Hallo, thosch40, Lücken sind in altägyptischen Texten nichts Ungewöhnliches, da Tempelwände oder andere Schreibunterlagen vielfach erodiert oder gar zerstört sind. Im Falle des Amduat in den Gräbern Thutmosis III., Amenophis II. und Sethos I. fällt allerdings auf, daß diese Lücken oft an den gleichen Stellen sind, und zwar am Ende der Ersten, Zweiten und Dritten Stunde. Eine Synopsis findet sich in: Paul Bucher, Les textes à la fin des première, deuxième et troisième heures du livre "De ce qu'il y a dans la Douat" : textes comparés des tombes de Thoutmosis III, Aménophis II et Séti Ier1, in: BIFAO, Bd. 30, S. 229-247 (1931). (Achtung: 1,6 MB!) Nun gibt es aber eine Fassung, die diese Lücke nicht enthält, nämlich die im Grab von Ramses VI. Siehe den beigefügten Ausschnitt aus Alexandre Piankoff, The Tomb of Ramesses VI, New York, 1954, Bd. II: Plates, Tafel 74. Vielleicht wurde in diesen Gräbern die gleiche, an diesen Stellen zerstörte Vorlage benutzt? Danach ist zu lesen: wD[.n]=j Tn r=Tn n XA.t=j jrj.n=j Tn n bA=j "Ich habe euch zugewiesen meinem Leichnam, ich habe euch gemacht für meinen Ba." wD "(1) befehlen, anbefehlen ... (3) übergeben, anvertrauen, zuweisen" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 229-230) - In diesem Wortfeld die geeignete Übertragung zu finden, ist nicht einfach. Die Verbform ist ein sog. sDm.n=f, die meist als Vergangenheit übersetzt wird. Das n paßt auch deswegen gut in die Lücke, weil es auch bei den folgenden Verben verwendet wird; das Ganze also eine Reihung von Aussagen ist. Das r=Tn habe ich nicht übersetzt; es ist sicher als eine Verstärkung des "euch" zu sehen. Das von Dir vorgeschlagene wD wj Tn ... geht deswegen nicht gut auf, weil hinter dem wD zwei abhängige Personalpronomen als Objekte folgen, etwa "befiehl mir euch ...". Das stärkste Argument für die vorgeschlagene Ergänzung ist sicher die Fassung im Grab Ramses' VI. Ansonsten geht es doch schon gut voran! Viele Grüße, Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 05.03.2008 um 15:57:46
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