Hallo, da sich keiner so richtig traut, mache ich mal selbst den Anfang. Spalte 1 Das ist die Spalte ganz links in der Abbildung. ary.t sn.nw.t "Zweites Tor." ary.t In Wb I, 209 ist vermerkt: "jüngere Schreibung für arw.t 'Tor', siehe dort". Dieses Wort findet man im Wb I, 210.16 "Tor ... im Totenreich". Dort ist auch die hier verwendete Schreibung erwähnt, die ab dem Mittleren Reich belegt ist (hochgestelltes m am Anfang des Wortes). Eine andere Schreibung ist arrw.t (Wb I, 211.12). sn.nw "der Zweite" (Wb IV, 149), feminin sn.nw.t "die Zweite". Wenn es mit dem gezählten Wort verwendet wird, wird es zumeist nachgestellt (Wb IV, 149.16). Die feminine Variante ist erforderlich, da ary.t feminin ist. Wie man anhand des folgenden sieht, ist diese Formulierung kein ganzer Satz, sondern eine Art Überschrift. Insgesamt werden in den Totenbuchsprüchen 144 und 147 sieben Tore erwähnt. Dies ist also das zweite Tor. rn n jrj-aA=s "Der Name seines Türhüters (ist) ..." jrj-aA "Pförtner" (Wb I, 104.3); das Wb verweist auf aA. Dort ist dieses Wort auch aufgeführt als "Türhüter,Pförtner" (Wb I, 164.17). Das Wort setzt sich zusammen aus jrj, eine Nisbe-Bildung zur Präposition r und bedeutet "zugehörig zu, befindlich an"; im substantivischen Gebrauch "Hüter" o.ä. (Wb. I, 103). Das Determinativ ist A48. aA "Tür, Türflügel" (Wb I, 164). Bei dem Zeichen handelt es sich um O31. Das feminine Suffixpronomen =s bezieht sich auf das feminine ary.t "Tor". Wir kommen nun zum Namen, der etwas problematisch ist: Wn-HA.t=sn Hans Goedicke übersetzt diesen Namen mit: "Opener of their front" (Gertrud Thausing, Hans Goedicke, Nofretari. Eine Dokumentation der Wandgemälde ihres Grabes, Graz, 1971, S.49). Das lässt sich so erklären: wn "öffnen" (Wb I, 311) (Determinativ wie bei Tür O31). HA.t "Vorderteil" (Wb III, 19-22). =sn ist Suffixpronomen 3. Person Plural. Das Problem ist nun, dass ein solches Wesen anderweitig nicht belegt ist. Man findet dazu weder im Wb, noch im LGG einen Eintrag. Stattdessen wird in Paralleltexten ein _wn-HA.t genannt. Diesen Namen kann man so herleiten: dwn "(Körperteile) ausstrecken", u.a. "das Gesicht vorstrecken gegen jemanden = aufpassen auf ihn o.ä." (Wb V, 431.12). HA.t hat als Körperteil auch die spezifische Bedeutung "Antlitz, Stirn" (Wb III, 19). So ist dwn-HA.t als "Name eines Wächters am Tor der Unterwelt" im Wb V, 432.17 aufgeführt, etwa "der die Stirn / das Gesicht vorstreckt" Wie ist das nun mit dieser Stelle in Übereinstimmung zu bringen? Dazu müsste man das anfängliche wn zu (d)wn ergänzen und das Suffixpronomen =sn ignorieren. Zuviel des Guten? Zumindest das LGG hat genau das auch so gesehen (LGG VII, 526): Unsere Schreibung wurde _wn-HA.t zugeschlagen, mit der Bemerkung "sic" (so). Der Beleg [7] ist unsere Stelle. Das scheint mir auch die einfachste Erklärung zu sein. Das Ganze ist der sog. nominale Nominalsatz. Dieses Wortungetüm bedeutet, dass es in diesem Satz kein Verb gibt und dass das Prädikat ebenfalls ein Nomen ist: "Name (ist) NAME". Das Subjekt ist "Name" erweitert mit einem indirekten Genitiv, insgesamt also rn n jrj-aA=s; das Prädikat ist der Name _wn-HA.t. Die im Deutschen erforderliche Kopula "ist" ist in Klammern beigefügt, da sie im ägyptischen Text nicht auftaucht. Wb steht für das Wörterbuch "Ägyptisch-Deutsch", das im Thesaurus LInguae Aegyptiae1 einsehbar ist. Anmeldung erforderlich, z.B. auch mit User = Gast, Passwort = Gast; Häkchen nicht vergessen! LGG ist das "Lexikon der ägyptischer Götter und Götterbezeichnungen" in 8 Bänden. Leider sind nur kleinere Ausschnitte im Internet einsehbar, die genannte Stelle nicht (mehr). Vielleicht versucht sich jemand an der zweiten Spalte? Viele Grüße, Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 02.06.2019 um 15:35:15
|