Zur Herkunft von Abb. 8 äußert sich Max Pieper in seinem Das Brettspiel der alten Ägypter, Berlin, 1909, S. 6: Zitat:
Nun haben wir aber noch ziemlich umfangreiche Zeugnisse über das Brettspiel. Das Kairiner Museum besitz einen ca. 2 m langen Papyrus, der eine Beschreibung einer Spielpartie enthält. Den gleichen Text finden wir auf einem Turiner Papyrus, und dieser zweite enthält zugleich zwei Pläne des Spiels, beide leider nur z.T. erhalten. Doch ist es möglich, fast alle Felder zu benennen. Siehe Abb. 8. Eine dritte Kopie des Textes, die den Anfang enthält, findet sich in einem äg. Grabe. |
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Ziemlich vage: 2 Papyri und eine Grabinschrift! Sonst keine genauen Angaben. Max Pieper kommt etliche Jahre später auf den Papyrus Kairo zurück in einem Artikel "Ein Text über das ägyptische Brettspiel", in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde, Bd. 66, S. 16-33 (1931). Auch hier gibt er die drei Quellen an, ohne sie genau zu identifizieren. Über den Turiner Papyrus schreibt er: Zitat:
Unter den Papyri ... befand sich auch unser Brettspieltext, in Hieroglyphen geschrieben, leider unvollständig, was um so mehr zu bedauern ist, als auf der anderen Seite des Papyrus sich ein Plan des Spielbretts mit Bezeichnung der einzelnen Felder befindet, wodurch der ganze Text eigentlich erst verständlich wird. Durch die bezeichneten Lücken ist eine vollständige Rekonstruktion des Spieles ausgeschlossen. Soweit es möglich war, habe ich eine Rekonstruktion des Planes in meiner Programmabhandlung "Das Brettspiel der alten Ägypter", Berlin 1909, S. 10. Abb. 8 gegeben. |
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Damit haben wir die Quelle der Abb. 8 - fast - gefunden. Pieper gibt eine Publikation mit der Veröffentlichung des Papyrus an, nämlich: Gustav Seyffarth, Beitraege zur Kenntniss der Literatur, Kunst, Mythologie und Geschichte des alten Aegypten, Fünftes Heft, Leipzig, 1933, Taf. III1. Wie man sieht, hat Pieper Seyffarths Zeichnung mehr oder minder genau übernommen. Wenn man mit diesen Informationen weiterforscht, findet man heraus, dass es sich um den Papyrus Turin 1775 handelt. Das Turiner Museo Egizio hat zwar inzwischen eine spezielle Webseite mit vielen seiner Papyri - dieser ist leider nicht darunter. Ein Foto findet man aber in: Anna Maria Donadoni Roveri (Hrsg.), Das Alte Ägypten. Das Alltagsleben, Mailand, 1987, S. 266 (siehe Anhang). Der Papyrus Kairo hat die Inventar-Nr. JE 58037, und die Grabinschrift stammt aus TT 359, dem Grab des Inherchau in Deir el-Medineh. Soweit ich sehe, hat sich zuletzt Peter A. Piccione mit dem Turiner Papyrus beschäftigt, in einem Beitrag "The Egyptian Game of Senet and the Migration of the Soul", in: I. Finkel (Hrsg.), Board Games in Perspective: Proceedings of the Colloquium on Board Games of the Ancient World, London, 2007, S. 54-632. (Diesen Artikel kann man auch herunterladen, wenn man sich bei academia.edu registriert, z.B. als "independent researcher"; wer sich nicht anmelden will, kann ihn zumindest auf der Webseite lesen.) Auf S. 62 ist die moderne Rekonstruktion der Senet-Spielbretter wiedergegeben, die weitaus weniger komplett aussieht als die von Pieper (oder die von Roeder). Der zugehörige Text wird in die 20. Dyn. datiert und ist damit mehr als 1000 Jahre jünger als die Brettspielszenen aus dem Alten Reich. Da kann sich auch das Verständnis der Alten Ägypter von diesem Spiel geändert haben. Eine Übersetzung des Papyrus Kairo JE 58037 findet man in Günther Roeder, Der Ausklang der ägyptischen Religion mit Reformation, Zauberei und Jenseitsglauben, Zürich / Stuttgart, 1961, S. 251-261 (siehe Anhang). Das ist vielleicht nicht der neueste Stand bei der Übersetzung dieses schwierigen Textes, gibt aber doch einen ungefähren Eindruck von dem Spiel und seiner Bedeutung. Viele Grüße, Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 22.02.2023 um 16:30:34
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