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1) Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Michael Tilgner am 02.05.2010 um 12:02:46 - Anhang: 2 Anhänge

Liebe Freunde,

im Artikel Imhotep1 heißt es:

Zitat:
Die Schreiber opferten zu Beginn eines jeden Schreibwerks einen Tropfen Tinte.

Leider wird kein Beleg angegeben. Daher bin ich der Sache einmal nachgegangen und habe dieses Objekt gefunden.

Auf den Knien einer Statue - Näheres wird später nachgereicht - liegt eine Papyrusrolle, die eine kleine Inschrift trägt.

Was steht da drauf? Die eigentliche Schwierigkeit besteht darin, die Zeichen zu identifizieren. Auch tritt ein Wort auf, dem man nicht so oft begegnet.

Viel Spaß beim Knobeln! Bitte die Lösungen - auch in Teilen - als versteckten Text2 posten!

Viele Grüße,
Michael Tilgner

Ergänzung vom 06.05.2010

Bei der Statue handelt es sich um Louvre N 4541. Die Abbildungen stammen aus: Christophe Barbotin, La voix des hiéroglyphes, Paris, 2005, S. 55. Auf der Rückseite wird der Stifter genannt: WAH-jb-Ra, übrigens als jmAxw xr Jj-m-Htp "Ehrwürdiger / Versorgter bei Imhotep"!


1: http://de.wikipedia.org/wiki/Imhotep
2: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=phelp#15

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2) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Alvis am 04.05.2010 um 15:55:51

Grüß Gott!

Das Erkennen der Hieroglyphen ist z. T. sicher eher ein Raten (für mich), daher versuche ich ein "heiteres Hieroglyphenraten":

Von rechts nach links:

Versteckten Text anzeigen...
nqw.t  nws n sS nb n kA jnj ? Htp
Die Feuchtigkeit der Platte jeden Schreibers für deinen Ka bringt ? Zufriedenheit


Auf die Auflösung dieses Hieroglyphenrätsels bin ich schon sehr gespannt.

Viele Grüße

Alvis

> Antwort auf Beitrag vom: 02.05.2010 um 12:02:46


3) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Michael Tilgner am 04.05.2010 um 17:00:01

Hallo, Alvis,

es ist gerade in diesem Fall sinnvoll, wenn Du zusätzlich auch die Hieroglyphen angeben würdest! In der Hilfefunktion1 wird erläutert, wie man das machen kann.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 04.05.2010 um 15:55:51


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=phelp#10


4) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Alvis am 05.05.2010 um 11:43:10

Guten Morgen!

Mein Versuch, die Hieroglyphen dem Bild nach zu gruppieren, ist nicht gelungen, daher die Zeilenanordnung.
Versteckten Text anzeigen...
1)

2)

3)


Bei den Zeichen bin ich mir z.T. sehr unsicher. Zu 3): Das Zeichen

und

sind nach meiner Ansicht in der falschen Schreibrichtung.


Herzliche Grüße

Alvis

> Antwort auf Beitrag vom: 04.05.2010 um 17:00:01


5) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 snormi am 05.05.2010 um 12:52:14

Mein Senf:

Versteckten Text anzeigen...
Mit Zeile 1 gehe ich nicht konform, ohne allerdings eine Alternative bieten zu können.
Bei Zeile 2 würde ich ebenfalls diese Zeichen erkennen.
Zeile 3 würde ich so sehen:


> Antwort auf Beitrag vom: 05.05.2010 um 11:43:10


6) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Haiko Hoffmann am 05.05.2010 um 12:54:21

Hi,
ich denke, dass zu Zeile 3 die Schreibung m.e. ganz sicher eher so ist (inklusive möglicher Schreibfehler beim Namen*):

Versteckten Text anzeigen...


Ob in Z.1
zweifach gegeben ist, kann ich nicht erkennen. aber viel weiter bin ich darin auch noch nicht. ... Knifflige Sache.

* ... wobei es durchaus sein kann, dass p und t wegen des aktuellen Zustands etewas deformiert erscheinen aber dennoch in der richtigen Reihenfolge sind. Mit viel Phantasie kann man durchaus Gegenteiliges ausmachen, d.h. p-t bzw. t-p.

Gruß

Haiko

> Antwort auf Beitrag vom: 05.05.2010 um 11:43:10


7) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Gast_A. am 05.05.2010 um 14:26:41

Hallo!

Man muss das erste Wort ja nicht unnötig kompliziert als nqwt "Feuchtigkeit" lesen. Da gibt es wesentlich geläufigere Übersetzungen... dann stösst man nämlich unter diesem Wort im TLA auch auf die entsprechend korrekte Bedeutung des folgenden Wortes...

Gruß G_A

> Antwort auf Beitrag vom: 05.05.2010 um 12:54:21


8) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Michael Tilgner am 05.05.2010 um 14:32:34

Hallo,

ein Tipp noch zum Ende der Spalte 1: Das obere Zeichen, das Alvis als W24 "nw-Töpfchen" gelesen hat, ist wohl ein p.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 05.05.2010 um 14:26:41


9) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Seschen am 05.05.2010 um 15:00:20

Hallo, Rätselfreunde!

Mit einem gewissen Maß an Unsicherheit in der Mitte der ersten Kolumne, hier meine Lesung:

Versteckten Text anzeigen...


1
m.w n pA pAs
Wasser(spende) aus dem Näpfchen...

mw - Wasser (als Spende an die Götter, Wb 2, 50.19)
n - aus (Schreibung der Präposition m neuägyptisch, Hannig  S. 311)
pA - bestimmter Artikel, Sing., mask.
pAs - Wassernäpfchen des Schreibers (Wb 1, 499.5)

2
n sS nb n
jedes Schreibers für...

n (Bildungselement des indirekten Genitivs)
sS - Schreiber
nb - jeder
n - für (Präposition)

3
kA=k Jj-m-Htp
deinen Ka, Imhotep!

kA - Ka
=k - du, dein (Suffixpronomen 2. Pers. Sing. mask.)
Jj-m-Htp - Imhotep ("der in Frieden kommt", Personenname, Ranke PN1, 9.2)

Eine Wasserspende aus dem Näpfchen jedes Schreibers für deinen Ka, Imhotep!


Gruß, Seschen


> Antwort auf Beitrag vom: 05.05.2010 um 14:32:34


10) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 thomas am 05.05.2010 um 15:33:52

Hallo zusammen,

und dies ist meine Version:

Versteckten Text anzeigen...

mw sAT pAs n sS nb
Das Wasser libieren (=opfern) des Wassernapfes für jeden Schreiber…


Gruss
Thomas

> Antwort auf Beitrag vom: 05.05.2010 um 15:00:20


11) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 RamsesXII am 06.05.2010 um 09:50:55

Hallo zusammen,

auch ich möchte meine Lesung hier posten. Am schwierigsten war das Entziffern der Zeichen auf dem Foto, vor allem in Spalte 1 der Teil rechts vom Kücken und das letzte Zeichen unten rechts. Spalte 2 war ohne Probleme zu lesen. Der Name "Imhotep" war bekannt, so dass sich Spalte 3 von selbst erschloss.

Versteckten Text anzeigen...
(1)  

mw nw pAs(.w)

Wasser der Wassernäpfe ...

mw Wasser (eigentlich Plural, s.a. Wb II, 50)
nw Bildung des Genitiv
pAs Wassernapf des Schreibers (Wb I, 499)

(2)  

n sS nb n

... aller Schreiber für ...

(3)  

kA=k Jj-m-Htp

... deinen Ka Imhotep.

Hier ist zu bemerken, dass das Komplement tp entgegen der Leserichtung rechts - links steht (oder die Zerstörung das so vortäuscht).

Komplett

"Wasser der Wassernäpfe aller Schreiber für deinen Ka Imhotep."

Korrektur (am 06.05.2010 10:17):

Mich stört noch der zweite Genitiv zwischen Wassernäpfe und Schreiber. Der steht im Singular (n), anderenfalls müsste da auch das nw-Töpchen stehen. Daher besser zu übersetzen:

"Wasser aller Wassernäpfe des Schreibers für deinen Ka Imhotep"


Viele Grüße
RamsesXII

> Antwort auf Beitrag vom: 02.05.2010 um 12:02:46


12) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 thomas am 06.05.2010 um 14:21:10

Hallo,

ich frage mich gerade ob der erste Teil nicht auch so lauten könnte:
Versteckten Text anzeigen...
Eigentlich G4A
mw sAt.yw
Wasser, das Näpfchen wird libiert (= Partizip prospektiv)


> Antwort auf Beitrag vom: 06.05.2010 um 09:50:55


13) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Seschen am 06.05.2010 um 17:19:44

Hallo,
nur ein paar Bemerkungen zu den vielfältigen Übersetzungen.
Wie schon erwähnt, habe auch ich mit dem mittleren Teil der Spalte 1 zu kämpfen. Der Rest der Hieros ist entzifferbar und die Umstellung der beiden letzten Zeichen dürfte kein Problem sein, nachdem der Name im Thread-Titel genannt wurde.
Einiges in den Übersetzungen ist nicht ganz logisch...

Thomas, zu Antwort #9:
Das Ziel der Handlung ist unlogisch (siehe Thread-Titel)

Ramses Xii., zu Antwort #10:
"Wassernapf" und "Schreiber" stehen nicht im Plural.
Zur Korrektur um 10:17 Uhr:
nb bezieht sich nicht auf "Wassernäpfe".

Thomas, zur Antwort #11:
Hier kann ich nicht folgen, es fehlt die Logik.

Zur Statue selbst:
Da bin ich nicht sicher ob sie Imhotep darstellen soll (wie Michaels Bilderbezeichnung andeutet) oder einen Schreiber, der die Weihformel niedergeschrieben hat.
Ich bin jetzt auf Michaels Antwort und weitere Informationen zur Statue gespannt!

Viele Grüße,
Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 06.05.2010 um 14:21:10


14) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 RamsesXII am 06.05.2010 um 18:14:59

Hallo Thomas,

ich glaube eher nicht.

Was soll das dann für ein Satz sein (Grammatik)? Und für was steht ps zusammen mit dem W10-Becher?

Hier mein Vorgehen zum Erkennen der Hieroglyphen von Spalte 1:

a) die 3 Wasserzeichen (mw) sind ohne weiteres zu erkennen.

b) das flache Zeichen rechts vom Vogel könnte ein z oder ein n sein. Beim Vogel habe ich zuerst auch an einen Geier (A) gedacht. Dann habe ich mir die Form der Schwanzfeder angeschaut. Das sieht eher wie ein Kücken (w) aus. Der Schatten in der Mittekönnte der Flügel vom Kücken sein.

Im Hannig wie auch im Wb steht unter mw mehrere mal ~ nw. Dabei steht nw für den indirekten Genitiv Plural. Wenn das flache Zeichen ein n ist, würde also dort nw stehen. Dann könnte das Zeichen rechts vom Kücken ein W24-Töpchen sein und n sowie w als Komplement.

Gegen zt spricht auch, dass das t dann in der Mitte schweben würde.

Mit ist noch nicht ganz klar, was die Linie rechts von den Füßen des Kückens bedeuted.

c) schwieriger wird es bei den 3 unteren Zeichen. Das s ist deutlich zu erkennen. Auch ein p (leicht zerstört) könnte da stehen. Aber was steht unten rechts? Beim durchsehen vom WB I, S 489ff fällt auf S 499 pAs auf. Das könnte passen. Das Zeichen unten rechts könnte ein pA oder auch ein A sein. Beides würde passen.

Viele Grüße
RamsesXII

> Antwort auf Beitrag vom: 06.05.2010 um 14:21:10


15) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 RamsesXII am 06.05.2010 um 19:33:23

Hallo Seschen,

du hast Recht. Nur beim direkten Genitiv bezieht sich das folgende Adjektiv entweder auf das erste oder das zweite Wort. Hier haben wir aber einen indirekten Genitiv.

Es steht (etwas unkonventionell kodiert):

Wasser(pl) nw Wassertöpchen(sg) n Schreiber(sg) nb.

Also: "Wasser des Wassertöpchens aller Schreiber" oder "Wasser des Wassertöpchens jedes Schreibers".

(Im deutschen könnten wir auch schreiben "Wassertöpchenwasser").

Warum ich glaube, dass zwischen ersten und zweiten Wort nw steht, siehe meine Antwort #13 an Thomas.

Danke für deinen Hinweis.

Viele Grüße
RamsesXII

> Antwort auf Beitrag vom: 06.05.2010 um 17:19:44


16) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Michael Tilgner am 06.05.2010 um 19:47:56 - Anhang: 3 Anhänge

Hallo, Leute,

erstmal vielen Dank für die rege Teilnahme! Und ein tolles Lob für die  Resultate, die nach so kurzer Zeit erarbeitet wurden!

Nun, die Hieroglyphen der Spalte 1 hatten es schon in sich! Hier meine Sicht:

Versteckten Text anzeigen...
Zunächst das Wort am Ende der Spalte:


pAs "Wassernäpfchen (des Schreibers)" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 272; Wb. I, 499) - Zur hier verwendeten Schreibung: Wb. I, 551; hier sind die Zeichen - sicher aus graphischen Gründen - umgestellt. Im letzten Zeichen dieser Spalte kann ich keinen pA-Vogel erkennen. Vielleicht ist es auch nicht unbedingt W10, sondern der spezielle Wassernapf: siehe DZA 23.121.780, wie er in den Opferlisten dargestellt wurde.

Passend, wenn auch ohne Bezug zu Imhotep, ist eine Passage auf einer Stele Ramses' IV., auf die mich ein Forumsmitglied per KM hingewiesen hat und die sich auch im Zettelarchiv findet (DZA 23.121.660).

Nun, was steht davor? M. E. ist zu lesen:


n.w "Partikel für den indirekten Genetiv, 3. Person Plural maskulin". Vielleicht eine etwas ungewöhnliche Schreibung, aber dieser Text gehört in die Spätzeit. Zu den Schreibvariantenvon n.w: Wb. II, 196. Leider gibt es im Zettelarchiv überhaupt keine Belege zu diesem Wort. Ich habe ein Beispiel in Edel,  Altägyptische Grammatik, § 325 gefunden, das genau diese Schreibung wiedergibt. Ja, ja, das ist ein Beispiel aus dem Alten Reich, ich weiß! Ich ziehe es nur heran, um zu zeigen, daß eine solche Schreibung zwar nicht gang und gäbe, aber möglich ist. Daß das n etwas klein geraten ist, liegt am mangelnden Platz, meine ich. Die Standlinie ist sicher etwas lang geraten. Man muß aber sagen, daß alle Zeichen nicht ganz perfekt aussehen. Auch hier scheint mir der pA-Vogel nicht zu passen, wegen der fehlenden Flügel. Nicht ganz undenkbar ist vielleicht die Identifizierung als A, so daß diese Gruppe n pA gelesen werden könnte. Ob aber pA nur phonetisch geschrieben vorkommt, habe ich nicht geprüft - zu viele Belege!

Meine Lesung möchte ich erhärten durch Wb. II, 50-51. Dort heißt es: mw "V. mit genetivischen Zusatz, meist in der Form mw nw (selten mit direktem Genetiv) zur Angabe: a) der Herkunft, z. B. mw nw itrw Flusswasser und mw nw p.t Regen". Wörtlich also: "Wasser des Flusses" bzw. "Wasser des Himmels". In diese Struktur paßt haargenau: "Wasser des Wassernapfes" = Napfwasser (sozusagen).

Also die ganze Inschrift:

mw n.w pAs n sS nb n kA=k Jj-m-Htp
"Wasser des Napfes eines jeden Schreibers für deinen Ka, Imhotep!"


Trotz der Schwierigkeiten, die die Lesung dieser kleinen Inschrift bietet, war es doch eine tolle Diskussion!

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 06.05.2010 um 18:14:59

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17) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Michael Tilgner am 06.05.2010 um 20:52:55 - Anhang: 2 Anhänge

Hallo, Leute,

noch eine Bemerkung zur Schreibung des Htp am Ende der Spalte 3, mit den vertauschten Zeichen t und p. Diese Zeichenumstellung wird schon für das Alte Reich beobachtet; dazu habe ich die Bemerkungen von Günther Lapp, Die Opferformel des Alten Reiches. Unter Berücksichtigung einiger späterer Formen, Mainz, 1986, § 11 angehängt. Von den Belegen bringe ich hier nur einen, die Schreibung des Namens PtH-Htp nach Hermann Junker, Gîza VII: Der Ostabschnitt des Westfriedhofs. Erster Teil, Wien / Leipzig, 1944, S. 223.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 06.05.2010 um 19:47:56

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18) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Michael Tilgner am 06.05.2010 um 21:04:22 - Anhang: TT_C_1_Inschrift_zu_Imhotep.jpg

Hallo, Leute,

wir wollen das Thema der Wasserspende an Imhotep noch mittels eines weiteren Beleges vertiefen.

Im Grab TT C.1 des Jmn-Htp steht auf einer Stele eine längere Inschrift. Dieses Grab wurde im 19. Jahrhundert von Victor Loret und Karl Piehl näher untersucht und beschrieben. Es ist - man kann es kaum glauben - heute nicht mehr auffindbar! (PM I (2), 456)

In einer Passage, in der dem Grabinhaber alle möglichen Opfergaben gewünscht werden, findet sich folgende Stelle (nach Alfred Hermann, Die Stelen der thebanischen Felsgräber der 18. Dynastie, Glückstadt, 1940, S. 49*).

Auch hier bitte ich Euch um Eure Übersetzungsvorschläge!

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 06.05.2010 um 20:52:55


19) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 RamsesXII am 07.05.2010 um 20:42:34

Hallo Michael,

jetzt bin ich total verwirrt. Entweder hast Du einen falschen Namen angegeben oder ich habe vollständig den Überblick verloren.

Im Text steht m.E. Jj-m-Htp (Imhotep) und nicht Jmn-Htp (Amunhotep). Oder bin ich da auf dem Holzweg?

Mit der Übersetzung bin ich trotz mehrerer Stunden Arbeit erst halb fertig. Der Text zwischen Hr und dem Namen bereitet mir einiges Kopfzerbrechen. Auch mit dem Schluß bin ich noch nicht ganz zufrieden.

Viele Grüße
RamsesXII

> Antwort auf Beitrag vom: 06.05.2010 um 21:04:22


20) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Michael Tilgner am 07.05.2010 um 21:30:14

Hallo, RamsesXII,

Du bist keineswegs auf dem Holzweg! Im Grab des Jmn-Htp gibt es eine Inschrift mit einer Passage, die sich auf Jj-m-Htp bezieht. Der Name des Grabinhabers taucht tatsächlich in diesem Textausschnitt nicht auf.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 07.05.2010 um 20:42:34


21) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 M.Panov am 08.05.2010 um 09:28:25

Guten Tag, alle zusammen,

mw "das Wasser" in Aegyptischen gleichwie in Deutschen ist das Substantiv Singular, nicht Plural, eindeutig.

Vgl.:
Brief des pAnast VIII 1,10rt (19 Dyn): p# mw n p# ro "das Wasser des Re";
Lebensgeschichte des Amenemheb (18 Dyn): D#.n=j p# mw n nhr(j)n;
stQuban des Ramses II: p# mw ntj m dw#t Hr sDm n=f

usw.

Also, das erste Wort steht in Singular, es ist aber begleitet mit dem Genetivadjektiv in Plural (nw fuer n). Diese fehlerhafte Verwendung des inderekten Genetivs ist seit NR ueblich:
KRI II 115 (Relief 19 zu Kadeschschlacht, Zeile 17): r p# mw nw j[rnT] "ins Wasser bei (des) O[ronte]".

MfG aus Sibirien

> Antwort auf Beitrag vom: 06.05.2010 um 19:33:23


22) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 M.Panov am 08.05.2010 um 09:42:25

Guten Tag,

die waagerechte Linie unter mw 'das Wasser' kann man fuer das Zeichen N35 halten, es mag sein, das darunter nicht "nw", sondern "p" geschrieben ist. Zu Fogel - die Vewechslung von den Zeichen G43 und G1 ist gut belegt, d.h.

mw n p# (Artikel) p(#)s
"das Wasser aus (oder: in)... "

Die Lesung des Genetivadjektivs scheint mir aber bevorzueglicher.

> Antwort auf Beitrag vom: 05.05.2010 um 12:54:21


23) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Iufaa am 08.05.2010 um 11:48:34

Hi,

Zitat:
Zu Fogel - die Vewechslung von den Zeichen G43 und G1 ist gut belegt,...
bei solchen Aussagen bitte mindestens eine Quelle angeben. Jeder soll die Chance haben, das zu überprüfen.

Gruss

> Antwort auf Beitrag vom: 08.05.2010 um 09:42:25


24) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 M.Panov am 08.05.2010 um 16:08:15

Ist fuer Sie die Ausgabe der Statuen des Puschkin-Museums in Moskau (Berlev, Hodjash, 2004) zugaenglich? Ich werde den Hinweis auf den Text geben.
Am Dienstag werde ich die Belege vorstellen, zur Zeit kann ich die notwendige Buecher in meine Haende nicht nehmen.

> Antwort auf Beitrag vom: 08.05.2010 um 11:48:34


25) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 M.Panov am 08.05.2010 um 16:13:44

Oeffnen Sie bitte die Einfuehrung ins Ptolemaeische von D. Kurth, Teil 1, 2007, "Phonetik", S.494:

"w steht fuer A"
Edfou V 351,10 (jbw statt jb# "tanzen"); Edfou VII 89,16, Wb III 7,10f (Hw statt H#t "Leid").

P.S.
Liebe Damen und Herren, erklaeren Sie mir bitte, auf welche Weise kann ich die Transliteration in Umschrift-ttf (von LingAeg (Goettingen), nicht in Transliteration-ttf-font von CCER) hier schreiben (verwenden)? Es gibt keine Funktion dazu.

> Antwort auf Beitrag vom: 08.05.2010 um 11:48:34


26) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 M.Panov am 09.05.2010 um 16:48:38

Guten Tag, Iufaa,

Zum Zeichen G1 statt G43 siehe die Statue Pushkin I.1.a.2098, Zl. 8: sT# t(w) b#w jmntjw. Hier t(w) "dich" ist mit G1 geschrieben.
Die Statue wurde publiziert:

O. Berlev, S. Hodjash, The Egyptian Reliefs and Stelae in the Pushkin Museum of Fine Arts, Moscow, 1982, 110-114; und im Katalog der Statuen in 2004, Moscow, 153-156 (in englicher und russischer Sprache). In der Nachzeichnung in 2004 ist unrichtig G43, siehe aber das Foto.

Die bemerkenswerte Belege findet man auch in Fachliteratur, so in der Z.Zabas Ausgabe von Ptahhotep findet man fehlerhafte Nachzeihnung von einigen Worten, so G1 statt G43 - Zeile 58: richtig dgw usw (vgl. dazu GM 213, 2007, 39-57). Fehler des gegenwaertigen Kopisten.

Ich errinere mich, dass in Grammatik von Groll-Cerny des Neuaegyptischen, am Anfang (im Teil Phonetik (o.ae.)) die Beispiele fuer die Erzetzung von G1 durch G47 gegeben sind.

Also, die Verwechslung von G1 mit G43 oder G43 mit G1 ist bekannt und sie ist nicht selten, manchmal die Rede geht um die Unrichtigkeit, manchmal - um die phonetische Ersetzung. Daraus ergibt sich nicht, dass in Formel an Imhotep dasselbe zu finden ist, das ist nur eine Grundlage fuer meine Anmerkung zur Lesung.

Mit freundlichen Gruessen,

Maxim Panov



> Antwort auf Beitrag vom: 08.05.2010 um 11:48:34


27) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 thomas am 09.05.2010 um 19:25:48

Hallo zusammen,

auch ich möchte mich nochmals zu Wort melden. Zwar hat Michael schon eine neue Aufgabe gestellt, aber durch Maxim Panov bin ich doch nochmals auf die Recherche gegangen.

Wenn ich das gesamte Bild betrachte, so kann ich mir nicht vorstellen, dass nach "mw" = Wasser ein erneutes "n" folgt. Im gesamten Bild hat der "Schreiber" die Wasserlinien gut hinbekommen, warum also ausgerechnet an besagter Stelle nicht? Ich folgere daraus, dass dort KEIN "n" steht.

Gefunden habe ich schließlich:
Gisa, West Field (PM III, 47-179), Mastaba des Nesutnefer (G 4970), Mastaba, Opferkammer, Westwand mit Scheintüren
linker Außenpfosten
[1.1] (j)m(,j)-r' Dd(,w)-Hkn,w Der Vorsteher Dedu-Chekenu.
[1.2] rDi.t mw ja Das Geben des Wassers des Waschnapfes.

Deswegen vermute ich für unser Bild folgendes:



mw rD=tw pAs-n-sS nb

Das Wasser, das man gibt aus jedem Napf des Schreibers für…

Gruss
Thomas

> Antwort auf Beitrag vom: 09.05.2010 um 16:48:38


28) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Michael Tilgner am 09.05.2010 um 23:09:48 - Anhang: 3 Anhänge

Hallo, zusammen,

für die Verwechslung / Vertauschung von G1 Schmutzgeier A und G43 Wachtelküken w hat Maxim Panov die stelophore Statue des NjA (Puschkin-Museum Inv.-Nr. I.1.a.2098) aus der 18. Dyn. herangezogen. Sie ist abgebildet in: БЕРЛЕВ, О. Д., С. И. Ходжаш, Скульртура Древнего Егирта в собрании Государственного музея изобразительных искусств имени А.С. Рушкина. Каталог, «Восточная литература», Москва, 2004, S. 154; die Abbildung habe ich angehängt.

Die Stelle aus Zeile 8 habe ich vergrößert sowie ein Beispiel aus der letzten Zeile. Ich meine in Z. 8 deutlich ein Wachtelküken zu erkennen. Das Gegenstück in Z. 12 (G1) ist deutlich herausgearbeitet, während die Verlängerung des Schwanzes in Z. 8 mehr wie ein zufälliger Kratzer aussieht.

Der Hinweis auf die ptolemäischen Schreibungen bezieht sich auf sehr späte Inschriften (Edfu-Tempel), die sich m.E. nicht auf frühere Zeiten übertragen lassen.

Daß es zu Vertauschungen von Zeichen kommt, steht jedoch außer Frage! Eine Durchsicht der Gardiner-Liste bzw. der Liste in Hannig ergibt zahlreiche Beispiele. Im Abschnitt G sind es z.B. G1 Schmutzgeier und G4 Adlerbussard (auch tjw-Vogel genannt); G21 Helmperlhuhn und G1 oder G43;  G40 die fliegende und G41 die landende Spießente. G1 und G43 werden jedoch nicht aufgeführt. Das schließt nicht aus, daß es in der einen oder anderen Inschrift zu einer fehlerhaften Verwendung kommen kann, die zumeist in den Umschriften stillschweigend oder mit einem [sic] versehen korrigiert werden.

Ich habe den Eindruck, daß wir uns in dieses Thema nicht weiter verbeißen sollten.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 09.05.2010 um 19:25:48

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29) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 M.Panov am 10.05.2010 um 09:43:35

Lieber Thomas,

sehr interessant, aber fraglich, es gibt dazu aber keine Praeposition "aus, von" (n oder m) vor ps.
Ob nicht passiv .tw, sondern relativ .tw (fuer .tj)? Vgl. St. Analamani (Kawa VIII, Pl.16), Zl. 10: jAwt tn rdj.t<j> n=k nj-sw... "diese dir gegebene Wuerde (=Amt), sie gehoert zu...".

Mit freundlichen Gruessen,

M.P.

> Antwort auf Beitrag vom: 09.05.2010 um 19:25:48


30) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 M.Panov am 10.05.2010 um 10:01:45

Lieber Herr Tilgner,

vielen Dank fuer die Abbildungen, ich habe diesen Beleg aus meinen Bemerkungen zu russischen Uebersetzungen genommen, die Handschrift ist noch nicht erschienen. Dieses Berlevs Buch wurde nach dem Tod des Forschers publiziert und seine Uebersetzungen wurden zum Teil falsch gegeben, die Nachzeichnungen gehoeren nicht zu seinem Hand, sowie einige Photographien oder Nachzeichnungen gehoeren nicht zu diesen Gegenstaenden...  

Vgl. hier die Schreibung von w in Zeilen 2; 3; 5; 10; 11.

Mit freundlichen Gruessen,

Maxim Panov

> Antwort auf Beitrag vom: 09.05.2010 um 23:09:48


31) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Seschen am 10.05.2010 um 10:35:40

Hallo!
Nachdem ich dieses Foto1 in den Weiten des www gefunden habe, revidiere ich meine (unsichere) Identifizierung der Zeichen in Spalte 1 (Antwort #8): Der Vogel ist sicherlich G 43 und das letzte Zeichen wahrscheinlich W 10 (als Determinativ).

Thomas, wo liest du in der ersten Spalte nb um "... aus jedem Napf" zu übersetzen?

Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 10.05.2010 um 09:43:35


1: http://a31.idata.over-blog.com/600x318/1/19/75/56/Louvre/imhotep_101208_num.jpg


32) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 thomas am 10.05.2010 um 11:28:33

Hallo Seschen,

meine Güte, das ist ja ein echt guter Fund! Er zeigt meines Erachtens auch, dass nach mw kein weiteres "n" folgt – und auch kein "a". Dieser "einfache Strich" ist gewollt.

Zu Deiner Frage: "jeder" gehört natürlich zu Ss = Schreiber; also: Das Wasser, das man gibt aus dem Napf, gehörig zu jedem Schreiber. Aber das ist jetzt eh hinfällig.



Wie Michael schon las: Indirekter Genitiv ::: das Wasser des Napfes gehörig zu jedem Schreiber…

Gruss
Thomas

> Antwort auf Beitrag vom: 10.05.2010 um 10:35:40


33) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 M.Panov am 11.05.2010 um 09:59:11

Guten Tag, alle zusammen,

vgl. auch fuer die 18. Dynastie Wb I 235 aqA  - aqw.

MfG,

M.P.

> Antwort auf Beitrag vom: 09.05.2010 um 23:09:48


34) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 thomas am 11.05.2010 um 21:00:09

Hallo zusammen,

hier also meine Übersetzung zur zweiten Übung von Michael:

Versteckten Text anzeigen...


qaH n=k wab.w a=sn m mw Hr sAT.w mi irr.t n ii-m-Htp Sps m pH.wi n pAs

Die Reinen beugen für Dich ihren Arm in Wasser und Erde wie das Gemachte für Imhotep, den Edelen, am Ende des Napfes


Gruss
Thomas

> Antwort auf Beitrag vom: 11.05.2010 um 09:59:11


35) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Michael Tilgner am 11.05.2010 um 21:53:00

Hallo, Thomas,

nur so viel:

Versteckten Text anzeigen...
Mit Deiner Umschrift kann ich mich schon weitgehend anfreunden - aber an der Übersetzung solltest Du noch etwas feilen! Prüfe, ob es nicht doch noch andere Wortbedeutungen gibt, die in Frage kommen könnten.


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 11.05.2010 um 21:00:09


36) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Seschen am 12.05.2010 um 00:10:35

Mein Ergebnis:



Versteckten Text anzeigen...
qaH  n=k  wab.w  a=sn  m  mw  Hr  zAT.w  mj  jrr=t(n)
Die Priester beugen vor dir ihren Arm mit Wasser zum Boden, wie ihr (es) tut

n  Jj-m-Htp  m pHwj  n  p(A)s
für Imhotep, vom Boden des Näpfchens.

qaH - (Arm) beugen (Hannig S. 851)
wab - der Reine, der Wab-Priester, Laienpriester, [allg.] Priester (Hannig S. 183)
a=sn - euren Arm
zAT.w - Erdboden, Erde, Boden (Hannig S. 663)
mj - wie
jrj - machen, tun, handeln, ausführen (Hannig S. 88 (1) und (13)
jrr - substantivische Verbform nach mj
=tn / Tn - ihr, euch (Suffixpronomen 2. Pers. Pl., Hannig S. 934 und 955)
n - für (Präposition)
m - von (Präposition)
pHwj - Ende (Hannig S. 288 (4), Boden (eines Gefäßes) (12)
pAs - Wassernäpfchen (des Schreibers) (Hannig S. 272)

A 52 sehe ich als Determinativ zum Namen.


Viele Grüße!
Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 11.05.2010 um 21:53:00


37) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 thomas am 12.05.2010 um 13:48:39

Hallo Michael,,
ja, ich dachte mir schon, dass die eine oder andere Übersetzung nicht stimmt. Bei "wab" stören mich die Pluralstriche … auch fällt es mit schwer, die Präpositionen richtig zu übersetzen. Deshalb hier eine hoffentlich verbesserte Lesung:
Versteckten Text anzeigen...
Die Reinen beugen für Dich ihren Arm mit Wasser auf den Boden, wie es gemacht wird für Imhotep, den Edelen, am Boden des Napfes

jrr.t = Partizip Prospektiv


> Antwort auf Beitrag vom: 11.05.2010 um 21:53:00


38) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 RamsesXII am 12.05.2010 um 19:50:52

Hallo zusammen,

hier meine Lesung zur Stele in TT C.1 (Grab des Jmn-Htp):

Allerdings habe ich zeitweise kapituliert. War nicht einfach, diese Übung.

Ich habe erstmals nur mit Wb und DZA gearbeitet und den Hannig nur zur Kontrolle hinzugezogen. Als Grammatik habe ich den Allen (und Ockinga) verwedet. (Der Allen ist zwar nicht so umfangreich wie der Gardiner, dafür aber aktuell im Bezug auf Verben und ist ein hervorragendes und didaktisch gut aufgebautes Lehrbuch.)

Versteckten Text anzeigen...
(1) qaH n=k wab.w a=sn m mn Hr zAtw mi jrr.t

(2) n Jj-m-Htp m pHwj n p(A)s

qaH   Beugen des Armes (zu einer rituellen Handlung), siehe Wb V, 18
zAt.w Erdboden, Boden, siehe DZA 28.569.920, Wb III, 423
jrr.t Partizip Imperfektiv
   zur Schreibweise mit 2 x r (D21) siehe Allen S.325 unter Tabelle
mj jrr.t n NN like that which is done for NN
   siehe Beispiel Allen S.328 unten
A52: Als Determinativ bei Männernamen
m pHwj

"(1) Beugen deines Armes zum Reinigen ihre Hände mit Wasser vom Boden,
wie das, was getan ist (2) für Imhotep bis zum Ende des Näpchens (Gefäßes)"


Am Anfang dachte ich. dass der Vogel G35 ist, dann könnte das ein tw-Passiv sein für "eintreten". Auch pys (letzetn 4 Zeichen) in dieser Schreibweise könnte für das Verb "eintreten" stehen, allerdings nicht mit dem Napf als Determinativ. Und ein Verb an dieser Stelle? Da sollte dann ein Partizip Passiv stehen. Auch der tw-Passiv hinter Hr passt ncht so recht.

Dann habe ich im DZA 28.569.920 genau die verwendete Schreibweise für Erdboden/Boden gefunden.


Viele Grüße
RamsesXII

> Antwort auf Beitrag vom: 06.05.2010 um 21:04:22


39) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Michael Tilgner am 12.05.2010 um 23:56:53

Hallo, zusammen,

eigentlich wollte ich mit diesem Satz keinen zur Verzweiflung treiben ... und eigentlich befinden sich doch alle Vorschläge auf der "Zielgeraden"! Feilen wir also nur noch ein wenig am Ergebnis:

Versteckten Text anzeigen...
Der erste Teil ist ein sDm=f, genauer - ich hatte ja geschrieben, daß sich die Stelle in einer Passage befindet, in der dem Grabinhaber alle möglichen Opfergaben gewünscht werden - ein prospektives sDm=f (auch Subjunktiv genannt):

Korrigierte Fassung vom 13.05.2010 (ein bißchen weniger "gefeilt" als ursprünglich):

qaH  n=k  wab.w a=sn m mw Hr sATw
"mögen die Wab-Priester für dich ihren Arm beugen mit Wasser auf den Boden"

qaH "beugen" - qaH a / a.wj "weihen (m mit Gaben)" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 851-852)

In Wb. V, 18 heißt es zu qaH: "I. jemandem (n) die Arme 'beugen' als Handlung der Begrüßung ... II. Seit D. 18 gewöhnlich als Ausdruck für das Ausstrecken des leicht gebeugten Armes beim Weihen des Opfers ... mit m mit Gaben". Von den genannten zwei Bedeutungen ist sicherlich die erste gemeint: Mögen die Wab-Priester dich ehrerbietig begrüßen, indem sie Wasser auf den Boden gießen ...

Eine Anmerkung noch zu a, das ja im Singular steht; wir würden so etwas erwarten wie: "mögen die Wab-Priester ihre Arme beugen ..." Zu diesem Phänomen bemerkt Gardiner, § 510:

Zitat:
Concord of number is much looser than in English ...
3. When a number of persons are described as doing something with some part of their bodies, Egyptian idiom speaks of that part in the singular.

sATw "Erdboden, Erde, Boden" (Hannig, S. 663) - Wb III, 423 erläutert noch: "I. Allgemeines ... etwas auf den Erdboden gießen u.ä."

Zur Wortstellung (Gardiner, Egyptian Grammar, § 66): Die normale Wortfolge Verb - Subjekt - Objekt - Adverb wird modifiziert, wenn das Subjekt oder Objekt ein Pronomen ist; gleiches gilt für die Folge Präposition n plus Suffixpronomen, die einen Dativ bildet. Dann gilt: Ein Substantiv darf nicht einem Pronomen vorangehen, ein abhängiges Pronomen darf nicht einem Suffixpronomen vorangehen. Daher ist das n=k im obigen Satz zwischen Verb qaH und Subjekt wab.w gestellt.

Nun zum zweiten Teil:

mj jrr.t n Jj-m-Htp m pH.wj n pAs
"wie das, was gemacht wird für Imhotep mit dem Rest des Wassernapfes"

Die Schwierigkeit liegt sicher im jrr.t. Es handelt sich, wie RamsesXII herausgefunden hat, um ein Partizip, genauer um ein imperfektisches passives Partizip. Zur Form siehe Gardiner, § 358 unter 3ae inf. jrr.w 'which is done', wobei das r gelegentlich doppelt geschrieben wird. Partizipien können auch als Substantive verwendet werden (Gardiner, § 353): "Like other adjectives, it [the participle] can be used either as an epithet or as a noun". Zur speziellen Form jrr.t mit den Pluralstrichen führt Gardiner, § 354 aus:

Zitat:
The plural strokes are frequently added to feminine participles used without antecedent noun to express neuter ideas; exx. xpr.t 'that which has happened'; Ddd.t 'what has been said'; jrr.t 'what is done'.

Die imperfektische Form ist an der Geminierung (Verdopplung) bei Verben 3ae inf. zu erkennen. Das sind Verben mit einem sog. "schwachen" Konsonanten an 3. Stelle wie bei jrj. Der schwache Konsonant j fällt weg, dafür wird der 2. Konsonant verdoppelt. Grob gesagt, drückt die imperfektische Form aus, daß sich Dinge wiederholen oder fortdauernd sind. In unserem Falle heißt das also: wie das, was man zu tun pflegt für Imhotep ...

Partizipien werden gerne in Vergleichen herangezogen (Gardiner, § 398), Beispiel: "There was made a garden for me ... mj  jrr.t  n smr tpy as is done (lit. like what is done) for a foremost Companion".

pH.wj "(7) Rest, Überbleibsel" (Hannig, S. 288) - Wb I, 536: "B. Übertragen: Ende von etw. I. Ende, letztes Stück einer Sache ... g) Rest, Überbleibsel"


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 12.05.2010 um 20:42:39


40) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Seschen am 13.05.2010 um 12:00:09

Hallo!

Michael, es ist immer wieder erstaunlich wie simpel alles klingt, wenn du ein bisschen feilst!

Ich möchte aber an einer Stelle einhaken.



Thomas, Ramses und ich haben gelesen a=sn, du umschreibst diese Stelle rmn=sn mit der Ergänzung
Zitat:
rmn "Oberarm, Schulter" (Hannig, S. 465) - es handelt sich um D41 "Arm mit Handfläche nach unten und gebogenem Arm" (S. 1037), nicht um D36 "Vorderarm" (S. 1036) mit der Handfläche nach oben!

Ich sehe das so:
Versteckten Text anzeigen...
qaH  n=k  wab.w a=sn

D 41 (Arm mit Handfläche nach unten) ist Determinativ zu qaH, so ist das auch bei Hannig (S. 851), im Wb (5.18) und im Zettelarchiv (DZA 30.321.360) dokumentiert.
D 36 (Vorderarm, mit Handfläche nach oben) steht für Phon a und Log a, Arm.
D 36 wird hier gefolgt von =sn, Suffixpronomen 3. Pers. Plural, folglich wird a=sn umschrieben und "ihren Arm" übersetzt.

Ich verstehe nicht, wieso das rmn=sn transkribiert sein soll.

Fragende Grüße,
Seschen



> Antwort auf Beitrag vom: 12.05.2010 um 23:56:53


41) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Michael Tilgner am 13.05.2010 um 14:38:29

Liebe Seschen,

auweia! Da habe ich wohl zu sehr gefeilt! Es war schon spät gestern abend

Du hast vollkommen recht: D41 ist Determinativ zu qaH und D36 ist a "der Arm", also nichts mit rmn! Die Übersetzung ist genauso wie Du es angegeben hast! Im "Eifer des Gefechts" habe ich D41 an der Stelle des D36 gesehen und es nachher nicht noch einmal überprüft - wie es sonst meine Art ist Aber ich habe ja aufmerksame Mitstreiter; ich werde meine Übersetzung korrigieren.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 13.05.2010 um 12:00:09


42) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 M.Panov am 13.05.2010 um 14:44:54

Guten Tag, alle zusammen,

"Arm" koennte fuer rmn stehen, das ist die abgekuertzte Schreibung. Vgl. dazu Wb II 418 und meinen unveroeffentlichten Beitrag, S.4.

Beste Gruesse,
M.P.

> Antwort auf Beitrag vom: 13.05.2010 um 12:00:09


43) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Michael Tilgner am 13.05.2010 um 15:14:25 - Anhang: Wasserspende.jpg

Liebe Leute,

zum Abschluß dieser kleinen Serie eine Stelle aus einem Papyrus, der sich zwar nicht direkt auf Imhotep bezieht, aber sehr schön die Sitte einer Wasserspende für einen Weisen beschreibt. Näheres zum Papyrus folgt später.

Übersetzungsvorschläge bitte wie gehabt als verdeckten Text1 einreichen!

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 13.05.2010 um 14:44:54


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=phelp#15


44) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 M.Panov am 13.05.2010 um 19:35:46

Sehr geehrter Herr Tilgner,

ich bin sicher, meine Kollegen werden richtige Vorschlaege zur Uebersetzung geben, es geht um pHerm 1116B 71 (oder Paralleltext auf einem Ostrakon). Diese Wendung ist aber sehr interessant.

Beste Gruesse,

M.P.

P.S.
Vgl. auch Urk IV 152 (Text 60) Zl.14.

> Antwort auf Beitrag vom: 13.05.2010 um 15:14:25


45) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 thomas am 13.05.2010 um 21:20:34

Hallo,

hier also mein Versuch:

Versteckten Text anzeigen...


iw rx-ixt sti mw n=i mw mAA=f Dd.t n=i xpr

Es ist der Sachkundige, der Wasser ausgießen wird für mich, das Wasser, das er schaut, das Gesagte, das für mich existiert

rx-jxt = Marburger Edition, Seite 110, "der Sachkundige"
DZA 29.678.230+s-+i = A24 ist Determinativ


Gruss
Thomas

> Antwort auf Beitrag vom: 13.05.2010 um 19:35:46


46) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 M.Panov am 14.05.2010 um 11:00:25

Guten Tag, Thomas,

warum n=j einmal "(fuer) dich"? Suff.-pron. 1 Pers. Am Ende des Verses steht auch =j, nicht =k. Das Wasser ist nur 1 Mal im Text. Was bedeutet die Praeposition r vor dem Infinitiv?

MfG

M.P.

> Antwort auf Beitrag vom: 13.05.2010 um 21:20:34


47) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 RamsesXII am 15.05.2010 um 21:55:56

Hallo Michael, hallo zusammen,

bevor ich zur nächsten Übung übergehe möchte ich noch einige Anmerkungen und Fragen loswerden.

1) wäre es nicht besser, je Übung einen eigenen Thread zu beginnen? Eventuell möchte noch irgendwer einen Kommentar zu einer der Übungen machen.

2) wie findet man die richtigen Stellen im Gardiner (oder einem anderen Buch)? Eine Möglichkeit besteht darin, bei jedem neuen Wort den ganzen Gardiner zu lesen;). Natürlich bringt die Zeit mich sich, dass man ein Gefühl für solche Dinge findet. Aber was macht der Anfänger oder Fortgeschrittene?

3) Können wir eventuell die 2. Übung nochmals komplett grammatikalisch analysieren, so mit Satzbau und Wortformen? So etwas hilft sehr bei weiteren Übungen.

Ich meine damit solche Dinge wie Subjekt, Prädikat, Objekt, Satz, Nebensatz, Phrase, Aktiv, Passiv, Stativ, Infinitiv, pseudoverbale Konstruktion, ...

Viele Grüße
RamsesXII

> Antwort auf Beitrag vom: 13.05.2010 um 14:38:29


48) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Michael Tilgner am 16.05.2010 um 10:43:46

Lieber RamsesXII,

1) Im Prinzip hast Du recht. Ich war der Meinung, daß diese Texte eng zusammengehören und daher auch zusammen behandelt werden können.

2) Wie findet man was in Gardiner? Es gibt verschiedene Möglichkeiten: Die zusammengehörigen Themen über das Inhaltsverzeichnis, bestimmte grammatische Themen über das Register, Einzelthemen auch über das Wörterverzeichnis, das bei bestimmten Wörtern auch auf die Paragraphen der Grammatik verweist. Außerdem sind die Themen der Grammatik vorwärts und rückwärts "verlinkt", wenn man das so sagen darf. Alles das setzt aber voraus, daß man sich einmal einen Überblick über die Grammatik verschafft hat.

3) Wenn ein Bedarf nach gründlicher grammatikalischer Analyse besteht, dann mache doch einen Vorschlag. Ich bin mir sicher, daß in der folgenden Diskussion die eine oder andere Frage sich weiter klärt.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 15.05.2010 um 21:55:56


49) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 thomas am 18.05.2010 um 16:33:19

Hallo zusammen,

okay, dann will ich mal Michaels Rat befolgen und die Lesung mehr durch Grammatik untermauern. Nebenbei habe ich noch ein paar Fehler beseitigt:

Versteckten Text anzeigen...

Zitat:
§117 (Egyptian Grammar, Alan Gardiner) The presence or absence of iw in sentences with adverbial predicate

…das Verb iw … erklärt dieses oder jenes der Fall zu sein. Mit nominalem Subjekt dient es dazu eine gewisse Erklärung einzuführen…

iw rx-ixt
Der Sachverständige ist es, der…

Zitat:
§332 (Egyptian Grammar, Alan Gardiner) The pseudo-verbal construction with r + infinitive

…diese Konstruktion wird oft verwendet, um zukünftige Maßnahmen zu äußern … (wird oder werden)

r sti.t n=i
…für mich (das Wasser) ausgießen wird (wird ::: ausgießen ::: (mit Wasser-Determinativ) ::: für mich)

Zitat:
$4.3.9 (Tübinger Einführung, Wolfgang Schenkel) "Gapping"
Satzerweiterungen (z.B. "iw"), die für aufeinander folgende Satzkerne gelten, brauchen nicht vor jedem "nicht-ersten" der Satzkerne wiederholt zu werden; sie können ausgespart werden…

(iw) mw mAA=f
Das Wasser ist es, das er schaut

(iw) Dd.t n=i xpr
Das Gesagte ist es, das für mich existiert


Gruss Thomas

> Antwort auf Beitrag vom: 16.05.2010 um 10:43:46


50) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 M.Panov am 18.05.2010 um 17:57:45

Lieber Thomas,

ich kann mit Ihrem Vorschlag nicht zustimmen.

Versteckten Text anzeigen...
jw NN r stj n=j mw "NN wird fuer mich das Wasser spenden".
stj (Verb) "opfern" was? - mw "das Wasser".

Nebensatz (wenn = wann)
"(wenn) wird er sehen"
was wird er sehen?
"dass so was ich (vorher)gesagt hatte - geschah".

MfG
M.P.

P.S.
Das ist Zitat aus "Nefertj".

> Antwort auf Beitrag vom: 18.05.2010 um 16:33:19


51) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 thomas am 18.05.2010 um 21:36:58

Hallo zusammen,

@M. Panov
Versteckten Text anzeigen...
Mmhh … Ich weiß, was Du mir sagen möchtest … Verb, Subjekt, Objekt, Adverb. Wenn das nicht sofort eindeutig ist, dann tue ich mich ein wenig schwer damit. Naja … ich bin auch wenig zu "flüchtig"

Also:

Zitat:
§117 (Egyptian Grammar, Alan Gardiner) The presence or absence of iw in sentences with adverbial predicate

…das Verb iw … erklärt dieses oder jenes der Fall zu sein. Mit nominalem Subjekt dient es dazu eine gewisse Erklärung einzuführen…

iw rx-ixt
Der Sachverständige ist es, der…


Zitat:
§332 (Egyptian Grammar, Alan Gardiner) The pseudo-verbal construction with r + infinitive

…diese Konstruktion wird oft verwendet, um zukünftige Maßnahmen zu äußern … (wird oder werden)

r sti.t n=i mw
…für mich Wasser ausgießen wird

Tja … und nun "schwimme" ich ein wenig:

mAA=f Dd.t n=i xpr
(denn) er sieht das Gesagte (und das) für mich Entstandene?


Gruss
Thomas

> Antwort auf Beitrag vom: 18.05.2010 um 17:57:45


52) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Michael Tilgner am 19.05.2010 um 00:16:14 - Anhang: Satzanalyse.jpg

Hallo, zusammen,

der Satz stammt aus einem literarischen Text, der "Prophezeiung des Nfr.tj", wie von Maxim Panov bereits angegeben. Die Abbildung habe ich der Publikation mit gleichem Titel von Wolfgang Helck, Wiesbaden, 1970, S. 58 entnommen.

In der beigefügten Abbildung habe ich die zwei Sätze (oder Satzteile) blau umrandet hervorgehoben, die einzelnen Wörter grün umrandet.

In Verbalsätzen lautet die Wortfolge: Verb - Subjekt - Objekt - Adverb oder eine Adverbialphrase (Präposition mit Substantiv). Siehe: Gardiner, Egyptian Grammar, § 27.

Was ist hier was?

Fangen wir mal mit dem Subjekt an: Das ist rx-jx.t "Gelehrter, Weise" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 475). Bei der Übersetzung "der Sachverständige" schwingen doch einige moderne Assoziationen mit, die für das Alte Ägypten anachronistisch sind. Der rx-jx.t ist wörtlich "einer, der die Dinge kennt", "einer, der um die Dinge weiß", ein "Wissender" eben.

Wie sieht es mit dem Verb - oder genauer: mit dem Prädikat des Satzes - aus? Es soll am Anfang stehen; dort steht aber nur jw. Blättert man eine Grammatik durch, findet man viele Möglichkeiten: jw sDm=f, jw=f sDm=f, jw sDm.n=f - die kommen alle nicht in Frage - und schließlich auch ein jw=f r sDm! Bingo! Zunächst einmal: Wie komme ich darauf? z.B. bei Gardiner im Wörterverzeichnis ("Egyptian-English Vocabulary") unter jw (auf S. 551), wo auf die verschiedenen Grammatikparagraphen verwiesen wird. Der Hinweis geht auf § 332 "The pseudo-verbal construction with r + infinitive". Die "pseudoverbale Konstruktion" ist ein umfangreiches Kapitel im Mittelägyptischen, mit dem sich jeder, der sich mit dieser Sprache beschäftigt, über kurz oder lang auseinandersetzen muß. Hier zitiere ich Gardiner nur aus dem Unterabschnitt "with r + infinitive":

Zitat:
This construction is often used to express future action, whether simply or as conditioned by the speaker's will; in other words, it corresponds alike to English 'will' and to English 'shall' ... The construction jw=f r sDm is particularly common, and has survived into Coptic as a specific future tense.

In unserem Satz haben wir nicht jw=f, sondern jw rx-jx.t, also ein Substantiv als Subjekt, statt eines Pronomens. Es folgt ein r. Danach soll ein Infinitiv kommen. Wir lesen F29, phonetisch für st (sT): Hannig, S. 1046. Es folgen zwei t. Blättern wir nun im Hannig, so finden wir recht schnell: stj "[3inf] gießen, ausgießen" (S. 778), genau mit den zwei Determinativen, die wir auch in unserem Satz haben. Daß ein Wort mehr als Determinativ haben kann, ist nicht ungewöhnlich (Gardiner, § 23: "and many [words], like ..., have more than one [determinative].") Zurück zur Schreibung: In Hannig steht nur ein t, wir haben zwei! Erinnern wir uns: Es soll ein Infinitiv sein. Also nachschlagen bei Gardiner, § 299 "Forms of the infinitive":

Zitat:
The various verb-classes differ as regards the gender of their infinitives, the immutable verbs having masc. infinitives without special ending, while some mutable verbs have fem. infinitives ending in -t.

Hierzu gehören Verben, die zur Klasse 3ae inf. (= tertiae infirmae) gehören (siehe im zitierten § 299 unter diesem Stichwort). Das sind Verben mit einem sog. "schwachen" dritten Konsonanten, nämlich j, der beim Infinitiv wegfällt. Dazu kommt ein .t. Also lautet der Infinitiv von stj: st.t. Und genau das steht in unserem Satz!

Jetzt zum Objekt: Das ist eindeutig mw "Wasser", das ausgegossen wird.

Schließlich die Adverbialphrase: n=j "für mich". Doch halt: Sollte die nicht an letzter Stelle stehen? Dazu hatte ich mich weiter oben - in #38 - zum vorigen Satz schon mal geäußert:

Zitat:
Zur Wortstellung (Gardiner, Egyptian Grammar, § 66): Die normale Wortfolge Verb - Subjekt - Objekt - Adverb wird modifiziert, wenn das Subjekt oder Objekt ein Pronomen ist; gleiches gilt für die Folge Präposition n plus Suffixpronomen, die einen Dativ bildet. Dann gilt: Ein Substantiv darf nicht einem Pronomen vorangehen, ein abhängiges Pronomen darf nicht einem Suffixpronomen vorangehen.

Daher ist das n=j im obigen Satz zwischen dem Infinitiv st.t und Objekt mw gestellt.


Nun zum zweiten Teil:

Verb und Subjekt werden gebildet durch ein sDm=f, nämlich: mAA=f "er sieht".

Es folgt das Objekt: Dd.t.n=j. Hier handelt es sich - meiner Meinung nach - um eine Relativform (Gardiner, §§ 380 ff), ein spezielles Kapitel der mittelägyptischen Grammatik. Davon muß man schon mal etwas gehört haben, sonst kann man es nicht leicht finden. Vereinfacht gesagt, werden damit Relativsätze gebildet, deren Subjekt ein anderes ist als das des Bezugswortes. Von den Relativformen gibt es unterschiedliche Arten, hier ist es die sog. sDm.w.n=f-Relativform. Bei den fem. Formen fällt das w weg. Gardiner gibt für das Beispielwort mrj als Formen an: maskulin mr(w).n und feminin mr.t.n. Nach Auffassung Gardiners (§ 386, 2) hat sich diese Form aus dem perfektischen passiven Partizip entwickelt, gefolgt von der Präposition n. Der Zeitbezug ist zumeist die Vergangenheit: "past relatively either to the moment of speaking or to the time of the main verb" (§ 389, 3).

Wie bei den Partizipien kann eine Relativform auch absolut wie ein Substantiv stehen (§ 390 "absolute use").  Als Beispiel hierfür zitiert er: "Dd.t.n n=j bA=j what my soul said to me".

Mit anderen Worten: Dd.t.n=j "das, was ich gesagt habe"; wörtlich vielleicht etwa so: "mein Gesagt-Habendes".

Zu guter Letzt die Adverbialphrase xpr(.w), Pseudopartizip von xpr "geschehen". Es wird dazu verwendet, einen Umstand anzuzeigen (§ 314 "Use of the old perfective as a clause of circumstance"). Ein bekanntes Beispiel aus dem "Schiffbrüchigen" lautet: jr.n=j hrw 3 wa.kwj "ich verbrachte drei Tage allein", wörtlich: "indem ich allein war".

Der ganze Satz lautet also:

jw rx-jx.t r st.t  n=j mw
"der Wissende wird für mich Wasser ausgießen"

mAA=f Dd.t.n=j xpr(.w)
"(wenn) er das sieht, was ich gesagt habe, indem es geschehen ist" oder etwas flüssiger: "(wenn) er sieht, daß das, was ich gesagt habe, geschehen ist"

Die Übersetzung des zweiten Teils setzt schon eine längere Beschäftigung mit ägyptischen Texten voraus, das muß ich zugeben.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 18.05.2010 um 21:36:58


53) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 RamsesXII am 19.05.2010 um 10:32:17

Hallo Michael,

eine super tolle grammatikalische Analyse. Danke! Die werde ich gleich ausführlichst durcharbeiten.

Ich finde gut, dass neben der Übersetzung die Herangehensweise und Satzbau dargestellt wird.

Viele Grüße
RamsesXII

> Antwort auf Beitrag vom: 19.05.2010 um 00:16:14


54) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 M.Panov am 22.05.2010 um 10:57:03

Guten Tag, alla zusammen,

zur Lesung von rmn.

Vgl. die phonetische Schreibung in TB, Spruch 17 (Urk V 87,11):

qaH n=j HHw rmnw=sn

MfG

M.P.



> Antwort auf Beitrag vom: 13.05.2010 um 14:38:29


55) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Michael Tilgner am 22.05.2010 um 11:46:59 - Anhang: Urk_V_87_11.jpg

Lieber Maxim Panov,

es gibt - wie ich ursprünglich dargestellt, jetzt aber gelöscht habe - die Wendung


qaH a "den Arm beugen" (Wb. V, 18 unten), geschrieben mit D36 - Handfläche nach oben -

Eine Variante ist qaH rmn mit D41 - Handfläche nach unten (Wb II, 418). D41 wird auch als Abkürzung für rmn verwendet.

Der von Ihnen zitierte Satz aus Urk. V, 87, 11 schreibt rmn phonetisch aus - und determiniert das Wort mit D41 - Handfläche nach unten!

Meiner Meinung nach ist diese Stelle kein Beleg für die Lesung von D36 als rmn.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 22.05.2010 um 10:57:03


56) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 M.Panov am 22.05.2010 um 13:16:34 - Anhang: E25897940_rmn.jpg

Das Zeichen gilt fuer rmn auch, s. Zettel.

> Antwort auf Beitrag vom: 22.05.2010 um 11:46:59


57) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Michael Tilgner am 23.05.2010 um 17:47:47 - Anhang: 3 Anhänge

Lieber Maxim Panov,

die Schreibungen sind im Zettelarchiv zusammengestellt, auch wenn sie nur einmal vorkamen. Für rmn finden sich diese in den Zetteln DZA 25.897.930 - DZA 25.897.980. Das Ergebnis wurde zusammengefaßt, in diesem Fall auf dem Zettel DZA 25.897.910. Diese Zusammenfassung wurde dann ins Wb übernommen, z.T. noch einmal gekürzt.

Geht man nun diese Zettel durch, so findet man, daß rmn durchgehend von der Pyramiden- bis zur griechisch-römischen Zeit mit D41 determiniert oder abgekürzt wird (im Alten Reich sieht das Zeichen etwas anders aus), bis auf zwei Ausnahmen, die auf dem Zettel angegeben sind, den Sie in Ihrem Posting angehängt haben: einmal BM 159 und einmal CG 20530.

Stele des RwD-aHAw (BM 159)

Beleg: DZA 25.899.110

Dieser Zettel wurde offenbar auf Basis der folgenden Publikation erstellt: Hieroglyphic Texts from Egyptian Stelae, &c., in the British Museum, Part I, London, 19111, Tafel 47. In der Z. 10 kommt diese Passage vor:

Dd jnk aA XAm rmn
"(Rudj-ahau) spricht: Ich bin ein Großer / Angesehener, der seinen Arm beugt ..."

Dd steht für Dd=f "er spricht" (Gardiner, Egyptian Grammar, $ 450: "Narrations are often introduced by Dd=f 'he said' ... In texts of the early Middle Kingdom Dd is used in the same way, and may be sDm=f with ellipse of the subject." - Diese Stele wird in die 11. Dyn. datiert.)
aA "der Große, der Angesehene" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 125)
XAm / xAm "sich verbeugen" - xAm a.wj / rmn "die Arme beugen (aus Respekt)" (Hannig, S. 583) - Weiterleitung von XAm nach xAm (S. 631)

In der genannten Publikation finden wir als Determinativ von rmn das Zeichen D36 - Handfläche nach oben.

Dieser Text wurde von R. O. Faulkner erneut bearbeitet: The Stela of Rudj'ahau, in: JEA, Bd. 37, S. 47-52 (1951). Faulkner schreibt zur früheren Publikation:

Zitat:
The stela has already been published twice ... the later copy is unfortunately far from accurate, so it seemed desirable not only to make a fresh photographic reproduction of the monument, but also to re-edit the main text.

Bezogen auf unsere Stelle sehen wir, daß Faulkner unser Zeichen auf D41 - Handfläche nach unten - korrigiert hat! Ausschnitte aus der Photographie und Faulkners Umzeichnung habe ich angefügt.

Mit anderen Worten: Diesen Beleg für die Annahme, D36 könnte für rmn gelesen werden, müssen wir streichen.

...

> Antwort auf Beitrag vom: 22.05.2010 um 13:16:34


1: http://www.archive.org/details/hieroglyphicpt100brituoft

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58) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Michael Tilgner am 23.05.2010 um 18:56:31 - Anhang: 2 Anhänge

...

Stele des MH-jb-@r (Kairo, Ägyptisches Museum CG 20530)

Beleg: DZA 25.898.410

Der Text ist wiedergegeben nach H. O. Lange und H. Schäfer, Grab- und Denksteine des Mittleren Reichs, Theil II: Text zu No. 20400-20780, Berlin, 19081, S. 131-133. Die Autoren kommentieren diese Stele mit den Worten:  "Schlechter Stil, manche ungewöhnlichen Zeichenformen."

Die Passage lautet:

nn Atpw pw Hr rmn.wj=tn
"Nicht ist es eine Last auf euren (beiden) Schultern"

ATpw / Atpw "Last" (Hannig, S. 18)
Die Schreibung des Duals mit Wiederholung des Determinativs ist üblich (Gardiner, § 73). Statt daß hier D41 - Handfläche nach unten - zweimal gesetzt wird, haben wir die Folge D41-D36, was den Bearbeiter des Zettels aus dem Zettelarchiv zu einem  - erstaunten - "so!" veranlaßt hat.

(Dieser Satz wird zitiert in: James P. Allen, Middle Egyptian, Cambridge, 2d ed., 20102, S. 125)

Auch dieses Beispiel eignet sich daher kaum als Beleg für die Lesung von D36 als rmn.


Die ausführliche Diskussion der Lesung eines Zeichens soll exemplarisch aufzeigen, wie leicht man sich hierbei vertun kann, sogar dann, wenn man sich auf ein im allgemeinen sehr verläßliches Werk wie das Wb. stützt!


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 23.05.2010 um 17:47:47


1: http://www.archive.org/details/grabunddenkstein02lang
2: http://books.google.com/books?id=lF78Max-h8MC

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59) Re: Übersetzungsübung: Weiheformel an Imhotep
 Michael Tilgner am 23.05.2010 um 21:50:02 - Anhang: 2 Anhänge

Liebe Leute,

Seschen hat mich darauf aufmerksam gemacht, daß es noch einen weiteren Beleg für das Thema Wasserspende eines Schreibers gibt, wenn auch nicht mit Bezug auf Imhotep, nämlich einen Wassernapf des Wesirs Pasers (Louvre 53441). Wenn man auf das Photo klickt, gibt es eine noch größere Abbildung.

Der Text, der seitlich um diesen Napf geschrieben ist, stammt aus Christophe Barbotin, La voix des hiéroglyphes, Paris, 2005, S. 54. Hier haben wir den Fall, daß der Wassernapf pAs mit einem w geschrieben wird!

Eine deutsche Übersetzung und einen Kommentar dazu hat Heinrich Schäfer gegeben: Eine altägyptische Schreibersitte, in: ZÄS, Bd. 36, S. 147-148 (1898). Danke noch einmal an Seschen für die Abbildung!

Diese Inschrift rundet das Thema nur ab. Es braucht also keine Übersetzung eingereicht zu werden!

Kehren wir zum Anfang dieser Übung zurück:

Zitat:
im Artikel Imhotep [in Wikipedia] heißt es:

Zitat:
"Die Schreiber opferten zu Beginn eines jeden Schreibwerks einen Tropfen Tinte."

Leider wird kein Beleg angegeben.

Es war, wie Schäfer schreibt, Sitte, Imhotep zu Beginn, vielleicht aber auch am Ende, ein kleines Wasseropfer zu spenden. Aber diese Sitte war nicht nur streng auf Imhotep gerichtet; auch andere wünschten sich ein solches Gedenken. - Die Belege sind in dieser Übung zusammengetragen.

Nun gut: "Tinte" im eigentlichen Sinn war es auch nicht, aber wir wollen mal nicht so kleinlich sein ...

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 23.05.2010 um 18:56:31


1: http://cartelfr.louvre.fr/cartelfr/visite?srv=car_not_frame&idNotice=3394

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