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   Ritual "Ausschütten des Sandes" (8)
  Autor/in  Thema: Ritual "Ausschütten des Sandes"
Iufaa  maennlich
Moderator



Ritual "Ausschütten des Sandes" 
« Datum: 26.01.2010 um 14:33:10 »   

Hallo,

bei der Durchsicht der vor kurzem erschienen Publikation des Epigraphic Survey, OI Chicago, zum "Kleinen Tempel des Amun" bin ich über die Darstellung eines Rituals gestolpert, das mir bisher entgangen ist.
Die Darstellung aus dem Raum P (Naos-Raum) der inneren Kapellen zeigt auf der Westwand Menkheperre Thutmosis III. beim "Ausschütten des Sandes" vor dem ithyphallischen Amun (siehe Foto unten; Quelle OIP 136, Tafel 49).

Das LÄ gibt zwar unter dem Stichwort "Sand" Hinweise auf die Verwendung desselben bei diesem Ritual (siehe angehängte PDF aus dem LÄ V, Sp. 378ff) und zieht eine Querverbindung zu Urhügeln, aber neben diesen etwas dürftigen Informationen habe ich auf Anhieb nichts zu diesem Ritual gefunden.

Hat jemand weitere Informationen?

Gruss, Iufaa


- Vollbild -
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Ritual "Ausschütten des Sandes" Tempelgruendung_LAe_VI_385-386_low.jpg - 392 KB
« Antwort #1, Datum: 26.01.2010 um 23:31:38 »   

Hallo, Iufaa,

in der Gründungszeremonie wird das "Sandschütten" erwähnt (LÄ VI, 385-386) und mit der kultischen Reinigung in Verbindung gebracht.

Im Wb I, 369 gibt es einen Eintrag wSA Sa "Sand ausschütten" als Zeremonie. Geht man die Belege durch, findet man auch eine Erwähnung im Täglichen Tempelritual (z.B. im pBerlin 3055).

Zitat:
58. Spruch für das Streuen von Sand

Horus, finde dir dein Auge. Amun-Re, Herr von Nesut-Tawi, finde dir dein Auge! Horus, nimm es dir! Amun-Re, Herr von Nesut-Tawi, nimm es dir. Gestreut wird für dich das Auge des Horus. Siehe, es ist darüber ...? Rein, zweimal, ist Amun-Re, Herr von Nesut-Tawi.
Viermal (zu sprechen). (TUAT II, 404)

Fußnote: Horus-Auge = der Sand

So richtig klar ist mir das Ritual allerdings nicht.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 26.01.2010 um 14:33:10  Gehe zu Beitrag
Iufaa  maennlich
Moderator - Themenstarter



Re: Ritual "Ausschütten des Sandes" 
« Antwort #2, Datum: 27.01.2010 um 10:10:17 »   

Hallo Michael,
Zitat:
So richtig klar ist mir das Ritual allerdings nicht.
mir auch nicht.

Die Stelle im Wb hat mir Seschen schon dankenswerterweise zugeschickt. Aber weder die Wb-Stelle, noch die anderen Lokalisationen (der Epigraphic Survey verweist u.a. auf den Obelisken der Hatschepsut in Karnak, 4. Register; Monja hat noch den Tempel des Sethi I. in Abydos ergoogelt, wo es nach der nicht ganz zitierfähigen Webseite Teil des tägl. Tempelrituals ist) helfen wirklich weiter.
Nach Montet (Montet, P., Le rituel de fondation des temples égyptiens, Kemi 17, 1964; zitiert nach AEB, Publ. liegt mir nicht vor) ist das "Füllen mit Sand" als Teil des Tempelgründungsrituals in Edfu dargestellt. Keine der Darstellungen aus der Zeit der Hatschepsut oder Thutmosis III. ist jedoch mit Tempelgründungsszenen vergesellschaftet.

Eine rituelle Reinigung ist sicher vorstellbar, aber auch die möglicherweise passende (Folge-)Szene der "König kehrt vor Amun" (s. Rote Kapelle der Hatschepsut, Vestibül, Südwand Block 156, oder Sanktuar, Nordwand, Block 257) ist im Kleinen Tempel des Amun in Medinet Habu nicht vorhanden.

Möglicherweise ist uns die Bedeutung auch mal wieder "verloren gegangen". Für die modernen Ägyptern trifft das in jedem Falle zu. Schon im letzten Jahr waren die auf der neuen Plaza vor Karnak in "geschüttetem Sand" verlegten Platten teilweise zerbrochen oder wackelten schon. Echt "auf Sand gebaut".

Gruss, Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 26.01.2010 um 23:31:38  Gehe zu Beitrag
Lutz  maennlich
Member



Re: Ritual 
« Antwort #3, Datum: 27.01.2010 um 11:00:52 »   

Hallo zusammen !

Zitat:
So richtig klar ist mir das Ritual allerdings nicht.

Ich würde einen Ursprung in den Prä- und Frühdynastischen Tempelbauten vermuten.

Spontan fällt mir der sogenannte " Hohe Sand " von Iunu / Heliopolis ein : Ein Sandhügel realisiert hier die kultische Reinheit für den Ort an dem das eigentliche Kultobjekt, der Ben-Ben-Stein, errichtet wird.

Ausgrabungen durch Quibell und Green in Hierakonpolis / Kom el-Ahmar (1897-99) belegen einen "... mit Steinen durchsetzten Sandhügel ... auf dem nach Meinung einiger Ägyptologen ein frühdynastischer Schrein gestanden haben könnte. ..." (Wilkinson : Tempel. - Darmstadt, 2005. - S. 203).

Auch im Mündöffnungsritual finden wir eine Art " Sand-Grundierung " für den Platz auf dem die Aufrichtung der Mumie vor dem Grabeingang stattfindet.

Im Amduat sind mehrere Göttinnen und Götter " auf ihrem Sand " (siehe Hannig I). Bekannteste Beispiele : Sokar oder auch der " hn #prj ", der " Sandhügel des Chepri (in der Unterwelt) " (Hannig I - S. 526).

Gruß, Lutz.
> Antwort auf Beitrag vom: 27.01.2010 um 10:10:17  Gehe zu Beitrag
Iufaa  maennlich
Moderator - Themenstarter



Re: Ritual 
« Antwort #4, Datum: 27.01.2010 um 13:44:29 »   

Hallo Lutz,

Zitat:
...Ursprung in den Prä- und Frühdynastischen...
auf eine "Entstehung" des Rituals im frühen Holozän hätte ich auch getippt , aber eine vermutete Datierung hilft nicht beim Verständnis des Rituals selbst.

Die Hinweise auf Iunu stecken irgendwie schon in der Urhügel-Hypothese drin, die das LÄ schon erwähnt. Auch Sand-schaufelnde Ushebtis dürften da rein passen.

Die Frage zielt mehr darauf, ob es jüngere Literatur gibt - ich jedenfalls habe bisher nichts gefunden.

Gruss, Iufaa
> Antwort auf Beitrag vom: 27.01.2010 um 11:00:52  Gehe zu Beitrag
Lutz  maennlich
Member



Re: Ritual 
« Antwort #5, Datum: 27.01.2010 um 14:32:28 »   

Hallo Iufaa !

Zitat:
eine vermutete Datierung hilft nicht beim Verständnis des Rituals selbst.

Nun, das denke ich nicht. Es ging mir ja auch nicht nur um eine Datierung sondern auch um die Tempelbauten ...

Das Ritual selbst scheint mir der Vorbereitung eines Ortes auf seine sakrale Nutzung zu dienen. Dafür spricht wohl die Fund-Lage in Hierakonpolis und das Auftauchen während der Tempel-Gründungszeremonien. Das eigentliche göttliche Wesen / Objekt, dem dann der Kult gilt, wird auf einem Sandhügel platziert (" der auf seinem Sande ist ").

Auch der Sand unter der Mumie vor Beginn der primären Zeremonie der Mundöffnung weist wohl eventuell in diese Richtung.

Das rituelle Kehren nach Abschluss der Handlungen des Pharao im Allerheiligsten spricht ebenfalls durchaus dafür. Der Ort wird wieder " rein ", gleichzeitig für das nächste Ritual vorbereitet.


Zitat:
... Hinweise auf Iunu stecken irgendwie schon in der Urhügel-Hypothese ...

Als Symbol für den Ur-Hügel gilt der Ben-Ben-Stein, nicht unbedingt der Sandhaufen auf dem er stand ...

Gruß, Lutz.
« Letzte Änderung: 27.01.2010 um 14:46:52 von Lutz »
> Antwort auf Beitrag vom: 27.01.2010 um 13:44:29  Gehe zu Beitrag
Lutz  maennlich
Member



Re: Ritual 
« Antwort #6, Datum: 30.01.2010 um 22:54:44 »   

Hallo zusammen !

Zitat:
58. Spruch für das Streuen von Sand

Horus, finde dir dein Auge. Amun-Re, Herr von Nesut-Tawi, finde dir dein Auge! Horus, nimm es dir! Amun-Re, Herr von Nesut-Tawi, nimm es dir. Gestreut wird für dich das Auge des Horus. Siehe, es ist darüber ...? Rein, zweimal, ist Amun-Re, Herr von Nesut-Tawi.
Viermal (zu sprechen). (TUAT II, 404)


Zitat - Michael Tilgner:
... Fußnote: Horus-Auge = der Sand

So richtig klar ist mir das Ritual allerdings nicht. ...

Könnte es sich vielleicht um eines der so beliebten Wortspiele, bei denen Ähnlichkeiten in Schreibung oder Aussprache eine Rolle spielen, handeln ?

Gruß, Lutz.
> Antwort auf Beitrag vom: 26.01.2010 um 23:31:38  Gehe zu Beitrag
Neb-Maat-re  maennlich
Member



Re: Ritual "Ausschütten des Sandes" 
« Antwort #7, Datum: 17.07.2010 um 13:00:25 »   

Hallo

Der bei Wüstenvölkern öfters an Stelle von Wasser zur körperlichen Säuberung verwendete Sand wird im Kult zu einem Symbol der Reinigung und der Reinheit. So wurde der festlich hergerichtete Prozessionsweg mit Sand bestreut, und im Totentempel des Königs Sethos I. zu Abydos zeigt ein Bild, wie der König aus einer Schale Sand vor das Götterbild des Amun streut; der dazugehörige Spruch des Priesters lautet: "Gestreut wird dir das Auge des Horus (als Sand). Siehe, er ist darüber zufrieden. Rein, zweimal, ist Amun, viermal " Beim Ritual der Mundöffnung werden die Reinigungshandlungen
( Übergießen, Räucherung) dadurch eröffnet, daß die Statue auf eine reinigende Aufschüttung von Sand gestellt wird.In der Unterwelt deutet der Sand auf das Fehlen des belebenden Wassers,
dort ist " das Land des (Totengottes) Sokaris, der auf seinem Sande ist"

Abschrift aus Lexikon der Götter und Symbole der alten Ägypter
von Manfred Lurker (einer der bedeutendsten Symbolforscher 1928-1990)

Gruß Neb-Maat-re
> Antwort auf Beitrag vom: 26.01.2010 um 14:33:10  Gehe zu Beitrag
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