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Ägyptologie Forum >> Schrift & Sprache


1) Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Michael Tilgner am 10.11.2016 um 15:46:17 - Anhang: Ein_Koenig_und_eine_Goettin.pdf

Hallo, Leute,

kürzlich entdeckte ich auf einem Grabbeltisch für ein paar Euro die Visual Encyclopedia of Art: Ägyptische Kunst, Florence, 2009; 350 S., fast durchgehend in Farbe, fast DIN A4 Größe - ein Schnäppchen!

Beim Blättern stieß ich auf S. 234 (hier angehängt), eine Abbildung aus einem Grab. Bei näherem Hinsehen dachte ich: Da stimmt doch etwas nicht! Wer kann mir helfen? Es dreht sich um die Szene in der Mitte.

Vielleicht beteiligt sich auch jemand, der bisher die Diskussionen in diesem Unterforum nur mitgelesen hat.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


2) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Haiko Hoffmann am 10.11.2016 um 20:28:56

Das für's erste auf die Schnelle wegen Zeitmangels:

Versteckten Text anzeigen...
Die Texterklärung unten spricht von Haremhab gegenüber Isis stehend - aber zu sehen ist Hathor, was Darstellung wie auch die Hieroglyphe zeigen:



Übersetzung folgt später


> Antwort auf Beitrag vom: 10.11.2016 um 15:46:17


3) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Haiko Hoffmann am 11.11.2016 um 12:27:22

Hier mein Versuch:

Versteckten Text anzeigen...
1. oberhalb zu Haremhab:

Wsjr nswt Dsr-xprw-Ra-stp-n-Ra
sA Hr-m-HAb mrj-n-jmn
mAa xrw xr Wsjr nTr aA


Osiris-König Djeser-Chepru-Re-setep-en-Re*
Sohn der Sonne, Haremhab, geliebt von Amun,
gerechtfertigt vor Osiris, dem Großen Gott, ...

* wörtl. „Heilig sind die Erscheinungen des Ra, auserwählt von Ra”
----------------------------------------
2. Text weiter unten (wohl in Fortsetzung zu 1.):

HA=f mj Ra
... (der schützend) hinter ihm / um ihn (ist) wie Ra.

zu HA(M16): Wb III 8.11-15: u.a. hinter; schützend hinter jmdn. stehen (Wb III 8.15 enth. HA=f „…stelle dich hinter ihn…“), vgl. auch Hannig (1995) S. 502 linke Spalte; Wb III 9.15-16, 18: im Sinne von „um … herum legen“ (schützende Arme etc.) - s.a. hier Hannig S, 502, linke Spalte; Wb III 10.1 etwa im Sinne von „Schutz von hinten“; Ob Wb III 14.9 HAj im Zusammenhang mit „leuchten, scheinen“ zutrifft, wäre viell. auch denkbar (im Sinne von „(möge er) leuchten wie Ra“); Wb III 12.6-10 könnte vielleicht zu „O dass er doch sei wie Ra“ o.ä. führen. …
--------------------------------------
3. Einleitung zu Hathor:

Dd mdw jn Hwt-Hr Hrj-tp
WAs.t Hnw.t nTr.w
nb.w nb.t p.t


Worte zu sprechen durch Hathor, Oberste*
des Gaus (von) Theben, Gebieterin der Götter
all(er), Herrin des Himmels

* zu Hrj-tp: D2 und D1 vertauscht; obwohl Göttin, wurde masc. statt fem. gesetzt: gem. Wb III 140.21 „oft nur“ ohne fem. Endung .t
-------------------------------------------
4. Worte Hathors:

nTr dwA sp-4 jri n s nHH
m Aw.t-jb Hr awj nb-tAw.j

dj.n(=j) n=k xaa Ra m pt


den Gott viermal preisen*, geschaffen (geboren) für die Ewigkeit in Freude auf beiden Armen des Herrn der Beiden Länder;

Ich gebe dir das Erscheinen des Ra am Himmel.

* evtl. auch: Preise den Gott viermal, (der) geschaffen (geboren) ist ...(Imperativ scheint mir aber nicht gegeben zu sein)


> Antwort auf Beitrag vom: 10.11.2016 um 20:28:56


4) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Seschen am 13.11.2016 um 14:48:07

Hallo, alle!

Michael schrieb:
Zitat:
Da stimmt doch etwas nicht! ... Es dreht sich um die Szene in der Mitte.
Vielleicht beteiligt sich auch jemand, der bisher die Diskussionen in diesem Unterforum nur mitgelesen hat.

Ich vermute, Michael meinte diesen Ausschnitt (für die Nur-Mitleser hier eine Lesehilfe):



Die Hieroglyphen-Inschrift enthält (außer der Zeichenumstellung D1 <--> D2)  keinen Fehler, der Fehler steckt in der Bildbeschreibung des Autors!

1. über der Göttin:

Versteckten Text anzeigen...
Dd mdw jn @w.t-@r.w Hr.j(t)-tp wAs.t Hn.wt-nTr.w nb.w nb.t-p.t

Worte zu sprechen durch Hathor, der Obersten von Theben, Gebieterin aller Götter, Herrin des Himmels


In der Bildunterschrift steht: "... die Göttin Isis vor dem Pharao Haremhab..."

Die Fortsetzung, entsprechend Haikos Marathon, folgt...

Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 10.11.2016 um 15:46:17


5) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Michael Tilgner am 13.11.2016 um 15:38:33 - Anhang: Haremhab_und_Isis.pdf

Hallo, Seschen, hallo, Haiko,

ja, die Göttin ist Hathor und nicht Isis, wie es in der Bildunterschrift heißt!

Wie kommt es dazu? Im gleichen Grab gibt es auch eine Szene mit Haremhab und Isis, wobei Isis praktisch in gleicher Art wie Hathor dargestellt ist. Da hat der Herausgeber wohl etwas durcheinander gekriegt. Manchmal ist eben (Hieroglyphen) lesen können von Vorteil!

Auf der Abbildung mit der Isis lohnt es sich nur, die oberen Beischriften zu übersetzen, die unteren sind unvollständig.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 13.11.2016 um 14:48:07


6) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Seschen am 13.11.2016 um 18:24:06

(Fortsetzung)

2. vor der Göttin (unter dem linken Arm), die Worte gerichtet an den König:

Versteckten Text anzeigen...
dj.n(=j) n=k xaa(.w) Ra m p.t
Ich gebe dir das Erscheinen des Re am Himmel.


3. hinter der Göttin:

Versteckten Text anzeigen...
zA anx Dd wAs HA=s mj Ra
Schutz, Leben, Dauer (und) Glück sind um sie herum* wie (um) Re.

HA - (Präposition) "um ... herum" bzw. auch "hinter" zu übersetzten (Hannig S. 502).


Diese Schutzformel steht meist neben dem zu Schützenden! Die Beischrift (auch) zu Gottheiten ist im DZA belegt.

@Haiko:
HA=f mj Ra (hinter dem Bein des Königs) gehört meiner Meinung nach zu Horus (rechter Bildrand), schlussfolgernd aus weiteren Beispielen in Inschriften dieses Grabes.

4. über dem König, drei Spalten:

Versteckten Text anzeigen...
Wsjr nswt (Dsr-xpr.w-Ra stp-n-Ra)|
sA-Ra (@r.w-m-Hb mr.j-n-Jmn)|
mAa-xrw xr Wsjr nTr-aA


Osiris-König Djeser-cheperu-Re setep-en-Re
Sohn des Re Horemhab, geliebt von Amun
selig, bei* Osiris, dem Großen Gott


@Haiko:
* xr (Präposition) wird in solchen Beischriften üblicherweise mit "bei" übersetzt (zumindest weiß ich das so).

5. vor dem König (eine Spalte):

Versteckten Text anzeigen...
dwA-nTr zp-4 *
Anbeten(/Preisen) des Gottes, viermal;

jri n=s nHH m Aw.t-jb Hr a.wj nb-tA.wj
vollziehen für sie ewiglich, in Freude, mit (beiden) Armen des Herrn der Beiden Länder

* Das ist eine Ritualhandlung (viermaliger Lobpreis).


Ich sehe diesen Teil als Szenenüberschrift an (mit Verben in der Infinitivform).

Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 13.11.2016 um 15:38:33


7) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Haiko Hoffmann am 13.11.2016 um 20:35:13

zur Konstellation Haremhab-Isis hier mein Vorschlag:

Versteckten Text anzeigen...
zu Haremhab:

Wsjr nswt Dsr-xprw-Ra-stp-n-Ra
sA Ra Hr-m-HAb mrj-n-jmn
mAa xrw xr
Wsjr nTr aA nb Jmnt.t



Osiris-König Djeser-Chepru-Re-setep-en-Re
Sohn der Sonne, Haremhab, geliebt von Amun,
gerechtfertigt bei
Osiris, dem Großen Gott, dem Herr des Westens

Einleitung zu Isis:

Dd mdw jn As.t
wr.t Hnw.t tA.wj


Worte zu sprechen durch Isis
der Großen, Gebieterin der beiden Länder

Weiter unten vor Isis:

dj.n(=j) n=k nswy.t (nsy.t) Wn-nfr
Ich gebe dir das Königtum des Wennefer (d.h. Osiris)


hinter Haremhab:

zA anx Dd wAs
Schutz, Leben, Dauer (und) Glück

Hinter Isis:

HA(=s mj Ra)

ist/sind um sie herum (umgeben/umfassen sie) wie bei Ra


> Antwort auf Beitrag vom: 13.11.2016 um 15:38:33


8) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Seschen am 13.11.2016 um 21:47:31

Hallo, Haiko!

Zitat:
Dd mdw jn As.t
wr.t Hnw.t tA.wj


Worte zu sprechen durch Isis,
Große Gebieterin der beiden Länder

wr.t steht vor Hn.wt, kann also NICHT als Adjektiv das folgende Substantiv bestimmen!
wr.t ist ein Epitheton von Isis (und anderen Göttinnen). TLA gibt als Kurzreferenz "Wb 1, 330.1-61; LGG II, 478 ff" an!  

Die Übersetzung lautet:
Worte zu sprechen durch Isis die Große, Gebieterin der Beiden Länder

Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 13.11.2016 um 20:35:13


1: http://aaew.bbaw.de/wbimg/WB1/P0330.JPG


9) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Michael Tilgner am 13.11.2016 um 21:50:51

Hallo, Seschen, hallo, Haiko,

Versteckten Text anzeigen...
zur Inschrift der Göttin Hathor:

Die Umstellung der Zeichen bei Hr(.t)-tp ist ungewöhnlich; nicht so selten ist das Weglassen des .t. Bei WAs.t handelt es sich um den thebanischen Gau, wie es durch das Gauzeichen N24 als Determinativ angezeigt wird.

Die anderen Beischriften dürften durch die Diskussion klar sein - bis auf die Inschrift vor dem König.

dwA-nTr sp 4
"den Gott preisen, viermal" (Wb V, 427.20) mit ehrenvoller Voranstellung des Gotteszeichens

Aber was kommt dann?

Der Infinitiv von jrj lautet jr.t (Gardiner, Egyptian Grammar, § 299). Aber das .t kann in späterer Zeit auch mal wegfallen, so dass nicht unbedingt etwas bedeuten muss.

Wenn wir den ersten Teil

jr(.t) n=s nHH m Aw.t-jb ... übersetzen mit
"vollziehen für sie ewiglich, in Freude, ..."

so gibt es doch noch ein Problem: Gardiner, § 88, 1 schreibt:

Zitat:
Indications of time are often expressed by a noun used absolutely, i.e. without preposition. The normal position of such a noun is towards the end of the sentence, in the position occupied by adverbs. (...) Very common as adverbs are D.t 'eternally', lit. 'eternity', and ra nb 'every day'.

Ich meine daher, wir müssen nHH als Objekt auffassen. Dann hätten wir:

"Ewigkeit machen für sie in Freude ..."

Damit habe ich aber ein semantisches Problem: Soll der König für die Göttin die Ewigkeit "machen"? Es ist doch sonst umgekehrt, dass die Götter dem König ein ewiges Leben geben! Ich denke daher, dass der Satz anders verstanden werden muss, als ein sDm.n=f:

jrj.n=s nHH m Aw.t-jb ...
"sie schafft die Ewigkeit in Freude ..."

jrj nHH "die Ewigkeit schaffen (von Göttern)" (Wb II, 300.10)

Es folgt dann:

Hr-a.wj nb tA.wj

Die Präposition Hr-a.wj wird übersetzt mit "jemandem unterstellt, jemandem untergeben sein" (Wb I, 156.23). Das TLA verweist auch auf Edel, Altägyptische Grammatik, § 774, der noch die Übersetzung "(räumlich) vor" angibt. Beide Übersetzungen wollen nicht so recht passen. Nach dem ägyptischen Denkschema, zumindest, wie ich es bisher so kenne, müsste der "Herr der Beiden Länder", also der König, der Empfänger sein. Zunächst also noch einmal ziemlich wörtlich:

"..., unterstellt / untergeben dem Herrn der Beiden Länder" oder einfach "für ..."

Mein Vorschlag also:

"Sie schafft die Ewigkeit in Freude zuhanden des Herrn der Beiden Länder"

Kann man die beiden Teile zusammenfassen? Etwa so:

"Den Gott preisen, viermal, (damit) sie die Ewigkeit in Freude zuhanden des Herrn der Beiden Länder schafft"

Leider habe ich in Gardiner nichts gefunden, dass ein sDm.n=f in dieser Weise (als virtueller Finalsatz) verwendet werden könnte; es funktioniert nur für ein sDm=f (Gardiner, §§ 40,1; 219).

Vielleicht sollte man die Zeichen n und s einfach vertauschen? (Das n würde dann zu nHH gehören.) Dann hätte man die obige Übersetzung, ohne jede Schwierigkeit. Aber das geht vielleicht zu weit.


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 13.11.2016 um 20:35:13


10) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Haiko Hoffmann am 13.11.2016 um 22:46:54

Ich wollte Euch das nicht vorenthalten. Falls noch nicht bekannt, ich habe heute zufällig folgende Website im WWW entdeckt, nicht ganz fern von genau dieser Übersetzungsübung: http://www.ein-pharaonengrab-in-der-schule.de/

> Antwort auf Beitrag vom: 13.11.2016 um 21:50:51


11) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Haiko Hoffmann am 14.11.2016 um 08:04:53

Hallo Seschen!
Danke für die Hilfe. Habe diesen offensichtlichen Fehler bereinigt. Wieder etwas dazugelernt!

> Antwort auf Beitrag vom: 13.11.2016 um 21:47:31


12) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Michael Tilgner am 14.11.2016 um 08:43:52

Hallo, Haiko,

Du hast ja mehr übersetzt als auf dem Bild ist!

Versteckten Text anzeigen...
Der Eigenname wird eingeführt mit dem Titel sA Ra "Sohn des Re".

Der vollständige Name:

+sr-xpr.w-Ra stp.n Ra "Heilig sind die Erscheinungsformen des Re, auserwählt von Re" o.ä.
@r-m-HAb mrj.n Ra "Horus (ist) im Fest, geliebt von Amun" o.ä.

Hinter Haremhab ist noch zu ergänzen (nicht auf dem Bild): mj Ra

Die sog. Schutzformel hinter Isis ist unvollständig: Was ist um sie herum? Vielleicht muss man das Anch-Zeichen in ihrer Hand mitlesen?

anx HA=s mj Ra


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 14.11.2016 um 08:04:53


13) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Haiko Hoffmann am 14.11.2016 um 09:12:16

Zitat von Michael:

Zitat:
Die Präposition Hr-a.wj wird übersetzt mit "jemandem unterstellt, jemandem untergeben sein" (Wb I, 156.23). Das TLA verweist auch auf Edel, Altägyptische Grammatik, § 774, der noch die Übersetzung "(räumlich) vor" angibt.


Wb I 156.23 bzw. TLA (Lemma 851450) zeigen die Schreibungen
bzw. (nur Wb I 156.23; so anscheinend auch bei Hanning, Ausg. 1995 S. 121 Nr. 5c und 8b, allerdings ohne Hieroglyphen)
.
Ist das eine Dual-Schreibung wie mit
und ist das woanders bzw. in der Literatur auch so belegt wie in KV 57, d.h. wie abgebildet?
… Ich hatte das zwischenzeitlich auch gesehen aber wegen der andersartigen Schreibung wieder verworfen.

> Antwort auf Beitrag vom: 13.11.2016 um 21:50:51


14) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Haiko Hoffmann am 14.11.2016 um 09:32:45

Hallo Michael,
auf Dich ist Verlass! ...
Beim Namen hatte ich Ra schlicht vergessen zu schreiben oder versehentlich entfernt. Hab ihn wieder eingefügt. Dass ich mehr übersetzt habe liegt daran, dass ich versucht hatte, eine vollständige Abbildung der Szene zu finden. Liegt vielleicht daran, dass ich sowas immer irgendwie vollständig haben möchte. Irgendwann fand ich eine kleine und etwas unscharfe Abbildung im WWW, die man gerade noch so erkennen konnte. Da hatte ich sowohl Wennefer (mit nur einem n) als auch mj Ra ausmachen können, habe es allerdings noch nicht in meiner Version mittels Wegnahme der Klammern aktualisiert. Die Einbeziehung des anx könnte wohl stimmen. Bis dahin hielt ich es für möglich, dass dies eine Fortsetzung von zA anx Dd wAs sein könnte.

> Antwort auf Beitrag vom: 14.11.2016 um 08:43:52


15) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Michael Tilgner am 14.11.2016 um 09:34:58

Hallo, Seschen, hallo, Haiko,

Versteckten Text anzeigen...
noch einmal zu dem Satz:

dwA-nTr sp 4 jrj.n=s nHH m Aw.t-jb Hr-a.wj nb tA.wj
"den Gott preisen, viermal, (damit) sie die Ewigkeit in Freude zuhanden des Herrn der Beiden Länder schafft"

Dazu habe ich Karl Jansen-Winkeln, Spätmittelägyptische Grammatik der Texte der 3. Zwischenzeit, Wiesbaden, 1996 konsultiert. In dieser Zeit wurde nicht mehr das klassische Mittelägyptisch der Zeit etwa um 2000 v. Chr. gesprochen; die Sprache hatte sich erheblich weiterentwickelt. Die Schreiber mussten also diese Sprachstufe erlernen; so, als ob wir heute Texte in Mittelhochdeutsch verfassen müssten.

Jansen-Winkeln hat beobachtet (§§ 91-92):

Zitat:
Relativ häufig trifft man auf die Ersetzung von subjunktvischem jrj=f durch jrj.n=f in den Finalsatzerweiterungen der "Szenentitel". (...)

Diese "Verwechslungen" lassen sich folgendermaßen erklären: (...)

Generell ist aber für den häufigen Fall der Ersetzung von sDm.n=f durch sDm=f von Bedeutung, daß die erstere Form aus der gesprochenen Sprache dieser Zeit verschwunden ist (...) Ein weitergehender Ersatz des sDm.n=f durch sDm=f wird also einfach durch Einfluß der gesprochenen Sprache bedingt sein.

Der umgekehrte Fall ist ebenso möglich: Daß man nämlich das sDm.n=f dort - als "Hyperkorrektheit" - verwendet, wo es auch im Verbalsystem des klassischen Ägyptisch nicht hingehörte.

Beide Vertauschungen verraten also eine gewisse Unsicherheit in der Handhabung dieser Form. Sie sind übrigens auch sonst in der Spätzeit gang und gäbe.

Man geht sicher nicht fehl in der Annahme, dass diese Aussagen auch schon für Texte des Neuen Reichs gelten, da die Alltagssprache in dieser Zeit das Neuägyptische war.


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 14.11.2016 um 09:12:16


16) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Michael Tilgner am 14.11.2016 um 10:31:15 - Anhang: Haremhab_und_Hathor.pdf

Hallo,

um das Thema abzurunden, habe ich noch eine Szene aus dem Grab Haremhabs eingescannt.

Viel Spaß!

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 14.11.2016 um 09:34:58


17) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Haiko Hoffmann am 14.11.2016 um 16:06:44

Ich versuchs mal:

Versteckten Text anzeigen...
oberhalb zu Haremhab:

Wsjr nswt Dsr-xpr.w-Ra-stp-n-Ra
sA Ra Hr-m-HAb mrj-n-Jmn
mAa xrw xr Wsjr


Osiris-König Djeser-Chepru-Re-setep-en-Re
Sohn der Sonne, Haremhab, geliebt von Amun,
gerechtfertigt bei Osiris

vor Haremhab:

rdyt jrp n nb.t tA.wj jri.n=s mj Ra

Darbringen/Übergabe von Wein der (d.h. an die) Herrin der Beiden Länder: „Ich habe (es) getan für sie (an ihr) wie (für/gegenüber) Ra.“

hinter Haremhab:

sA anx Dd mj Ra
Schutz, Leben (und) Dauer (Beständigkeit) wie Ra

zu Hathor (oben):

Dd mdw jj(=j) wnn(=j) m sA=k
Dd mdw jn Hwt-Hr Hrj-tp
WAs.t nb.t p.t Hnw.t
nTr.w


Worte zu sprechen: „Ich komme*, (damit) ich dein Schutz sei.”
Worte zu sprechen** durch Hathor, Oberste
von Theben, Gebieterin
der Götter

* Hier bin ich mir nicht sicher, aber viell. könnte auch „Ich bin gekommen” möglich sein (Ockinga, S. 41, § 72) oder aber auch „Ich bin die, die kommt“ (Ockinga, S. 63, § 99/100)? Gem. Ockinga wäre das wohl jyj(=j) zu transkribieren.

** Habe die Wiedergabe trotz der Wiederholung belassen, da sie vor der Göttin steht, also gewissermaßen die eigentliche Einleitung darstellt. Die 1. Kolumne (Dd mdw jj(=j) wnn(=j) m sA=k) hätte als eigentliche (1.) Rede nach Name und Titulatur der Göttin auch am Schlusse stehen  können.
Aber vielleicht hängt das mit ästhetischen Gründen zusammen, denn ich habe schon wiederholt bei Inschriften mit mehrfachem Dd mdw ... gesehen, dass mitunter sogar gleich mehr als 2 Kolumnen mit dieser Einleitung eine gewisse Gestaltung ausmachte, sozusagen eine Reihung der Ästhetik, wo die textliche Reihenfolge viell. untergeordneter Natur war zugunsten des Gestalterischen.

vor Hathor:

dj.n(=j) n=k ns.t Wsjr Dt sp-2

„Ich habe dir den Thron des Osiris übergeben (für) ewig, (für) ewig.“*

* oder: „Ich habe dir den Thron des Osiris übergeben (für) ewig!“ (Hannig S. 691, 2 c. [wie ein Ausrufezeichen])

Hinter Hathor:

anx HA=s nb mj Ra
Leben umfasst sie allseits(allumfassend) wie Ra.*

* oder: Alles Leben sei um sie wie (bei) Re.


> Antwort auf Beitrag vom: 14.11.2016 um 10:31:15


18) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Michael Tilgner am 14.11.2016 um 21:11:03

Hallo, Haiko,

Versteckten Text anzeigen...
überprüfe noch einmal Deine Umschrift! An zwei Stellen sehe ich in der Umschrift mehr als in den Hieroglyphen (nicht das (=j)). Auch die Funktion des sDm.n=f solltest Du noch mal überdenken.


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 14.11.2016 um 16:06:44


19) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Haiko Hoffmann am 15.11.2016 um 08:35:45

Hallo Michael,
ich habe nochmal drübergeschaut und einiges verändert. Ich hoffe, jetzt halbwegs richtig zu liegen. Auch in der Reihenfolge habe ich etwas geändert.

> Antwort auf Beitrag vom: 14.11.2016 um 21:11:03


20) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Seschen am 16.11.2016 um 20:30:02

Hallo, hier mein Senf :

1. über Hathor:

Versteckten Text anzeigen...
Dd mdw jj(.n)(=j) wnn(=j) m zA=k
Dd mdw jn @w.t-@r.w Hr.j(t)-tp wAs.t nb.t-p.t Hn.wt-nTr.w


Worte zu sprechen: Ich bin gekommen, damit ich dein Schutz sei.
Worte zu sprechen durch Hathor, der Obersten von Theben, Herrin des Himmels, Gebieterin der Götter


2. vor Hathor:

Versteckten Text anzeigen...
dj.n(=j) n=k ns.t Wsjr D.t zp-2

Ich gebe dir (hiermit) den Thron des Osiris, ewiglich!


3. hinter Hathor:

Versteckten Text anzeigen...
anx* HA=s nb mj Ra

Alles (Leben) (sei) um sie herum wie (um) Re

* Anch-Zeichen in der Hand mitgelesen

4. über dem König:

Versteckten Text anzeigen...
Wsjr nswt (Dsr-xpr.w-Ra stp-n-Ra)|
sA-Ra (@r.w-m-Hb mr.j-n-Jmn)|
mAa-xrw xr Wsjr


Osiris-König Djeser-cheperu-Re setep-en-Re
Sohn des Re Horemhab, geliebt von Amun
selig, bei Osiris


5. vor dem König:

Versteckten Text anzeigen...
rdj.t jrp*  n nb.t-tA.wj jri.n=s mj Ra

Wein darreichen für die Herrin der Beiden Länder, (damit) sie (mich) macht wie Re  

*Szenentitel

6. hinter dem König:

Versteckten Text anzeigen...
zA anx D.t (Ha=f)* mj Ra

Schutz, Leben und Dauer (seien um ihn herum) wie (um) Re

* ergänzt aufgrund der geläufigen Schutzformel

Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 14.11.2016 um 10:31:15


21) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Michael Tilgner am 16.11.2016 um 21:44:03

Hallo, Seschen, hallo, Haiko,

was soll man ergänzen, was nicht?

Ergänzen: ein nicht geschriebenes =j oder .t

Was aber, wenn ein Schreiber ein sDm=f mit einem sDm.n=f (oder umgekehrt) verwechselt? Oder wenn ein oft verwendetes HA=f fehlt? Ich bin mir nicht sicher, ob man es ergänzen bzw. korrigieren sollte. Es gehört vielleicht besser in eine Anmerkung.

Versteckten Text anzeigen...
Vor dem König:

rdj.t jrp n nb.t tA.wj
"Wein geben (spenden) der Herrin der Beiden Länder"

rdj.t ist Infinitiv, welcher oft absolut verwendet wird in Szenentiteln

jr.n=s mj Ra
"(damit) sie (es) mache wie Re"

Im Deutschen brauchen wir bei "machen" ein Objekt; wir ergänzen "(es)". Im Ägyptischen ist es nicht notwendig; wir könnten es auch übersetzen als:

"(damit) sie handle wie Re"

Üblich ist hier ein sDm=f, das aber in späterer Zeit mit dem sDm.n=f verwechselt wird (siehe mein vorheriges Posting).


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 16.11.2016 um 20:30:02


22) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Haiko Hoffmann am 16.11.2016 um 22:25:42

Hallo Michael, hallo Seschen!
Danke für Eure Beiträge!

Lieber Michael! Wäre es möglich, einstweilen eine Aufgabe einzustellen?

Bis bald!

> Antwort auf Beitrag vom: 16.11.2016 um 21:44:03


23) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Michael Tilgner am 16.11.2016 um 22:34:50 - Anhang: Goetterszene_im_Grab_der_Nefertari.pdf

Hallo,

als ich in der Visual Encyclopedia of Art: Ägyptische Kunst, Florence, 2009 (siehe mein erstes Posting) weiterblätterte, da stieß ich auf die Seiten 236-237. Da stimmt doch was nicht! Findet Ihr es heraus?

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 16.11.2016 um 22:25:42


24) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Haiko Hoffmann am 17.11.2016 um 19:00:42

Heute schien der Wurm drin zu sein. Den ganzen lieben langen Tag ließ sich die Website nicht aufrufen. Erst abends klappt es endlich. ...

Hier nun mein Versuch:

Versteckten Text anzeigen...
1. Die Gottheit zwischen den anhand der auf dem Kopfe befindlichen Hieroglyphen erkennbaren Göttinnen Isis und Nephthys ist nicht Chnum, auch wenn die Gestaltung der Widderhörner ein wenig an ihn erinnern mag und der Buchautor mit einem Hauch der Wahrscheinlichkeit vielleicht „Chnum-Re“* im Auge gehabt haben könnte. Denn, neben der oben am Widderkopf befindlichen Sonnenscheibe (schon mal ein Hinweis auf Ra) ist gut erkennbar der Name des Gottes Ra vermerkt. In den beiden Texten links und rechts der mittleren Gottheit wird der Name Ra zusammen mit Osiris erneut und zweimal genannt, nicht aber Chnum, und die Farbe des Widderkopfes ist zudem auffällig grün, wie man es doch eher von Osiris kennt. Nach alledem kann es nur Ra sein. Danach und nach den beiden Texten unter 2. und 3. zu urteilen, sieht es so aus, als wenn Ra und Osiris hier gewissermaßen vereint erscheinen, ineinander bzw. miteinander eine Einheit bilden. Ich bin jedoch kein Theologe, so dass ich eine Exegese hier erst gar nicht versuche. Ich weiß nur eins: Alles, jedes Detail hat irgendeine Bedeutung. So könnte selbst der Sockel eine Bedeutung haben, auf dem Ra steht, der wie das Zeichen
anmutet (gar als Kürzel zu mAa-xrw ?) und zudem ja auch von der Bedeutung her „Podium“ oder „Sockel“ ist. Mancher Gegenstand (siehe z.B. in der Hand gehaltenes anx oder
in xpS bei Collier, S. 12) ist Teil von Texten.

* Hannig, Ausg. 1995, S. 1234

2. Der Text zwischen Isis und Ra lautet:

Ra pw Htp m Wsjr
Ra ist es, der in Osiris ruht.

3. Der Text zwischen Nephthys und Ra lautet, sicher als Fortsetzung des vorherigen oder umgekehrt:

Wsjr Htp m Ra
Osiris ruht in Ra.

Hinter Isis steht:

sA anx Dd wAs snb nb HA=s nb
Aller Schutz,alles Leben, alle Beständigkeit, alles Glück/Heil/Herrschaft (und) alle Gesundheit, alle sind / alles ist um sie (herum).


> Antwort auf Beitrag vom: 16.11.2016 um 22:34:50


25) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Seschen am 18.11.2016 um 22:43:35

Hallo!

Michael schrieb:
Zitat:
Da stimmt doch was nicht! Findet Ihr es heraus?

Ja... schon vor (fast) zehn Jahren1!

Dem möchte ich noch ein Zitat von Assmann hinzufügen:



Zur Symbolik:
- Über der ganzen Szene (links ist noch Nefertari dargestellt) ist die p.t-Hieroglyphe (= Himmel) zu sehen.
- Die Mumiengestalt steht auf einem mAa-Zeichen (wahr).
- Symbolisch vielleicht auch das Widdergehörn?
F107 kann  S23 in dmD - vereinigen - ersetzen.
- Und bA bedeutet sowohl Ba (Seele, Teil der Persönlichkeit) als auch Bock (in Widdergestalt).

Hannig S. 237:
Zitat:
bA dmD.w - vereinigter Ba (Vereinigung von Re und Osiris)
 

Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 16.11.2016 um 22:34:50


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?board=guan&action=display&num=1171917875


26) Re: Übersetzungsübung: Wo steckt der Fehler?
 Michael Tilgner am 21.11.2016 um 22:25:17

Hallo, Seschen, hallo, Haiko,

ja, vor fast zehn Jahren haben wir schon einmal in diesem Forum über diese Darstellung diskutiert. Ich dachte, da wäre schon Gras darüber gewachsen weit gefehlt! Damals wurde auch die Grammatik der Sätze besprochen; bei Bedarf bitte dort nachlesen.

Zur Bedeutung dieser Szene sei Jan Assmann noch einmal zitiert (Tod und Jenseits im Alten Ägypten, München, 2001, S. 251):

Zitat:
(…) Bild einer widderköpfigen Mumie (…) In dieser Mumie haben wir also die Gestalt des toten Sonnengottes zu erkennen, der nicht wie die anderen Toten zu Osiris wird, sondern "in Osiris ruht", das heißt sich nur vorübergehend mit Osiris vereinigt, um sich dann wieder von ihm zu trennen.

Ob der Widderkopf gelesen werden kann? Als bA dmD(.w)? Die Lesung des Gehörn F107 als dmD ist erst spät belegt (DZA 31.403.810).

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 18.11.2016 um 22:43:35