Liebe Leute, seltsamerweise scheint ein solcher Satz wie "ich liebe dich" nicht überliefert zu sein! Geht man den Vorschlägen nach, soweit sie original sind, so findet man (Wb. II, 99): - von der Liebe zwischen Eheleuten, aber sie sprechen über- oder voneinander, aber nicht miteinander.
- von der Liebe in der Beziehung zu Gott
Hermann Grapow hat in der Abhandlung "Wie die Alten Ägypter sich anredeten, wie sich begrüßten und wie sie miteinander sprachen, Teil II: Die Verwendung der Anreden, Berlin, 1940 (Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Jg. 1940, Nr. 12) in einem Abschnitt "Anreden im täglichen Leben ... 1. In der Familie ... c) Verliebte miteinander" die Belege zusammengetragen (S. 23-25). Da tauchen nur die Anreden "Schwester" oder "Bruder" für die Verliebten auf. Eine Stelle aus einem Liebeslied kann "nur nach Verbesserung" mit "mein geliebter Bruder! mein Herz ist hinter deine Liebe her" übersetzt werden. Ansonsten: Fehlanzeige! Nun hat Carsten Peust, Hieroglyphisch - Wort für Wort, Bielefeld, 1997 auf S. 121-122 die folgenden Sätze aufgeführt, die weiter oben schon zitiert wurden: jb-j r=T bzw. jb=j r=k "mein Herz (geht) zu dir" (= "ich liebe dich" - zu einer Frau bzw. zu einem Mann) Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 39 faßt es verbal auf: jb "wünschen ... jb=f r sein Herz steht nach, er wünscht" Peust hat zwischenzeitlich verraten, wo er es herhat (Carsten Peust, Bemerkungen zum Kauderwelsch-Sprachführer "Hieroglyphisch", in: Lingua Aegyptia, Bd. 6, S. 111-117 (1999)), nämlich aus: Jac J. Janssen, Late Ramesside Letters and Communications, London, 1991. Dort wird der Papyrus BM 10416 zitiert (verso, Zeile 8): jnn jb n pAj rmT r=T ... "if the heart of that man is after you ..." (let him enter the court together with his wife) usw. (übersetzt auf S. 29), dabei wird für die 2. Person Singular feminin =T im Neuägyptischen auch das Frauendeterminativ B1 verwendet (Hannig, S. 943; Erman, Neuägyptische Grammatik, § 68). Man sieht also, daß Peust die Originalformulierung angepaßt hat. Ebenso sein Satz: mrj=j Tw r Dw aA wr.t "ich habe mich ganz heftig in dich verliebt." Als Quelle gibt er an: LES 44, 11 [= Alan H. Gardiner, Late-Egyptian Stories, Bruxelles, 1932, S. 44, Zeile 11]. Es handelt sich um eine Stelle aus dem Zweikampf zwischen Horus und Seth, wo es heißt: aHa.n=f mrj.tj st r Dw aA wr ... "da begehrte er (Seth) sie auf das bedrängendste ..." (Übersetzung nach Friedrich Junge, in: TUAT III, S. 940) Auch hier hat Peust die originale Fassung umgeschrieben. In beiden Fällen wurde die Erzählung über jemanden in eine direkte Ansprache gewandelt. Nun hat aber schon Michael V. Fox, The Song of Songs and the Ancient Egyptian Love Songs, Madison/London, 1985 darauf hingewiesen, daß in den Liebesliedern des Neuen Reiches kein Dialog der Verliebten vorkommt, sondern nur ein (innerer oder äußerer) Monolog bzw. ein wechselseitiger Monolog (S. 259-265). Der langen Rede kurzer Sinn: Uns ist aus dem Alten Ägypten kein Satz überliefert, den wir direkt mit "ich liebe dich" übersetzen könnten! Man kann zwar versuchen, einen solchen Satz aus ähnlichen Formulierungen herzuleiten, die aber doch aus anderen Zusammenhängen stammen. Dennoch dürfen wir nicht sicher sein, daß ein Alter Ägypter oder eine Alte Ägypterin ihn tatsächlich so gesprochen hätte! Viele Grüße, Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 06.01.2010 um 13:29:17
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