Hallo, fangen wir mit der Inschrift in der Mitte an: Wie liest man diese Spalte? Alle Zeichen sind ziemlich symmetrisch - bis auf eins: Das ist die "Standardversion", wenn man von links nach rechts schreibt (wie in Europa). Die Götterfahne zeigt in unserer Inschrift aber nach rechts, was heißt, dass von rechts nach links gelesen werden muss. rx rn.w n.w nTr 4 "Zu kennen die Namen der vier Götter" | | W24 ist der sogenannte nw-Topf und wird daher nw gelesen. |
Damit wird der sog. "indirekte Genitiv" angegeben. Das Genitivwörtchen | | n verändert sich zu n.w, wenn das Bezugswort im Plural steht. | Das ist hier der Fall: rn.w "die Namen". Götter? Da steht doch nur ein Ideogramm! Und auch keine Pluralzeichen! Die vier Striche bezeichnen ja nur die Zahl 4. Gardiner, Egyptian Grammar, § 261: Zitat:
The numeral follows the noun, which as a general rule, exhibitis the singular form. |
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Auch im Deutschen kennen wir solche Ausdrücke, wenn wir z.B. von einer Schiffsbesatzung von "50 Mann" (nicht: Männer oder Leute) sprechen. Nur in der Übersetzung verwenden wir die übliche deutsche Sprechweise: "vier Götter". Nun heißt es bei Gardiner: Die Zahl folgt dem Nomen. Das sieht hier doch anders aus, wenn wir von rechts nach links lesen sollen. Eigentlich müssten die vier Striche unterhalb des Gotteszeichen stehen. Aber da ist kein Platz mehr! Also werden die Zeichen zusammengeschoben. Auch wird der Platz gut ausgenutzt (Angst der alten Ägypter vor der "leeren Fläche"). Wie geht es weiter? Gehen wir zunächst nach links: Da die Zeichen nach rechts schauen - wie die zugehörigen Götter! -, müssen wir die Spalten und auch innerhalb der Spalten von rechts nach links lesen. Daher kommt zunächst: _wA-mw.t=f Duamutef (wörtlich: der seine Mutter preist) Bei mw.t haben wir ein zusätzliches t; das ist eine "Lesehilfe" (phonetisches Komplement), das nicht extra gelesen wird. Zudem wurde es graphisch um-, d.h. vorangestellt, weil es sich optisch besser macht. Solche Umstellungen finden wir oft. Danach folgt: QbH-sn.w=f Kebehsenuef (wörtlich: der seine Brüder labt ("kühlt", "erfrischt")) Hier ist der Plural sn.w durch drei T22-Zeichen angegeben; es ist also nicht sn-sn-sn zu lesen! Das Gottesdeterminativ passte nicht mehr in die Spalte: Kein Problem. Dann geht es eben in der nächsten Spalte weiter! Nun gehen wir von der Mitte nach rechts. Hier schauen die Zeichen - wie die zugehörigen Götter - nach links, d.h. wir müssen von links nach rechts lesen! Der erste Gott ist: (J)ms.tj Amset Wo kommt das j am Anfang her? Hierzu gab es schon mal in diesem Forum eine Diskussion1. Schließlich haben wir noch: @py Hapi Hier ist das p als "Lesehilfe" zu Aa5 Hp graphisch "optimiert" und damit die ganze Zeichengruppe in eine gefällige kompakte Form gebracht worden. Der Name einer Person oder eines Gottes ist nach ägyptischer Vorstellung nicht nur ein "Etikett". Man kann schon am Namen erkennen, was die Namensträger ihrem Wesen nach bedeuten. Zugleich ist er Ansatzpunkt für mythische Praktiken, im Guten wie im Bösen. Daher ist das "Kennen der Namen" so wichtig, dass es der Pharao Eje an seinem Grabeingang anbringen ließ! Viele Grüße, Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 08.01.2017 um 11:21:25
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