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1) Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Michael Tilgner am 29.05.2010 um 18:46:42 - Anhang: Text_2_zu_Imhotep_low.jpg

Liebe Leute,

im Thread Imhotep, ein Weiser aus Ägypten1 haben wir gehört, daß Imhoteps Sprüche im Alten Ägypten noch lange Zeit zitiert wurden. Wir wollen anhand des folgenden Textes dem weiter nachgehen.

Zugegeben: Er ist ein bißchen länger, aber glaubt mir, es fiel mir schon schwer, nur diesen kurzen Ausschnitt zu wählen!

Ich hoffe weiter auf Eure rege Teilnahme mit versteckten Postings2!

Viele Grüße,
Michael Tilgner


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2) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 thomas am 30.05.2010 um 19:11:22

Hallo zusammen,

hier schon mal der erste Teil von mir:

Versteckten Text anzeigen...

Ax Sfdw r pr qdw r Hwt Hr imnt.t nfr st r bxn grg r wD m Hwt-nTr

Nützlicher ist eine Papyrusrolle, als das Haus des Maurers (und) als das Grab im Westen. Es ist besser als die Gründung einer Festung, als ein Denkstein im Tempel

Grammatik: §24.e (Mittelägyptische Grundgrammatik, Boyo G. Ockinga): Der Gebrauch des Adjektivs als Komparativ. Womit man vergleicht, wird mit "r" nachgestellt.


Gruß
Thomas

> Antwort auf Beitrag vom: 29.05.2010 um 18:46:42


3) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Seschen am 31.05.2010 um 21:29:40

Hallo,
es folgt mein erster Teil:

Versteckten Text anzeigen...


Ax  Sfd.w  r  pr qd.w  r  Hw.wt Hr jmn.tt
nfr st r bxn.w grg r wD m Hw.t-nTr


Nützlicher ist ein Buch als das Haus eines Maurers, als Tempel im Westen.
Besser ist es  als eine gegründete Festung, als eine Stele im Tempel.

r - Partikel zur Bildung des Komparativs
st - es (Dependenzpronomen, 3 Pers. Sing., neutrisch, Hannig S. 777)


Grüße, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 30.05.2010 um 19:11:22


4) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 M.Panov am 01.06.2010 um 18:29:26

Guten Tag Seschen,

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ich meine, dass pr qd(w) und bxn grg(w) einen grammatischen Sinn haben (nicht etwas "eines Maurers", die Schreibung des A1 in hieratischen Handschrieften des NR koennte oftmals nichts bedeuten).


MfG

M.P.

> Antwort auf Beitrag vom: 31.05.2010 um 21:29:40


5) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Seschen am 01.06.2010 um 20:54:24

Hallo Maxim,

danke für die Anregung!
Ich hatte schon überlegt, ob das richtig ist, oder ob's nicht besser wäre so zu übersetzen, wie du meinst:

Versteckten Text anzeigen...
Statt "Haus eines Maures" besser "gemauertes Haus" (?)
Dann passen "gemauertes Haus" und "gegründete Festung" gut zusammen.


Viele Grüße,
Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 01.06.2010 um 18:29:26


6) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 M.Panov am 02.06.2010 um 12:23:30

Guten Tag Seschen,

das ist wirklich so - diese zwei Versen stehen nebeneinander und haben gleichen Sinn; das Zeichen A1, w, -t usw. sind nur die graphische Elemente, in Neuaegyptischen kann man in einigen Fallen darauf keine Aufmerksamkeit richten.

Versteckten Text anzeigen...
qd - "bilden, bauen, schaffen" (wie ist besser auf Deutsch ueber das Haus nach seinem Aufbau zu sagen? "bebautes", "gebeautes" Haus)


MfG
M.P.

> Antwort auf Beitrag vom: 01.06.2010 um 20:54:24


7) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 RamsesXII am 05.06.2010 um 14:25:53

Hallo,

hier Teil 1 meiner Lesung (Zeile 1):

Versteckten Text anzeigen...
Da muss man erst einmal darauf kommen, dass es sich am Anfang um den Komperativ handelt. Für mich war klar, dass es sich um einen klassischen nfr Hr Konstrukt handelt, also ein prädikatives Adjektiv und dieses daher vor dem Substantiv steht. Über den Hannig bin ich dann darauf gekommen.

Ax Sfd.w r pr qd r hw.wt Hr jmn.tt nfr st r bxn grg r wD m Hw.t-nTr

Ax  Hannig, S. 11; Wb I, 13: nützlich, brauchbar; mit folgendem r "nützlicher ist ..."
Sfd.w  Hannig, S. 818; Wb IV, 461: Papyrus (als Schreibmaterial), Buch, Buchrolle
r  Komperativ; Gardiner §50 Comparison; Allen §6.8; Ockinga §24e
qd  Hannig, S 867; Wb V, 72: bauen; Partizip aktiv, als Adjektiv
Hw.t  Hannig, S. 515; Wb III, 1: Wohnhaus, Palast, Tempel, Haus(Grab)
jmn.tt  Wb I, 87:  Schreibweise für jmn.tj (ab NR sehr häufig); westlich, der Westen
st  Allen §5.4: abhängiges Personalpronomen 3N
bxn  Wb I, 471: Burg; siehe auch DZA 22.918.110 zur Schreibweise (neuägyptisch)
grg  Hannig, S. 904; Wb V, 186f: gegründet, errichtet
wD  Wb I, 398 Stele, Grabstein, Denkstein
Hw.t-nTr  Wb III, 4: Tempel

"Eine Papyrusrolle ist nützlicher als ein gebautes Haus, als die Gräber der Nekropole (Häuser im Westen). Es ist besser als die errichteten Burgen, als eine Stele im Tempel."


Viele Grüße
RamsesXII

> Antwort auf Beitrag vom: 02.06.2010 um 12:23:30


8) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 M.Panov am 05.06.2010 um 16:56:11

Guten Tag, Thomas,

die Praeposition r vor wD ist ausgelassen (richtig in Umschrift).

MfG

M.P.

> Antwort auf Beitrag vom: 30.05.2010 um 19:11:22


9) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Michael Tilgner am 05.06.2010 um 23:51:38

Liebe Leute,

ein Anfang ist gemacht; der erste Teil des Textes wurde bearbeitet, und zwar mit sehr guten Ergebnissen!

Einige Ergänzungen zu diesem Teil:

Versteckten Text anzeigen...
Hervorzuheben ist die Struktur des Satzes:

Ax Sfdw
  r pr qd
  r Hw.wt Hr jmnt.t
nfr st
  r bxn grg
  r wD m Hw.t-nTr


Es wird der gleiche Gedanke zweimal in ähnlichen, aber unterschiedlichen Worten geäußert. Dies ist ein typisches Merkmal in zahlreichen ägyptischen Texten! Gerade diese Art der Struktierung hilft gelegentlich, die Sätze voneinander zu trennen. Der jeweils erste Vergleich ist ein Substantiv + Partizip, der jeweils zweite Vergleich: Substantiv + Präposition + Substantiv [ein Ort]

qd: Die Diskussion hat ergeben - dem schließe ich mich an -, daß trotz des Determinativs A1 nicht qdw "Maurer", sondern das Verb qd "bauen" zu lesen ist. RamsesXII hat vorgeschlagen: "Partizip aktiv". Ich würde meinen: "Partizip passiv": pr qd "das Haus, das gebaut wurde". Seschens Übersetzung "gemauertes Haus" entspricht dem sinngemäß; Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 867: "bauen (m aus Stein, Ziegeln)", d.h. "mauern".

Hw.wt Hr jmnt.t "Gräber im Westen" - Hr ist als Präposition [räumlich] mit "auf, über" zu übersetzen. Gardiner, Egyptian Grammar, § 165,1: "Strictly 'upon' ... But often much more indefinitely ... Hr Km.t 'in Egypt' ..." - Noch klarer ist Wb III, 131 zu dieser Bedeutung des Hr: "VI. in einem Land (bes. in Ägypten)". - Die Nekropole ist sicher als eine Art "Land" zu verstehen.

Abschließend noch einmal zum Satztyp: Es handelt sich um einen Satz, dessen Prädikat ein Adjektiv ist, oft auch als "adjektivischer Nominalsatz" bezeichnet: Adjektiv + Substantiv bzw. Adjektiv + abhängiges Personalpronomen.

Der erste Fall Adjektiv + Substantiv:
Ax Sfdw "ein Buch / eine Papyrusrolle (ist) nützlich"

Der zweite Fall: Adjektiv + abhängiges Personalpronomen:
nfr st "es (ist) gut"

An diesem Fall erkennt man, daß es sich nicht um ein sDm=f handelt.

Einzelheiten in Gardiner, § 137 "Adjective + noun or dependent pronoun"


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 05.06.2010 um 16:56:11


10) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 RamsesXII am 06.06.2010 um 16:51:11

Hallo zusammen,

hier nach langem "Kampf" mit den Grammatiken ein Teil von Zeile 2:

Versteckten Text anzeigen...
jn jw habe ich durch Suchen von allen jn im Allen gefunden (Fragesatz mit adverbialem Prädikat) und danach im Gardiner vertieft. Im Allen steht auch, dass Sätze mit nominalen Prädikat mit jn jw beginnen können

siehe Allen, §11.11.2; Gardiner, § 492

Im Gardiner ist auch jn jw wn angegeben als Frage zur Existenz.

jw jn wn dj mj @r-Dd-f jn jw ky mj Jj-m-Htp

dj  Hannig, S. 970; Wb V, 492: nä hier, da, dort, hierher
ky  Wb V, 110ff: anderer, andere, der Andere

Gibt es dort einen wie Hordjedef? Ist ein Anderer wie Imhotep?


Viele Grüße
RamsesXII

> Antwort auf Beitrag vom: 05.06.2010 um 23:51:38


11) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 M.Panov am 06.06.2010 um 17:13:18

Guten Tag, Ramses,

Versteckten Text anzeigen...
dj steht im Sinne "hier, jetzt", meine ich.
.
Zu dieser Handschrift ist besser die Grammatik von F.Junge zu lesen.

Gruesse,

M.P.

> Antwort auf Beitrag vom: 06.06.2010 um 16:51:11


12) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 thomas am 06.06.2010 um 17:50:13

Hallo zusammen,

hier meine Lesung:

Versteckten Text anzeigen...
in iw wn(.w)di mi Hr-DD=f
in iw ky(.w) mi ii-m-Htp


Satzbau:
Fragepartikel; Hilfsverb; Partizip; Adverb; Präposition; NAME

Von ihrer technischen Funktion im Satzgefüge entspricht jw offensichtlich dem Prädikat, wn dem Subjekt (Partizip) und dj dem Adverb, gefolgt von m-NAME als adverbiale Ergänzung.

jw=Prädikat (Hilfsverb "ist"); wn=Subjekt ("Partizip von sein = seiend bzw. einer, der ist"); dj = Adverb…

-> hier ist Einer (ein Seiender; einer, der ist) wie Hordjedef
Durch das Fragepartikel wird dieser Satz zu Frage erhoben:

Ist hier einer wie Hordjedef?

Gleiches Schema folgt beim nächsten Satz:

Ist ein Anderer wie Imhotep?

ky.(w) = Partizip


Gruß
Thomas

> Antwort auf Beitrag vom: 06.06.2010 um 17:13:18


13) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 M.Panov am 06.06.2010 um 18:09:27

Guten Tag, Thomas,

vgl. zum Satzaufbau die Erzaehlung des Sinuhe:

B36: jn jw wn xprt m Xnw
B121: jn jw wn twA...
B134: jn jw wn kjj nxt...

Megiddoschlacht 31: jn jw wnn [t]A HAt=n...

MfG
M.P.

> Antwort auf Beitrag vom: 06.06.2010 um 17:50:13


14) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Seschen am 06.06.2010 um 21:41:20

Hallo,
ich lese und übersetze so:

Versteckten Text anzeigen...


jn jw wn dj mj  Hr-Dd-f
jn jw ky mj Jy-m-Htp pw
 

Gibt es  hier einen  Existierenden wie Hordjedef?
Gibt es einen Anderen wie diesen (/jenen) Imhotep?  

jn - Partikel zur Einleitung der Frage (Wb. 1, 89.14)
jw - es ist (Wb. 1, 43.6)
jn jw - gibt es?
wn - Existiernder, Seiender
dj - hier, da , dort
wn dj - hier sein, da sein, bestehen (Hannig S. 194, Wb. 1, 308.6)
ky -  anderer, der Andere
pw - Demonstrativpronomen


Maxim Panovs Umschrift-Zitate habe ich  hier1 so übersetzt gefunden:

B36: jn jw wn xprt m Xnw "Ist etwas geschehen in der Heimat?"
B121: jn jw wn twA...  "Ist es möglich, daß ein Armer...?"
B134: jn jw wn kjj nxt...  "Gibt es noch einen anderen Helden...?"

B36 folgend, wäre diese "Glättung" denkbar (?)

Versteckten Text anzeigen...
"etwas" --> "jemand"
Gibt es hier jemanden wie Hordjedef?


Viele Grüße,
Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 06.06.2010 um 18:09:27


1: http://www.hieroglyphen.net/aegypten/Sinuhe/index.html


15) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Michael Tilgner am 06.06.2010 um 22:25:58

Hallo, Seschen,

Versteckten Text anzeigen...
Demonstrativpronomen? Und danach noch Determinative?


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 06.06.2010 um 21:41:20


16) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 RamsesXII am 06.06.2010 um 22:36:47

Hallo M.Panov,

Versteckten Text anzeigen...
ich habe "dort" verwendet, da ich an den Satz vorher gedacht habe.

"... Es ist besser als die errichteten Burgen, als eine Stele im Tempel"

Daher habe ich vermutet:

"Gibt es dort (in den Burgen oder im Tempel) einen wie Hordjedef?"


Die Grammatik von F.Junge habe ich auch benutzt, habe aber für diesen Teil der Handschrift die Aussage im Gardiner passend gefunden.

Viele Grüße
RamsesXII

> Antwort auf Beitrag vom: 06.06.2010 um 17:13:18


17) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Seschen am 07.06.2010 um 00:30:21

Hallo, Michael!

Versteckten Text anzeigen...

Zitat:
Demonstrativpronomen? Und danach noch Determinative?

Nein, natürlich nicht!

 ist phonet. Komplement zu Htp

 .w - Endung eines Abstraktums (Htp.w - Frieden, Hannig S. 568)

 Determinativ für Abstraktes

 Determinatif für Männername


Ich habe korrigiert.

Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 06.06.2010 um 22:25:58


18) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Michael Tilgner am 07.06.2010 um 23:03:42

Hallo, Mitstreiter,

auch wenn der eine oder andere die Textstelle identifiziert und eine Übersetzung gefunden hat, so ist doch die grammatische Analyse ein wenig knifflig, sozusagen ein "Kampf" mit den Grammatiken, wie es RamsesXII ausgedrückt hat. Zwar ist der Text tatsächlich neuägyptisch, aber wir können diesen Ausschnitt mit unseren Hilfsmitteln - mit einer mittelägyptischen Grammatik und mit dem Wörterbuch von Hannig bzw. mit dem Wb im TLA - durchaus bearbeiten.

Versteckten Text anzeigen...
Es handelt sich um einen Satz, der nach der Existenz einer Person fragt (Gardiner, Egyptian Grammar, § 492, 2).

Die Existenz wird mit jw wn (wobei wn ein (perfektisches) sDm=f ist) "es gibt, "es gab" ausgedrückt (Gardiner, $ 107, 2 "Existence"): Beispiel: jw wn nDs, +dj rn=f "there was a commoner, whose name was Djedi".

Die Frage wird mit einem vorangestellten jn eingeleitet. Das Beispiel, das Gardiner bringt - und von Maxim Panov auch erwähnt wurde - lautet (§ 492, 1): jn jw wn kj nxt aHA r=f "is there (any) other strong man who could fight against him?"

In beiden Beispielsätzen (im Existenzsatz und und in der Frage nach der Existenz) steht ein Subjekt; im ersten Fall nDs, im zweiten nxt. Daher paßt die Erklärung, daß es sich beim wn um ein sDm=f handelt, gemäß der Regel Verb - Subjekt - ... (Gardiner, § 27).

In unserem Satz steht aber nur: jn jw wn dj ... Wenn wir wn weiterhin als sDm=f auffassen, dann fehlt uns ein Subjekt. Entweder müssen wir es als sog. Ellipse verstehen (= Wegfall eines eigentlich notwendigen Satzbestandteils; Gardiner, § 506) und das Subjekt gedanklich ergänzen, oder - wie es Thomas in seinem Beitrag versucht hat - die Satzkonstruktion ganz anders sehen, nämlich jw als Hilfsverb (Kopula) und wn als ein Partizip, das als Subjekt dient.

Diese feinsinnige Betrachtung ändert aber wenig an dem Sinn: "Gibt es hier einen wie Hordjedef?"

Wie man im folgenden noch sehen wird, ist mit dj "hier" gemeint: "hier unter uns", nicht die verfallenen Stätten.

Die zweite Frage jn jw kj ... sieht grammatikalisch etwas anders aus: kj "ein anderer" ist das Subjekt dieses Satzes. "kj is no true adjective, but a noun to which another noun may be added in apposition. ... kj sp another time, lit. another, a time ... kj and k.t are frequently used as nouns ..." (Gardiner, § 98) Daraus folgt, daß jw als Hilfsverb zu nehmen ist.

Diese Frage lautet also: "Ist ein anderer (gibt es einen anderen) wie Imhotep?"

Seschen hat einen Beispielsatz von Maxim Panov aufgegriffen (aus der Sinuhe-Erzählung): jn jw wn xpr.t m Xnw "ist etwas geschehen in der Heimat?"

Nun, hier ist das Subjekt xpr.t "das, was geschehen ist". Gardiner, § 354: "The plural strokes are frequently added to feminine participles used without antecedent noun to express neuter ideas, exx. xpr.t 'that which has happened' Ddd.t 'what has been said'; jrr.t 'what is done'." (Gilt auch für Schreibungen ohne Pluralstriche.)

Wörtlich heißt dieser Satz also: "Gibt es 'das (= etwas), was geschehen ist' in der Heimat?"


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 07.06.2010 um 00:30:21


19) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 RamsesXII am 09.06.2010 um 20:00:32

Lieber Michael,

zu deinen grammatikalischen Betrachtungen habe ich noch einige Ergänzungen und Fragen. Ich habe (im wahrsten Sinne des Wortes) die verschiedensten Grammatiken hin und her gewälzt und bin zu folgendem Ergebnis gekommen:

Versteckten Text anzeigen...
1) Subjekt in den Beispielsätzen

Zitat:
In beiden Beispielsätzen (im Existenzsatz und und in der Frage nach der Existenz) steht ein Subjekt; im ersten Fall nDs, im zweiten nxt.

Im zweiten Fall ist m.E. das Subjekt der substantivische Ausdruck (Apposition) kj nxt. Das nxt könnte durchaus wegfallen, dann wäre kj das Subjekt. "is there (any) other who could fight against him?"

2) wn und jw in unseren Fragesätzen

M.E. ist zum einen wn kein sDm=f, zum anderen ist jw kein Hilfsverb (Kopula). wn ist auch kein Partizip.

In beiden Fällen haben wir es nicht mit verbalen, sondern mit (erweiterten) Adverbsätzen zu tun.

Ockinga, §44

Zitat:
2. Erweiterter adverbialer Hauptsatz
a. Durch jw (§37) eingeleitet:


Ein adverbiales Prädikat ist in beiden Sätzen vorhanden, bestehend aus Präposition und substantivischem Ausdruck. Im Adverbsatz steht das Subjekt stets am Satzanfang vor dem Prädikat.

Ein Fragesatz wird gebildet, indem vor dem (adv) Aussagesatz ein jn bzw jn-jw gesetzt wird, die unübersetzt bleiben (Partikel).

Ockinga, §148:

Zitat:
Satzfragen werden entweder äußerlich nicht als solche gekennzeichnet (Satzmelodie!), oder es steht einleitendes jn bzw. die jüngere Form jn-jw (§34). In Wortstellung oder Syntax gibt es keine Unterschiede gegenüber einem Aussagesatz.
...

Ockinga, §34:

Zitat:
FRAGEPRONOMINA UND -ADVERBIEN (Für ihren Gebrauch s. §148)
jn bzw. jn-jw      leitet eine Frage ein, bleibt unübersetzt


Zu wn(n) schreibt Gardiner im bereits zitierten §107 (existence) weiter unten:

Zitat:
... usually there is some qualification in the form of a genitive, an adverbial phrase or an adjective, as is indeed the case with several of the examples above quoted. When such a qualification occurs, there is a tendency for it, rather than the notion of existence, to become the real predicate, the verb wnn then degenerating into a mere copula (§28).

Aber wo ist nun das Subjekt? In unserer Übersetzung ist plötzlich ein Subjekt da, nämlich "einer". Dazu schreibt Allen in §10.9:

Zitat:
10.9 Adverbial sentences without a subject
As in adjectivial sentences (§8.5), Egyptian sometimes omits the subject in an adverbial sentence when it is clear from the context or when it doesn't refer to anything in particular:
  jw mj sxr nTr     "It is like the plan of a god"
  nn m jwms        "It is not an exaggeration"
The translation of such sentences usually has a "dummy" subject, it, because English grammar requires a subject. In Egyptian, however, the subject can just be left out. As these examples show, such sentences are always introduced by a particle of some sort.


jw jn wn dj mj @r-Dd-f
jn jw ky mj Jj-m-Htp

Gibt es hier einen wie Hordjedef?
Ist ein Anderer wie Imhotep?


Ich hoffe mal, dass ich mit meinen Betrachtungen nicht total daneben liege. Auf jeden Fall habe ich in den letzten Tagen viel über nichtverbale Sätze dazugelernt.


Viele Grüße
RamsesXII

> Antwort auf Beitrag vom: 07.06.2010 um 23:03:42


20) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 thomas am 10.06.2010 um 08:54:10

Hallo RamsesXII,


Zitat:
Aber wo ist nun das Subjekt? In unserer Übersetzung ist plötzlich ein Subjekt da, nämlich "einer".


Genau davon sprach Michael … und du hast es auch selbst zitiert. Folgt man dem Satzbau, so muss das Subjekt gedanklich eingefügt werden, wenn klar ist, was gemeint ist.

Weil ich nichts gedanklich einfügen wollte, sehe ich hier eine "pseudoverbale Konstruktion", die als Frage formuliert wird: jw=f Hr sDm -> Er hört (wörtl. Er ist beim Hören).

jw ist das Prädikat, f das Subjekt und Hr sDm die adv. Ergänzung.

So auch unsere Übung: iw = Prädikat; wn = Subjekt; dj = Adverb; mj Hr-Dd=f = adv. Ergänzung. Wir haben hier nur ein Adverb mehr, das die Aussage des Prädikats ergänzt.

Daraus folgt: iw = es ist; durch unser Adverb wird daraus: hier ist. (Normalerweise bezieht sich das "dj" auf das "wn" (hier sein; da sein; aber nicht hier, weil "wn" Subjekt ist)

Nun kommt das Subjekt. Da "wn" eigentlich ein Verb ist, wird daraus die pseudoverbale Konstruktion. "wn": sein, existieren -> seiend, existierend -> substantivisch: Seiender, Existierender. Diese beiden Wörter lassen sich aber auch gut umschreiben. Ein Existierender = Einer, der ist. Daher kommt für mich das Wort: "Einer". Der Rest des Satzes ist wie schon geschrieben. Es fehlt nur nur noch die Tatsache, dass alles zu einer Frage erhoben wird, weil am Anfang "jn" steht. Für mich ist "jn" ein "?", ähnlich wie die Spanier es machen. Am Anfang des Satzes kommt ein Fragezeichen auf dem Kopf, am Ende ein normales Fragezeichen.

Daher nicht "hier ist" sondern "ist hier" … Einer wie Hordjedef.

Gruß
Thomas

> Antwort auf Beitrag vom: 09.06.2010 um 20:00:32


21) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 M.Panov am 10.06.2010 um 17:04:16

Guten Tag, alle zusammen,

Zum Namen.

Auf einem Ostrakon der Lehre des Dedefhor (oWien 14), sein Name ist als Hr-dd=f geschrieben, mit Hr "Gesicht" (photetisch) statt Hr "Falke").

Zu "ded" (dd) oder "djedje" (DD), in jedem Fall nicht "djed".

MfG
M.P.

> Antwort auf Beitrag vom: 10.06.2010 um 08:54:10


22) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 RamsesXII am 10.06.2010 um 23:34:10

Hallo Thomas,

mal sehen, was Michael dazu sagt. Ich glaube nicht, dass es so ist. Verbale Sätze als Hauptsätze sind sehr selten. Verbale Ausdrücke werden meistens in substantivische, adjektivische oder adverbiale Ausdrücke transformiert.

In den meisten Fällen werden die drei Typen von nichtverbalen Sätzen verwendet.

Zu pseudoverbale Konstruktion

Ein Blick in eine beliebige Grammatik zeigt, dass eine pseudoverbale Konstruktion etwas anderes ist. Das Subjekt wird damit niemals gebildet.

Ockinga, §86:

Zitat:
Als pseudoverbale Konstruktion werden Sätze bezeichnet, die als Prädikat entweder (1) ein Pseudopartizip oder (2) einen Infinitiv nach einer Präposition Hr, m oder r haben. Syntaktisch gesehen entsprechen sie Adverbialsätzen ($$42-47)

Sie gehören zu den komplexen Verbformen (§§89ff), und manche ersetzen bestimmte andere Verbformen z.B. ...

Eine pseudoverbale Konstruktion ist also ein (Adverbial)Satz, der mit einer Verbform im Prädikat gebildet wird.

Beispiele (siehe Ockinga, §87):

zu (1)  

HAt.t rDj.t(j) Hr tA

"Das Vordertau ist aufs Land gelegt"

zu (2)  

jw mSa pn Hr mAA

"Dieses Heer beobachtete"

Wir haben in unserer Übung weder ein Pseudopartizip noch einen Infinitiv nach Präposition.


Und hier noch die Bildungsvarianten für einen Adverbialsatz (siehe Ockinga, §42):

Wortstellung: Subjekt + Prädikat

Das Subjekt ist immer ein substantivischer Ausdruck (eventuell + Adjektiv(e)) oder ein markiertes unabhängiges Personalpronomen.

Als Prädikat steht

  • ein Adverb
  • Präposition + substantivischer Ausdruck
  • Präposition + Suffixpronomen
  • Präposition + Infinitiv
  • ein Pseudopartizip

Adverbialsätze sind entweder selbständig (Hauptsatz) oder eingebettet ("Nebensatz"). Man unterscheidet auch jeweils einfache und erweiterte Adverbialsätze.

Einfacher adverbialer Hauptsatz (§43)
a) Substantiv (+ Adjektiv) + Präposition + Substantiv
b) mit unabhängigem Personalpronomen

Erweiterter adverbialer Hauptsatz (§44)
a) durch jw eingeleitet
b) durch das Verb wnn eingeleitet
c) durch die Partikel m=k eingeleitet

Zu eingebetteten Adverbsätzen und Negation siehe Ockinga §§45-47

Damit lassen sich unsere beiden Fragesätze abbilden. Zum fehlenden Subjekt siehe Allen.

Viele Grüße
RamsesXII

> Antwort auf Beitrag vom: 10.06.2010 um 08:54:10


23) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 thomas am 11.06.2010 um 09:06:55

Hallo Ramses,

ja, lasse uns schauen was Michael sagt. ABER:

Eine Pseudoverbale Konstruktion ist auch jw + Pseudopartizip

Gardiner, Egyptian Grammar, § 323 "The pseudo-verbal construction introduced by iw"


Zitat:
Wir haben in unserer Übung weder ein Pseudopartizip noch einen Infinitiv nach Präposition.


Ich meine, wir haben ein (Pseudo)partizip: wn(.w), damit dieses Verb als Subjekt fungieren kann.

Gruß
Thomas

> Antwort auf Beitrag vom: 10.06.2010 um 23:34:10


24) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 RamsesXII am 11.06.2010 um 09:49:09

Hallo Thomas,

eine pseudoverbale Konstruktion ist ein Satz und nicht nur ein Wort wie wn.

Gardiner §319:

Zitat:
The name pseudo-verbal construction has been chosen, for want of a better, to bring under one common head those sentences or clauses in which  either the old perfective or Hr (or m or r) + infinitive serves as predicate to a preceding noun or pronoun.


In §323 geht es um Sätze, die mit jw eingeleitet werden. Also genau das, was ich geschrieben hatte.

Viele Grüße
RamsesXII

> Antwort auf Beitrag vom: 11.06.2010 um 09:06:55


25) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Michael Tilgner am 11.06.2010 um 22:34:39

Liebe Leute,

das ist ja toll, wie intensiv hier Grammatik diskutiert wird! - Es soll, wie man munkelt, auch Forumsmitglieder geben, die diesen Fragen nicht so viel abgewinnen können.

Ich habe Eure Beiträge zum Anlaß genommen, die beiden diskutierten Sätze noch einmal zu betrachten. Ich gehe jetzt nicht auf jedes einzelne Argument ein, sondern stelle nur das Ergebnis dar:

Versteckten Text anzeigen...
Ein Umstand, den ich zwar gesehen, aber nicht ausreichend gewürdigt habe, ist das Adverb bzw. die Adverbialphrase. Im ersten Fall dj mj @r-Dd=f, im zweiten Fall mj Jj-m-Htp.

Der Hinweis auf den Satztyp mit adverbiellem Prädikat - auch "adverbieller Nominalsatz" genannt - ist also goldrichtig! Gehen wir also diesem Ansatz mit Gardiners Hilfe etwas nach!

So heißt es im entsprechenden § 116 seiner Egyptian Grammar:

Zitat:
The adverbial predicate may consist either of an actual adverb, like jm 'there', or else of an adverbial phrase composed of a preposition + a noun, ex. m pr=f 'in his house'.

Hier haben wir die Präposition mj "wie" und als Substantiv den Namen einer Person. Im ersten Satz sogar - wie bereits angemerkt wurde - Adverb + Adverbialphrase.

Im § 117 wird die Verwendung bzw. Nichtverwendung von jw besprochen:

Zitat:
The verb jw states facts as such, declares this or that to be the case. 1. With nominal subject it serves to introduce some statement, often a description, of outstanding interest, and the clause containing it must be translated as a main clause.

Gardiner bringt u.a. ein Beispiel aus der Sinuhe-Erzählung:

jw dAb.w jm=f Hna jArr.t
"Feigen sind darin und (auch) Weintrauben." (Beschreibung des Landes YAA)

dAb "Feigenbaum, Feige" (Hannig, s. 969)
jArr.t "Weintraube" (S. 25) - Gardiner sieht dieses Wort als Kollektivbegriff und daher im Singular.

Die Struktur dieses Satzes ist also:

jw + Substantiv + Adverb bzw. Adverbialphrase
= jw + (nomniales) Subjekt + adverbielles Prädikat

Wenden wir dieses Schema auf unseren zweiten Satz an:

jw + kj + mj Jj-m-Htp

kj gilt als Substantiv, siehe meine Bemerkung im früheren Posting.

Und so müssen wir auch den ersten Satz interpretieren:

jw + wn + dj mj @r-Dd=f

Damit muß wn ein nominales Subjekt sein! Dafür kommt ein (perfektisches aktives) Partizip in Frage. Ein Pseudopartizip paßt hier nicht!

Jeder Satz wird durch ein vorangestelltes jn zu einem Fragesatz umfunktioniert.


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 11.06.2010 um 09:49:09


26) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Michael Tilgner am 11.06.2010 um 23:20:08 - Anhang: 3 Anhänge

Hallo, Freunde,

Maxim Panov hat noch einmal die Lesung des Namens Hordjedef angesprochen. Er zitiert ein Ostrakon aus Wien und macht folgende Anmerkung:

Zitat:
Zu "ded" (dd) oder "djedje" (DD), in jedem Fall nicht "djed".

In den Belegen zu Hordjedefs Lehre wird der zweite Namensbestandteil immer so geschrieben:


Das Verb rdj (altägyptisch rDj) "geben" ist ein unregelmäßiges Verb. Oft wird es auch ohne r geschrieben, z.B. in der Opferformel Htp dj nsw "ein Opfer, das der König gibt". Gardiner, § 289, 1 empfiehlt: "In any case it seems wise to omit r in transliteration wherever it is not written ..." - Von diesem Verb gibt es sog. "geminierende Formen", die dd zu lesen sind. (Diese Formen will ich hier nicht weiter vertiefen.)

Von daher scheint Maxims Anmerkung nachvollziehbar zu sein, nur dd, nicht aber Dd zu lesen (oder, wenn man die altägyptische Schreibung verwendet: DD).

Ich füge einen Ausschnitt aus Ranke, Personennamen, Bd. II, 258 bei, aus dem hervorgeht, daß der Name sich aber nicht von (r)Dj "geben", sondern von Ddj "dauern" (Hannig, S. 1018) ableitet. Es liegt also eine Umdeutung des altägyptischen Namens in späterer Zeit vor. Ähnlich sieht es auch Hellmut Brunner, der in einem Artikel für die Lesung Djedefhor statt Hordjedef plädiert ("Zur Aussprache der Namen Chephren und Djedefhor", in: ZÄS, Bd. 102, S. 94-99 (1975)).


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 10.06.2010 um 17:04:16

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27) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 RamsesXII am 18.06.2010 um 06:53:19

Hallo zusammen,

und hier der nächste Teil, Ende Zeile 2 bis Mitte Zeile 4. So langsam wird es richtig schwer. Hier habe ich jetzt öfters mit der Grammatik von F. Junge gearbeitet. Allerdings weiss ich nicht, ob ich auch nur annähernd richtig liege. Kann auch was ganz anderes bedeuten.

Nachtrag: 18.06. 22:30 (siehe Streichungen, 3. Satz geht weiter)

Versteckten Text anzeigen...
Bei den Namen bin ich mir auch nicht sicher, wie diese richtig transkribiert werden. Die Satzgrammatik habe ich auch noch nicht durchschaut. Eventuell besteht "mein" Satz 1 auch aus 2 Einzelsätzen. Weiterhin verstehe ich nicht, warum immer zwei Namen hintereinander stehen. Oder steht da was anderes? (also kein Name)

bw xpr m hAw=n mj Nfr-jj Xrtj pay=sn tpj-a
rx=k rn DHwtj-n- n Pth-m-Dd Ra-xaj-xpr-snb
jn-jw k.y mj Pth-Htp Ka-jr-s m mjt.t

DHwtj-n-Pth-m-Dd  eventuell Djed-(em)-Djehuti (s. Hannig, S 1018) mit ehrenvoller Voranstellung

Pth-m-Dd  eventuell Djed-(em)-Ptah mit ehrenvoller Voranstellung; hatte A2 mit C3 "verwechselt".

bw  Wb I, 453; Hannig, S. 250: nä nicht, Negation von einem verbalem Aussagesatz
xpr  Wb III, 263: u.a. existieren
hAw  Wb II, 479: Familie, s.a. DZA 26.327.830 (allerdings mit Wachtelkücken)
zur nä Schreibweise  
 als =n (Suffix 1PL) siehe Junge, S. 53

Nfr-jj  ähnlicher Name in Ranke, S. 194.5
tpj-a  Wb V, 283: Vorfahren
jn-jw  Fragepartikel
k.y  (irgendein) Anderer - Irgendeiner (Hinweis von Prof. Schenkel)
m mjt.t  Wb II, 40f: sowie, und (koordinierend, auch nachgestellt)

Zu pAy=sn vor dem Substantiv schreibt Junge auf S. 52:

Zitat:
Auf ähnliche Weise wird auch die Besitzanzeige, die durch Anhängen des Suffixpronomens an das Substantiv signalisiert wurde und in manchen Fällen weiterhin wird, auf den Artikel übertragen - prw=n "unser Haus", (s.u. [1]), wird als pA=n prw > pAy=n pr konstruiert, geschrieben (s.u. [2]). Diese Form wird, ..., Possesivartikel genannt.

(1)  

(2)  


"Nicht existieren in unserer Familie wie Neferi oder Xrtj ihre Vorfahren. Du kennst die Namen von DHwtj-n-Pth-m-Dd und Ra-xaj-xpr-snb. Ist ein Irgendeiner wie Ptahhotep und Ka-jr-s?"

Der erste Satz muss noch "verschönert" (umgestellt) werden. (Irgendwie gibt er noch keinen Sinn, oder?) Eventuell so "Es gibt keine Vorfahren mehr in unseren Familien Neferi und Xrtj"

Die Übersetzung des dritten Adverbialsatzes (Ptahhotep) basiert auf einem Hinweis von Prof. Schenkel. Da noch ein Name folgt, kann ich derzeit noch nicht sehen, ob da ein neuer Satz beginnt oder das noch zum 3. Satz gehört.


Muss erst einmal eine kleine Pause einlegen, andere Dinge sind liegengeblieben . Die müssen aufgearbeitet werden.

Viele Grüße
RamsesXII

> Antwort auf Beitrag vom: 11.06.2010 um 23:20:08


28) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Seschen am 18.06.2010 um 12:38:20

Hallo, alle!

Zitat:
So langsam wird es richtig schwer.
Ja!
Im folgenden Abschnitt lässt uns sogar Ranke im Stich, oder die Inschrift bzw. Abschrift ist fehlerhaft.

Erster Teil des von Ramses XII vorgegeben Abschnittes, der zweite Teil wird nachträglich ergänzt.

Versteckten Text anzeigen...


bw xpr  m hAw=nn*  mj Nfr.(t)j  Xt.jj  pAy=sn  tpj
Keiner existiert in unserer Verwandschaft (/Umgebung) wie Neferti(?) (und/oder) Cheti(?), ihr "Erster"  

bw - Negationspartikel
xpr - werden; entstehen; geschehen; existieren
hAw - Verwandte; Angehörige, Umgebung (Hannig S. 487)
m hAw - in jemandes Nähe, da wo jemand ist (Wb. 2, 477.6)
nn* - wir, unser (Suffixpronomen 1. Pers. Plural, späte Schreibung, Wb. 2, 194)
Nfr.tj  - Neferti (Ranke, 204.8)
Xt.jj - Cheti (Ranke, 277.26)
pay=sn  (Possesivpronomen) ihr (3. Pers. Plural)
tpj  - (Substantiv) der Erste (Hannig S. 925)

* Änderung aufgrund des Hinweises von M.P. Danke!


Nachtrag, zweiter Teil:

Versteckten Text anzeigen...


dj =j   rx=k  rn   n   PtH-m-DHw.tj   xaj-xpr-Ra-snb
Ich veranlasse, dass du den Namen des Ptah-em-djehuti (und des) Chai-cheper-Re-Seneb kennst (/weißt).

dj=j - ich gebe / veranlasse (u.a. Bedeutungen)
rx=k - du weißt, du kennst
dj + sDm=f  - veranlassen, dass; bewirken, dass (Wb. 2, 468.12)
rn - Name
n - des (Bildungselement des indirekten Genitivs)
PtH-m-DHw.tj  - Ptah-em-djehuti (Ranke Bd.II, 287.15)
xaj-xpr-Ra-snb(.w) - (Ranke, 264.20)


jn   jw  ky  mj  PtH-Htp.w  KA-jr=s  m-mj.tt
Ist ein Anderer (/gibt es einen Anderen) wie Ptah-hotep (und) auch Ka-ir-es?

jn - Partikel zur Einleitung der Frage (Wb. 1, 89.14)
jw - es ist (Wb. 1, 43.6)
jn jw - gibt es?
ky - der Andere
mj - wie
m-mj.tt - auch; ebenso; gleichermaßen
PtH-Htp.w - Ptah-hotep, Ranke 141.5 ("Ptah ist zufrieden")
KA-jr=s - Ranke 338.22 (nur "feminin" gekennzeichnet!)


Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 18.06.2010 um 06:53:19


29) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 M.Panov am 18.06.2010 um 16:57:06

Guten Tag, Seschen,

das Suffixpronomen 1. Pers. Plural ist =n statt =nn zu umschreiben. Die Graphie sprielt hier keine Rolle.

MfG

Maxim Panov

> Antwort auf Beitrag vom: 18.06.2010 um 12:38:20


30) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Michael Tilgner am 19.06.2010 um 12:08:37 - Anhang: 3 Anhänge

Liebe Leute,

ich finde das bisherige Ergebnis dieses Textteils schon ziemlich beachtlich! Denn es handelt sich ja um einen kunstvoll gestalteten literarischen Text und nicht um eine der üblichen stereotypen Fomulierungen, wie wir sie auf Stelen oder Tempelwänden finden. Zudem gibt es ein paar neuägyptische Einsprengsel, die aber keine so großen Hürden darstellen sollten.

Zunächst einmal zu den Namen:

Nfr.tj

Der Bearbeiter, der den hieratischen Text in Hieroglyphen umgesetzt hat, schreibt zu diesem Namen:

Zitat:
The first j in this name looks rather more like [U33] tj than like j, but has not really the correct form for tj. In any case, Nfry is probably to be read, since it is a familiar man's name while Nfrtj is unknown.

Tatsächlich ist Neferti aber schon länger bekannt durch eine Lehre mit dem Titel "Prophezeiung des Neferti" (siehe Anhang aus LÄ IV, 380-381), die auf dem Papyrus Eremitage 1116B und auf etlichen teilweisen Abschriften überliefert ist. In der Veröffentlichung dieses Papyrus (W. Golénischeff, Les papyrus hiératiques No. No. 1115, 1116A et 1116B de l'Ermitage Impérial à St-Pétersbourg, Leipzig, 1913) schreibt der Autor, daß sich der Name nicht mit Sicherheit transkribieren läßt und hat folgende hieroglyphsche Schreibung (Tafel 23):

  ?  


Längere Zeit hielt man Nfr-rHw für die richtige Lesung, bis zur Veröffentlichung von Georges Posener, Ostraca inédits du Musée de Turin (Recherches littéraires III), in: RdÉ, Bd. 8, S. 173-189 (1951). Darin wird ein Ostrakon aus dem Turiner Museum publiziert, mit einem Textauszug aus der Prophezeiung. Die eigentliche Bedeutung dieses Stücks liegt aber darin, daß er die exakte Lesung des Namens ermöglicht. Danach gibt es zwei Schreibweisen des gleichen Namens:

     und      


Ranke, PN I, 204.8 (erschienen 1935) gibt für diesen Namen nur einen weiblichen Beleg aus dem Neuen Reich und einen weiteren weiblichen Beleg im Bd. II, S. 371 (erschienen 1952). Daß aber Namen sowohl für Frauen wie auch für Männer verwendet werden konnten, ist nichts Ungewöhnliches.

$tjj

Auch dieser Weise ist schon lange bekannt (siehe "Lehre des Cheti" in LÄ III, 977-978). Der Name ist auch in Ranke PN I, 277.26 aufgeführt. Nun steht er allerdings in unserem Text mit einem r. Das ist aber nur eine Schreibvariante, wie sich aus einer Zusammenstellung der Texte zu Chetis Lehre ergibt (in: Wolfgang Helck, Die Lehre des _wA-$tjj, Teil I, Wiesbaden, 170, S. 13). Das müssen wir mal so hinnehmen.

...

Der Rest folgt später!

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 18.06.2010 um 16:57:06

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31) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Michael Tilgner am 20.06.2010 um 09:42:48 - Anhang: 2 Anhänge

...

PtH-m-+Hw.tj

Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 298 "Ptah-em-Djehuti, ein berühmter Autor"; Ranke, PN II, 287.15.

Zur Schreibung von +Hw.tj "Thoth" mit einem Djed-Pfeiler R11 in der Spätzeit: Wb V, 606, mit zwei Djed-Pfeilern: LGG VII, 640 (siehe Anhang).

Leider ist dieser "berühmte Autor" nicht weiter bekannt; es kann ihm auch keine Lehre zugeordnet werden.

#aj-xpr-Ra-snb(.w)

Hannig, S. 587 "Cha-cheper-Re-seneb (ein berühmter Autor)"; Ranke, PN I, 264.20 "Sesostris II. ist gesund". Dieser Name ist ein Satz, nämlich eine pseudoverbale Konstruktion: Substantiv [ein Name] + Pseudopartizip. Die Endung .w für die 3. Person Singular maskulin wird oft nicht geschrieben. Bei dem Namen handelt es sich um den Thronnamen Sesostris' II, eines Königs der 12. Dynastie; sicher auch ein Hinweis auf die Zeit, in der Cha-cheper-Re-seneb gelebt hat. Im Königsnamen selbst (PN I, 264.17) wird Re aus Gründen der Ehrfurcht vorangestellt.

Von Cha-cheper-Re-seneb ist uns auch eine Lehre überliefert (siehe Anhang: LÄ III, 977).

...

> Antwort auf Beitrag vom: 19.06.2010 um 12:08:37

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32) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Michael Tilgner am 20.06.2010 um 09:47:30 - Anhang: 2 Anhänge

...

Pth-Htp(.w)

Hannig, S. 298 "Ptahhotep (ein berühmter Wesir und Autor)"; Ranke, PN I, 141.5 "Ptah ist zufrieden", ebenfalls eine pseudoverbale Konstruktion.

Ptahhotep, angeblich Wesir unter Pharao Djedkare Asosi (5. Dyn.), hat eine Lehre hinterlassen, die in mehreren Papyri überliefert ist (siehe Anhang: LÄ III, 989-991).

KA-jrj-s(w)

Hannig, S. 872 "Kaires (ein berühmter Autor)"; Ranke, PN II, 321.1 (maskulin) mit Verweis auf PN I, 338.22 (feminin). Nach LÄ ist der Name KA(=j)-jrj-sw zu lesen: "mein Ka ist es, der ihn gemacht hat". Dieser Weise wird mit dem Wesir Kagemni identifiziert, dem eine berühmte Lehre zugeschrieben wird (siehe Anhang: LÄ III, 980-982).

Die genannten Lehren sind in vielen Anthologien und auch im Internet veröffentlicht worden.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 20.06.2010 um 09:42:48

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33) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 M.Panov am 20.06.2010 um 15:59:04

Guten Tag, Herr Tilgner,

Anfang der Lehre des Kairsu (so!) wurde vor kurzem in ZAS 136 (2009), S.87f publiziert.

Mit freundlichen Gruessen,

M.P.

> Antwort auf Beitrag vom: 20.06.2010 um 09:47:30


34) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Michael Tilgner am 20.06.2010 um 22:44:38

Lieber Maxim Panov,

vielen Dank für diesen Hinweis!

Grr! Ich habe nämlich den Artikel in meinen Unterlagen, aber vergessen ...

Es handelt sich um Ursula Verhoeven, Von der "Loyalistischen Lehre" zur "Lehre des Kaïrsu". Eine neue Textquelle in Assiut und deren Auswirkungen, in: ZÄS, Bd. 136, S. 87-98 (2009).

Die "Loyalistische Lehre" (LÄ III, 982-984) ist ein provisorischer Titel, weil man deren Autor bisher nicht kannte. Den LÄ-Eintrag füge ich nicht bei, da er auf französisch geschrieben ist. Stattdessen verweise ich auf Günter Burkard, Heinz J. Thissen, Einführung in die altägyptische Literaturgeschichte, Bd. I: Altes und Mittleres Reich, 2. Auflage, Berlin, 20071, Abschnitt: Die Loyalistische Lehre, S. 181-185. Leider ist die Vorschau nicht ganz vollständig, aber man kann doch einen Eindruck vom Werk gewinnen.

Durch ein Graffito in dem neu entdeckten Grab 13.1 in Assiut2 kann nun der Verfasser dieser Lehre benannt werden: Es ist der KA-jr-s(w) unserer Textstelle! - Meiner Meinung nach ist dies die korrekte Umschrift, da das perfektische aktive Partizip von jrj "machen" jr lautet (= Wegfall des dritten "schwachen" Konsonanten nach Gardiner, Egyptian Grammar, § 359 unter 3ae inf.).

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 20.06.2010 um 15:59:04


1: http://books.google.de/books?id=QXVvjyYwKQkC&pg=PA182#v=onepage&q&f=false
2: http://www.aegyptologie-altorientalistik.uni-mainz.de/326.php


35) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Michael Tilgner am 21.06.2010 um 11:44:01

Hallo, Leute,

zur Übersetzung dieses Abschnittes, die bei Euch weitgehend übereinstimmt! Da ich einige Ergänzungen mache, gebe ich die Sätze vollständig wieder:

Versteckten Text anzeigen...
bw xpr m hAw=n mj Nfr.(t)j $tjj pAj=sn tpj
"Nicht existiert (einer) unter unseren Zeitgenossen wie Neferti oder Cheti, ihr Erster (ihr Bester)"

bw [neuägyptisch] "[Negation] nicht" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 250) - Erman, Neuägyptische Grammatik, § 769: "bw ist im Neuägyptischen die gewöhnliche, vor den Verben stehende Negation ..." - § 770: "Sehr oft steht bw in einer praesentischen Aussage ... Und zwar steht es gern in solchen Sätzen, die so, wie sein koptischer Nachkomme [...] etwas Dauerndes, Gewohnheitsmaessiges ausdrücken, etwas 'nicht zu tun pflegen': ..."

=n Suffix 1. Person Plural - Die Schreibung mit zwei n kommt nur im Neuägyptischen vor: Hannig, S. 387; dazu Erman, § 75:

"Neben      
     existiert die Nebenform      
  , die wenigstens seit Dynastie 19 vorkommt."


Wir wollen uns in diesem Forum eigentlich nicht mit Neuägyptisch befassen, da es eine eigenständige Sprachstufe darstellt, aber eine Anmerkung sei doch zu den z.T. merkwürdigen Schreibungen angebracht, denen wir schon ein paarmal begegnet sind. Und zwar zitiere ich Erman, § 8, der in seiner manchmal bildhaften Art schreibt:

Zitat:
Die grösste Schwierigkeit, die der grammatischen Erforschung des Neuägyptischen entgegensteht, liegt in seiner Schreibung, die uns die wirklich gesprochenen Worte kaum ahnen lässt ... Man schreibt eben Formen, die gar nicht zu der gesprochenen Sprache passen. Die Folge davon ist, dass die Schreiber wenig Gewicht auf eine konsequente Schreibung legen. Sie schreiben in derselben Stelle ein Wort bald so, bald so, und vergebens wird man sich nach einem Grunde fragen. Auch wer sich die Mühe gäbe, alle diese Schreibungen vollständig zu sammeln, würde aus diesem Kehricht nicht viel gewinnen; man muss sich daher in der Hauptsache an die Syntax der Sprache halten ...

m [partitiv] im Sinne: einer aus einer Menge (Hannig, S. 311, Bedeutung  (6) c; Gardiner, § 162, 5; Wb II, 1, Bedeutung IV c)

hAw "Verwandte, Angehörige" (Hannig, S. 487) - Das Wort leitet sich von hAw ab, mit dem räumliche, aber auch zeitliche Nähe bezeichnet wird. So heißt z.B. m hAw "zu der Zeit des ... (Königs, Fürsten, der Ahnen u.ä.)" (Wb II, 478). Mit dem Personendeterminativ bezeichnet es uns die (räumlich und zeitlich) "Nahestehenden". Vom Kontext her sind sicherlich hier nicht familiäre Beziehungen gemeint, daher das Wort "Zeitgenossen" als "Angehörige (unserer Zeit)".

pAy=sn Possessivartikel mit Suffix 3. Person Plural "ihr" (Hannig, S. 270) - Diese Form ist bereits im Mittelägyptischen belegt, wenn sie auch erst im Neuägyptischen üblich wird (Gardiner, Egyptian Grammar, § 113, 1). pAy= mit Aleph A. =sn bezieht sich auf die Gruppe der Weisen.

tpj "erster (auch: bester)" (Hannig, S. 925).

pAy=sn tpj-a "ihre Vorfahren" geht leider nicht, da sich pAy= auf ein Substantiv Singular maskulin beziehen muß; also höchstens "ihr Vorfahr" - das paßt aber meines Erachtens nicht zum Kontext.

Zum gesamten Satz: Nach Erman müssen wir xpr als Verbform auffassen (siehe oben das Zitat aus § 769):

bw + sdm=f + Adverb bzw. Adverbialphrase

Leider fehlt uns ein Subjekt! Es steht nur xpr da, das Subjekt ist zu ergänzen.

Eine kleine (logische) Randbemerkung: "Nicht existiert (einer) ... wie Neferti und/oder Cheti." (?) Gemeint ist ja: Nicht existiert einer wie Neferti und nicht existiert einer wie Cheti; als logische Aussage:
(NICHT Neferti) UND (NICHT Cheti) = NICHT (Neferti ODER Cheti)
nach der de Morgan'schen Regel1. Gut, gut, in der Sprache geht es nicht immer logisch zu ...


dj=j rx=k rn n PtH-m-+Hw.tj #aj-xpr-Ra-snb(.w)
"Ich lasse dich wissen den Namen des Ptah-em-Djehuti (und) des Cha-cheper-Re-seneb"

rn ist Singular. Gardiner, § 510 "Concord of number": "Concord of number is much looser than in English." Ich vermute, daß es sich um eine Verkürzung handelt: "den Namen des Ptah-em-Djehuti (und den Namen) des Cha-cheper-Re-seneb"

jn jw kj mj PtH-Htp(.w) KA-jr-s(w) m-mjt.t
"Ist ein anderer wie Ptahhotep (oder wie) Kairsu?"

m-mjt.t "[koordinierend, zwischen- oder nachgestellt] sowie, und" (Hannig, S. 324; Wb II, 41)

Diesen Satztyp haben wir weiter oben ausführlich diskutiert.


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 20.06.2010 um 22:44:38


1: http://de.wikipedia.org/wiki/De_Morgansche_Gesetze


36) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Michael Tilgner am 21.06.2010 um 14:48:37 - Anhang: Korrektur_zu_einem_Wort.jpg

Hallo, Leute,

bevor Ihr an dem folgenden Abschnitt völlig verzweifelt, füge ich die Erläuterung des Bearbeiters zu einem Wort an. "Emend." steht für Emendation "Verbesserung, Korrektur zu".

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 21.06.2010 um 11:44:01


37) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Michael Tilgner am 25.06.2010 um 13:24:36

Liebe Leute,

wegen der ungewöhnlichen Schreibungen und der Grammatik ist der Rest nicht ganz einfach.

Versteckten Text anzeigen...
nA n rx.y sr jy(.t)
"(das sind) die Wissenden, die das Kommende vorhersagten"

nA (auch nA n) "[Artikel Plural] die" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 390); der neuägyptische Artikel hat sich aus dem Demonstrativpronomen entwickelt (Gardiner, Egyptian Grammar, § 112).
rx "Wissender, Gelehrter" (Hannig, S. 475) - Zur Schreibung siehe die Korrektur. - Im Neuägyptischen gibt es neben der Pluralendung .w auch eine solche mit .y (Erman, Neuägyptische Grammatik, § 147). - Das t am Schluß ist zu ignorieren (t als "Determinativ" oder Füllzeichen wird auch in Jansen-Winkeln, Spätmittelägyptische Grammatik, § 32 beschrieben)
sr "vorhersagen, prophezeien" (Hannig, S. 727) - Zu den beiden folgenden Zeichen Erman, § 21: "Man empfindet es als unangenehm, wenn unter einem breiten, horizontalen Zeichen ein leerer Raum bleibt ... Daher füllt man auch einen solchen leeren Raum nach dem letzten Konsonanten gern mit einem [t-Z5] aus ..." - sr ist hier Partizip


jy.t "Zukunft, das Kommende; Unheil" (Hannig, S. 28) - Dieses Wort ist mit G37 "Haussperling, Spatz" determiniert, der auch "schlechter Vogel" genannt wird, weil er als Determinativ für unangenehme Dinge verwendet wird; daher die Bedeutung "Unheil".


pr m rA=sn xpr(.w)
"das, was aus ihrem Munde kam, ist eingetreten"

prj m rA &tj "aus dem Munde des Teti kommt, Teti spricht" (Hannig, S. 284 - Bedeutung (11) von prj; Wb I, 523, 18)
Das den Satz abschließende xpr(.w) hatten wir schon im Thread Weiheformel an Imhotep1


gm=tw m Ts sS.tj m nAy=sn Sfdw(.w)
"man findet (es) als Spruch niedergeschrieben in ihren (wörtlich: seinen) Papyrusrollen / Büchern"

gmj "finden" (Hannig, S. 899)
Ts "Spruch, Ausspruch; Maxime, Weisheitsspruch" (S. 963) - Man beachte den versteckten Hinweis, daß dieses Wort auch feminin sein kann; deutlicher Wb V, 403, 10.
sS "schreiben, niederschreiben, aufschreiben" (S. 756)
nAy= "[Possessivartikel]" (S. 390) - Offensichtlich liegt hier ein Schreibfehler vor; statt =f "seinen" muß es heißen =sn "ihren"

Hier fehlt ein Subjekt, das ich ergänzt habe. Bei der Form sS.tj handelt es sich meiner Meinung nach um das Pseudopartizip 3. Person Singular feminin, mit dem ein Umstand angegeben wird. Hier greift speziell Gardiner, § 315 "The old perfective qualifying the objects of certain verbs":

Zitat:
A special case of the construction described in the last section [Use of the old perfective as a clause of circumstance] is the use with such verbs gmj 'find', mAA 'see' ...
Exx. gm.n.=j sw rx(.w) st I found that he knew it, lit. I found him he knowing it
...
With the passive of these verbs, it is of course the subject, not the object, which is qualified.
Ex. gm.n.tw nAy=sn jrp wAH.w m nAy=sn nm.w their wine was found lying (lit. placed) in their presses.


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 21.06.2010 um 14:48:37


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?board=guan&action=display&num=1272794566&start=51


38) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Michael Tilgner am 26.06.2010 um 16:05:03

Hallo, Leute,

zunächst sind einige bibliographische Einzelheiten nachzutragen.

Der Textausschnitt stammt, wie der eine oder andere vielleicht schon vermutet hat, aus dem Papyrus Chester Beatty IV; der Titel der Publikation lautet: Alan H. Gardiner, Hieratic Papyri in the British Museum, Third Series: Chester Beatty Gift, Vol. I: Text, Vol. II: Plates, London, 1935. Der hier diskutierte Abschnitt ist auf der Rückseite des Papyrus zu finden (verso 3, 5-8 auf Tafel 19). Übersetzungen dieses Textes finden sich in vielen Anthologien. Eine Transkription und deutsche Übersetzung gibt es auch im Thesaurus Linguae Aegyptiae (TLA): pChester Beatty IV = pBM EA 10684, Verso1.

Wer wissen will, wie so ein Text auf Hieratisch aussieht, hat dazu Gelegenheit auf der Webseite des Britischen Museums: Papyrus Chester Beatty 42.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 25.06.2010 um 13:24:36


1: http://aaew2.bbaw.de/tla/servlet/GetTextDetails?u=gast&f=0&l=0&tc=17042&db=0
2: http://www.britishmuseum.org/research/search_the_collection_database/search_object_image.aspx?objectId=111738&partId=1&orig=%2fresearch%2fsearch_the_collection_database%2fmuseum_no__provenance_search.aspx&numPages=10&idNum=10684¤tPage=1&asset_id=36674


39) Re: Übersetzungsübung: Der weise Imhotep (Teil 2)
 Michael Tilgner am 29.06.2010 um 22:10:10 - Anhang: Verhoeven_ZAeS_136_2009_S_92_low.jpg

Liebe Leute,

der pChester Beatty ist von den Ägyptologen oft diskutiert worden. Wir können hier nicht im einzelnen darauf eingehen.

In einem anderen Zusammenhang wurde diese Stelle schon mal besprochen: Angebliches Ramses-Zitat1

Neben Hellmut Brunner und anderen hat sich auch Jan Assmann mit diesem Passus beschäftigt:

Zitat:
Diese Achtheit, deren Namen der ägyptische Schüler bei der Gelegenheit auswendig lernen mußte, nennt vermutlich die Gründungsheroen der ägyptischen Literatur. Es wäre schön, wir könnten jeden einer bestimmten Gattung oder einem literarischen Typus zuordnen, aber das ist derzeit nicht möglich. Neferti steht für die politische Prophezeiung, die mit seinem Namen verbunden ist, Chacheperresenb für die Gattung der Klage, Cheti vermutlich für die Berufssatire; Djedefhor und Ptahhotep dagegen haben beide Lebenslehren geschrieben, und von den übrigen drei wissen wir nichts Näheres ... die Acht sind unsterblich, weil sie Vorbilder gesetzt haben, die man immer noch imitiert. (Jan Assmann, Gibt es eine "Klassik" in der ägyptischen Literaturgeschichte? Ein Beitrag zur Geistesgeschichte der Ramessidenzeit, in: Wolfgang Röllig (Hrsg.), XXII. Deutscher Orientalistentag vom 21. bis 25. März 1983 in Tübingen. Ausgewählte Vorträge, Stuttgart, 1985, S. 35-52 [Zitat, S. 40])

Einen neuerlichen Versuch, die Gliederung zu verstehen, unternimmt Ursula Verhoeven, Von der "Loyalistischen Lehre" zur "Lehre des Kaïrsu", in: ZÄS, Bd. 136, S. 87-98 (2009) [der Artikel wurde bereits weiter oben erwähnt].

Zitat:
Stellt man die in den Werken dieser Personen teils selbst angegebene Lebenszeit des vorgeblichen Autors, die tatsächliche (bzw. derzeit angenommene) Datierung des Werkes und das Thema bzw. die Textsorte nebeneinander, ergibt sich folgende Übersicht, nach der meines Erachtens eher thematische Parallelen für die Kombination der Namen ausschlaggebend gewesen sein dürften: [siehe Anlage]
...
Es ergeben sich daraus (vorbehaltlich der unbekannten Schriften von Imhotep und Ptahemdjehuti) folgende Themen bzw. Problembereiche, die sich in den Werken der vier Autorenpaare gegenüberstehen:

Persönliche Lebensführung (Hordjedef)
versus
Königliche Amtsführung (Neferti und Cheti)

Gesellschaftliche Zustände (Chacheperreseneb)
versus
Gesellschaftliche Verpflichtung des Beamten (Ptahhotep und Kaïrsu).


Uns ging es eigentlich um Imhotep! Wir ersehen auch aus diesem Papyrus der Ramessidenzeit, daß er zu den hochgeachteten Weisen zählte, die mit ihren Lehren und Vorhersagen die altägyptischen Wertevorstellungen prägten - auch wenn wir nichts von seiner Lehre wissen!

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 26.06.2010 um 16:05:03


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?board=bc&action=display&num=1105357278&pnum=012605213225&start=5#5