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   Gab es einen Plan der Grabanlagen? (5)
  Autor/in  Thema: Gab es einen Plan der Grabanlagen?
Roland2  
Gast

  
Gab es einen Plan der Grabanlagen? 
« Datum: 20.01.2005 um 15:43:24 »     

Ich bin neu in diesem Forum und möchte eine Frage stellen, die mir, so hoffe ich, auch beantwortet werden kann.
Bei meinem Besuch im „Tal der Könige“ habe ich mir auch einige Gräber ansehen können. Daß ich beeindruckt war, steht außer Frage. Über 60 Gräber sind ausgegraben und stehen der Öffentlichkeit, bzw. der Wissenschaft zur Verfügung. Wenn ich aber bedenke, dass über viele Jahrhunderte hier, auf einem gewiss nicht großen Areal, die ägyptischen Könige begraben wurden, deren Eingänge zugeschüttet und unkenntlich gemacht worden sind, so frage ich mich: Nach welchem Plan wurden die Gräber angelegt? Manche Stollen führen bis zu 100 Meter in die Tiefe, andere sind verschachtelt und verzweigt. Wie kam es, dass beim Anlegen eines neuen Grabes ein bereits vorhandenes nicht tangiert wurde? Wurde die Anordnung der Gräber in Plänen festgehalten, die als Geheimwissen nur den Priestern bekannt waren? Gab es so etwas wie einen „Generalbebauungsplan“? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die alten Ägypter, die ihr ganzes Leben einem Ritual unterworfen haben, hier, in diesem, für sie so wichtigen, Abschnitt ihres diesseitigen und jenseitigen Lebens, etwas dem Zufall überließen.
naunakhte  weiblich
Moderatorin



Re: Gab es einen Plan der Grabanlagen? 
« Antwort #1, Datum: 20.01.2005 um 16:10:38 »   

Hallo Roland,

einen „Generalbebauungsplan“ hätten wir gerne für das Tal der Könige. Doch ist keiner bekannt.

Ein Gedrängel wurde es auch nur unten im Tal, die höherliegenden Gräber kamen sich nicht gegenseitig ins Gehege.

Mit einer Vermutung liegst Du aber falsch: sie haben beim Bau der Gräber durchaus mal ein bereits vorhandes "tangiert". Nicht so oft, aber es kam vor.

Und ich bin mir garnicht so sicher dass alle Eingänge, gerade der im Tal liegenden Gräber, zugeschüttet und sogleich nach dem Begräbnis unkenntlich gemacht wurden.

Somit muß man nicht über die Kenntnis von 60 Gräbern verfügen, weil auf dem Talboden weniger liegen. Wenn die Eingänge durchaus noch bekannt waren konnte man sich eine andere, entferntere Stelle suchen. Und "Unfälle" - angeschnitte frühere Begräbnisse" gab es durchaus.

Soviel in Kürze. Frag ruhig weiter  

Gruß
nauna
> Antwort auf Beitrag vom: 20.01.2005 um 15:43:24  Gehe zu Beitrag
Iufaa  maennlich
Moderator



Re: Gab es einen Plan der Grabanlagen? 
« Antwort #2, Datum: 20.01.2005 um 16:22:51 »   

Hi Roland,

so beeindruckend die altägyptische Kultur auch ist, ich würde, besonders in diesem Forum, etwas nüchterner an das alte Ägypten herangehen.

1. "Geheimwissen" - es ist beliebt, bei einer alten Kultur, deren Funktionsabläufe wir nur zu einem geringen Teil kennen, hinter allem, was uns nicht einfach erklärbar erscheint, "Geheimwissen" zu vermuten. Wenn man bedenkt, dass ein Grossteil - wahrscheinlich mehr als 95% - der Bevölkerung nicht Lesen und Schreiben konnten, dann stellte schon alles Geschriebene Geheimwissen dar.

2. die unterschiedliche Form spiegelt die Entwicklung der Bauformen über mehrere Jahrhunderte wieder. Dazu findest Du ausreichend Literatur, z.B. Reeves "Tal der Könige".

3. "Generalbebauungsplan" - so etwas ist nicht bekannt und dürfte es auch nicht gegeben haben. Wozu auch, wie Inspektionsberichte innerhalb der Gräber zeigen, war deren Lage bekannt und die Gräber zugänglich. Trotzdem kam es zu mind. in einem Falle zu einer Kollision mit einem anderen Grab. Die zeitliche Entwicklung des Tales lässt wohl kaum einen fortgeschriebenen Bebauungsplan erkennen.

4. Schutzmassnahmen - wie kommst Du darauf, dass die Gräber zur Tarnung verschüttet und unkenntlich gemacht wurden? Die wesentlichste Schutzmassnahme war ein kontrollierter Zugang zum Tal selber. Lediglich in der 18. Dynastie wurden die Eingänge zugeschüttet und unkenntlich gemacht. Danach hatten die wohl alle Tore. Dennoch muss der Verwaltung die Lage der Gräber bekannt gewesen sein, denn eines der frühen Gräber der 18. Dyn. - das von Amenhotep II - diente später als Sammelversteck für weitere Mumien.

Gruss, Iufaa
> Antwort auf Beitrag vom: 20.01.2005 um 15:43:24  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Gab es einen Plan der Grabanlagen? 
« Antwort #3, Datum: 20.01.2005 um 16:50:24 »     

Hallo zusammen,

noch zu Zeiten Ramses IX. muss die Lage von einigen Königsgräbern (in Dra Abu el-Naga) bekannt gewesen sein (siehe pAbbot = Grabräuberpapyrus). Auf der anderen Seite gibt es ausser dem "Unfall" beim Bau vom Grab Ramses' III. ein ähnliches Szenario bei Siptah, der mit seinem Grab wohl bei der Mutter Thutmoses IV. landete (sieheMISR-Projekt der Uni Basel. Und im Grab von Thutmoses IV. selbst gibts eine Restaurierungsinschrift aus der Zeit des Haremhab, glaub ich(?).

Gitta
« Letzte Änderung: 20.01.2005 um 16:53:48 von Gitta »
> Antwort auf Beitrag vom: 20.01.2005 um 16:22:51  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Gab es einen Plan der Grabanlagen? planIX.jpg - 30 KB
« Antwort #4, Datum: 20.01.2005 um 21:04:08 »     

So, nun nochmal sortiert:

Die Inschrift bei Thutmoses IV. ist tatsächlich aus dem Jahr 8 des Haremhab.

Der oben erwähnte Grabräuberpapyrus nennt die Inspektion von 10 Gräbern mit den Namen der bestatteten Könige (zum großen Glück für das DAIK, das dort heute gräbt ), u.a. Könige, die zu der Zeit bereits rund 500 Jahre tot waren! Aus anderen Zusammenhängen weiß man, dass die Ägypter akribische Beamte waren und ich kann mir gut vorstellen, dass sie in ihren Archiven über einschlägige Listen u.ä. verfügten.

Dass die Arbeiter beim Bau eines Königsgrabes versehentlich ein anderes "ankratzten" sehe ich eher als Planungsfehler an. Der Grabbau für Ramses III. dürfte weniger als 100 Jahre nach dem von Amenmesse gelegen haben (die Daten für Amenmesse sind nicht genau bekannt) und zwischen Siptah und Tiaa (Mutter Thutmoses IV.) liegen ungefähr 200 Jahre. Deshalb würde ich davon ausgehen, dass die Grabbauer schon gewusst haben, wo die Gräber lagen. Sie haben sich entweder beim Vortrieb in den Fels vertan oder sie kannten das Innere der Gräber nicht, hatten also keine ordentlichen "Grundrisse". Letzteres kann man vielleicht auch noch mit einem Fragezeichen versehen, denn es wurden entsprechende Zeichnungen gefunden. Hier beispielsweise ein Ostrakon mit dem Grundriß des Grabes von Ramses IX aus dem Museum in Luxor.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 20.01.2005 um 16:50:24  Gehe zu Beitrag
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