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Ägyptologie Forum >> Jenseitsglaube & Totenkult


1) Grab Amenophis III
 Anubis am 22.02.2003 um 15:48:01

Wer kann mir versuchen zu erklären, warum das Grab von Amenophis III im Westtal, zum grossteil undekorierte Wände hatte?

Bis auf den Schacht,den Vorraum und die Grabkammer selbst.

Er war ja ,wenn ich mich nicht täusche, ca. 31 Jahre lang Pharao und soweit mir bekannt, wurde (in der Regel) mit dem Bau einer Grabanlage, kurz nach der "Krönung" begonnen.



2) Re: Grab Amenophis III
 Iufaa am 22.02.2003 um 18:51:41

Hi,

wie sieht es denn in den Gräbern der Vorgänger aus - was ist denn da dekoriert?

Gruss, Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 22.02.2003 um 15:48:01


3) Grab Amenophis III
 Nefer-Aton am 22.02.2003 um 22:40:12



Hallo Anubis!

Habe mir dazu einige Gedanken gemacht, da ja Amenophis III. einer meiner Lieblingspharaonen ist und leider einige Jahre fast in Vergessenheit geraten war oder als eher schwächlicher Pharao ausgelegt wurde.

Er hat nicht 31 Jahre regiert, sondern sogar 38 Jahre und 7 Monate und ist fast 50 Jahre alt geworden.
Das Grab Amenophis III. ist noch während der Regierungszeit seines Vaters begonnen worden und war im 16. Regierungsjahr fast vollendet. Zu der Frage, warum es im Gegensatz zu vielen späteren Königsgräbern zu großen Teilen nur spärlich dekoriert blieb, siehe Antwort Iufaa.

Aber alles, was den Namen des Königs für die Ewigkeit bewahren sollte, war im Totentempel von Kom el-Hetan vorhanden. Hier im "Ort der Erneuerung" sollte seine Seele für immer am Leben erhalten werden. Hier gab es auch wahrscheinlich die prachtvollen Reliefe und Statuen, die im Grab im Westtal fehlen.

Interessantes zu Amenophis III. findest du in "Tagebuch eines Pharaos" von Joann Fletscher, erschienen 2000 by Duncan Baird Publishers Ltd. London - Weltbildverlag Augsburg 2000, dt. Ausgabe.

Viele Grüße

Nefer-Aton

> Antwort auf Beitrag vom: 22.02.2003 um 15:48:01


4) Grab Amenophis III
 Anubis am 23.02.2003 um 12:11:43

Hallo Nefer_Aton,

Ich lese dieses von dir angesprochene Buch von Joann Fletcher gerade und hatte eher den Eindruck, dass Amenophis III ein recht "starker" Pharao war, der allerdings wenig mit Kriegen sondern eher mit Diplomatie sein Reich bei Wohlstand hielt.

Zu meiner Fragestellung,

ich war im Grab von Amenophis II  und dort waren von vorne bis hinten alle Wände bemalt.
Ich weiss lufaas Antwort nicht einzuschätzen, da mich die Gegenfrage eher verwirrt.



> Antwort auf Beitrag vom: 22.02.2003 um 22:40:12


5) Re: Grab Amenophis III
 Anubis am 23.02.2003 um 12:15:24

Hallo luffa,

ich verstehe deine Gegenfrage nicht, ich  habe leider erst ein Grab besichtigt und sicherlich über die anderen etwas gelesen.

Nun stellte sich mir diese Frage aus dem Grunde, da ich J.Fletchers Buch las und darin diese Frage auch aufgeworfen wurde.
Für mich aus diesem Grunde nicht verständlich, da Amenophis ja ca. 38 Jahre regierte.

Gruss,  

> Antwort auf Beitrag vom: 22.02.2003 um 18:51:41


6) Re: Grab Amenophis III
 Taharqa am 23.02.2003 um 12:47:03

Hallo!

Zitat:
einige Jahre fast in Vergessenheit geraten war oder als eher schwächlicher Pharao ausgelegt wurde.

Also von schwächlich kann wohl nicht die Rede sein. Er ist meiner Meinung nach einer der schillernsten Pharaonen überhaupt. Er hinterließ mehr Selbstporträts ( über 1000 Monumentalstatuen) als jeder andere Pharao und besaß den üppigsten Harem mit ca.1000 Frauen. Allein der Kultbezirk des Totentempels hatte die gigantischen Ausmaße von 550 x 700 Metern. Ca. 10 Prozent aller altägyptischen Statuen und Reliefs von Berlin bis New York stammen aus dieser riesigen Tempelanlage. Er war sicherlich einer der ganz Großen seiner Zeit und geriet vermutlich nur etwas in Vergessenheit, weil der Großteil seiner Hinterlassenschaften abgerissen und geplündert wurde. Selbst seine Kolosse tragen ja den irreführenden Namen Memnonkolosse. Fakt ist das der gesamte Nahe Osten vor ihm strammstand. Und der Luxortempel und seine Bauten in Karnak lassen auch nicht auf einen schwächlichen Pharao schließen.

@Anubis
Amenophis III. wurde im wahrscheinlich prunkvollsten Grab der ägyptischen Geschichte bestattet. Doch kaum beerdigt, brach ein nubisches Heer in die Grabkammer ein. Vielleicht ist das ein Grund dafür, daß das Grab heute so schmucklos wirkt.

Viele Grüße Taharqa

> Antwort auf Beitrag vom: 23.02.2003 um 12:15:24


7) Re: Grab Amenophis III
 Iufaa am 23.02.2003 um 13:08:13

Hi Anubis,

dann schlage ich vor, Du beschaffst Dir mal von N. Reeves "Das Tal der Könige" und schaust Dir die Entwicklung der Grabdekoration an.
Du wirst dann feststellen, daß z.B. bei A. II und Thutmosis IV die Gänge auch nicht dekoriert waren. Ganz offensichtlich entwickelt sich die Dekoration von der Grabkammer nach außen in die Vorkammer (bei Thutmosis III und IV dekoriert, bei A. II dagegen wieder nicht) und in den Brunnenschacht (Dekoration bei Thutmosis III, IV und A. II genauso wie bei der Vorkammer bzw. 1. Säulenhalle), erst später kommen die langen Gänge dazu.
Unsere Vorstellung von der Dekoration wird leider zu sehr durch die Gräber der 19. Dynastie und der folgenden bestimmt. Die 18. Dynastie ist gekennzeichnet durch die Entwicklung der Gräber und ihrer Dekoration - und da gehört A. III mitten hinein.

Gruss, Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 23.02.2003 um 12:15:24


8) Re: Grab Amenophis III
 Nefer-Aton am 23.02.2003 um 17:27:41


Hallo Anubis!
Hallo Taharqa!

Sorry, da habe ich mich wohl mißverständlich ausgedrückt.
Natürlich war Amenophis III. einer der größten und "schillernsten" Pharaonen seiner Zeit. Das ist unbestritten, aber im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert geriet sein einst glanzvoller Name etwas ins Zwielicht, da man durch die Funde in Armarna, Darstellungen von ihm und seiner Familie gefunden hatte, die sie im typischen überzeichneten Stil der Echnaton-Zeit darstellten, tat man ihn demzufolge als genußsüchtigen und selbstherrlichen Herrscher ab.

Seine Statuen waren teilweise upsupiert, sein gigantischer Totentempel zerstört. Ramses II. ließ mindestens 6 Skulpturen aus diesem Tempel nach Luxor schaffen und bei einigen die Gesichtszüge Amenophis III. durch die seinigen ersetzen.

Das Reich war aber so gut organisiert und verwaltet, dass sich der König kaum militärischer Erfolge wie z. B. Ramses II. oder Tutmosis III. rühmen konnte, was nicht heißen sollte, dass er kein hervorragender Krieger war.

Der Löwenjagd-Skarabäus, den der Pharao zum Gedenken seiner 10jährigen Thronbesteig. verbreiten ließ, berichtet, dass er 102 Löwen im 1. Jahrzehnt seiner Herrschaft erlegte. Ägypten war so mächtig ,dass die Tapferkeit seines Herrschers auf diese Weise bewiesen werden mußte. (Quelle: "Tagebuch eines Pharaos")

Damit will ich sagen, dass es vielleicht, wie Iufaa schon andeutete,nicht üblich war, das Grab des Herrschers vollständig und prächtig zu dekorieren. Vielmehr Wert wurde vielleicht auf die pompösen Grabbeilagen gelegt, gefüllt mit einem Streitwagen, Ausrüstung fürs Bogenschießen, Holzschreine, Götterstatuen ect. Also alles, was der König brauchte für ein Leben danach.

Alles was seinen Namen unsterblich machte, befand sich im Totentempel von Kom el-Hetan.

Gruß

Nefer-Aton




> Antwort auf Beitrag vom: 23.02.2003 um 12:47:03


9) Re: Grab Amenophis III
gast am 25.02.2016 um 12:15:26

Hallo

gibt es eigentlich zu den religiösen Vostellungen unter Amenophis III. einschlägige Literatur?
(abgesehen mal von den Werken von A. Kozloff)

Danke für Eure Tipps und beste Grüsse

> Antwort auf Beitrag vom: 23.02.2003 um 17:27:41


10) Re: Grab Amenophis III
 Lutz am 25.02.2016 um 18:40:09

Amenhotep III - Perspectives on his Reign1. - [Hrsg. O'Connor / Cline]. - Ann Arbor : University of Michigan Press, 1998. - ISBN : 0472107429. - XVI, 393 S., Ill.

Raymond Johnson : The Revolutionary Role of the Sun in the Reliefs and Statuary of Amenhotep III2. - In: The Oriental Institute News and Notes 151. - 1996. - S. 1 - 6.

Raymond Johnson : Amenhotep III and Amarna - Some New Considerations. - In: The Journal of Egyptian Archaeology - JEA 82. - 1996. - S. 65 - 82 :
Zitat:
"The monuments of Amenhotep III at Amarna have long perplexed scholars by their ambiguous nature. In the first section of this paper the deification of Amenhotep III is examined through his votive sculpture, which appears after his Year 30 rendered in a new artistic style featuring unusual solar iconography. In the second section a new identification of a statuette group excavated by Petrie at Amarna, UC 004, is proposed, and the criteria for that identification examined. The paper concludes with a discussion of the theological relationship between Amenhotep III and Akhenaten expressed in their art, where Amenhotep III's later iconography reflects his identification with the sun's disk and the creator-god Atum-Re, while Akhenaten's iconography emphasizes his role as Atum's firstborn, Shu. It is suggested that the two kings ruled together in the ritual roles of Atum and Shu as an integral part of Amenhotep III's deification programme, and that the senior king was the original focus of his son's Aten cult."


Charles Frederick Aling : A Prosopographical Study of the Reigns of Thutmosis IV and Amenhotep III. - Ann Arbor, MI : University Microfilms International, 1976. - X, 291 S. - [Microfilm-based publication of a doctoral thesis submitted to the University of Minnesota in 1976].

Hier wohl speziell zu Deiner Frage von besonderem Interesse die Kapitel 5 : "The Priesthoods" (S. 114 - 145) und Kapitel 10 : "The Kings and the Amon Priesthood" (S. 233 - 273).

Gruß, Lutz.

> Antwort auf Beitrag vom: 25.02.2016 um 12:15:26


1: http://www.gbv.de/dms/bowker/toc/9780472107421.pdf
2: http://oi.uchicago.edu/sites/oi.uchicago.edu/files/uploads/shared/docs/nn151.pdf


11) Re: Grab Amenophis III
Vani am 13.03.2016 um 12:28:48

Hallo!

In dem von Lutz erstgenannten Werk nimmt O'Connor (p. 147 ff.) Bryans These (1992) auf, die besagt, dass das Bauprogramm von A. III einen kosmischen Prozess reflektiert...für mich ist das Ganze nicht so nachvollziehbar.
Was meint ihr dazu?

> Antwort auf Beitrag vom: 25.02.2016 um 18:40:09


12) Re: Grab Amenophis III
 Lutz am 13.03.2016 um 13:15:52


Zitat:
... nimmt O Connor (p. 147 ff.) Bryans These (1992) auf, die besagt, dass das Bauprogramm von A. III einen kosmischen Prozess reflektiert ... für mich ist das Ganze nicht so nachvollziehbar. ...

Arielle P. Kozloff / Betsy M. Bryan : Egypt's Dazzling Sun - Amenhotep III and His World. - Cleveland : The Cleveland Museum of Art & Indiana University Press, 1992. - XXIV, 476 S.

Betsy M. Bryan : The Statue Program for the Mortuary Temple of Amenhotep III. - In: The Temple in Ancient Egypt - New Discoveries and Recent Rresearch. - London : British Museum Press, 1997. - S. 57 - 81, 3 Figs, 29 Pl :

Zitat:
OEB 41930  (AEB 1997.0689) :

"The author proposes to identify all the temple statuary from Amenhotep III's mortuary temple at Kom el Heitan, which is unusual for its numbers and forms, within ritual contexts well known in the time of Amenhotep III, as well as earlier and later. This approach requires suggesting that the statuary was produced to perform two or more cultic and liturgical functions, associated, but not necessarily continuous, in time. These rituals were linked particularly to the king's first jubilee but need not have been exclusive to it. The function of these rituals was to invoke the protection of the gods through Amenhotep's jubilee year and to link the king's rejuvenation through the sed-festival with his rebirth as the sungod for millions of years to come. The statues may have functioned as different gods for different rituals: for example, one snake-headed deity may have served as both Renenutet and Asbet. At the end of the paper is a catalogue of the divine statuary, not including the Sakhmet statues. BMB"

Gruß, Lutz.

> Antwort auf Beitrag vom: 13.03.2016 um 12:28:48