Hallo, zu den 8 "Widdern": Die Lesung der acht liegenden Tiere lautet vermutlich bA.w Xmn.w, wobei es sich sicherlich um Widderfiguren handelt. In LGG II, S. 729 findet sich diese Schreibung (allerdings mit dem Vermerk „Lesung unsicher“) für eine Kopftafel aus Brüssel (E 6319), die eine ähnliche Formel aufweist wie das hier diskutierte Exemplar. C. Leitz übersetzt im LGG diesen Namen mit „die acht Widder“, vermeidet also die Übersetzung „Ba“ und wählt die an sich problematische Bedeutung „Widder“ für die liegende/mumifizierte Tierglyphe. Da bA „Widder“ mit dem stehenden/schreitenden Widder geschrieben wird, ist die Lesung der seltenen Schreibung mit der Hieroglyphe des liegenden/mumifizierten Widders (Bild s.u.) als bA heikel. Auch darauf hat Michael ja bereits hingewiesen. Aus der Lesung bA für die Hieroglyphe des stehenden/schreitenden Widders darf nicht a priori auf denselben Lautwert für die liegende Form des hieroglyphischen Widders geschlossen werden, geschweige denn auf eine Bedeutung „Widder“. So wird in den „Valeurs phonétiques“-Listen (Bd. 1, S. 222, Nr. 217) für den mumifizierten, liegenden Widder allein der Lautwert aXm (Wb I, 226) angegeben, wobei das Wort aXm für das tier- bzw. falkengestaltige Kultbild des Falkengottes steht. Leitz führt nun in seinem Lexikon der Götternamen (LGG) einen Beleg des Mittleren Reiches für den liegenden Widder mit Laufwert bA an (LGG II, S. 660), wobei er aber diese Lesung als „nicht sicher“ vermerkt. In einem anderen Fall wird eine Widdermumie aus Elephantine im Beitext als bA Sps n Xnmw „prächtiger Ba des Chnum“ bezeichnet, wobei das bA passender Weise mit dem Zeichen des liegenden (mumifizierten) Widders geschrieben ist (LGG II, S. 701). Man könnte hier sowohl eine Übersetzung „Widder“ wie auch „Ba“ vertreten. In gr.-röm. Zeit sind auch Schreibungen bezeugt, in denen der liegende Widder als Determinativ im Namen einer Ba-Form (z.B. bA wtt „zeugender Ba“) auftritt. Die Übersetzung „Ba“ scheint in diesem Beleg gerechtfertigt, handelt sich hier doch um die Ba-Form des Osiris bA n Wsjr und Herr von dwn anwy (zu dwn anwy bzw. Dunanui s.u.). Die Unterscheidung zwischen bA „Ba(-Wesen)“ und bA „Widder“ ist ebenfalls nicht ganz problemlos, denn wann die Ägypter das Wort bA für „Ba“ und wann für bA „Widder“ verwendeten, geht aus der wechselnden Graphie (Ba-Vogel vs. schreitender Widder) und dem Kontext nicht immer klar hervor. Zwar meint W. Ward in „The four egyptian homographic Roots B3 (Roma, 1978, S. ), dass „in most contexts the distinction is quite clear and it is obvious that Egyptian scribes carefully maintained this distinction in spelling until Late Egyptian times“, doch läßt sich diese von Ward v.a. für die Sargtexte getroffene Aussage nicht einfach auf die Texte der gr.-röm. Zeit übertragen. Die Problematik liegt auch darin, dass offenbar gerne mit der lautlichen Ähnlichkeit beider Wurzeln bA „Ba“ und bA „Widder“ „gespielt“ wurde und durch den austauschbaren Gebrauch nicht nur auf Klang- sondern auch Wesensähnlichkeiten angespielt werden sollte. Eine besonders deutliche Form dieses spielerischen Gebrauchs ist der „Ba-Vogel mit Widderkopf“, wie er etwa in den Sargtexten gelegentlich auftritt und wo in einigen Fällen „Ba“ in anderen „Widder“ zu übersetzen ist. Zum Vogel in der Barke: Mit der Identität der Figur haben sich bislang v.a. Joseph Smith u.a. (1842), Louis Speleers (1943) und Edith Varga (1998) auseinandergesetzt. Während Speleers darin die „Barke des Sokar“ erkennen will, die „transporte Sokaris qui contribue à la résourrection du mort (Pyramides: §§ 990, 1356, 1968) et qui est la maître des 4e et 5e heures du Livre de la Douat“ (L. Speleers, Le sens de nos deux hypocéphales égyptiens, in: Bulletin des Musées Royaux d’Art et d’Histoire 1-2, 1943, S. 37), lehnt E. Varga diese Interpretation ab, da im Beitext der Hypocephali niemals eine solche Idenitifizierung vorgenommen wird. Die Hypocephali liefern stattdessen laut John Gee (Towars an Interpretation of Hypocephali, in: Fs E. Varga, Budapest 2002, S. 332) v.a. die Identifizierung bA bA.w „soul of souls“ (erweitert zu bA bA.w Sft.yw, bA bA.w Sfy xpr.w oder bA bA.w qA qA iAx.w). Gelegentlich wird diese Formel einfach zu bA.w verkürzt. Alternative Formeln lauten: bA jmnt.t, jmy.t, nb.t p.t und S m ar.t Um welche Gottheit es sich hier konkret handelt, geht aus dem Beitext zunächst also nicht hervor, da die Identifizierung als Ba nicht weiter konkretisiert wird. Es könnte entweder (1) eine Ba-Form des Sonnengottes selbst dargestellt sein. Vgl. etwa das für den Sonnengott in der Kuschitenzeit belegte bA wp Swty „Ba, der die beiden Flügel ausbreitet“ (Statue CG 1098, Leclant, Montouemhat, 26-27, Zl. 4). Um hier auf die oben genannten „Wortspiele“ zurück zu kommen: bA jAbt.t mit dem schreitenden Widder heisst auch eine Erscheinungsform des Amun-Re in thebanischen Grabhymnen, wobei diese Bezeichnung dann sowohl auf die Widderform des Sonnengottes wie auch das damit verbundene Wesen und die Ba-Lehre anspielt – dasselbe kommt bei Amun-Re auch mit bA jmnt.t „Widder/Ba des Westens“ vor. Dies entspräche der alternativen Formel bA jmnt.t in der Hypocephalus-Phraseologie. (2) Alternativ könnte man, wie von Seschen (und Speleers) vorgeschlagen, eine Form des Sokar (Sokar-Re wie in der gr.-röm. Zeit bezeugt?) annehmen oder (3) eine seiner Helfer (z.B. die flügelspreizenden Gottheiten Sopdu, Antj oder Dunanui – diese allerdings als bA jAbt.t „Ba des Ostens“). Gruß G_A
> Antwort auf Beitrag vom: 03.01.2007 um 22:50:21
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