamm rdj ...
- Oft gibt es auch keine solche Motivation ...


@Kemeti

Ich stimme Deiner Umschrift zu, würde es aber anders übersetzen:

jw n=k bA=k  m bA 8
"Dein Ba gehört dir als [= in Form/Gestalt von] 8 Bas"

bA "Ba, Seele" (Hannig, S. 237) - Ich sehe das k hinter bA nur als Suffix für die 2. Person Singular maskulin "dein".
m "... (11) [Identität / Äquivalenz, ohne Übersetzung] ..." (Hannig, S. 311)

psD.t "Neunheit" kommt m.E. nicht in Frage, da (1) nur 8 Widder geschrieben sind und (2) dieses Wort zwar mal mit 9 nTr-Zeichen geschrieben wird, aber nicht mit Widdern. Allerdings konnte ich die Lesung bA für den liegenden Widder E183 nicht verifizieren.

Die Bedeutung dieser Aussage ist mir ebenfalls nicht klar.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 02.01.2007 um 16:35:48


41) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 02.01.2007 um 21:23:56 - Anhang: Hypocephalus_Leiden_AMS_62_Detail_07.jpg

Hallo,

den Vogel mit ausgebreiteten Flügeln auf der Barke - sieht teilweise wie eine Mumie aus - kann ich nicht weiter deuten. Die Beischrift jmAxy (?) "der Versorgte/der Ehrwürdige" (Hannig, S. 71) ist ungewöhnlich geschrieben; vielleicht auch nur falsch gelesen von mir.

Es folgt der nächste Ausschnitt.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 02.01.2007 um 21:13:50


42) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Seschen am 03.01.2007 um 16:42:59

Hallo alle!

Erstmal, danke nauna für das Posten meiner Idee (ich stand unter Zeitdruck).

Michael schrieb:

Zitat:
Genial! Super! Tolle Lösung, paßt irgendwie gut in den Kontext - aber: Leider handelt es sich hier auf der Kopftafel um das Zeichen R7 Räucherpfanne, während es bei dem Zeichen im Wort jt-nTr um X2 Brotlaib handelt; siehe auch die Bemerkung im genannten Thread bzw. bei Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 1096.

Natürlich hab ich R7 mit X2 verwechselt.  
Aber in meinem Hinterkopf war dies R7 in jt-nTr gespeichert und nun habe ich es gefunden :

- Es ist (auch) in Tuthmosis' III "eGlyphica" (Bild)1.

- In einem Beitrag im Ägyptenfoum2 ist R7 (ganz oben links) auf einer Vasen-Inschrift (Bild3, CCER-Publikation) zu erkennen.
Zitat aus einem Beitrag hierzu von  Gast A.

Zitat:
...typische Zeichenfolge für den Titel it-nTr "Gottesvater", der v.a. in der Spätzeit mit der Gruppe R7+R8+M17 geschrieben wurde (vgl. zB. im Berliner Wörterbuch Bd. 1, S. 142). Im Lexikon von Hannig ist leider ausgerechnet diese Schreibvariante nicht aufgenommen, obwohl Hannig doch die Quellen des Neuen Reiches noch aufgenommen hat...

- Zettel im Wörterbuch:



Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 02.01.2007 um 21:23:56


1: http://img54.imageshack.us/img54/413/eglyphicagottesvaterbo9.gif
2: http://www.faszination-aegypten.de/wbb221/wbb2/thread.php?threadid=112&threadview=0&hilight=&hilightuser=0&page=1
3: http://www.eglyphica.de/Forum/Lektionen/vase_foto.jpg


43) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 03.01.2007 um 21:29:26

Hallo, Seschen,

Du hast recht: Es gibt auch Schreibungen des jt-nTr mit R7!

Allerdings machen es die vergleichbaren Szenen wahrscheinlich, daß es sich um den Ba des Sonnengottes handeln muß, da der Sonnenlauf symbolisch angesprochen wird - wie von Hornung zusammengefaßt.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 03.01.2007 um 16:42:59


44) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Seschen am 03.01.2007 um 22:50:21

Michael, dem will und kann ich nicht widersprechen!

Noch ein Deutungsversuch meinerseits:

Zitat:
den Vogel mit ausgebreiteten Flügeln auf der Barke - sieht teilweise wie eine Mumie aus - kann ich nicht weiter deuten.

Wenn rechts die Tagfahrt symbolisch dargestellt wird, könnte links nicht die Nachtfahrt gemeint sein?
Dann könnte die mumienartige Gestalt mit Flügeln (in der Nachtbarke) der Totengott der Unterwelt bzw. Herr des Totenreichs Sokar sein (4. und 5. Nachtstunde)...

Zitat:
Allerdings konnte ich die Lesung bA für den liegenden Widder E183 nicht verifizieren. Die Bedeutung dieser Aussage ist mir ebenfalls nicht klar.

Auf einer anderen Kopftafel ist an entsprechender Stelle ein liegendes Tier mit 8 Strichen zu sehen.


Vielleicht sollen die Zeichen auf beiden Tafeln keine Widder, sondern Kühe sein?



Ich denke dabei an die 7 heiligen Kühe und ihren Bullen, dargestellt im Totenbuch-Kapitel CXLVIII, beispielsweise  TB der Nu1. 7 Kühe = Hathorinnen, der Stier = Re.
Alle 8 Götter geben die erhaltenen Speiseopfer an den Toten weiter und gewährleisten somit dessen Versorgung im Jenseits.
Ist das zu viel Fantasie?  

Viele Grüße
Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 03.01.2007 um 21:29:26


1: http://img387.imageshack.us/img387/3369/chapter148ua9.gif


45) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Gast_A. am 04.01.2007 um 18:22:45 - Anhang: Widder-Glyphe.jpg

Hallo,

zu den 8 "Widdern":
Die Lesung der acht liegenden Tiere lautet vermutlich bA.w Xmn.w, wobei es sich sicherlich um Widderfiguren handelt. In LGG II, S. 729 findet sich diese Schreibung (allerdings mit dem Vermerk „Lesung unsicher“) für eine Kopftafel aus Brüssel (E 6319), die eine ähnliche Formel aufweist wie das hier diskutierte Exemplar. C. Leitz übersetzt im LGG diesen Namen mit „die acht Widder“, vermeidet also die Übersetzung „Ba“ und wählt die an sich problematische Bedeutung „Widder“ für die liegende/mumifizierte Tierglyphe.
Da bA „Widder“ mit dem stehenden/schreitenden Widder
geschrieben wird, ist die Lesung der seltenen Schreibung mit der Hieroglyphe des liegenden/mumifizierten Widders (Bild s.u.) als bA heikel. Auch darauf hat Michael ja bereits hingewiesen. Aus der Lesung bA für die Hieroglyphe des stehenden/schreitenden Widders darf nicht a priori auf denselben Lautwert für die liegende Form des hieroglyphischen Widders geschlossen werden, geschweige denn auf eine Bedeutung „Widder“. So wird in den „Valeurs phonétiques“-Listen (Bd. 1, S. 222, Nr. 217) für den mumifizierten, liegenden Widder allein der Lautwert aXm (Wb I, 226) angegeben, wobei das Wort aXm für das tier- bzw. falkengestaltige Kultbild des Falkengottes steht. Leitz führt nun in seinem Lexikon der Götternamen (LGG) einen Beleg des Mittleren Reiches für den liegenden Widder mit Laufwert bA an (LGG II, S. 660), wobei er aber diese Lesung als „nicht sicher“ vermerkt. In einem anderen Fall wird eine Widdermumie aus Elephantine im Beitext als bA Sps n Xnmw „prächtiger Ba des Chnum“ bezeichnet, wobei das bA passender Weise mit dem Zeichen des liegenden (mumifizierten) Widders geschrieben ist (LGG II, S. 701). Man könnte hier sowohl eine Übersetzung „Widder“ wie auch „Ba“ vertreten.
In gr.-röm. Zeit sind auch Schreibungen bezeugt, in denen der liegende Widder als Determinativ im Namen einer Ba-Form (z.B. bA wtt „zeugender Ba“) auftritt. Die Übersetzung „Ba“ scheint in diesem Beleg gerechtfertigt, handelt sich hier doch um die Ba-Form des Osiris bA n Wsjr und Herr von dwn anwy (zu dwn anwy bzw. Dunanui s.u.).

Die Unterscheidung zwischen bA „Ba(-Wesen)“ und bA „Widder“ ist ebenfalls nicht ganz problemlos, denn wann die Ägypter das Wort bA für „Ba“ und wann für bA „Widder“ verwendeten, geht aus der wechselnden Graphie (Ba-Vogel vs. schreitender Widder) und dem Kontext nicht immer klar hervor. Zwar meint W. Ward in „The four egyptian homographic Roots B3 (Roma, 1978, S. ), dass „in most contexts the distinction is quite clear and it is obvious that Egyptian scribes carefully maintained this distinction in spelling until Late Egyptian times“, doch läßt sich diese von Ward v.a. für die Sargtexte getroffene Aussage nicht einfach auf die Texte der gr.-röm. Zeit übertragen.
Die Problematik liegt auch darin, dass offenbar gerne mit der lautlichen Ähnlichkeit beider Wurzeln bA „Ba“ und bA „Widder“ „gespielt“ wurde und durch den austauschbaren Gebrauch nicht nur auf Klang- sondern auch Wesensähnlichkeiten angespielt werden sollte. Eine besonders deutliche Form dieses spielerischen Gebrauchs ist der „Ba-Vogel mit Widderkopf“, wie er etwa in den Sargtexten gelegentlich auftritt und wo in einigen Fällen „Ba“ in anderen „Widder“ zu übersetzen ist.

Zum Vogel in der Barke:
Mit der Identität der Figur haben sich bislang v.a. Joseph Smith u.a. (1842), Louis Speleers (1943) und Edith Varga (1998) auseinandergesetzt. Während Speleers darin die „Barke des Sokar“ erkennen will, die „transporte Sokaris qui contribue à la résourrection du mort (Pyramides: §§ 990, 1356, 1968) et qui est la maître des 4e et 5e heures du Livre de la Douat“ (L. Speleers, Le sens de nos deux hypocéphales égyptiens, in: Bulletin des Musées Royaux d’Art et d’Histoire 1-2, 1943, S. 37), lehnt E. Varga diese Interpretation ab, da im Beitext der Hypocephali niemals eine solche Idenitifizierung vorgenommen wird. Die Hypocephali liefern stattdessen laut John Gee (Towars an Interpretation of Hypocephali, in: Fs E. Varga, Budapest 2002, S. 332) v.a. die Identifizierung bA bA.w „soul of souls“ (erweitert zu bA bA.w Sft.yw, bA bA.w Sfy xpr.w oder bA bA.w qA qA iAx.w). Gelegentlich wird diese Formel einfach zu bA.w verkürzt. Alternative Formeln lauten: bA jmnt.t, jmy.t, nb.t p.t und S m ar.t
Um welche Gottheit es sich hier konkret handelt, geht aus dem Beitext zunächst also nicht hervor, da die Identifizierung als Ba nicht weiter konkretisiert wird. Es könnte entweder
(1) eine Ba-Form des Sonnengottes selbst dargestellt sein. Vgl. etwa das für den Sonnengott in der Kuschitenzeit belegte bA wp Swty „Ba, der die beiden Flügel ausbreitet“ (Statue CG 1098, Leclant, Montouemhat, 26-27, Zl. 4). Um hier auf die oben genannten „Wortspiele“ zurück zu kommen: bA jAbt.t mit dem schreitenden Widder heisst auch eine Erscheinungsform des Amun-Re in thebanischen Grabhymnen, wobei diese Bezeichnung dann sowohl auf die Widderform des Sonnengottes wie auch das damit verbundene Wesen und die Ba-Lehre anspielt – dasselbe kommt bei Amun-Re auch mit bA jmnt.t „Widder/Ba des Westens“ vor. Dies entspräche der alternativen Formel bA jmnt.t in der Hypocephalus-Phraseologie.
(2) Alternativ könnte man, wie von Seschen (und Speleers) vorgeschlagen, eine Form des Sokar (Sokar-Re wie in der gr.-röm. Zeit bezeugt?) annehmen oder
(3) eine seiner Helfer (z.B. die flügelspreizenden Gottheiten Sopdu, Antj oder Dunanui – diese allerdings als bA jAbt.t „Ba des Ostens“).

Gruß G_A

> Antwort auf Beitrag vom: 03.01.2007 um 22:50:21


46) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 04.01.2007 um 23:41:52 - Anhang: 2 Anhänge

Hallo, Gast_A,

danke für die ausführliche Zusammenstellung der bisherigen Diskussion zu den beiden fraglichen Themen dieser Kopftafel! Hier zeigt sich für mich vor allem, daß diese interessante Objektgattung bisher wenig beachtet bzw. stiefmüttlerlich bearbeitet worden ist.

Zu (g)

Eine Barke mit einem Schrein, in dem ein Pavian sitzt. Auf seinem Kopf eine Mondsichel und -scheibe. Davor ein weiterer Pavian; darüber der Text:

Hnk wDA.t  n nb mAa.t
"Darreichen des Udschat-Auges an den Herrn der Maat"

Änderung: Ursprünglich hatte ich hier rdj "geben" angegeben.

Hnk "schenken ... darbringen, opfern, stiften" (Hannig, S. 541-542). Zur Schreibung: siehe Zettel aus dem Zettelarchiv.

Zu (h)

Bei der Barke handelt es sich um die in den Königsgräbern des Neuen Reiches und später oft gezeigt Sonnenbarke. In der Mitte steht der Sonnengott mit Widderkopf, Sonnenscheibe und Uräus-Schlange. Er wird von einer Schlange umringelt, die oft mit mHn "Mehen" bezeichnet wird (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 1209). Man kann es leicht übersehen, aber vor dem Widderkopf sind einige Schriftzeichen zu sehen. Laut den Darstellungen in den Gräbern sind sie als jwf "Fleisch" zu lesen (Hannig, S. 34: "aktiv handelnder Jenseitsleib (als unterweltlich-nächtliche Erscheinungsform des Sonnengottes in seiner Leiblichkeit)" - diese Definition ist von Erik Hornung, Das Amduat. Die Schrift des verborgenen Raumes, Wiesbaden, 1963, S. 21 übernommen worden). Die Figur davor - mit Hörnern und Sonnenscheibe - wird üblicherweise als nb.t wjA "die Herrin der Barke" bezeichnet (Hannig, S. 1213). Vor ihr steht eine weitere Göttin, durch die Feder auf dem Kopf als MAa.t zu erkennen. Am Bug Horus, der die Apophis-Schlange mit einem Speer niederhält. Hinter dem Sonnengott stehen zwei weitere Götter, die zur Besatzung der Sonnenbarke zu zählen sind, ohne daß ich sie benennen könnte. Oft werden Hw "Ausspruch" und sjA "Erkenntnis" genannt. Am Heck mit der Hand am Ruder steht ein falkenköpfiger Gott mit der Doppelkrone. Der Steuermann der Sonnenbarke hat in den Darstellungen die Beischrift xrp-wjA "Leiter der Barke" (Hannig, S. 1233).

Zwischen den beiden Barken ist ein Podest, auf dem der Sonnengott als Kind sitzt; erkennbar an der angedeuteten Jugendlocke. Er hält die königlichen Insignien in den Händen.

Diese sehr genaue Darstellung zeigt, daß die Vorstellungen aus den Jenseitsbüchern noch in der Ptolemäerzeit lebendig waren, bis hin zu den Details. Ihre Verwendung auf der Kopftafel deutet daraufhin, daß der Verstorbenen gewünscht wurde, sie möge an der Reise des Sonnengottes durch die Unterwelt teilnehmen.

Es folgt der nächste Abschnitt.

Viele Grüße,
Michael Tilgner



> Antwort auf Beitrag vom: 04.01.2007 um 18:22:45

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47) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Gast_A. am 05.01.2007 um 02:37:39

Hallo Michael,

„wenig beachtet bzw. stiefmüttlerlich bearbeitet“ wurden die Hypocephali bislang tatsächlich. Allerdings vielleicht auch zum Teil deshalb, weil Edith Varga aus Budapest bereits vor über 40 Jahren (E. Varga, Les Travaux Preliminiaires de la Monographie sur les Hypocephales, Acta Orientalia 12, 1961, S. 235-247) angekündigt hatte, dazu eine vollständige monographische Bearbeitung vorzulegen. Sowas soll ja i.d.R. nur wenig dazu motivieren, sich ebenfalls durch Museumsarchive zu stöbern. Nun hat Frau Varga offenbar 1998 eine Publikation auf Ungarisch zu den Hypocephali herausgebracht, die vielleicht den Abschluss dieser recht zeitintensiven Recherche darstellt. Die Arbeit läuft anscheinend unter dem Titel „Napkorong a fej alatt“ (Napkorong a fej alatt. Egy egyiptomi sírmelléklet - a hypokephal - kialakulása, Akadémiai Kiadó, Budapest 1998), was soviel heißen soll wie „Sonnenscheiben unter dem Haupt“. Ich kenne die Arbeit leider auch nicht, kann daher kein Urteil abgeben. Wer also im Ungarischen sattelfest ist, kann ja mal versuchen die Monographie übers Internet zu beziehen; z.B. über:

Edith Varga - Online-Bestellung #11

oder:

Edith Varga - Online-Bestellung #22

Gruß G_A

> Antwort auf Beitrag vom: 04.01.2007 um 23:41:52


1: http://www.antikva.hu/onan/reszletek.jsp;jsessionid=982E9B1FC744BDDD959318A954882AFC?katalogus_id=99371
2: http://www.regikonyvek.hu/book.php?id=56394&PHPSESSID=a4dea84e706fbae8a3f15e8ae


48) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Seschen am 05.01.2007 um 10:06:56

Danke, Michael & Gast_A., das ist sehr aufschlussreich.




HA.t  wrj.t  m  jtr.tj  (t?) Sma.t  mH.t

HA.t - Grab (Grabschacht)
wrj.t - Grabkammer (eine heilige Stätte)
m - in der
jtr.tj  Kapellenreihe  
(t?)
Sma.t - oberägyptisch
mH.t - unterägyptisch

Deutung:
Der Wunsch der Toten, ein Grab in der Grabkammer der ober- und unterägyptischen Kapellenreihen zu erhalten ( )
Alternative:
"... in den zwei Reihen von Schreinen" - dann wären M 26 und M15 Determinative  

Gestalten:
- Auf dem Stuhl sitzt Gott Min mit Geißel, ihm wird von einer min-artigen Tiergestalt das Udjat-Auge überreicht.
- eine Gottheit in Frauengestalt mit Sonnenscheibe und Udjat als Kopf, in der Hand eine Lotusblüte haltend
- Hathor in der Erscheinungsform der Ichet-Kuh, mit Sonnenscheibe und Krone zwischen den Hörnern und  Menit-Halskragen
- die vier Horussöhne

Hieroglyphen (als Symbole):

srp.t bzw. sAp.t - Lotusblatt
Lotus - Symbol der Sonne (auch des Sonnengottes), der Schöpfung und der Wiedergeburt

mAj - Löwe
symbolisiert Chepri, die morgentliche Erscheinungsform des Sonnengottes

sr - "Widder" (Hannig S. 726: widderköpfige, nächtliche Erscheinungsform des Sonnengottes)

Gruß Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 05.01.2007 um 02:37:39


49) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 06.01.2007 um 13:19:39 - Anhang: 2 Anhänge

Hallo,

im vorangegangenen Abschnitt III habe ich noch eine Änderung in der Transkription und Übersetzung gemacht (Hnk "darbringen" statt rdj "geben").

Abschnitt IV

HAj.t m jtr.tj Sma.t mH.t
"Halle in den Kapellenreihen des Südens und des Nordens"

Das erste Wort - nur aus der Spätzeit belegt (Wb III, 16) und deshalb bei Hannig nicht erwähnt - scheint mir verschrieben bzw. doppelt zu sein.

Die erste Schreibung, sozusagen verkürzt:


Die zweite ausführlichere ist:


Hieraus hat unser Schreiber gemacht:


@Seschen

M.E. handelt es sich um bei der Vogelhieroglyphe eindeutig um G1 mit Lesung A und nicht um die Schwalbe G36 mit Lesung wr.

jtr.t "... Kapellenreihe jtr.t Sma.t die oberägyptische Kapellenreihe ... jtr.t mH.t die unterägyptische Kapellenreihe ... jtr.tj die Beiden Kapellenreihen (von Ober- und Unterägypten)" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 113)

Ich denke schon, daß die Zeichen am Ende zu lesen und nicht nur Determinative sind; dazu sind sie zu ausführlich geschrieben. Mit meiner Übersetzung "... des Südens und des Nordens" (bzw. "... von Ober- und Unterägypten") habe ich der Schreibung Rechnung zu tragen versucht. - Herumvagabundieres t habe ich als Füllzeichen interpretiert und ignoriert.

Bei der Gottheit ganz links handelt es sich um NHb-kA.w "Nehebkau" (Hannig, S. 1216). "Auf Kopftafeln wird Nehebkau ithyphallisch wie ein Fruchtbarkeitsgott gezeigt." (LÄ IV, 388-390, Stichwort: "Nehebkau"). Er ist sicher als Helfer für den Verstorbenen zu sehen.

Die vor ihm dargestellte Schlange mit zwei Köpfen kann ich nicht deuten.

Bei dem Tier rechts, das Du als E22A "Löwe" identifiziert hast, könnte es sich vielleicht auch um einen Ichneumon handeln, ebenfalls ein Tier des Sonnengottes.

Es bleibt noch die ringfömig angebrachte Inschrift zu bearbeiten. Als Anfang nehme ich die Anrufung "O ...".

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 05.01.2007 um 10:06:56

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50) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Seschen am 07.01.2007 um 11:14:01


Zitat:
Es bleibt noch die ringfömig angebrachte Inschrift zu bearbeiten. Als Anfang nehme ich die Anrufung "O ...".



j  DbA.ty  m  Hw.t  bnbn.t  qA  zp-2   Ax.w  zp-2

DbA.t = Grab, Schrein
DbA.ty = im Grab befindlich, mit Götterdeterminmativ: Epithet des Osiris (?)
Hw.t bnbn.t = Name des Sonnenheiligtums in Heliopolis
zp-2 = "sehr", "wirklich"  (Betonung beim Adjektiv/Adverb)   Wb 3, 437.1-8

Oh, der im Grab ist, im "Tempel des Benben", sehr erhaben (und) sehr herrlich (bzw. "glänzend"),...



kA  nk  nTr aA  m  Hw.t-sr  wr  m Jwnw
...begattender Stier, großer Gott im Fürstenhaus, Großer in Heliopolis...
(oder: "... im großen Fürstenhaus in Heliopolis" )

Viele Grüße, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 06.01.2007 um 13:19:39


51) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 07.01.2007 um 12:49:40 - Anhang: Hypocephalus_Leiden_AMS_62_Detail_11.jpg

Hallo, Seschen,

dem schließe ich mich an. Ergänzend zur Umschrift: Warum DbA.ty mit Doppel-b geschrieben wird, kann ich nicht erklären. Das letzte t in Hw.t bnbn sehe ich nur als Füllzeichen (siehe ein früheres Posting in diesem Thread). Ebenso würde ich nur Ax lesen. So schreibt Erman in seiner Neuägyptischen Grammatik: "So hängt man z.B. Formen, die gewiss nie eine Endung gehabt haben, ein [Z7] an, als scheue man sich, das Wort ohne Endung zu lassen. Besonders den Verben wird ein solches [Z7] angehängt, das sie dann in all ihren Formen tragen ..." (§ 11). Auch Jansen-Winkeln geht in seiner Spätmittelägyptischen Grammatik auf die Schreibung von Ax mit Z7 ein und hält sie für einen Fall "rein graphischer Natur" (Fußnote 1 zu § 170). Z7 =

Im LÄ I, 695 heißt es zum "Benben-Haus":

Zitat:
Name des Tempels oder eines Tempelteiles in Heliopolis, in dem der Benben-Stein aufgestellt war ... Als Gott im Benben-Haus galt Re; aber auch Amun als Sonnengott kann "groß an Erscheinungen im Benben-Haus" genannt werden.

Siehe auch: Benben1

Zum zweiten Abschnitt: Es muß "Großer in Heliopolis" heißen, denn wr ist mit einem sitzenden Gott determiniert.

Das "Fürstenhaus" wird ausführlich im LÄ II, 351-356 dargestellt.

Zitat:
sr interpretiert man sekundär als "Fürst" und meint Osiris.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 07.01.2007 um 11:14:01


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=lexikond&id=030911124831


52) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Kemeti am 07.01.2007 um 17:17:42

Ich versuch's mal:

mj r=k n wsjr ? ? ? ra tA-jr.t mAa(.t)-xrw
  • mj ist Imperativ von jw (Gardiner § 336)
  • r=k ist enklitische Partikel mit Suffixpronomen zur Betonung (WB I 103,6-10, Gardiner §252), hier auffälligerweise r=k statt r=f, was nach dem Imperativ auffallend häufig ist, wie ein Blick ins Zettelarchiv verrät (DZA 20.956.730 bis DZA 20.958.220, ebenso Abschnitt 2 bei Gardiner § 252)
  • Was hier drei Fragezeichen sind, ist wohl A 388 (Hannig S. 1425) und ein hohes Zeichen, das ich nicht identifizieren kann. Da es aber Hwtj "(Flachs) ausreißen" bedeutet, bin ich mir mit der Lesung unsicher.
  • Das
    (Zeichenstellung ungenau) kann man, da es sich ja um einen spätzeitlichen Text handelt, wohl ohne Bedenken als tA-jr.t und nicht tAj-jrytA lesen, zumal der Geier in der Gruppenschrift für "nichts" zu stehen scheint


zusammen ergibt das also: "Komm zu Osiris - ? ? ? - Re - Ta-Iret, die Gerechtfertigte"

Grüße
Kemeti

> Antwort auf Beitrag vom: 07.01.2007 um 12:49:40


53) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Seschen am 07.01.2007 um 17:31:52

Hallo Kemeti!

Zitat:
...und ein hohes Zeichen, das ich nicht identifizieren kann.

Ich sehe das "hohe Zeichen" als O 25, "Obelisk".


Gruß Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 07.01.2007 um 17:17:42


54) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 07.01.2007 um 17:56:39 - Anhang: A239.jpg

Hallo,

der Obelisk O25 hat in der ptolemäischen Zeit neben txn auch die Lesung Jmn (Christian Leitz, Die Tempelinschriften der griechisch-römischen Zeit, Münster, 2004, S. 169).

Bei dem Zeichen, das Kemeti mit ? ? ? angegeben hat, handelt es sich um A239, das die Lesung jHy (Leitz, S. 154) hat.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 07.01.2007 um 17:31:52


55) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Kemeti am 07.01.2007 um 18:11:53

Danke euch beiden für die Hinweise!

Also: mj r=k n wsjr JHy Jmn-ra tA-jr.t mAa(.t)-xrw

"Komm zu Osiris, Ihi und Amun Re, Ta-Iret, die Gerchtfertigte"

Schöne Grüße
Kemeti

> Antwort auf Beitrag vom: 07.01.2007 um 17:56:39


56) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 07.01.2007 um 19:35:42 - Anhang: Hypocephalus_Leiden_AMS_62_Detail_12.jpg

Hallo, Kemeti,

jHy.t "Musikpriesterin" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 96)

Anbei der folgende Abschnitt.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 07.01.2007 um 18:11:53


57) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Seschen am 08.01.2007 um 14:39:12

Hallo,
vom 12. Teil hier die Hieros, wie ich sie identifiziert habe:



Umschrift und Übersetzung diesmal versteckt  

Versteckten Text anzeigen...
sA.t  n  jt-nTr  Wsjr-wr  mAa-xrw  jr.t  n  nb.t-pr  As.t-wr.t  mAa(.t)-xrw
Tochter des Gottesvater Osiris-ur ("Osiris ist groß"), gerechtfertigt, geboren ("gemacht") von der Herrin des Hauses Aset-uret ("die große Isis"), gerechtfertigt


Gruß
Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 07.01.2007 um 19:35:42


58) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Kemeti am 08.01.2007 um 17:14:59

@ Michael: Ich hatte hier an den Gott Ihi gedacht, weil er ja von zwei anderen Göttern umgeben wird. Aber "Musikpriesterin des Amun" machr doch mehr Sinn.

Grüße
Kemeti

> Antwort auf Beitrag vom: 07.01.2007 um 19:35:42


59) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 08.01.2007 um 23:23:54 - Anhang: Hypocephalus_Leiden_AMS_62_Detail_13.jpg

Hallo,

hier der Schlußabschnitt der ringförmigen Inschrift.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 08.01.2007 um 17:14:59


60) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Seschen am 09.01.2007 um 10:01:46

Die  
 zum Schlussabschnitt:




...die Umschrift:

dj=k  xpr=s  mj  na  m  Sms.w  nts nTr  pf  ntj  m  Hw.t-sr  m  Jwnw

Grüße, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 08.01.2007 um 23:23:54


61) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Kemeti am 10.01.2007 um 15:27:59

dann komt von mir die Übersetzung:

dj=k  xpr=s  mj  na(.w)  m  Sms.w=k  nts nTr  pf  ntj  m  Hw.t-sr  m  Jwnw

"Mögest du (Osiris) sie werden lassen wie der aus deinem Gefolge Kommende . Sie ist jener Gott, der im "Haus des ser-Beamten" in Heliopolis ist."

Viele Grüße,
Kemeti

> Antwort auf Beitrag vom: 09.01.2007 um 10:01:46


62) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Seschen am 10.01.2007 um 15:59:22

Hallo Kemeti,

Bei Sms.w=k ist das "=k" natürlich richtig, das ist mir unterwegs verloren gegangen, auf meinen Zetteln habe ich es.

Mein 2. Teil lautet:
... in deinem Gefolge, (denn) sie ist jener Gott, der im "Fürstenhaus" in Heliopolis ist.
Im ersten Drittel rätsele ich noch, ob das Schiff nicht doch ein Schiff ist, dazu eine Auslese aus dem Zettelarchiv: na1
Aber "...wie ein Schiff..." überzeugt mich nicht.  

Gruß
Seschen  

> Antwort auf Beitrag vom: 10.01.2007 um 15:27:59


1: http://img406.imageshack.us/img406/3774/na1az2.gif


63) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Kemeti am 10.01.2007 um 16:30:01

Merkwürdig ist der Eintrag bei WB II 2,3, wo
mit "du bist mein Herr" übersetzt wird. Dies könnte den Schluss zulassen, dass das Schiff hier vielleicht eine Schreibung für m "in" ist, das folgende Ajin wäre dann wie in der Gruppenschrift/Syllabischen Schrift verwendet. Aber die ganze Wortstellung in diesem Beispiel aus dem Wörterbuch mutet merkwürdig an.

Viele Grüße
kemeti

> Antwort auf Beitrag vom: 10.01.2007 um 15:59:22


64) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 10.01.2007 um 17:07:00

Hallo, Leute,

es handelt sich meiner Meinung nicht um ein Schiff, sondern um die Harpune.

Viele Grüße,
MIchael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 10.01.2007 um 16:30:01


65) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Seschen am 10.01.2007 um 17:34:56

Aha, T21, wa    

Dann übersetze ich:

Du lässt sie werden wie einer aus deinem Gefolge, denn sie ist jener Gott, der im "Fürstenhaus" in Heliopolis ist.

Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 10.01.2007 um 17:07:00


66) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 21.01.2007 um 22:07:55 - Anhang: 2 Anhänge

Liebe Leute,

zum Abschluß der Kopftafel noch einige Anmerkungen (leider ging es nicht früher, ich hatte einige Rechnerprobleme).

@Kemeti

mj r=k  n [= m] Wsjr jHy.t (n) Jmn-Ra &A-jr.t  mAa(.t)-xrw

"laß zu dir kommen als Osiris die Musikpriesterin des Amun-Re Ta-iret, gerechtfertigt"

Im Neuägyptischen wird oft n für m geschrieben:

Zitat:
"Zwar schreibt man meist das überlieferte [G17] m, aber man schreibt so oft auch hier [N35] n, dass man nicht zweifeln kann, dass dies schon die Aussprache der Praeposition war." ((Erman, Neuägyptische Grammatik, § 603)

Diese Erscheinung ist auch in mittelägyptischen Texten der Spätzeit greifbar (Jansen-Winkeln, Spätmittelägyptische Grammatik, § 267).
jHy.t "Musikpriesterin" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 96) - ein ähnliches Beispiel für jHy.t (n) Jmn-Ra aus dem Zettelarchiv habe ich angehängt.

...


> Antwort auf Beitrag vom: 10.01.2007 um 17:34:56

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67) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 21.01.2007 um 22:40:11 - Anhang: 21397410-jt-nTr.jpg

...

@Seschen

Das folgende teile ich:

sA.t  n  jt-nTr  Wsjr-wr  mAa-xrw  jr.t  n  nb(.t)-pr  As.t-wr.t  mAa(.t)-xrw
"Tochter des Osiris-ur, gerechtfertigt, geboren (wörtlich: "gemacht") von der Hausherrin Isis-uret, gerechtfertigt"

Die Zeichenfolge für jt-nTr "Gottesvater" ist nicht leicht zu erkennen (meine ich jedenfalls); deshalb aus dem Zettelachiv der Nachweis für diese in der Spätzeit übliche Schreibung.
Außerdem ist bei nb.t-pr "Hausherrin" das t - wie so oft - nicht geschrieben; es müßte in Deiner hieroglyphischen Umsetzung auch wegfallen.

Der Name Wsjr-wr ist für die Spätzeit und die griechisch-römische Zeit oft belegt: Ranke, Personennamen [= PN], Bd. I, S. 84, Nr. 23. Gleiches gilt für As.t-wr.t: PN I, 4.1.

Zum Schlußabschnitt:

dj=k  xpr=s  mj  wa m  Sms.w=k  nts nTr  pf  ntj  m  Hw.t-sr  wr  m  Jwnw
"Mögest du sie werden lassen wie einen aus deinem Gefolge, (denn) sie ist jener Gott, der im Fürstenhaus des Großen von Heliopolis ist."

Das ganze ist ein Wunschsatz. Wir hatten das Fürstenhaus schon einmal weiter oben am Anfang dieser ringörmigen Inschrift. An dieser Stelle ist der sr "Fürst" in das Hauszeichen Hw.t hineingesetzt. Das folgende Zeichen ist dann als wr "der Große" zu lesen.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 21.01.2007 um 22:07:55


68) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Kemeti am 22.01.2007 um 18:23:43


Zitat:
Im Neuägyptischen wird oft n für m geschrieben:

Zitat:
"Zwar schreibt man meist das überlieferte [G17] m, aber man schreibt so oft auch hier [N35] n, dass man nicht zweifeln kann, dass dies schon die Aussprache der Praeposition war." ((Erman, Neuägyptische Grammatik, § 603)

Diese Erscheinung ist auch in mittelägyptischen Texten der Spätzeit greifbar (Jansen-Winkeln, Spätmittelägyptische Grammatik, § 267).

Damit hast Du mich noch nicht so ganz überzeugt. Gardiner § 164 schreibt nämlich zu n:

Zitat:
hence of motion...n'to' a person, whereas r is used of movement 'to' or 'towards' a thing.

Da hier eine Person angesprochen wird, halte ich r=k lieber für die Konstruktion, die ich bei meiner Überssetzung genannt habe und das n für die Dativpräposition und nicht das m. Damit bleibe ich also vorerst (mit Ausnahme des mj/jmj, bei dem ich mich Deiner Überstezung anschließe) bei meinem alten Vorschlag.

Schöne Grüße
Kemeti

> Antwort auf Beitrag vom: 21.01.2007 um 22:07:55


69) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 22.01.2007 um 23:15:00 - Anhang: Wb_I_44.jpg

Hallo, Kemeti,

zunächst muß ich meine Transkription berichtigen, denn sie paßt nicht zu meiner Übersetzung:

jmj jw r=k  n [= m] Wsjr ...
"Laß zu dir kommen als Osiris ..."

jmj als Imperativ von rdj "geben, veranlassen" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 68)

Dein Einwand ist nicht ganz berechtigt, denn jwj "kommen" kann mit den Präpositionen n und r stehen, beide im Sinne "zu". Klarer wird es durch die Angabe im Wb I, S. 44 (Ausschnitt beigefügt): "mit r ... auch: zu jem. kommen"

Betrachtet man die ringförmige Inschrift als Ganzes, so hat man:

"O, der im Grab ist, ... großer Gott im Fürstenhaus des Großen von Heliopolis,..."

(nach Deiner Lesart)
mj rk  n Wsjr
"komm doch zu Osiris"

(nach meiner Lesart)
jmj jw r=k  n [= m] Wsjr
"laß zu dir kommen als Osiris"

"Ta-iret ..., mögest du sie werden lassen wie einen aus deinem Gefolge, (denn) sie ist jener Gott, der im Fürstenhaus des Großen von Heliopolis ist"

Nach Deiner Lesart wird der angerufene Gott aufgefordert, zur Verstorbenen zu kommen; nach meiner, die Verstorbene bei sich aufzunehmen. Letzeres halte ich aus Sicht des Verhältnisses Mensch zu Gott für das Wahrscheinlichere, aber das ist Interpretation. Grammatikalisch ist aber beides möglich!

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 22.01.2007 um 18:23:43


70) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Seschen am 23.01.2007 um 09:57:52

Hallo Michael,
danke für die Hilfe bei der Übersetzung des Hypocephalus, sie war wieder mal sehr wertvoll.
Ich habe noch eine kurze Frage:
Zitat:
Außerdem ist bei nb.t-pr "Hausherrin" das t - wie so oft - nicht geschrieben; es müßte in Deiner hieroglyphischen Umsetzung auch wegfallen.

Da auf der gesamten Tafel ein paar verirrte und ein paar fehlende 't' waren, habe ich gemeint, das 't' bei nb.t-pr im nb-Zeichen zu erkennen:
Das habe ich allerdings so noch nie gesehen.
Nun stellt sich die Frage: Ist die Schreibung "Brot im Korb"   für nb.t belegt?

Gruß Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 22.01.2007 um 23:15:00


71) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Michael Tilgner am 23.01.2007 um 22:07:10 - Anhang: dj-k.jpg

Liebe Seschen,

bei dem Strich im Korb würde ich mir nichts denken, denn auch im k ist so ein Strich.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 23.01.2007 um 09:57:52


72) Re: Übersetzungsübung: Kopftafel
 Kemeti am 24.01.2007 um 16:38:32

@ Michael: Die Wörterbuchstelle und Dein Einwand, eine Gottheit würde wohl kaum zum Verstorbenen kommen, haben mich überzeugt

Ansonsten: auch von mir Danke für die Hilfe bei der Überstezung dieses nicht gerade einfachen Textes.

Schöne Grüße

> Antwort auf Beitrag vom: 22.01.2007 um 23:15:00