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Thema: Revision der Chronologie Ägyptens |
emander Gast
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Revision der Chronologie Ägyptens |
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« Datum: 17.03.2005 um 19:55:54 » |
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Hallo Zusammen Ich lese grade ein Buch von David Rohl, in dem es zum großen Teil um die Notwendigkeit einer Revidierung der tradtionellen Chronologie Ägyptens geht. Der Autor belegt anhand einiger Funde recht stichhaltig, dass die 3.Zwischenzeit zu lang angesetzt ist. Es würde mich interessieren, ob das aktuell ein Thema in der Welt der Ägyptologie darstellt. Was meint ihr dazu? Gruß Daniel
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Udimu Member
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Re: Revision der Chronologie Ägyptens |
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« Antwort #3, Datum: 17.03.2005 um 21:38:52 » |
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Zitat:
@Udimu: Dann scheintst du ja schlauer zu sein als viele Experten |
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ja bin ich auch nein im Ernst, ich kenne jetzt keine ernsthafteren Diskussionen zu dem Thema; so weit ich weiss erwähnt der Oberguru in Sachen Chronologie (von Beckerath) dieses Thema nicht einmal (wenn ich mich irre, bitte ich um Berichtigung!). Nur einen weiteren netten Beleg für die 'alte' Chronologie sei hier genannt. Maentho schreibt zum letzten Herrscher der 19. Dynastie: 'Thuoris, der bei Homer Polybus genannt wird, Gemahl der Alecandra und in dessen Zeit Troja erobert wurde, regierte sieben Jahre.' Mal davon abgesehen, dass Manetho die Herrscherin Tawesret, die hier wohl gemeint ist, als Mann bezeichnet, so scheinen doch hier die altgriechische Chronologie (von den Griechen berechnet), die die Tojaeroberung auf 1183 v. Chr. ansetzt und die modern ägyptologische (danach regierte Tawesret um 1200 v. Chr.) sehr gut zusammen zu passen. Gruss Udimu
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umi Gast
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Re: Revision der Chronologie Ägyptens |
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« Antwort #5, Datum: 18.03.2005 um 08:22:24 » |
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Hallo Leute, man darf nicht vergessen, daß Rohl versucht zu klären, ob die 21.Dyn und die 22. Dyn nicht hintereinander sondern teilweise parallel verliefen. Dies würde dann, wenn es stimmen sollte, eine Verkürzung der 3. Zw.Zeit bedeuten. Aber kaum ein namhafter Ägyptologe scheint auf diese Diskussion einzugehen....... Gruß Umi
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heka-waset Member
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Re: Revision der Chronologie Ägyptens |
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« Antwort #7, Datum: 18.03.2005 um 13:28:58 » |
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Na also das Wissenschaftler auf Grund einer neuen, schlüssigen Theorie ratlos sind, das halte ich ja für sehr unwahrscheinlich "Gegentheorien" gibt es aber doch haufenweise lieber emander, eben die gängige Chronologie des Alten Ägypten Lies mal von Beckerath
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emander Gast - Themenstarter
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Re: Revision der Chronologie Ägyptens |
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« Antwort #8, Datum: 18.03.2005 um 14:43:38 » |
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Servus, Zitat:
Na also das Wissenschaftler auf Grund einer neuen, schlüssigen Theorie ratlos sind, das halte ich ja für sehr unwahrscheinlich |
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Da habe ich mich wohl missverständlich ausgedrückt. Rohl weist auf einige Unstimmigkeiten in der trad. Chronologie hin, besonders bezogen auf die 3.ZZ. Dies könnte zu Ratlosigkeit führen, da diese im Widerspruch zur trad. Chronologie stehen. Wären diese "Indizien" nicht stichhaltig würden sie nicht zu Ratlosigkeit, sondern lediglich zu einem Kopfschütteln führen. Hierzu ein kleines Zitat aus: http://www.wort-und-wissen.de/index2.php?artikel=si-arc-bibarch_l Zitat:
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die eingangs wiedergegebene vernichtende Kritik an der revidierten Chronologie nicht berechtigt ist. Hinsichtlich aller oben erwähnten chronologischen Angelpunkte existieren glaubhafte Kritiken bzw. alternative Lösungen, wobei in Rechnung zu stellen ist, dass die Diskussion noch nicht beendet, und in einigen Fällen, wie der assyrischen Chronologie gerade erst begonnen wurde. Das beleuchtet ein Defizit des vorliegenden Bandes, der nur eine Momentanaufnahme der Diskussion um die revidierte Chronologie wiedergeben kann. Für den Leser, der wissen möchte, wie es denn nun wirklich war, ist das sicherlich nicht sehr befriedigend. Umso wichtiger ist es, noch einmal zu betonen, das die revidierte Chronologie wie auch die etablierte ein Modell ist, dass anstelle einer letzten Gewissheit für sich nie mehr wird beanspruchen können, als ein bestimmtes Maß an Wahrscheinlichkeit, dass die Ereignisse so und nicht anders gewesen sind. Lassen wir deshalb zum Abschluss noch einmal David ROHL zu Wort kommen: "An dieser Stelle wird deutlich, dass die revidierte Chronologie noch in einem frühen Entwicklungsstadium ist. Viel Entwicklungsarbeit wird noch nötig sein, um ein umfassendes, zufriedenstellendes Modell zu entwickeln." (Abschnitt B1) |
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Vielleicht muß ich mich damit zufriedengeben...vorläufig. Gruß Daniel
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umi Gast
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Re: Revision der Chronologie Ägyptens |
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« Antwort #9, Datum: 18.03.2005 um 16:00:56 » |
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Hallo an slle , die sich für Chronologie interessieren, möchte ich auf "The Ancient Near Eastern Chronology Forum" verweisen.Ist zwar in engl. Sprache, beschäftigt sich aber viel mit Ägypten und der 3.Zw.Zeit ...hier der link : http://disc.server.com/Indices/177754.html Gruß Umi
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semataui Member
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Re: Revision der Chronologie Ägyptens |
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« Antwort #10, Datum: 18.03.2005 um 16:01:29 » |
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Hi, "der erste Versuch einer ägyptischen Chronologie in der Neuzeit stammt aus dem Jahre 1904 bzw. 1907 von Eduard Meyer; eine spätere von R. Weill von 1928 und die letzte umfassende Chronologie von Ludwig Borchardt von 1935. Erst Jürgen von Beckerath hat 1997 mit den MÄS 46 (Münchener Ägyptologische Studien, Band 46) eine Überarbeitung dieser Chronologie vorgenommen, die in internationalen Fachkreisen heute das Standardwerk ist. In einzelnen Epochen gibt es natürlich auch abweichende Daten durch jüngste Forschung oder andere Auslegung der wissenschaftlichen Belege. Ein garantiertes, festes Gerüst gibt es durch fortschreitende Erkenntnisse eben nicht." (aus Wikipedia) Jürgen von Beckerath ist jetzt 85 Jahre alt. Er wird sicher nicht mehr persönlich auf auf Rohl´s Theorien eingehen, und wie man obigen Daten entnehmen kann beschränken sich andere meist auf Revisionen einzelner Bereiche (Hat Snofru 24, 35 oder gar 48 Jahre regiert? Wer schreibt auf Grund der Funde in Dra Abu el-Naga die 17. Dynastie neu? Oder, Udimu, ist die ganze 2. ZZ nicht zu kurz angesetzt?). Hier einige Ergebnisse nach Radiocarbonmethode (aus v. Beckerath, Chronologie: - Objekt / Datierung nach C 14 / gültige allgemeine Chronologie
- Saqqara, Grab 3357, Schilf, Zeit des Aha 3035/2905 v. Chr. um 3000 v. Chr.
- Saqqara, Grab 3518, Schilf, Zeit des Djoser 2676/2556 v. Chr. um 2680 v. Chr.
- Saqqara, Teti-Pyramide, Holz 2343/2113 v. Chr. um 2340 v. Chr.
- Theben, Mentuhotep II.-Tempel, Holz 1936/1755 v. Chr. um 2000 v. Chr.
- Illahun, Pyramidenbezirk Sesostris II., Schilf 2027/1897 v. Chr. um 1877 v. Chr.
- Theben, Grab des Roma, 19. Dyn., Holz 1305/1135 v. Chr. um 1200 v. Chr.
- Theben, Grab des Montemhat, 26. Dyn., Schilf 640/460 v. Chr. um 660 v. Chr.
- Karnak, aus Mauer des Nektanebos, 30. Dyn., Schilf 510/350 v. Chr. 380 - 362 v. Chr.
Danach liegt die klassische Ägyptologie so ganz falsch nicht. Die angesprochene Dendrochronologie dürfte allein auf Grund der klimatischen Bedingungen und fehlender Vergleichsmöglichkeiten in der Ägyptologie problematisch sein, oder? semataui
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Gitta Gast
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Re: Revision der Chronologie Ägyptens |
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« Antwort #11, Datum: 19.03.2005 um 17:22:33 » |
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Zitat:
man darf nicht vergessen, daß Rohl versucht zu klären, ob die 21.Dyn und die 22. Dyn nicht hintereinander sondern teilweise parallel verliefen. |
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Das ist richtig. Einer der Stützpfeiler seiner Theorie ist das Grab des Pinnudjem II., besser bekannt als TT320 oder Cachette von Deir el-Bahri. Zur Zeit der Bestattung Punnudjem's II. (Ende der 21. Dynastie) muss sich in etwa Folgendes abgespielt haben. Anlässlich der Bestattung Pinnudjem's erfolgte auch die Umbettung diverser königlicher Mumien samt Sarkophagen (wenn auch nicht immer die eigenen) in die Cachette. Diese Aktion erfolgte im Jahr 10 des Siamun. Das besagt eine Inschrift zur Beisetzung Pinnudjem's etwa gleichlautend mit einer Beschriftung auf einem Etikett an der Mumie Ramses' II. In der Grabkammer der Cachette befindet sich jedoch auch der Sarg des Propheten des Amun Djedptahefanch, der ausweislich seines Mumienetiketts im 11. Jahr von Hedjcheperre Schoschenk I. (Gründer der 22. Dynastie) bestattet wurde. Rohl bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die Eingangssituation der Cachette. Er geht von einer Höhe des Eingangskorridors von 1,40 m aus (ich weiß nicht wie er auf dieses Maß kommt). Bei dieser Abmessung sei es unmöglich, den Sarg des Djedptahefanch mit einer Höhe von 76 cm in die Grabkammer zu verbringen, da im Korridor der Sarkophag Sethos' I. mit einer Höhe von 82 cm dies unmöglich gemacht hätte. Daraus wird messerscharf geschlossen, dass Djedptahefanch (gestorben im 11. Jahr Schoschenk's I. = 939 v.Chr. herk. Chronologie) bestattet worden sein muss, bevor (im 10. Jahr Siamun's = ca. 990 v.Chr. herk. Chronologie) die Umbettung vorgenommen wurde. Da das nach der herkömmlichen Chronologie unmöglich ist, muss es also ein Indiz für Parallelregentschaft o.ä. sein. Glücklicherweise hat ein Team der Uni Münster unter Graefe vor nicht allzu langer Zeit eine Nachuntersuchung der Cachette vorgenommen, weil die Dokumentationen von Brugsch und Maspero nur spärlich sind und weil an deren Genauigkeit gezweifelt wurde (siehe MDAIK 56, 2000). Und siehe da, der Korridor, den Rohl mit 1,40 m Höhe angibt, misst 1,80 m. Es war also überhaupt kein Problem, weitere Särge auch noch nachträglich in der Grabkammer unterzubringen. Graefe schreibt in seinem Vorbericht: "Wenn in der Grabkammer etwa 10 Särge der Familie der Hohepriester der 21. Dynastie gestanden hätten, wäre diese noch nicht zur Hälfte gefüllt gewesen." Graefe hat übrigens noch mehr Ungereimtheiten aus Masperos Bericht aufgedeckt, die für die Argumentation in diesem Zusammenhang aber wohl nicht wichtig sind. Auf jeden Fall ist ein Glied aus Rohls Beweiskette nach diesen jüngsten Untersuchungen herausgebrochen. Zitat:
Dies würde dann, wenn es stimmen sollte, eine Verkürzung der 3. Zw.Zeit bedeuten. |
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Und nicht nur das. Das hätte auch Auswirkungen auf die Zeit davor. Rohl versucht ja, Ramses II. mit dem in der Bibel erwähnten Schischak zu identifizieren. Und das ist m.E. eine sehr windige Geschichte, denn über den Umweg des Kosenamen von Ramses III.(!), der als Ss bekannt ist und vielleicht als Sese, Sesi oder Sesu vokalisiert werden könnte, kommt er zu dem Schluss, dass auch Ramses II. diesen Kosenamen getragen haben könnte, der wiederum im palästinensischen Raum "Scheschi" o.ä. gesprochen worden wäre. Weshalb in der Bibel ausgerechnet der Kosename des plündernden Pharao auftauchen sollte, ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel. Ich hatte schon in meiner Rezension zu Rohls Buch geschrieben, dass es für einen Nichtfachmann, auch wenn er belesen und vorgebildet ist, auf Anhieb erst einmal so gut wie unmöglich ist, Rohls Argumente zu prüfen. Aber es nützt wohl nichts. Man muss sich wirklich die Zeit nehmen, da richtig einzusteigen. Gitta
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emander Gast - Themenstarter
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Re: Revision der Chronologie Ägyptens |
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« Antwort #12, Datum: 19.03.2005 um 17:56:59 » |
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Hallo, na endlich mal was konkretes...Danke Gitta. Das einleuchtendste Indiz, das von Rohl angeführt wird, ist meiner Meinung nach aber die architektonische Untersuchung der Gräber Osorkons II und Psusennes I in Tanis, mit der Schlussfolgerung, dass Osorkon vor Psusenne bestattet worden sein muss, was der trad. Chronologie widerspricht. Ich hatte das mal vor einiger Zeit vereinfacht zusammengefasst, um es in einem anderen Forum zu diskutieren (für die, die das Buch nicht gelesen haben): http://mitglied.lycos.de/stickstoff1975/raetselhaftes/die_koenigsgraeber_von_tanis.htm (Die Seite ist werbefinanziert, ich weiß das nervt...sorry.) Vielleicht hast du dazu auch etwas? Die Sache mit den Apisstelen fand ich schon immer etwas dünn. Zitat:
Und nicht nur das. Das hätte auch Auswirkungen auf die Zeit davor. Rohl versucht ja, Ramses II. mit dem in der Bibel erwähnten Schischak zu identifizieren. Und das ist m.E. eine sehr windige Geschichte, denn über den Umweg des Kosenamen von Ramses III.(!), der als Ss bekannt ist und vielleicht als Sese, Sesi oder Sesu vokalisiert werden könnte, kommt er zu dem Schluss, dass auch Ramses II. diesen Kosenamen getragen haben könnte, der wiederum im palästinensischen Raum "Scheschi" o.ä. gesprochen worden wäre. Weshalb in der Bibel ausgerechnet der Kosename des plündernden Pharao auftauchen sollte, ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel. |
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Rohl sagt aber auch deutlich, das dies nicht das Hauptargument ist. Gruß Daniel
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Gitta Gast
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Re: Revision der Chronologie Ägyptens |
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« Antwort #13, Datum: 19.03.2005 um 21:17:38 » |
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Hi emander, Zitat:
Untersuchung der Gräber Osorkons II und Psusennes I in Tanis, mit der Schlussfolgerung, dass Osorkon vor Psusenne bestattet worden sein muss, was der trad. Chronologie widerspricht |
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Dazu hat sich Philippe Brissaud, derzeit Ausgräber in Tanis, in besagtem Buch geäussert bzw. wird seine Stellungnahme dort in verkürzter Form wiedergegeben. Er widerspricht Rohl und führt dazu auch Argumente an. Ein wichtiges wäre z.B. der Fund eines wiederverwendeten Steins von Psusennes in den unteren Schichten unter dem Osorkon-Grab. Rohl widerspricht wiederum Brissaud, da seiner Ansicht nach der Stein nicht unter dem Grab gefunden wurde, sondern in den unteren Schichten innerhalb der Umfassungsmauer und das sei kein Beweis. Wenn man das nun nachprüfen möchte, muss man sich wohl die Grabungsberichte zu Gemüte führen und wer kann das schon? Sieht nicht so aus als seien die beiden dicke Freunde. In Rohls "Journal of Ancient Chronology Forum (JACF)" (wird in den Literaturhinweisen des Buches erwähnt) hat dieser einen "Antwortartikel" an Brissaud geschrieben mit dem vielsagenden Titel "The Monster in Philippe Brissaud's Nightmare" Auf jeden Fall beschäftigen sich wohl doch mehr Wissenschaftler mit Rohls Theorien als man so glauben mag. Gitta
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Udimu Member
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Re: Revision der Chronologie Ägyptens |
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« Antwort #14, Datum: 20.03.2005 um 10:00:23 » |
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hi, ich habe Rohl nicht gelesen (streng genommen sollte ich deshalb auch nicht Stellung dazu nehmen), aber Osorkon und Psusennes zeitgleich? Da werden ja alle archäologische Fakten und Daten ignoriert. Das Ägypten von Psusennes hat einfach auch eine total andere materielle Kultur, als das Ägypten von Osorkon II. hervorgebracht. nur ein Beispiel: Unter Osorkon II. sind Mumienkartonnagen gut belegt (und sind oft mit dem Namen von Osorkon II. verbunden), das gibt es unter Psusennes nicht, wo die Leute in den sog. 'gelben Särge' beigesetzt worden sind. Wie will Rohl diese Unterschiedlichkeit in der materiellen Kultur des Landes erklären? (hat er sich dazu Gedanken gemacht?) Die einen Werkstätten haben für den einen Herrscher, die anderen Werstätten für den anderen Herrscher produziert? Gruss Udimu
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