Hallo, Thosch, Die ägyptologische Umschrift der Textpassage lautet: wn n=j sbA.w=Tn "Öffnet mir eure Türen / Tore!" Der "schlagende Arm" D40 ist noch Determinativ zu wn "öffnen" und wird nicht gelesen. n ist Präposition "für" bzw. gibt den Dativ an; n=j also "für mich" bzw. "mir". sbA "Tür, Tor". Die drei Pluralstriche werden mit .w umschrieben, so daß das Ganze sbA.w=Tn "eure Türen, eure Tore" zu übersetzen ist. Drei Pluralstriche stehen auch hinter wn und geben an, daß es sich um den Imperativ in Pluralform handelt. In der angegebenen Umschrift fehlen die Vokale, die nach allgemeiner Auffassung von den alten Ägyptern nicht geschrieben wurden. Uns ist nur das Konsonantengerüst überliefert worden. Es fehlt allerdings nicht an Versuchen, die Vokale mit verschiedensten Ansätzen zu erschließen, sei aus dem Koptischen, der letzten Sprachstufe des Ägyptischen, sei aus keilschriftlichen Schreibungen. Wahrscheinlich kann man mir vorhalten, daß man doch über das Stadium der "Versuche" schon längst hinausgegangen sei! Auch gibt es in der ägyptologischen Sprachwissenschaft verschiedene Umschriftalphabete. Warum nun Jacov Rabinovich in seinem "The Book of What's in Hell" eine eigene Umschrift erfinden mußte, bleibt mir unerfindlich. Da ein reines Konsonantengerippe schwer auszusprechen ist, hat sich in der Ägyptologie eine Kunstaussprache eingebürgert: Zwischen den Konsonanten wird einfach ein "e" zwischengeschoben, das j wird wie "i", das w oft wie ein "u" und A sowie a wie ein "a" ausgesprochen. Das hat mit der ursprünglichen Aussprache nichts zu tun! Übrigens gibt es bei dieser künstlichen Aussprache auch unterschiedliche "Dialekte", je nachdem, an welcher Universität man studiert! Das Mittelägyptische ist nun fast zweihundert Jahre nach der Entzifferung schon ziemlich gut erschlossen: Es gibt eine umfassende Beschreibung der Grammatik - auch hier wieder unterschiedliche, je nach zugrunde gelegter Grammatiktheorie - und umfangreiche Wörterbücher. Neben diesen Unterlagen braucht man noch viel Zeit und Geduld, wenn man altägyptische Texte übersetzen will. Ein "Selbstversuch" nur anhand einer Zeichenliste führt kaum zu befriedigenden Ergebnissen. Andererseits ist es eine tolle Erfahrung, wenn man - wenn auch mühselig - über die Texte nach und nach eine Ahnung vom Denken und Fühlen der alten Ägypter bekommt. Hier im Forum gibt es auch einige Lektionen, die einen ersten Einstieg in die ägyptische Sprache vermitteln. Nur zu! Viele Grüße, Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 19.11.2007 um 20:04:46
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