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Ägyptologie Forum >> Schrift & Sprache


1) Übersetzungsübung: Inschrift auf einem Obelisken
 Michael Tilgner am 06.12.2016 um 22:50:47 - Anhang: Inschrift_auf_einem_Obelisken.pdf

Hallo,

auf einem Obelisken findet sich diese Inschrift. Wie heißt der Pharao? Welcher Gott ist dargestellt bzw. erwähnt? Was steht da zwischen Pharao und Gott? Am Ende ist es vielleicht nicht ganz einfach. Was steht hinter dem Gott?

Viele Grüße,
Michael Tilgner


2) Re: Übersetzungsübung: Inschrift auf einem Obelisken
Andreas1960 am 07.12.2016 um 10:34:54

Bei dem Pharao dürfte es sich um Hatschepsut handeln.

> Antwort auf Beitrag vom: 06.12.2016 um 22:50:47


3) Re: Übersetzungsübung: Inschrift auf einem Obelisken
Andreas1960 am 07.12.2016 um 11:00:48 - Anhang: 2 Anhänge

Bei dem Gott denke ich ist es Amun bin kein Profi hoffe das ich mich nicht blamiere.

> Antwort auf Beitrag vom: 07.12.2016 um 10:34:54

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4) Re: Übersetzungsübung: Inschrift auf einem Obelisken
 Haiko Hoffmann am 07.12.2016 um 11:49:00

Genauer gesagt Amun-Re, Versteckten Text anzeigen...

vor dem Hatschepsut sitzt und mit dem Thronnamen Maat-Ka-Re (MAa.t-KA-Ra) genannt wird. Das müsste von einem Obelisken der Hatschepsut in Karnak stammen.


> Antwort auf Beitrag vom: 07.12.2016 um 11:00:48


5) Re: Übersetzungsübung: Inschrift auf einem Obelisken
 Michael Tilgner am 07.12.2016 um 12:03:45

Hallo, Andreas, hallo, Haiko,

es wäre gut, bei Eurer Identifizierung des Pharaos auch eine Begründung oder Erläuterung mitzuteilen. Das gleiche gilt für Übersetzungen, zumindest, wenn es sich um ein ungewöhnliches Wort oder eine schwierige grammatische Konstruktion handelt. Das erleichtert das Nachvollziehen und die Diskussion.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

PS So schnell "blamiert" man sich nicht, wenn man sich mit Hieroglyphen beschäftigt!

> Antwort auf Beitrag vom: 07.12.2016 um 11:49:00


6) Re: Übersetzungsübung: Inschrift auf einem Obelisken
 Haiko Hoffmann am 07.12.2016 um 12:17:09

Hallo Michael,
Versteckten Text anzeigen...
Dass es nur Hatschepsut sein kann, schließe ich aus ihrem Thronnamen inkl. Schreibung der Hieroglyphe der Göttin Maat (vgl. Beckerath, Handbuch der ägyptischen Königsnamen, 1999, S. 134-135 zu T1) und vor allem aus dem vor der Königskartusche stehenden Wort
sA.t, d.h. Tochter (des Ra).
Den Rest habe ich noch nicht geschafft, konnte ihn erstmal nur überfliegen.


> Antwort auf Beitrag vom: 07.12.2016 um 12:03:45


7) Re: Übersetzungsübung: Inschrift auf einem Obelisken
 Michael Tilgner am 07.12.2016 um 18:24:54

Hallo, Andreas, hallo, Heiko,

Versteckten Text anzeigen...
mit Hatschepsut und Amun-Re liegt Ihr schon mal richtig! Ja, und es ist auch ein Obelisk in Karnak!


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 07.12.2016 um 12:17:09


8) Re: Übersetzungsübung: Inschrift auf einem Obelisken
 Haiko Hoffmann am 08.12.2016 um 11:27:56

Hier mein Versuch einer Übersetzung:

Versteckten Text anzeigen...
Text zwischen Amun-Re und Hatschepsut:

Dd md.w jn Jmn-Ra nb pt dj.n(=j)
nswy.t tA.wj jA(w).t tm(.t) n sA.t (Ra)
MAat-KA-Ra mj mrr(.w) s:anx.tj


Worte zu sprechen durch Amun-Ra, dem Herrn des Himmels: „Ich gebe*
Königsherrschaft** der Beiden Länder*** (und) vollständige Königswürde der Tochter (des Ra),
Maat-Ka-Re, wie (es) gewünscht,**** möge sie am Leben erhalten werden!“

* viell. auch „welcher gibt“ möglich (dj.n), was aber hieße, da es keine Rede gibt, welche doch direkt zuvor angekündigt wird.
** od. Königtum
*** od. „über die Beiden Länder”, also Ober- und Unterägypten
**** hier ist mir nicht klar bzw. bin ich nicht gewiss, ob dies aktiv oder passiv ist, und vom Sinn her dachte ich zunächst an 3. pers. fem. Sing., nur dass da das t fehlte. 3. Person masc. Sing. mrr(.w) scheint mir wenig ratsam so zu übersetzen, da es irgendwie im Satz nicht passt, bzw. würde nur Sinn machen, wenn es keine Rede des Gottes wäre, sondern nur passive Formulierung wie: Worte zu sprechen durch Amun-Ra, dem Herrn des Himmels, welcher gibt Königsherrschaft der Beiden Länder (und) vollständige Königswürde der Tochter (des Ra), Maat-Ka-Re, wie er (es) wünscht (oder "wie es ihm beliebt"). "Möge sie am Leben erhalten werden!“.
Außerdem: mrr(.w) kann ja generell verschieden übersetzt werden: als Partizip aktivisch oder passivisch, d.h. "(der,) der liebt", "(der,) der geliebt wird", ja sogar pluralisch "(die,) die lieben". Letzteres kommt natürlich nicht infrage wegen des Kontextes.

Erläuterungen:

zu jAw.t: Wb I 29.9 Königswürde
zu tm: Hannig 932 vollständig sein; vollständig; All, Alles, Universum; Wb
zu mj mrr: – analog zu Hannig 345f. --› etwa „wie es (ihr) gefällt“
zu sanx.tj: Hanning 669 li. Sp. „[kaus.] … am Leben erhalten“… etc.). –
zuvor noch dies: anx.tj = sie lebt (Wb I 197.11) – m.E. „Pseudopartizip” zu 3. Pers. fem. (bzw. Stativ), d.h. „indem sie lebt” (Graefe Mitteläg. Gramm., S. 66f.); vgl. auch Hannig 145, li. Sp. ganz oben zu Nr. 8: anx.tj „du (sie) möge leben” --› demnach also „indem sie lebt“ oder auch „sie möge leben” – s vor anx.tj ist wohl Kausativ-Präfix (s. Ockinga, S. 33, § 61), folglich m.E. s:anx.tj „sie möge belebt werden” bzw. „indem sie belebt wird“ oder „möge sie am Leben erhalten werden“ (vermutl. eher 1. Variante mit „möge …” wegen der Zeremonialform der Szene) – vgl. Hanning S. 669 sanx = [kaus.] „am Leben erhalten“ etc. bzw. Wb IV 46-47 „leben lassen“, „am Leben erhalten“ etc. + Pseudopartizip-Endung (Stativ-Endung) .tj --› „er/sie möge am Leben erhalten werden“ – in diesem Falle 3. Pers. fem. Sing. – Da Kausativ-Präfix getrennt vom Stammwort gesetzt weden sollte, setze ich s:anx.tj, wobei viell. auch s-anx.tj möglich wäre. Ich habe dieses in drei Schreibweisen vorgefunden: s: (d.h. s:anx.tj), s- (d.h. s-anx.tj) und ohne Trennung (d.h. sanx.tj).

Text hinter Amun-Re (Schutzformel):

sA anx nb HA=f mj Ra

Aller Schutz (und) alles Leben um ihn herum wie (bei) Ra

Ob das große Symbol darüber (sieht irgendwie aus wie V49 od. V53 der erweiterten Liste) mitgelesen werden muss, weiß ich nicht, zumal ich dazu erstmal keine lautliche Entsprechung gefunden habe, daher auch lexikalisch kaum finden dürfte.


> Antwort auf Beitrag vom: 07.12.2016 um 18:24:54


9) Re: Übersetzungsübung: Inschrift auf einem Obelisken
 Michael Tilgner am 09.12.2016 um 00:46:31

Hallo, Haiko,

Versteckten Text anzeigen...
das ist schon eine ganze Menge, was Du herausbekommen hast! Man sieht es auch an den Erläuterungen, wie Du "gewühlt" hast! Der Text ist zwar kurz, hat aber seine Schwierigkeiten. Ich sehe ihn in etwa so:

Dd mdw jn Jmn-Ra nb p.t dj.n(=j)
"Worte zu sprechen durch Amun-Re, den Herrn des Himmels: Ich gebe ..."

Dieses dj.n(=j) n=k ist auf den Tempelwänden und in den Königsgräbern so häufig, dass es auch hier angesetzt werden muss, auch wenn der Gott die Königin nicht direkt anspricht, sondern über sie in der 3. Person spricht. Die 1. Person Singular wird oft, um nicht zu sagen regelmäßig nicht geschrieben.

nswy.t tA.wj jAw.t Jtm.w n sA.t(=j)
"das Königtum der Beiden Länder (und) das Amt des Atum meiner Tochter"

nswy.t tA.wj "Königsherrschaft über Ägypten" (Wb II, 333.19) (wörtl.: Königtum der Beiden Länder)
Jtm.w "Atum" (Wb I, 144.5) - siehe auch dort die Schreibung, in der die schwachen Konsonanten j und w weggefallen sind. Zum "Amt des Atum" siehe DZA 20.141.490 ff. im Zettelarchiv. Damit ist ebenfalls die Königsherrschaft in Ägypten gemeint.

Die 1. Person Singular in sA.t(=j) ist vom Sinn her zu ergänzen.

MAa.t-kA-Ra mj mrr(=j) s(j) anx.tj
"Maatkare, wie ich sie liebe, sie möge leben"

Der schwierigste Teil ist sicherlich mj mrr(=j) s(j). Die übliche Form ist die direkte Anrede
mj mrr(=j) Tw "wie ich dich liebe" (Wb II, 99.8)
Nehmen wir diese Stelle auseinander:
1. Die 1. Person Singular wird (oft) nicht geschrieben. Das hatten wir schon mehrfach.
2. Die Verdopplung des r zeigt an, dass es sich um ein sog. "imperfektisches sDm=f" handelt, das die Dauer oder Wiederholung einer Handlung anzeigt; eigentlich also: "wie ich (immer) zu lieben pflege" o.ä.
3. Tw ist abhängiges Personalpronomen 2. Person Singular maskulin, verwendet als Objekt (Wb V, 358.9)
4. Hier haben wir aber nicht die direkte Anrede, sondern eine Aussage über jemanden, also 3. Person Singular, und zwar feminin: sj (Wb IV, 28). Die übliche Schreibung ohne j (schwacher Konsonant) ist dort auch angegeben.
5. Belege mit folgendem anx.tj ab DZA 24.139.050 im Zettelarchiv. Hier ist die Doppeldeutigkeit der Endung .tj beim Pseudopartizip zu beachten: Zum einen steht sie für die 2. Person Singular (maskulin und feminin) wie auch für die 3. Person Singular feminin, d.h. anx.tj bedeutet sowohl "du mögest leben" wie auch "sie möge leben". Da der Gott über die Pharaonin spricht, ist letzteres anzunehmen. Zur Verwendung des Pseudopartizips der 2. und 3. Person für Wünsche und dergl. siehe z.B. Gardiner, Egyptian Grammar, § 313.

Das große Zeichen hinter Amun-Re ist ein Schutzsymbol und wird nicht gelesen.

Auf folgendes sollte noch hingewiesen werden: Der Gott zum Teil und sein Name Jmn wurden ausgehackt und nachträglich wieder eingemeißelt. Das sind Spuren der Amarna-Zeit unter Echnaton, der Aton zum alleinigen Gott erhob und alle Tempel schließen ließ. Er schickte Trupps durch das ganze Land und ließ vor allem den Namen "Amun" beseitigen; man sieht an unserer Inschrift, dass "Re" nicht weggemeißelt wurde. Nach Wiedereinsetzung der Götterkulte durch Tutanchamun (bzw. in seiner Regierungszeit; er selbst war ja noch Kind) wurden wiederum Trupps durch das Land geschickt, die die ausradierten Götternamen und -bilder wiederherzustellen hatten.


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 08.12.2016 um 11:27:56


10) Re: Übersetzungsübung: Inschrift auf einem Obelisken
 Haiko Hoffmann am 09.12.2016 um 08:44:34

Lieber Michael,
wie wahr ist doch das Sprichwort „Der Teufel steckt im Detail“ – sehr zutreffend für diese Übung. Bin offenbar zwar ziemlich dicht dran gewesen – und dennoch wiederum nicht. … Einmal mehr sehe ich meine Grenzen angesichts dessen, was ich weiß bzw. wissen kann. ... Zwar kenne ich Atum, aber ich habe ihn nicht berücksichtigt. Ich hoffe, er wird es mir verzeihen. ... Es wäre so einfach gewesen. Ich habe offenbar zu sehr um die Ecke gedacht. Auch was mrr(=j) betrifft oder das abhängige Personalpronomen s(j) angeht, indem ich zu sehr auf den Kausativ-Präfix s: fixiert war. Das wäre auch wesentlich einfacher gewesen. Es fehlt mir einfach noch viel an Text-Erfahrungen. Du kennst viele Texte, besonders gewisse Standard-Formulierungen inkl. Varianten. Meine Wenigkeit ist da längst nicht soweit. Auch was die Grammatik betrifft. Verbformen haben es in sich, zumal man immer wieder zu wählen hat zwischen gleichlautenden Formen, welche mitunter nur schwer für einen Laien zu unterscheiden sind. Bei Ockinga (Mittelägyptische Grundgrammatik) kann man auf S. 177 mal sehen, was es so alles an Formen gibt - bei ihm schonmal 38 verschiedene Konstruktionsformen (nur) für die 3. Pers. masc. Sing. mitsamt Mehrfachdeutungen - nun ja.* Eine gehörige Portion Glück gehört wohl dazu, den rechten Treffer zu landen. … Dies alles ist aber keine Klage, sondern nur eine Zustandsbeschreibeung. Dies hält mich natürlich nicht davon ab, Rätsel zu lösen. Und dies tue ich gerne. Bin schon gespannt auf die nächste Übung.

So danke ich Dir sehr für Deine Geduld und die Erklärungen, von denen ich hoffe, zunehmend profitieren zu können.

* Ich empfinde es zunehmend als Desiderat, dass es für die Verbformen keine wirklich zusammenfassenden Übersichten, keine Paradigmata gibt, wo man hieroglyphisch, umschriftlich und übersetzt nicht nur sDm vorfindet, sondern wenigstens die häufigsten Verben (von starken bis schwachen) und in einem Register zu den Verbklassen zugehörige weitere Verben aufgelistet findet, d.h. nicht nur in der 3. Person Sing.
Ich sehe immer wieder als Beispiel ein solches Konjugationslexikon für Arabisch vor meinen Augen, wo das alles wunderbar zusammengefasst wurde, und somit die Verbbildung im nicht unkomplizierten Arabisch effektiv nachschlagbar wird. Siehe z.B. hier1

Herzlichst
Haiko

> Antwort auf Beitrag vom: 09.12.2016 um 00:46:31


1: https://books.google.de/books?id=RrROszXa-jUC&printsec=frontcover#v=onepage&q&f=false


11) Re: Übersetzungsübung: Inschrift auf einem Obelisken
Andreas1960 am 09.12.2016 um 09:21:13

Hallo Michael

Nur eine kurze Frage um welches Buch handelt es sich wenn Ihr Wb II, 333.19 schreibt? Und welche Literatur sollte ich mir zulegen als Anfänger?

Gruß aus dem Münsterland

Andreas von dem Berge

> Antwort auf Beitrag vom: 09.12.2016 um 00:46:31


12) Re: Übersetzungsübung: Inschrift auf einem Obelisken
 Haiko Hoffmann am 09.12.2016 um 17:35:54

Hi,
mit Wb pp. Ist das große mehrbändige Wörterbuch von Erman/Grapow gemeint. Wb II 333.19 ist Wörterbuch band 2 Seite 333 Nr. 19 (bei den Übersetzungen u den Hieroglyphen sind pro Seite immer Nummer von 1 bis ... vermerkt.

Ich hoffe, dass Michael noch Literatur benennt, die nützlich ist.

> Antwort auf Beitrag vom: 09.12.2016 um 09:21:13


13) Re: Übersetzungsübung: Inschrift auf einem Obelisken
 Lutz am 09.12.2016 um 18:10:56

Adolf Erman / Hermann Grapow [Hrsg.] : Wörterbuch der Aegyptischen Sprache1. - Berlin : Akademie Verlag, 1950 - 1971. - I-V : Unverä. Nachdruck ; VI : Wörterverz. ; VII : Rücklfg. Wörterverz. ; Belegstellen I-V.

Das Digitalisierte Zettelarchiv und das Wörterbuch der ägyptischen Sprache2

Gruß, Lutz.

> Antwort auf Beitrag vom: 09.12.2016 um 09:21:13


1: http://www.egyptology.ru/lang.htm#Woerterbuch
2: http://aaew.bbaw.de/tla/servlet/S05?d=d007


14) Re: Übersetzungsübung: Inschrift auf einem Obelisken
 Michael Tilgner am 09.12.2016 um 22:42:45

Hallo, Andreas,

eine ähnliche Frage hatte ich vor kurzem schon mal im Thread Salz1 beantwortet.

Vor Jahren gab es mal in diesem Forum einen Hieroglyphenkurs2. Da sind einige grundlegende Themen behandelt worden. Auf dem Markt gibt es etliche elementare Einführungen in die Hieroglyphenschrift. Ich kann aber nichts dazu sagen, ob sie für ein Selbststudium wirklich geeignet sind. Ganz gute Kritiken hat Marc Collier, Bill Manley, Hieroglyphen entziffern - lesen - verstehen, Stuttgart, 20133 bekommen. Ob zu Recht, weiß ich aber nicht.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 09.12.2016 um 18:10:56


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?board=bum&action=display&num=1473849859&pnum=091416223119&start=3#3
2: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?board=guan&action=display&num=1155293482&start=0
3: http://www.reclam.de/detail/978-3-15-020274-6/Collier__Marc__Manley__Bill/Hieroglyphen


15) Re: Übersetzungsübung: Inschrift auf einem Obelisken
 Michael Tilgner am 10.12.2016 um 10:51:00

Hallo, Haiko,

wie in der Mathematik, gibt es auch für die Beschäftigung mit der Hieroglyphenschrift keinen Königsweg. Nur die regelmäßige Beschäftigung mit altägyptischen Texten und die Diskussion darüber mit anderen führen nach und nach zu einem besseren Verständnis. Aber auch nach vielen Jahren kann man die meisten Texte nicht "vom Blatt" lesen. Und die ägyptologische Fachliteratur zeigt, dass es in vielen Fällen nicht möglich ist, zu einem eindeutigen Ergebnis zu kommen. Aber davon sollte man sich nicht abschrecken lassen! Sich mit hieroglyphischen Texten zu beschäftigen, gibt einen einzigartigen Zugang zum Denken und zu den Auffassungen der Alten Ägypter - und darüber hinaus ist es das beste Gehirnjogging, das ich kenne!

Dass es keine hieroglyphischen Verbtabellen gibt, liegt sicher auch in der großen Variationsbreite der Schreibungen begründet, die diese sehr unhandlich machen würde. Ich kenne Paradigmentafeln nur von Elmar Edel, Altägyptische Grammatik, Bd. I-II, Rom, 1955-1964. Die meisten sind in Umschrift. Von einigen "bemerkenswerten" Verben gibt er auch hieroglyphische Schreibungen. Aber mit "Altägyptisch" ist genau genommen die Sprachstufe des Alten Reichs gemeint, die doch in etlichen Punkten von der klassischen Sprache, dem Mittelägyptischen, mit der wir uns hier beschäftigen, abweicht. Die meisten Grammatikautoren folgen Gardiner, Egyptian Grammar, der für jede Verbform eine Übersicht über die Schreibungen zusammengestellt hat, aufgeteilt nach Verbklassen. (Vielleicht haben das auch schon Autoren vor ihm so gemacht.)

Noch eine Ergänzung zur Wortstellung in dieser Inschrift.

Für den sDm=f- bzw. sDm.n=f-Satz gilt folgende Regel (Gardiner, § 27):

Prädikat - Subjekt - Objekt - Adverb bzw. adverbielle Bestimmung (Präposition + Substantiv)

Prädikat: dj.n "geben" bzw. "hat gegeben"
Subjekt: (=j) "ich" (nicht geschrieben)
Objekt: nswy.t und jAw.t "Königtum" und "Amt" - beide Objekte sind durch den direkten Genitiv nähe bestimmt
adverbielle Bestimmung: n sA.t(=j) "meiner Tochter" - mit der Präposition n wird der Dativ ausgedrückt (Gardiner, § 52) - der Name ist vielleicht als Apposition aufzufassen

Es folgen Nebensätze.

Folgende Besonderheit ist zu beachten:

Steht beim Dativ kein Substantiv, sondern ein Suffixpronomen, so verändert sich die Wortfolge in (Gardiner, § 66):

Prädikat - Subjekt - adverbielle Bestimmung - Objekt

Beispiele dieser Art hatten wir schon:

dj.n(=j) n=k anx snb nb ...

Prädikat: dj.n "geben" bzw. "hat gegeben"
Subjekt: (=j) "ich" (nicht geschrieben)
adverbielle Bestimmung: n=k "dir" (Dativ)
Objekt: anx und snb "Leben" und "Gesundheit"

Es gibt noch andere Gründe für Abweichungen von der Standard-Wortfolge, aber das soll im Moment genügen.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 09.12.2016 um 22:42:45