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Ägyptologie Forum >> Schrift & Sprache


1) Übersetzungsübung: KV 62 Südwand
 Michael Tilgner am 16.12.2016 um 08:44:15 - Anhang: KV62_Suedwand.pdf

Hallo,

soviel sei schon gesagt: Es handelt sich um eine Szene aus dem Grab des Tutanchamun. Die Götter zu identifizieren, dürfte nicht so schwer sein. Aber was steht in den Beischriften?

Viele Grüße,
Michael Tilgner


2) Re: Übersetzungsübung: KV 62 Südwand
 Seschen am 17.12.2016 um 17:38:38

Hallo!

Ich habe die auf der Ostwand links befindliche Szeneninschrift als neue Übung erwartet ...

Für die Neueinsteiger hier eine Lesehilfe, da nicht alle Zeichen auf dem Foto gut erkennbar sind:



Ergänzung:

steht für

und
für
.


Ich halte mich mal bei dieser Beischrift zurück.

Gruß, Seschen
 

> Antwort auf Beitrag vom: 16.12.2016 um 08:44:15


3) Re: Übersetzungsübung: KV 62 Südwand
 Michael Tilgner am 18.12.2016 um 15:19:02

Hallo, Seschen,

wieso Ostwand?

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 17.12.2016 um 17:38:38


4) Re: Übersetzungsübung: KV 62 Südwand
 Haiko Hoffmann am 18.12.2016 um 15:48:14

Ich vermute, dass Seschen den anderen Text meint, der bzgl. der vorherigen Übung zur Ostwand noch da wäre bzw. angenommen hatte, dass es damit weiter geht.

> Antwort auf Beitrag vom: 18.12.2016 um 15:19:02


5) Re: Übersetzungsübung: KV 62 Südwand
 Seschen am 18.12.2016 um 20:45:36

Hallo Michael, hallo Haiko!

Ja, was Haiko vermutet, ist richtig.
Ich nahm an, es folgt als Fortsetzung die Szene1 links von der Beischrift der letzten Übung.

Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 18.12.2016 um 15:19:02


1: https://assets.rbl.ms/5170289/980x.jpg


6) Re: Übersetzungsübung: KV 62 Südwand
 Haiko Hoffmann am 19.12.2016 um 07:33:35

Hier mein Versuch:

Versteckten Text anzeigen...
vor Hathor

Hwt-Hr nb.t p.t Hr-tp smj.t Jmnt.t

Hathor, Herrin des Himmels, die der Nekropole* vorsteht. **

* smj.t („Wüste“) + Jmnt.t („Westen“): zusammen „Nekropole”, siehe Wb III 444-445+ Wb I 86-87; Han 699+72. – lt. Wb III 445.11 aber evtl. auch „westliche Wüste“ (i.S.v. Nekropole). - Aa8 hier anscheinend anstelle von O34 – Hannig (S. 1101) od. Ockinga (S. 118) schreiben, dass Aa8 fälschlich u.a. O34 ersetzt neben V26 und N24 (Seschen benennt N25, das lt Hannig ebenf. Wüste bedeutet mit dem Lautwert smj.t);
nochmals zu Aa8: Allen (Middle Egyptian), S. 448, deutet zu Aa8 hinsichtl. O34 an, dass (nur) zu zmjt „desert” dieses anstelle von O34 gesetzt wurde. Insofern ist das „fälschlich” gem. Hannig/Ockinga speziell bzgl. O34 wohl auf die Schreiber von damals bezogen.
Letzteres sehe ich durch Gardiner S. 541 bestätigt [hieroglyphisches abweichend hier nur mdc-transkribiert bzw. kodiert in eckligen Klamern wiedergegeben]:

Zitat:
Possibly through some confusion with [z] O34 [Aa8:t:N25]18 is found in Dyn. XVIII hieroglyphic for [z:t-N25] smt ‘desert’, ’necropolis’, as a mediating var. [s-tm-Aa8:t*N21*Z1 N25]19 proves; for this reason the name of King ([Aa8:t*y])| 20 var. ([Aa8:t*y N25])| 21 var. Dyn. I [N25:N25:t] 22 is possibly to be read Zmty rather than xAśty,23 the writing ([N24-N24])| on the Table of Abydus and the Οὐσαϕαις of Manetho being probably due to mistaken interpretation of the hieratic. …

18 Especiually in the title of Hathor, Hrt-tp smt ‘chief over the desert’, ex. Cairo 588 compared with ib. 593; see Urk. iv. 1003, 5.
19 Rec. 28,169.
20 Eb. 103,2.
21 BUDGE p. 145; cf. the dual smty ‘the two deserts’, Urk. iv. 383, 15.
22 Unt. iii. 24; GAUTHIER, Livre des Rois, i. 6.
23 Sethe and Gunn, however, preferred xAśty, see Ann. 28, 155.


** od. die an der Spitze der Nekropole ist/steht

vor dem König

nTr-nfr Nb-xpr.w-Ra dj anx D.t nHH

Guter Gott, Nebcheperu-Ra, beschenkt mit Leben für immer und ewig.

vor Anubis

Jnpw xnt.(j)t Jmnt.t nTr-aA jmj-wt nb p.t

Anubis, Erster/Oberster/Vorderster des Westens (Chontamenti), Großer Gott, „der am Balsamierungsort befindlich ist“*, Herr des Himmels

* d.h. Anubis (Epith.): Hannig 48, re. Sp., Wb I 73.14; evtl. auch „der in (den/seinen Mumien-) Binden ist“(?) od. auch „Der der Verbindende ist“ - vgl. Wb I 380; LGG I 232


> Antwort auf Beitrag vom: 16.12.2016 um 08:44:15


7) Re: Übersetzungsübung: KV 62 Südwand
 Michael Tilgner am 21.12.2016 um 18:44:20

Hallo, Haiko,

Versteckten Text anzeigen...
die Götter sind richtig identifiziert und auch die meisten Beischriften!

Zum Titel der Hathor:

Hr.t-tp smy.t-jmn.tt
"Oberste der westlichen Wüste (Nekropole)"

Hrj.t-tp "Oberste" (Wb III, 140.21) - oft ohne .t geschrieben.

Zur Schreibung gibt es unterschiedliche Konventionen: Hannig z.B. transkribiert den Titel als Hr.t-tp; das Wb hat Hr.jt-tp; LGG V, 455 hingegen: Hry.t-tp. Woher kommen die unterschiedlichen Auffassungen?

Bei Hr.y handelt es sich um ein sog. Nisbe-Adjektiv. Aus einem Substantiv oder einer Präposition wird durch ein Anhängen von y ein Adjektiv. Dieses y wird geschrieben mit zwei Strichen Z4. Andere transkribieren dies nur durch j. Wie dem auch sei, dieses Nisbe-Adjektiv wird behandelt wie alle anderen Adjektive auch. Folgt es einem femininem Substantiv, wird ein .t angehängt. Der Plural wird durch ein .w oder .wt angezeigt. Es kann auch substantiviert verwendet werden. Nun kommt es aber (Gardiner, Egyptian Grammar, § 79):

Zitat:
(...) the formative -y is never written out in the feminines, and the semi-vowels y and w are also elswhere usually suppressed; for reasons of practical convenience, the less correct transliterations given in brackets are to be preferred as a rule.

Wer also Gardiners Ratschlag befolgt, schreibt die (weniger korrekte) Form Hr.t; wer nicht, schreibt (korrekt) Hry.t oder Hrj.t.

Gleich haben wir noch ein Beispiel, nämlich jmn.tj "westlich" (Wb I, 86.15). Das ist ein Nisbe-Adjektiv von jmn.t "Westen" (Wb I, 86.1). Das Wb hat nun smy.t-jmn.tt hier eingereiht. In korrekter Weise müssten wir schreiben: smy.t-jmn.t(y)t oder smy.t-jmn.t(j)t. Das feminine Nisbe-Adjektiv jmn.tt sieht nun genau so aus wie die im Neuen Reich üblich gewordene Schreibung des Substantivs jmn.tt "Westen" (Wb I, 87.1). Verwirrend?

Um das Durcheinander komplett zu machen, schauen wir uns den Titel von Anubis an:

xnt.j jmn.tjw "an der Spitze der Toten" (Wb III, 305.13) - wörtlich: "an der Spitze der Westlichen"; seit dem Mittleren Reich wird stattdessen jmn.tt geschrieben: "an der Spitze des Westens". Laut Wb sind diese beiden Begriffe als synonym aufzufassen (das hatten wir schon mal an anderer Stelle). Dieses xnt.j ist ein Nisbe-Adjektiv zur Präposition xnt (Wb III, 304). Das xnt.t, das wir hier in der Inschrift finden, ist nun die feminine Form dieses Adjektivs, obwohl Anubis ein männlicher Gott ist. Das kommt leider gelegentlich vor, siehe: DZA 27.927.020, wo ein ähnlicher Fall vermerkt ist.

Soviel zum Nisbe-Adjektiv!


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 19.12.2016 um 07:33:35