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   Sokar-Riten in theb. Beamtengräbern (10)
  Autor/in  Thema: Sokar-Riten in theb. Beamtengräbern
aoe  
Gast

  
Sokar-Riten in theb. Beamtengräbern 
« Datum: 23.08.2010 um 09:17:45 »     

Hallo,

ich suche Infos zu Sokar-Riten die ab dem NR in thebanischen Beamtengräbern durchgeführt wurden.

Gruß
nfrw  weiblich
Member



Re: Sokar-Riten in theb. Beamtengräbern 
« Antwort #1, Datum: 24.08.2010 um 09:47:29 »   

Hallo aoe,

Assmann (Priorität und Interesse: Das Problem der Ramessidischen Beamtengräber, in: Problems and priorities in Egyptian archaeology, Studies in egyptology London 1987, S. 31 - 41; hier S. 39) spricht davon, dass der Hof der theb. Gräber "auch als Kultbühne für die Kornmumienzeremonien des Sokarfestes gedient haben."

Er spricht dort noch kurz den gewundenen Abgang an, in dem er den Kornosiris eventuell aufgebahrt sehen möchte. Hierzu sollte man event. einen Blick in seine Arbeit:
Das Grab mit gewundenem Abstieg: Zum Typenwandel des Privat-Felsgrabes im Neuen Reich, in: MDAIK 40-1984, S. 277 - 290 werfen. Die Arbeit habe ich nicht vorliegen.

Gruß
> Antwort auf Beitrag vom: 23.08.2010 um 09:17:45  Gehe zu Beitrag
naunakhte  weiblich
Moderatorin



Re: Sokar-Riten in theb. Beamtengräbern 
« Antwort #2, Datum: 24.08.2010 um 18:26:17 »   

Hallo,

Assmann hat sich zu dem Thema in einer jüngeren Publikation ausführlich geäußert:

Jan Assmann
Die Konstruktion sakralen Raums in der Grabarchitektur des Neuen Reichs
Archiv für Religionsgeschichte 6/2004; S. 1 – 18

Es wäre ganz nett, wenn mal jemand Aussagen zu dem Ritual liefern könnten, die nicht von Assmann stammen. Einfach um zu sehen, ob sie allgemein anerkannt werden.

Zurück zu Assmanns Aussagen zum Sokar-Ritus in theb. Beamtengräbern.
Er beschreibt in dem Artikel architektonische und dekorative Unterschiede in den Gräbern, die er zur Datierung nutzt. Beides dient ihm auch zur Erklärung eines Wandels in den religiösen Vorstellungen und Wünsche der alten Ägypter.

Ein Wandel in der Architektur ist die Einführung eines gewundenen Abganges im Grab anstelle des zuvor gebrauchten senkrechten Schachtes. Beide münden in die Sargkammer. Die Einführung des gewundenen Ganges fällt für Assmann mit der Einführung des Sokarfestes in Theben zusammen.
Durch den gewundenen Gang, der in Gegensatz zum senkrechten Schacht nicht nach der Bestattung verfüllt wird, sondern nur am Ende vermauert, bietet sich für Assmann vor der Sargkammer nun eine Kultbühne für das Sokarfest.

Ein Festkalender dieser Zeit berichtet wohl davon:
„Die Sargkammer öffnen (ersatzweise übersetzt als: das Balsamierungsbett ausbreiten) für Osiris NN,
angefangen vom heutigen (= Tag 18) bis zum 25. Tage, insgesamt 8 Tage.“

Assmann meint nun, dass in diesem Zeitraum jährlich die Trennmauer vor der Sargkammer geöffnet wurde, eine Kornmumie – wie die Sokarriten sie vorschreiben – im Hof angesetzt wurde, dort ein paar Tage zum sprießen gebracht wurde und nach Ablauf der 8 Tage in der Sargkammer beigesetzt wurde. Diese sollte dann wohl erneut zugemauert werden.
Kornmumien sind wohl vereinzelt archäologisch nachgewiesen worden. Ihre genaue Fundlage entzieht sich meiner Kenntnis.

Karl Seyfried
Entwicklung in der Grabarchitektur des NR als weitere Quelle für theologische Konzeption der Ramessidenzeit,
in: Problems and Priorities (s.o.) S. 219-254  --  

deutet den gewundenen Abstieg als symbolische Wiedergabe der Unterwelt, besonders der 4. und 5. Nachtstunden.
Assmann sieht hier kein Problem zu seiner Deutung, da diese Stunden das „Sokarland“ darstellen würden.

Soviel in Kürze zu diesen Riten bei Assmann.

Gruß
nauna
> Antwort auf Beitrag vom: 24.08.2010 um 09:47:29  Gehe zu Beitrag
Lutz  maennlich
Member



Re: Sokar-Riten in theb. Beamtengräbern 
« Antwort #3, Datum: 24.08.2010 um 21:49:56 »   

Hallo Nauna !

Zitat - Naunakhte:
... Zurück zu Assmanns Aussagen zum Sokar-Ritus in theb. Beamtengräbern.
Er beschreibt in dem Artikel architektonische und dekorative Unterschiede in den Gräbern, die er zur Datierung nutzt. Beides dient ihm auch zur Erklärung eines Wandels in den religiösen Vorstellungen und Wünsche der alten Ägypter.

Ein Wandel in der Architektur ist die Einführung eines gewundenen Abganges im Grab anstelle des zuvor gebrauchten senkrechten Schachtes. Beide münden in die Sargkammer. Die Einführung des gewundenen Ganges fällt für Assmann mit der Einführung des Sokarfestes in Theben zusammen.
Durch den gewundenen Gang, der in Gegensatz zum senkrechten Schacht nicht nach der Bestattung verfüllt wird, sondern nur am Ende vermauert, bietet sich für Assmann vor der Sargkammer nun eine Kultbühne für das Sokarfest. ...

Den "gewundenen Abgang" finden wir allerdings auch schon in den Beamtengräbern in Amarna. Ohne jetzt groß in der Literatur zu wühlen fällt mir beispielsweise das Grab des Aja (Nr. 25) ein ...

Lieben Gruß, Lutz.
> Antwort auf Beitrag vom: 24.08.2010 um 18:26:17  Gehe zu Beitrag
naunakhte  weiblich
Moderatorin



Re: Sokar-Riten in theb. Beamtengräbern 
« Antwort #4, Datum: 24.08.2010 um 21:57:34 »   

Hallo Lutz,

auf Entwicklungen zur Amarna-Zeit geht er auch ein. Führt aber von der gestellten Frage weg.

Gruß
nauna
> Antwort auf Beitrag vom: 24.08.2010 um 21:49:56  Gehe zu Beitrag
Lutz  maennlich
Member



Re: Sokar-Riten in theb. Beamtengräbern 
« Antwort #5, Datum: 25.08.2010 um 00:09:58 »   

Hallo Nauna,

Zitat - Naunakhte:
... Es wäre ganz nett, wenn mal jemand Aussagen zu dem Ritual liefern könnte, die nicht von Assmann stammen. Einfach um zu sehen, ob sie allgemein anerkannt werden. ...

der Katalog der Staatsbibliothek Berlin verzeichnet folgendes, möglicherweise relevantes, Werk :

Catherine Graindorge-Héreil : Le dieu Sokar à Thèbes au Nouvel Empire (Vol. 1 & 2 : Textes & Planches). - Wiesbaden : Harrassowitz, 1994. - XXXVII, 555 S., Ill. - ISBN : 3-447-03476-9. - Göttinger Orientforschungen ; 28,1

Leider wegen Baumaßnahmen voraussichtlich bis November hier nicht ausleihbar ...  

Lieben Gruß, Lutz.
> Antwort auf Beitrag vom: 24.08.2010 um 21:57:34  Gehe zu Beitrag
semataui  maennlich
Member



Re: Sokar-Riten in theb. Beamtengräbern 
« Antwort #6, Datum: 25.08.2010 um 14:24:03 »   

Frage: Wann wurden nach Assmann die Sokar-Riten eingeführt?

Einen "gewundenen Abgang" = "slooping passage" haben in Theben auch
TT22, TT42, 47, 49, 50, 55 und viele andere aus der 18. Dynastie...

liebe Grüße
sema
« Letzte Änderung: 25.08.2010 um 14:51:24 von semataui »
> Antwort auf Beitrag vom: 24.08.2010 um 21:49:56  Gehe zu Beitrag
Lutz  maennlich
Member



Re: Sokar-Riten in theb. Beamtengräbern 
« Antwort #7, Datum: 25.08.2010 um 14:45:47 »   


Zitat - Semataui:
Frage: Wann wurden nach Assmann die Sokar-Riten eingeführt? ...

Gute Frage ...  

WiBiLex - Das Bibellexikon - Sokar :

Zitat:
"... Bereits im Alten Reich findet sich das Fest des Sokar in Opferformeln aus allen Regionen Ägyptens erwähnt (Gaballa, G.A. / Kitchen, K.A. : The Festival of Sokar. - Orientalia 38. - 1969. - S. 21) und dürfte deshalb auch außerhalb von Memphis von Bedeutung gewesen sein. Stelen von Privatleuten belegen eine Verehrung des Sokar in Theben im Mittleren Reich, und spätestens im Neuen Reich gab es feste Kultzentren für Sokar auf beiden Ufern von Theben (Lexikon der Ägyptologie V, 1063; Graindorge-Héreil 1994, bes. 39-54). Ob außer den Sokar-Heiligtümern in der Gegend um Memphis weitere eigene Tempel für Sokar errichtet worden sind, ist fraglich; selten sind sie in jedem Fall (einen möglichen Fall nennen Ricke, H. / Habachi, L. / Haeny, G. : Untersuchungen im Totentempel Amenophis’ III. - Wiesbaden, 1981. - Beiträge zur ägyptischen Bauforschung und Altertumskunde 11. - S. 31-37). Jedoch ist in jedem Heiligtum für Osiris immer auch (Ptah-)Sokar als Aspekt des Totengottes präsent (s. zuvor, 5.2) und tritt entsprechend regelmäßig als Kultempfänger auf, so noch prominent in den Tempeln aus ptolemäisch-römischer Zeit. ..."


Gruß, Lutz.
« Letzte Änderung: 25.08.2010 um 15:07:25 von Lutz »
> Antwort auf Beitrag vom: 25.08.2010 um 14:24:03  Gehe zu Beitrag
aoe  
Gast - Themenstarter

  
Re: Sokar-Riten in theb. Beamtengräbern 
« Antwort #8, Datum: 25.08.2010 um 20:03:16 »     

Hallo Lutz,

in der Graindorge hatte ich schon nachgesehen. Ohne Erfolg.

Gruß
> Antwort auf Beitrag vom: 25.08.2010 um 00:09:58  Gehe zu Beitrag
naunakhte  weiblich
Moderatorin



Re: Sokar-Riten in theb. Beamtengräbern 
« Antwort #9, Datum: 25.08.2010 um 22:49:18 »   

Hallo Sema,

darf ich mit Zitaten antworten?

Seite 8 zum gewundenen Gang:

Zitat:
Vor der Regierungszeit Amenophis' IV. begegnen nur höchst selten andere Lösungen wie Treppengänge (TT 96, das berühmte Grab des Sennefer aus der Zeit Thutmosis' IV.) oder Rampen ("sloping passages") (TT 93, das Grab des Qenamun aus der Zeit Amenophis' II.). Mit Amenophis III. beginnt sich jedoch diese Form in den Großgräbern der Zeit durchzusetzen.


Seite 12:

Zitat:
Vor 20 Jahren habe ich diesen Wandel der Grabarchitektur mit der Einführung des Sokarfestes in Theben in Verbindung gebracht, die in die Zeit Amenophis' III. datiert wird.


Seite 13:

Zitat:
Das würde bedeuten, daß mit der Einführung des Sokarfestes in Theben die Verbindung zwischen Sargkammer und Kulträumen ... zu einer begehbaren "Krypta" im Sinne einer Kultbühne für die Sokarriten umgeformt worden wäre.



Gruß
nauna
> Antwort auf Beitrag vom: 25.08.2010 um 14:24:03  Gehe zu Beitrag
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