Spalte 3 Bei dieser Passage handelt es sich um einen "Anruf an Lebende".
Zitat:Diese Anrufungen wenden sich an die "Lebenden auf der Erde", an "alle Menschen", die das Grab betreten, an ihm vorübergehen bzw. nach Norden und Westen ziehen. Ihr Thema ist die Bitte um ein Opfer, bestehend aus Bier, Brot, Rindern, Geflügel usw., oder um ein Gebet. (...) Der Grabherr verspricht zuweilen Dinge, die dem Besucher wünschenswert sind, etwa, daß dieser im Gefolge des Gottes sein werde, daß er selbst für ihn in der Nekropole eintreten würde, oder, daß er die Liebe des Königs und die Gunst des Gottes erfahren solle." (LÄ I, 293-299, Stichwort: "Anruf an Lebende") |
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Die "Lebenden auf der Erde"
anx.w tp.jw-tA (Wb. I, 201, 16) oder "alle Menschen"
rmT nb (Wb. II, 424, 13) könnte am Anfang der Spalte stehen, die weggebrochen ist; wahrscheinlich
rmT nb, weil die andere Formulierung viel länger ist.
Darauf folgt eine grammatische Form, die
sDm.tj=fj genannt wird (bei Edel, Altägyptische Grammatik heißt sie "Verbaladjektiv"). Das ist eine Art futurisches aktives Partizip (Gardiner, Egyptian Grammar, §§ 363-364; Edel, §§ 679-683). Die 3. Person Plural hat die Endung
.tj=sn, wobei das
j oft nicht geschrieben wird.
"o, alle Menschen, die das Grab betreten" heißt
j rmT nb aq.tj=sn oder "die an ihm vorübergehen"
swA.tj=sn.
Für "kommen" lautet die Form:
jw.t(j)=sn "die kommen werden"
Für den Anfang haben wir also m.E.:
[j rmT nb] jw.t(j)=sn r js(=j) pn "[o, alle Menschen], die ihr kommen werdet zu diesem meinem Grab"
Hatmehit hat vorgeschlagen, nach Wb I, 44
jw.t für
jw "kommen" zu lesen. Das ist eine Nebenform, die in einigen Fällen auch für das Altägyptische belegt ist (Edel, § 456). Aber aus dem erläuterten Kontext heraus plädiere ich für die
sDm.tj=fj-Form.
Die 1. Person Singular
=j habe ich bei
js=j "mein Grab" hinzugefügt, da es in den allermeisten Fällen in Texten des Alten Reiches nicht bezeichnet wird (Edel, § 160).
Es folgt nicht
n D.t "der Ewigkeit", denn für
D.t fehlt das abschließende
.t. Die beiden Zeichen
n und
D gehören bereits zum nächsten Wort
nDm "süß, angenehm sein" (Wb. II, 378; dort ist auch diese Schreibung angegeben; DZA 25.657.320).
nDm-jb=Tn m Wsjr nb qrs Dd=Tn "ihr freut euch über Osiris, dem Herrn des Begräbnisses - ihr sagt"
=Tn ist Suffixpronomen 2. Person Plural (nicht Singular!)
nb qrs "Herr des Begräbnisses" (Wb. V, 64, 5);
LGG III, 7611 "Herr der Beerdigung"
Wie sind nun diese beiden Satzteile zusammenzufügen?
Einmal könnte es ein Konditionalsatz (Bedingungssatz) sein, ohne Einleitung, wobei die Bedingung nach dem Hauptsatz steht (Edel, § 1034):
"ihr freut euch über Osiris, dem Herrn des Begräbnisses, (wenn) ihr sagt:"
Nach Edel sind nachgestellte Bedingungssätze in alter Zeit allerdings äußerst selten.
Eine andere Möglichkeit wäre der sog. Beteuerungssatz (Edel, § 1040). Edel gibt ein Beispiel: "so wahr euch mein Herr alltäglich belohnen möge, sollt ihr Brot, Bier und Wasser geben!" Das würde eigentlich gut passen:
"So wahr ihr euch über Osiris, dem Herrn des Begräbnisses, freuen möchtet, sollt ihr sagen:"
Vielleicht hat jemand noch einen anderen Vorschlag?
dj.t(j) t Hnq.t wab n jm.j-rA s.t xn.tj(w)-S pr-aA MTTj Spsw (Spsj) [...] "man gebe Brot und reines Bier dem Abteilungsleiter der Pächter (der Pyramidenanlage) des Palastes Metjetji, der Vornehme / Edle [...]"
.tj "man" - ist die altägyptische Schreibung für Mittelägyptisch
.tw "man" und wird oft nur mit
.t geschrieben (Edel, § 177). "Man" kann man auch als Passiv übersetzen: "Brot und reines Bier werde dem (...) Metjetji gegeben"
jm.j-rA s.t xn.tjw-S pr aA "Abteilungsleiter der Pächter des Palastes" Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 61 - sh. auch unter
xn.tj-S, S. 609; Jones, An Index of Ancient Egyptian Titles, Epithets and Phrases of the Old Kingdom, London, 2000, S. 241 (no. 882): "overseer of the department of the tenant-landholders of the Great House"; laut Jones ist dieser Titel häufiger belegt.
Spsw "der Vornehme, der Edle" Hannig, S. 815; Wb. IV, 449, 2-4. Was genau folgen könnte, ist unklar:
Spsw nsw "Edler des Königs" o.ä.