Beitrag: 1;2;3 oder 1-3 oder 1;2-7;8
 

Anhänge ausblenden | QR-Code einblenden

http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?board=guan&action=display&num=1482411234

Ägyptologie Forum >> Schrift & Sprache


1) Übersetzungsübung: Pharao und eine Göttin in KV 62
 Michael Tilgner am 22.12.2016 um 13:53:54 - Anhang: Pharao_und_eine_Goettin_in_KV_62.pdf

Hallo,

wer in diesen Tagen nicht ganz ausgelastet ist, kann sich an dieser Inschrift versuchen: Der Pharao steht vor einer Göttin. Was mag diese Szene uns sagen? Vielleicht helfen uns die hieroglyphischen Beischriften weiter!

Viele Grüße,
Michael Tilgner


2) Re: Übersetzungsübung: Pharao und eine Göttin in KV 62
 Haremhab am 23.12.2016 um 15:40:40

Ich kann den Text natürlich nicht übersetzen, mit Ausnahme des nj nj Zeichens und dass es sich um die Göttin Nut handelt.

Mir ist zur Darstellung des Tut-anch-Amuns etwas aufgefallen, eine Erklärung im Lexikon habe ich dazu nicht gefunden.

Tut trägt in der rechten Hand einen Stab, was insoweit vielleicht nicht wundert, als ja auch in seinem Grab hunderte Stäbe gefunden wurden. Auch das Anch-Zeichen in der linken Hand ist erklärlich.

Aber warum trägt er bei dem Zusammentreffen mit einer Göttin, die ihn willkommen heißt, eine Keule mit sich? Oder handelt es sich nicht um eine Keule.?
Schöne Weihnachten
Haremhab

> Antwort auf Beitrag vom: 22.12.2016 um 13:53:54


3) Re: Übersetzungsübung: Pharao und eine Göttin in KV 62
 Haiko Hoffmann am 23.12.2016 um 15:42:12

Hier mein Versuch:

Versteckten Text anzeigen...
Vor dem Pharao:

nb tA.wj Nb-xpr.w-Ra
dj anx
D.t nHH


Herr der Beiden Länder, Nebcheperure,
dem Leben gegeben sei
immerdar bis in Ewigkeit.

Vor der Göttin Nut:

Nw.t nb.t p.t Hn.wt nTr.w
jrj=s njnj n ms.n=s
dj=s snb anx
r-fnD=k anx.tj D.t

    oder:
r-Sr.t=k anx.tj D.t

Nut, Herrin des Himmels, Gebieterin der Götter,
sie entbietet den Nini-Gruß* dem (od. „für/an den“), den sie geboren hat,
sie gibt Gesundheit und Leben
an deine Nase(nlöcher)**, auf dass du ewiglich leben mögest***

* vgl. Hannig 392 re. Sp. unten („den Nini-Gruß entrichten“) od. Wb II 203.8-11 („die njnj-Begrüßung vollziehen“, indem ich „entbieten“ für einen Gruß als Verb als passender empfinde - Determinative zeigen in beiden Wörterbüchern ähnliche Körperhaltung wie Göttin Nut auf der Nordwand mit den (beiden) Zeichen für n in den Händen – soll wohl ebenfalls als njnj/nyny gelesen werden, was m.E. als Einziges Sinn macht) – statt njnj (Wb und Hanning) auch nyny. - viell. auch jrj(.y)=s, d.h. Subjunktiv (für schwache Verben wie jrj), d.h. „sie möge … entbieten“, vgl. u.a. Ockinga, Mitteläg. Grundgrammatik, S. 44, § 75, wobei die Szene wohl eher dem „tatsächlichen” Handlungsverlauf als den Wunsch entspricht, so dass ich „sie entbietet …” vorziehen möchte.

** Hannig S. 306: a. vor dir b. an deine Nase.
lt. Wb I 577 und Wb IV 523.9 kann fnD auch Sr.t gelesen werden, „seit D19 gern im Dual: Sr.tj“ (was nur im Sinne von Nasenlöchern Sinn macht, da 2 Nasen in einem Gesicht sicher nicht gemeint sind; Wb IV 523; die 3. Möglichkeit xn.t [vgl. Wb III 302f.] scheint nicht infrage zu kommen), was dann r-Sr.t(j)=k ergäbe; auf der Stele der Taimhotep (BM EA 147) gibt es m.E. eine ähnliche Lesung dieser 2. Variante: r Srtj=T („an deine Nasenlöcher“, hier 2. Pers. Sg. fem., dualis) - Maxim Panov, Die Stele der Taimhotep, in: Lingua Aegyptia Nr. 18 (Sonderdruck), Göttingen 2010, S. 174, 189 (hier Beischrift f2)

*** Hannig S. 145 (8) und Pseudopartizip/Stativ: anx.tj „du mögest/sie möge leben“ (vgl. Ockinga, Mitteläg. Grundgrammatik, S. 51, § 81)


> Antwort auf Beitrag vom: 22.12.2016 um 13:53:54


4) Re: Übersetzungsübung: Pharao und eine Göttin in KV 62
 Haiko Hoffmann am 23.12.2016 um 15:51:30

Meine Vermutung ist, dass es drei Insignien für Beständigkeit, Leben und Macht oder dergleichen sind. Letzteres wird wohl durch die HD-Keule (eine Königswaffe, auch als Abzeichen des Königs verstanden, s. Wb III S. 206.11) symbolisiert, ist er doch Herr über Leben und Tod seiner Untertanen und Feinde, sicher auch im Sinne der Königsideologie. Diese Keule wird als Zeremonienkeule verstanden, als Zeichen der Herrscherwürde. Laut Zahi Hawass wurde sie der Mumie oder dem Abbild des verstorbenen Königs im Verlaufe der Mundöffnung überreicht (Zahi Hawass/Sandro Vannini, Tutanchamun, das legendäre Grab des Pharao, Federking & Thaler, München 2008, S. 80).

Und da er v.a. die Keule nicht schwingt, wie beim Erschlagen der Feinde, sondern brav unten hält, wird dies keine nonverbale Drohgeste sondern eher eine devote Haltung sein.

> Antwort auf Beitrag vom: 23.12.2016 um 15:40:40


5) Re: Übersetzungsübung: Pharao und eine Göttin in KV 62
 Michael Tilgner am 23.12.2016 um 22:28:47

Hallo, Haiko,

Versteckten Text anzeigen...
irgend etwas fehlt noch.


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 23.12.2016 um 15:51:30


6) Re: Übersetzungsübung: Pharao und eine Göttin in KV 62
 Michael Tilgner am 24.12.2016 um 08:46:31

Hallo, Haiko,

Versteckten Text anzeigen...
da fehlt immer noch etwas.


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 23.12.2016 um 22:28:47


7) Re: Übersetzungsübung: Pharao und eine Göttin in KV 62
 Haiko Hoffmann am 24.12.2016 um 14:39:10

Danke für die Hilfe. Hab alles neben allerlei Aufgaben zu absolvieren und habt da doch glatt versehentlich eine Zeile unterschlagen. Ich hoffe, dass es jetzt halbwegs stimmig ist.

> Antwort auf Beitrag vom: 24.12.2016 um 08:46:31


8) Re: Übersetzungsübung: Pharao und eine Göttin in KV 62
 Michael Tilgner am 25.12.2016 um 22:33:55 - Anhang: Eje_Detail.jpg

Hallo, Haiko,

Versteckten Text anzeigen...
alles richtig!
Meiner Meinung ist D19    
   fnD zu lesen.

Laut DZA 30.193.310 wird Sr.t "Nase" bis Dyn. 18 immer so geschrieben:


Auch Gardiner schreibt in seiner Zeichenliste, dass D19 als Ideogramm nur fnD oder fnd zu lesen sei. Geht man die Belege für Wb IV, 523.13 "Leben an (r) die Nase [Sr.t] geben" durch, so findet man dort keinen Ideogrammgebrauch für D19.

Es sei noch auf folgendes hingewiesen:

Oft wird eine Szene mit einem Infinitiv betitelt: z.B. "Darreichen von Wein ...". Im Grab des Eje haben wir auch einen Nini-Gruß, der bezeichnet wird als jr.t njnj.

Hier haben wir nun etwas anderes: Die Szene wird zunächst in der dritten Person Singular beschrieben: "sie macht ..." bzw. "sie gibt ...", dann wechselt der Text in die direkte Anrede: "an deine Nase" - "du mögest leben ewiglich". Man hat den Eindruck, als ob hier ein (nicht genannter) Erzähler spricht.


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 24.12.2016 um 14:39:10


9) Re: Übersetzungsübung: Pharao und eine Göttin in KV 62
 Haiko Hoffmann am 25.12.2016 um 23:47:21

Die erwähnte Stele der Taimhotep (BM EA 147) ist aus der Spätzeit, also "etwas" später als unsere Grabkammer. Die Panov’sche Transkription r Srtj=T ist hier gesetzt für die Schreibung


Die Stele des Pascherenptah (BM 886), Ehemann der Taimhotep, kennt eine ähnliche Stelle mit dem Hauch an der Nase, diesmal unserem Text näher: r fnd=k, d.h. „an deine Nase“ (wobei ich nicht weiß, ob Panovs Transkription korrekt ist, da bei ihm nicht r fnD=k steht). Die hieroglyphische Schreibung ist hier ganz knapp
. Ist beides eine typisch spätägyptische Schreibung oder ist dies ein Rückgriff aus mittelägyptische Formulierungen oder gar älter?

> Antwort auf Beitrag vom: 25.12.2016 um 22:33:55


10) Re: Übersetzungsübung: Pharao und eine Göttin in KV 62
 Michael Tilgner am 26.12.2016 um 11:36:53

Lieber Haiko,

die Laute D und d werden schon im Mittelägyptischen kaum noch unterschieden; ähnliches gilt auch für T und t (z. B. Gardiner, Egyptian Grammar, § 19). "Geben" war ursprünglich rDj; im Mittelägyptischen ist es rdj zu transkribieren (Gardiner, § 289, 1). In seinem Wörterverzeichnis führt er für "Nase" an: fnd, "O. K. [Old Kingdom] fnD" (S. 566). Wb I, 577 zeigt für die Schreibungen im Mittleren und Neuen Reich nur noch ein d an. Die Umschrift r fnd=k "an deine Nase" entspricht also dem Lautbestand des Mittelägyptischen, während r fnD=k die ursprüngliche Aussprache im Alten Reich zugrunde legt. Das variiert nicht nur zwischen den Ägyptologen, sondern manchmal auch bei ein und demselben Ägyptologen!

Was nun die Inschriften der ptolemäischen Zeit anbetrifft, so weichen die Zeichen und Schreibungen derart ab, dass man fast von einem eigenständigen Schriftsystem sprechen möchte. Für die Inschriften dieser Zeit braucht man erhebliche Spezialkenntnisse. Es ist untunlich, sie zum Vergleich für Inschriften aus dem Mittleren oder Neuen Reich heranzuziehen, zumindest für uns.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 25.12.2016 um 23:47:21