Hallo, Monja, Seschen und Naunakhte, vielen Dank für Eure Mitarbeit an dieser Übungsaufgabe! Wie angekündigt, meine Auflösung. Um welchen Pharao handelt es sich? In der Kartusche steht der Eigenname Mn-kA.w-Ra, den wir in der griechischen Tradition als Mykerinos kennen. Es ist der 6. Pharao der IV. Dynastie; seine Regierungszeit wird angegeben mit: 2539/2489-2511-2461 v. Chr. (nach: Jürgen von Beckerath, Chronologie des pharaonischen Ägyptens, Mainz, 1997, S. 188). Was die Übersetzung des Namens anbetrifft, so scheiden sich ja die Geister; das wäre mal ein Thema für ein eigenes Thread. Wie lautet die Inschrift in Übersetzung? Hier hat Seschen ganze Arbeit geleistet! Ich will daher nur noch einige Anmerkungen machen. Abschnitt 1 Ich weiß nicht, warum Du bei bj.tj das letzte j eingeklammert hast (für nsw.t-bj.tj siehe Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 432). Bei jwaw "Erbe" steht bei Lepsius das Zeichen G1 mit Lesung A. Das ist sicher verschrieben, es muß ein Wachtelküken G43 mit Lesung w sein; ich meine auch, dieses Zeichen auch so in der Zeichnung identifizieren zu können. Abschnitt 2 Der Anfang bereitet ein paar Probleme; das ist aber für ägyptische Texte typisch, nach meiner Erfahrung gibt es kaum einen, der nicht irgendwo einen Stolperstein aufweist. Der Anfang ist wie folgt zu lesen: pSS sj mw.t=k Nw.t Hr=k ... "deine Mutter Nut breitet sich aus über dich ..." pSS "ausspreizen, ausbreiten" (Hannig, S. 297; dort ist auch diese Passage angegeben) - Zur Schreibung mit einem s statt mit einem S, die ab dem Mittleren Reich gebräuchlich ist, siehe: Wb. I, 560 - ebenso das Determinativ mit dem liegenden Kreuz. Die Schreibung ist daher nicht zu korrigieren. Das reflexive Objekt "sich" wird mit einem abhängigen Personalpronomen angegeben, und zwar mit der 3. Pers. Singular feminin sj (Hannig, S. 664 [Verschreibung bei Hannig als 2. statt 3. Ps.]). Die Schreibung nur mit s ist dort auch verzeichnet. Abschnitt 3 Der Anfang lautet: rDj.n=s wn=k m nTr "sie hat dich zum Gott werden lassen" Das t ist überflüssig! Es sei an dieser Stelle schon mal vorweggenommen, daß es ein Kennzeichen später Texte ist, t als Determinativ oder Füllzeichen zu verwenden (Karl Jansen-Winkeln, Spätmittelägyptische Grammatik der Texte der 3. Zwischenzeit, Wiesbaden, 1996, § 32: "Nach klassischem Maßstab überflüssiges X1 [t] ist ziemlich häufig: ... bei femininem Subjekt durch die Funktion als eine Art Determinativ." - was hier ja gegeben ist). n xf.t(jw)=k "nicht gibt es deine Feinde" xf.tj "Feind, Gegner" (Hannig, S. 598; er übersetzt: "ohne daß du Feinde hast"). Bei diesem Wort handelt es sich um eine sogenannte Nisbe-Konstruktion, abgeleitet aus der Präposition xft "gegenüber von". Dieses Adjektiv wird hier substantivisch verwendet. [Alles klar? ] Zu dieser Konstruktion verweise ich auf die diversen Grammatiken, z. B. Gardiner, Egyptian Grammar, §§ 79-81. Wie naunakhte in ihrem Beitrag schon angegeben hat, handelt es sich um eine Passage aus den Pyramidentexten, und zwar aus dem Spruch 368 [nicht: Spruch 638a]. Kurt Sethe hat in seiner grundlegenden und nach wie vor maßgeblichen Edition die Pyramidentexte zu Sprüchen zusammengefaßt, diese aber wieder in Abschnitte unterteilt: "Diese Abschnitte entsprechen den Zetteln, auf die der Text bei der Verarbeitung für das Wörterbuch der äg. Sprache verteilt werden mußte." (Fußnote (1) in: Kurt Sethe, Die altägyptischen Pyramidentexte nach den Papierabdrücken und Photographien des Berliner Museums, Bd. 1, Leipzig, 1908, S. XI). In unserem Falle handelt es sich um die Abschnitte 638a und 683b1. Hier lesen wir auch durchgängig: pSS.n sj mw.t=k Nw.t Hr=k "deine Muter Nut hat sich über dich ausgebreitet" also mit der sDm.n=f-Form, ganz parallel zum folgenden rDj.n=s wn=k ... Das, was dieser Text beschreibt, ist auch oft dargestellt worden. Insbesondere auf den Innenseiten der Sargdeckel, speziell in der Spätzeit, wird Nut gezeigt, die sich mit ausgebreiteten Flügeln über die Mumie ausbreitet. Ich habe in meinen Unterlagen keine adäquate Abbildung finden können, dafür aber ein Pektoral mit dieser Szene und einem Teil unseres Textes aus dem Grabschatz des Tutanchamun. Hier Carters Notiz2. Das Photo stammt aus: Zahi Hawass, Sandro Vannini, Tutanchamun. Das legendäre Grab des Pharao, München, 2008, S. 163 oben. Dieser Text wird auch als Nut-Formel bezeichnet; sie taucht in etlichen Varianten auf. Damit hat sich kürzlich in aller Ausführlichkeit befaßt: Martin von Falck, Textgeschichtliche Untersuchungen zu Götterreden und verwandten Texten auf ägyptischen Särgen und Sarkophagen von der 3. Zwischenzeit bis zur Ptolemäerzeit, Dissertation, Universität Münster, 20043. Der Rest zur letzten Frage folgt später. Viele Grüße, Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 30.08.2008 um 15:32:50
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