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Ägyptologie Forum >> Jenseitsglaube & Totenkult


1) Totenbuch des Hunefer
Bianca am 10.08.2003 um 11:38:27

Hallo, ich bin Soziologiestudentin und schreibe gerade an meiner Magisterarbeit. In diesem Rahmen beschäftige ich mich mit dem Totenbuch des Hunefer Vignette 9901/3, Totengericht (hängt im Britischen Museum).
Ich bin auf der Suche nach einer Originalübersetzung von den dort abgebildeten Schriftzeichen. Vielleicht kann mir jemand helfen?
Gruß Bianca


2) Re: Totenbuch des Hunefer
Gitta am 10.08.2003 um 14:16:29

Hallo Bianca,

muss es Hunefer sein? Mit einer englischen Übersetzung des Totengerichts aus dem Papyrus Ani (etwa zeitgleich mit Papyrus Hunefer) könnte ich dienen.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 10.08.2003 um 11:38:27


3) Totenbuch des Hunefer
 Michael Tilgner am 10.08.2003 um 14:46:43

Hallo, Bianca,

vom ägyptischen Totenbuch gibt es zahlreiche Exemplare, die zumeist nicht einzeln übersetzt werden trotz mancher Abweichungen untereinander.

Eine deutsche Übersetzung des Totenbuchs findet man in: Erik Hornung, Das Totenbuch der Ägypter, Zürich / München, 1979. Der Spruch 125 (Totengericht) ist auf S. 233-245. (Eine preiswerte Sonderausgabe ist, glaube ich, derzeit erhältlich.) Eine gesonderte Übersetzung des Papyrus Hunefer bzw. seiner Version des Spruchs 125 ist mir nicht bekannt.

Der Spruch 125 ist auch in: Erik Hornung, Altägyptische Dichtung, Stuttgart, 1996, S. 121-128 (Reclam)

Zu den Vignetten solltest Du einsehen, falls Du es noch nicht getan hast: Christine Seeber, Untersuchungen zur Darstellung des Totengerichts im Alten Ägypten, München / Berlin, 1976 = Münchner Ägyptologische Studien, 35.

Ich weiß nicht, um was es in Deiner Arbeit geht, aber folgende Publikation könnte Dir vielleicht auch von Nutzen sein: Peter Eschweiler, Das Ägyptische Totenbuch. Vom Ritual zum Bild, Frankfurt am Main, 1999 (Fischer) mit einigen grundsätzlichen Bemerkungen zum Verhältnis von Bild und Text in altägyptischen Papyri. Dazu auch weiterführende Literatur.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 10.08.2003 um 11:38:27


4) Re: Totenbuch des Hunefer
 semataui am 11.08.2003 um 12:35:01

Hi,
und im Lexikon findes Du eine deutsche Übersetzung des Papyrus Turin 1791 Totenbuch des Iu-ef-anch1

semataui

> Antwort auf Beitrag vom: 10.08.2003 um 14:16:29


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=lexikond&id=030702170737


5) Re: Totenbuch des Hunefer
Uschebti am 28.08.2003 um 23:34:34

Hallo Bianca,

es gibt da auch dies Buch, wo das "Totenbuch" komplett übersetzt ist und somit auch das Totengericht, welches auf Hunefer auch zutrifft:

»Das Ägyptische Totenbuch«
übersetzt (aus dem Französischen) und kommentiert von Gregoire Kolpaktchy
Scherz-Verlag

Das Buch beginnt mit Kapitel I bis CLXXXII



> Antwort auf Beitrag vom: 11.08.2003 um 12:35:01


6) Re: Totenbuch des Hunefer
Gitta am 31.08.2003 um 14:08:35


Zitat:
»Das Ägyptische Totenbuch«
übersetzt (aus dem Französischen) und kommentiert von Gregoire Kolpaktchy


Als Literatur zu dem Thema eher zu empfehlen ist "Das Totenbuch der Ägypter" von Erik Hornung, denn das ist eine wirkliche Übersetzung. Kolpaktchys Buch ist - so Hornung - eine "theosophisch inspirierte Nachdichtung".

Gitta


> Antwort auf Beitrag vom: 28.08.2003 um 23:34:34


7) Re: Totenbuch des Hunefer
 Michael Tilgner am 31.08.2003 um 17:01:41 - Anhang: 35_british_museum.jpg

Hallo,

es handelt sich um unten folgende Abbildung (
Quelle
1):

Auch zu finden in:
Evelyn Rossiter, Die ägyptischen Totenbücher, Fribourg / Genève, 1979, S. 82-83
Übrigens ein empfehlenswertes Buch mit vielen Abbildungen zu Totenbuchvignetten, aber, glaube ich, nur noch antiquarisch erhältlich.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 10.08.2003 um 11:38:27


1: http://www.egyptarchive.co.uk/images/british_museum/35_british_museum.jpg


8) Re: Totenbuch des Hunefer
Sadjehuti am 31.08.2003 um 17:14:18 - Anhang: Totenbuch2.jpg

Hi Ihr,

Da es ja schon um den Payrus geht, hätt ich da noch ne Frage: Welcher Gott ist oben links dargestellt?

ich habs nochmal ausgeschnitten.

Ich hab nämlich mal mit meinem Geschichtelehrer gestritten, er sagte Horus, ich Ra. Oder ist es ein Dämon?

Sadje



> Antwort auf Beitrag vom: 31.08.2003 um 17:01:41


9) Re: Totenbuch des Hunefer
 Iufaa am 31.08.2003 um 17:29:07

Wie wär´s mit Re-Horakhty? Wenn das Bild größer wäre, könnte man wahrscheinlich auch links den Namen lesen.

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 31.08.2003 um 17:14:18


10) Re: Totenbuch des Hunefer
Gitta am 31.08.2003 um 17:39:58

An Re-Harachte habe ich auch zuerst gedacht. Aber im Papyrus Ani sitzt genau an dieser Stelle, also an erster Stelle vor dem Opfertisch, Re als "Re-in-der-Mitte-seiner-Barke". In der Beischrift auf Michaels Scan meine ich auch eine Barke zu erkennen - ist wirklich kaum zu lesen.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 31.08.2003 um 17:29:07


11) Re: Totenbuch des Hunefer
Gitta am 31.08.2003 um 17:47:50

Hab nochmal weiter recherchiert: es sieht so aus, als wären Re-Harachte und Re-in-der-Mitte-seiner-Barke identisch

Gitta

PS: also haben beide Recht: Lehrer und Schüler , denn Re-Harachte ist eine Verbindung beider Götter, Re und Horus

> Antwort auf Beitrag vom: 31.08.2003 um 17:39:58


12) Re: Totenbuch des Hunefer
 Anubis am 31.08.2003 um 18:01:36

Gitta,

ich habe noch nicht ganz verstanden, um welches Papyrus es sich hier handelt.
Ist das ein Auszug aus dem Totenbuch?
Wenn ja, bitte die genaue Bezeichnung.
Ich möchte das nachvollziehen können.

Übrigens meine ich, dass es Horus nicht "allein" sein wird, weil der eigentlich nicht vor Osiris sitzt, oder täusche ich mich da?

> Antwort auf Beitrag vom: 31.08.2003 um 17:47:50


13) Re: Totenbuch des Hunefer
Gitta am 31.08.2003 um 18:17:40

Hallo Anubis,

es handelt sich um ein Totenbuch, in diesem Falle das des Hunefer, der vor einem Götterreigen opfert. Der Gott hinter Re-Harachte ist nicht Osiris, sondern Atum, dann kommen Schu, Tefnut, Geb, Nut, Horus (?), Isis, Nephtys... die anderen dahiner kann ich erstmal nicht identifizieren.

Das, aus dem ich zitiert habe, ist auch ein Totenbuch, aber das des Ani.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 31.08.2003 um 18:01:36


14) Re: Totenbuch des Hunefer
 Michael Tilgner am 01.09.2003 um 00:01:46

Hallo Gitta,

die obere Reihe ist das Richterkollegium:

Der erste Gott ist ra "Re"; sonst steht nichts da, während im Papyrus Ani explizit geschrieben ist:

ra-Hr-Axtj nTr aA Hrj-ib wjA=f
"Re-Harachte, der große Gott, der inmitten seiner Barke ist"

Wie gesagt, das fehlt bei Hunefer.

Die folgenden Götter habe ich auch:
Atum, Schu, Tefnut [steht zweimal hier; das zweitemal wohl nur als Kopfschmuck], Geb, Nut, Horus (!), Isis, Nephthys.

Dann kommen Hu (muß sein, ist aber schwer zu lesen, ich habe es erraten wegen des folgenden) und Sia, Personifikationen von "Ausspruch" und "Erkenntnis" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 1222 und 1235).

"Lexikon der Ägyptologie", Bd. III, Sp. 65-68, Stichwort "Hu":

Zitat:
"Personifikation eines religiösen Begriffs, der den schaffenden 'Ausspruch' (Hw) des Schöpfergottes bezeichnet. In einer auf die Schöpfung durch das Wort ausgerichteten Lehre bedarf der Schöpfergott jedoch auch der Erkenntnis. Daher ist H. meist mit der begrifflichen Personifikation der Erkenntnis, Sia sjA verbunden."

Zur Personifikation allgemein: IV, 978-987

Die restlichen Götter sind zu lesen als
wA.t-rsj.t "der südliche Weg"
wA.t-mxtj.t "der nördliche Weg"
wA.t jmntj.t "der westliche Weg"
Wahrscheinlich sind diese Götter Personifikationen geographischer Begriffe - IV, 982:

Zitat:
"Geographische P. können, losgelöst von ihrer phänomenalen Basis, ein religiöses Eigenleben gewinnen ... Nahezu unbegrenzt sind die Möglichkeiten der Personifizierung unterweltlicher und jenseitiger Begriffe."

In diesem Zusammenhang werden auch die obigen Wegegötter erwähnt.

Vor der Götterriege sitzt Hunefer, denn vor ihm steht mit umgedrehter Leserichtung:

jn wsjr sS nj-sw.t hw-nfr
"durch den Osiris, den Schreiber des Königs, Hunefer"

Irgend etwas fehlt; das ist kein ganzer Satz. Z.B. Dd mdw "Worte zu sprechen", aber das wäre hier fehl am Platze, da keine Worte folgen.

Ich meine, daß der dargestellte Hunefer selbst als Hieroglyphe zu lesen ist, nämlich als A4 "Mann mit erhobenen Armen" mit Lesung dwA "preisen" (Hannig, S. 972, 1025), so daß das Ganze hieße:

dwA jn wsjr ... hw-nfr
"Preisen durch den Osiris ... Hunefer"

Die ganze Mannschaft stellt die Götterneunheit dar! Man darf sich nicht von den 14 dargestellten Göttern irritieren lassen.

Zitat:
"... können die Nachbildungen der heliopolitanischen Neunheit gelegentlich weniger oder mehr Götter als Neun aufweisen (Abydos 7, Theben bis zu 15), obwohl dabei die Bezeichnung 'Neunheit' beibehalten wird. Die Neunheit ist als ein Plural des Plurals zu betrachten, eine unbegrenzte Vielheit ... Ebenso wie die neun Bogen alle Fremdvölker bezeichnen und erst spät mit Namen versehen werden, stellt die Neunheit sämtliche göttliche Kräfte dar."
( II, 686-696, Stichwort: "Götterkreise"; hier Sp. 694)

Im Stichwort "Neunheit": IV, 473-479 wird ausgeführt: "Als Funktionen der N. hebt sich vor allem die eines Gerichtshofes ... heraus ..." (Sp. 476)

Im III, 249-252, Stichwort "Jenseitsgericht" wird hervorgehoben:

Zitat:
"Mit dem Hervortreten des Sonnengottes Re als allumfassendem Weltgott im Laufe des AR fällt dann diesem auch der Vorsitz des J. zu. Auf Grund seiner engen Beziehung zur Maat verknüpft sich insbesondere mit ihm die Vorstellung eines ethisch begründeten, magisch unbeeinflußbaren J. Als Richterkollegium steht ihm die Neunheit zur Seite."


Viele Grüße,
Michael Tilgner



> Antwort auf Beitrag vom: 31.08.2003 um 18:17:40


15) Re: Totenbuch des Hunefer
 Michael Tilgner am 01.09.2003 um 21:46:04

Hallo, Bianca,

unterhalb des Richterkollegiums - siehe letztes Posting - ist die Wiegeszene, die aus drei Abschnitten besteht, denen jeweils ein Text zugeordnet ist.


Links: Anubis führt Hunefer zur Waage

Der zugehörige Text ist Tb 30B. Er beginnt oberhalb des Waagebalkens ganz rechts; der Anfang ist erkennbar durch rot markierte Hieroglyphen. Von dort ist nach links bis zum Rand zu lesen, insgesamt 19 Spalten. Wir sollten sie Hu-1 bis Hu-19 nennen.


Mitte: Die Waage

Dargestellt ist die Waage: Auf der rechten Waagschale steht eine Feder als Symbol für die Maat, die kosmische Weltordnung, auf der linken ist ein Herz, stellvertretend für Hunefers Charakter und Lebensweise. Anubis bedient die
Waage. Unter der Waage ist die Fresserin, zu der drei Zeilen Text (F-1 bis F-3) gehören. Rechts steht Thoth, um das Ergebnis aufzuzeichnen. Zu Thoth gehört der darüberstehende Text, erkenntlich an der geänderten Leserichtung, die nun von links nach rechts geht. Die Spalten mögen als Th-1 bis Th-7 bezeichnet werden. Th-1 steht also genau rechts von H-1.


Rechts: Horus geleitet Hunefer zu Osiris

Nach dem Wiegevorgang führt Horus den "gerechtfertigten" Hunefer zu Osiris, der in einem Schrein sitzt. Über ihn steht ein zu ihm gehöriger Text, der nun wiederum von links nach rechts zu lesen ist. Die erste Spalte beginnt vor dem
Schrein: Ho-1 bis Ho-7. Ho-7 und Th-7 stehen also nebeneinander.


Leserichtung

Bekanntlich schauen gerichtete Hieroglyphen wie Menschen, Tiere, Vögel u.a. zum Leseanfang, soll heißen: Sieht ein Vogel nach rechts, muß von dort aus gelesen werden. - Es gibt gelegentlich Umkehrungen von einzelnen Zeichen und Wörtern, sogenannte "Reversals"; das braucht uns nicht weiter zu interessieren. Es kommt auch vor, daß innerhalb einer Spalte von rechts nach links zu lesen ist, während die Spalten von links nach rechts aufeinander folgen, z.B. im Papyrus Ani. Das ist aber hier nicht der Fall.

Warum wechselt aber die Leserichtung dauernd? Hier kommt das Prinzip "Übereinstimmung" (concordance) ins Spiel. Da die Texte den einzelnen Personen / Göttern zugeordnet sind, passen sie sich ihrer Blickrichtung an! Dieses Prinzip wird auch in den Beischriften des Richterkollegiums angewendet.


Kursive Hieroglyphen

Der Text ist in Hieroglyphen geschrieben, und zwar in einer besonderen Form, den kursiven Hieroglyphen.

Zitat:
Ab etwa der 12. Dynastie "... begann man, bestimmte Texte, zum Beispiel religiöse Spruchsammlungen, die dem Toten mit ins Grab gegeben wurden, in einer anderen Schreibschrift [als Hieratisch] zu schreiben, die in der Ägyptologie Kursivhieroglyphen oder Totenbuchkursive genannt wird. Sie wird meist auf die älteste Form des Hieratischen zurückgeführt, entspricht aber vor allem der Art, wie die Hieroglyphen auf die Wände skizziert wurden als Vorzeichnung für den Steinmetz oder Maler, der ihnen dann ihr endgültiges Aussehen gab. Meiner Meinung haben sich die 'Kursivhieroglyphen' daraus entwickelt; dafür spricht unter anderem, daß sie wie die Hieroglyphen sowohl von rechts nach links als auch von links nach rechts geschrieben werden konnten, während dies für das Hieratische nie belegt ist." (Adelheid Schlott, Schrift und Schreiber im Alten Ägypten, München, 1989, S. 82)


Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 01.09.2003 um 00:01:46


16) Re: Totenbuch des Hunefer
Uschebti am 01.09.2003 um 22:01:50

Hallo,
... das Buch "Die ägyptischen Totenbücher" von Evelyn Rossiter habe ich auch. Es ist wirklich ein tolles Buch (Bildband) und tatsächlich schon eher antiquarisch. Ich habs jetzt an die 20 Jahre ...
Der gesuchte Gott im post oben, ist laut diesem Buch von Rossiter nur "Re" - auf Seite 86 ist er wiederum abgebildet. Ich hätte auch auf Re-Harachte getippt. Wegen der Sonnenscheibe und dem Falkenkopf. Die Abbildung - kommt sehr oft vor in dem Buch und wird oft auch nur mit "Re" betitelt.

Grüße Uschebti

> Antwort auf Beitrag vom: 01.09.2003 um 21:46:04


17) Re: Totenbuch des Hunefer
Gitta am 01.09.2003 um 23:03:20

Zum Vergleich hier nochmal die gleiche Szene aus dem Papyrus Ani (es fehlt die Szene, wo Horus den Verstorbenen vor Osiris führt - war zu lang). Ist ganz interessant, wie unterschiedlich doch die Ausführungen sind, obwohl beide Totenbücher zeitlich nicht weit auseinander liegen.


- Vollbild -


Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 01.09.2003 um 22:01:50


18) Re: Totenbuch des Hunefer
Sadjehuti am 01.09.2003 um 23:43:37

Hi Ihr,

ich glaub, jetzt sind alle Götter/Personen bestimmt, außer 4, die sich direkt vor Osiris auf einer Lotusblüte (?) befinden. Sie sehen aus wie stehende Mumien und haben verschiedene Farben. Sollen dies die 4 Horussöhne darstellen, die den Organen des Toten gewidmet waren? Der Text darüber ist so klein, das ich gar nicht erst versuchen wollte, es zu lesen! Aber dieser Text scheint von den 4 Gestalten zu handeln, da die wenigen Hieroglyphen in die geiche Richtung wie die Gestalten blicken. Der Text um Osiris, Isis und Nephtys handelt ja mit höchster Wahrscheinlichkeit von diesen, erstens wegen der Blickrichtung, zweitens weil ich die Namen der Götter im Text indentifizieren kann.

Sadjehuti

P.S.:Hat es eine symbolische Bedeutung, dass Hunefer eine schon fast rote Hautfarbe hat?

> Antwort auf Beitrag vom: 01.09.2003 um 23:03:20


19) Re: Totenbuch des Hunefer
Gitta am 02.09.2003 um 09:21:48

Das sind die vier Horussöhne

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 01.09.2003 um 23:43:37


20) Re: Totenbuch des Hunefer
Sadjehuti am 02.09.2003 um 11:54:53

Hi Gitta,

Danke für deine schnelle, kurze und knappe Antwort.

aber welche Bedeutung/Funktion haben sie in dieser Szene?

Sadje

> Antwort auf Beitrag vom: 02.09.2003 um 09:21:48


21) Re: Totenbuch des Hunefer
 Iufaa am 02.09.2003 um 12:38:13

Hi Marcel,

sie haben mindestens die, die sie sonst auch haben - Beschützer der Kanopen (mit den Eingeweiden). Der Verstorbene ist ja bereits mumifiziert und "gerechtfertigt", d.h. alles was in der Szene dargestellt, gilt für den "kompletten" Toten.

Iufaa

ansonsten im Lexikon -> Horuskinder1

Habe den Text dort mal erweitert.


> Antwort auf Beitrag vom: 02.09.2003 um 11:54:53


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=lexikond&id=030516153028


22) Re: Totenbuch des Hunefer
 Michael Tilgner am 02.09.2003 um 21:39:05 - Anhang: Hunefer-Horuskinder.jpg

Hallo, Sadjehuti,


Zitat:
Der Text darüber ist so klein, das ich gar nicht erst versuchen wollte, es zu lesen!

Ich habe den Text mal eingescannt; sozusagen als Übungsaufgabe!

Zu Deiner Frage nach der roten Hautfarbe des Hunefer: Üblicherweise werden auf altägyptischen Bildern und Reliefs die Männer dunkler gezeichnet; die Frauen sind haben meist eine gelbliche Hautfarbe. Vielleicht soll dies andeuten, daß die Frau im Hause tätig ist und der Mann auf dem Felde?

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 01.09.2003 um 23:43:37


23) Re: Totenbuch des Hunefer
 Michael Tilgner am 02.09.2003 um 21:48:02 - Anhang: Hunefer-Osiris.jpg

Hallo, Sadjehuti, hallo, Iufaa,

noch einmal zur Frage über die Horuskinder:

Zitat:
welche Bedeutung/Funktion haben sie in dieser Szene?

Dazu schreibt das "Lexikon der Ägyptologie", Bd. III, Sp. 1093 im Stichwort "Lotos":

Zitat:
"Seit der 18./19. Dyn. erscheinen - aus noch ungeklärten Gründen - auch die Horuskinder auf der L.-Blüte (vor Osiris)."

@Iufaa: Das mit ihrer Beschützerrolle stimmt sicherlich, aber wieso auf der Lotosblüte? Diese wächst aus einem Teich unterhalb von Osiris heraus. Mir scheint, daß das ganze auch ein Symbol für die Wiedergeburt ist.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

PS Ich füge noch ein Bild ein, so daß die Bestimmung der Götter abgeschlossen werden kann.


> Antwort auf Beitrag vom: 02.09.2003 um 11:54:53


24) Re: Totenbuch des Hunefer
 Iufaa am 02.09.2003 um 22:17:41

Hallo Michael,

die Darstellung der 4 hier "auf der Lotusblume" spielt wohl sowohl auf die Wiedergeburt an, als auch auf die Geburt aus der Lotusblume, die das LÄ unter "Horuskinder" erwähnt.

Ich vermute mal, daß man das die Geburt aus der Lotosblume - wie bei Horus, dem Kind - nicht von der Wiedergeburt wird unterscheiden können.
Die Darstellung der 4 H. stehend auf einer Lotusblüte vor dem Thron des Osiris scheint wohl für das TB typisch zu sein.

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 02.09.2003 um 21:48:02


25) Re: Totenbuch des Hunefer
Gitta am 02.09.2003 um 22:28:27

Das ist schon irgendwie merkwürdig:

Bei Ani gibts auch die Darstellung der Horuskinder auf der Lotusblüte vor Osiris, aber das Gesicht Osiris zugewandt. Bei Hunefer ist es genau anders herum, also das Gesicht dem Verstorbenen zugewandt. Die Ägypter waren ja Weltmeister der Symbolik. Ob diese unterschiedlichen Anordnungen etwas zu bedeuten haben?

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 02.09.2003 um 22:17:41


26) Re: Totenbuch des Hunefer
Sadjehuti am 02.09.2003 um 23:29:11 - Anhang: Horussoehne2.jpg

Hi Michael!

Du kannst es einem echt schwer machen!

Also ich kann nur erahnen, dass in dem Text Amset und Hapy erwähnt werden! Sorry, so gut bin ich jetzt auch wieder nicht in Hieros entziffern, aber gut erkennen kann man die Hieros immer noch nicht (Stichwort: Totenbuchkursive)!

Amset oben in der ersten Zeile von links, Hapy oben in der zweiten Zeile von links, kann das sein?!

Eigenartig, aber ich kann nur 2 Götterdeterminative erkennen. Was mit den anderen beiden geschehn ist, keine Ahnung!

Sadje

P.S.:Aber Thot, Anubis und Horus haben auch ne hellere Hautfarbe! Außerdem fiel mir bei mäherer Betrachtung auf, dass 1. Nephtys nackt ist, bzw. dass das Gewand (wenn sie eins an hat) Hautfarbe hat und an den Füßen kein Strich ist, 2. dass sie nur einen Arm hat! Hat da etwa einer was vergessen ?

> Antwort auf Beitrag vom: 02.09.2003 um 21:39:05


27) Re: Totenbuch des Hunefer
neTer mer am 03.09.2003 um 07:20:00

Hallo,

die Göttin mit dem hautfarbenen Kleid ist Isis. Da sie hinter Nephthis steht kann man ihren zweiten Arm nicht sehen, sondern nur ihre zweite Hand.

Jetzt habe ich aber eine Frage:  

In der Spalte über den beiden Göttinnen steht:
"Ich bin deine Schwester Isis Nephthis". Sollte da nicht eine zweite Spalte extra für Nephthis stehen, oder das ganze im Plural geschrieben sein.

Schon im Voraus einen Dank für eure Antworten.

Gruß
neTer mer



> Antwort auf Beitrag vom: 02.09.2003 um 23:29:11


28) Re: Totenbuch des Hunefer
 Michael Tilgner am 03.09.2003 um 09:00:10 - Anhang: Hunefer-Tb30B.JPG

Hallo,

@Iufaa: Über das hinaus, was wir im Zusammenhang mit den Horuskindern diskutiert haben, ist mir Näheres nicht bekannt. Es scheint, daß diese Frage in der Ägyptologie noch nicht untersucht wurde (Tip für eine Dissertation?).

@Gitta: Symbolik der Blickrichtung? Wer weiß? - Mir ist auch aufgefallen, daß in der Götterreihe 7 von den 14 ein Anch-Zeichen auf den Knien tragen, die anderen nicht. Auch Symbolik? Und wenn ja, welche?

@Sadjehuti: Die Fragezeichen sind überflüssig! Ich sehe das genauso wie Du.

imstj "Amset" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 1190)
Hpy "Hapi" (Hannig, S. 1222)

Was allerdings die beiden Zeichen nach dem Götterdeterminativen bedeuten, habe ich noch nicht herausgefunden. Sie sehen aus wie wsjr "Osiris", allerdings ist die Reihenfolge vertauscht! Und warum die anderen beiden keine Götterdeterminative haben: rätselhaft!

Übrigens kann man Isis und Nephthys leicht unterscheiden, da sie ihre Namen (bzw. Teile davon) auf den Köpfen tragen.

@neTer mer: Ich lese die Inschrift über die Göttinnen auch so:

jnk sn.t=k As.t nb.t-Hw.t
"ich bin deine Schwester, Isis, Nephthys"

As.t "Isis" (Hannig, S. 1183)
nb.t-Hw.t "Nephthys" (S. 1214)

Man muß das wohl so interpretieren, daß jede Göttin diesen Satz spricht.

Beigefügt ist der Totenbuch-Spruch 30B, den Hunefer spricht. Eine Übersetzung findet man in: Erik Hornung, Das Totenbuch der Ägypter, Zürich / München, 1979, S. 96-97. Aber Achtung: Dies ist eine Variante!

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 03.09.2003 um 07:20:00


29) Re: Totenbuch des Hunefer
Sadjehuti am 03.09.2003 um 12:02:15

Hi Michael!

Ich glaube das ist wohl die einfachste Art, die Göttinnen zu erkennen! Als ob ich das nicht schon vorher gewusst hätte!

Sadje

> Antwort auf Beitrag vom: 03.09.2003 um 09:00:10


30) Re: Totenbuch des Hunefer
 Michael Tilgner am 04.09.2003 um 12:47:19

Hallo, Ägyptenfans,

ich habe mich mal an die Übersetzung von Tb 30B gewagt. Dabei habe ich mich an der Hornungschen Übersetzung orientiert und versucht, sie zu reproduzieren. Zum Nachvollziehen sind einige Erklärungen und Kommentare beigefügt. Die Umschrift ist die des Manuel de Codage. Wortbildungsteile, z.B. das feminine t oder der Plural w sind mit Punkt abgegrenzt, Suffixe mit Gleichheitszeichen.


Beischrift Hunefer = Tb 30B = Hu-1 bis Hu-19

Deutsche Übersetzung: Erik Hornung, Das Totenbuch der Ägypter, Zürich / München, 1979, S. 96-97
= Lexikon der Ägyptologie, 7 Bde., Darmstadt, 1975-1992
Hannig = Rainer Hannig, Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch, Mainz, 1995


Hu-1
rA n jb n wsjr sS nj-sw.t hw-nfr
"Spruch des Herzens für den Osiris (= den Toten), Schreiber des Königs Hunefer - ..."

rA "Spruch" (Hannig, S. 455)
Das n ist in den Kursivhieroglyphen ein Strich mit leicht verdickten Enden, keine Wellenlinie.
rA n ist rot geschrieben. V, 313-314, Stichwort: "Rubrum":
Zitat:
"Die mit roter Tinte geschriebenen R. dienten vom AR bis zur SpZt zur Hervorhebung, zur Gliederung, zur Absonderung und zur Unterscheidung. Diese Punkte schließen sich gegenseitig nicht aus, sondern ein R. kann verschiedene dieser Funktionen erfüllen. So können zu Beginn der Buchtitel die ersten Worte oder das Datum eines Textes durch ein R. besonders hervortreten, mitten im Satz dienen dieselben R. sowohl der Hervorhebung als auch der inneren Gliederung."

jb "[allg] Herz" (Hannig, S. 38)
Hinter Hunefer sind noch zwei Linien, die ich nur als Unterstreichung empfinde und nicht übersetze. Vielleicht stehen sie aber auch für ein mAa-xrw "gerechtfertigt", das allerdings auf der folgenden Spalte noch einmal steht.


Hu-2
mAa-xrw Dd=f jb=j n=j jb=j
"... gerechtfertigt. Er spricht: Mein Herz, das mir gehört, mein Herz ..."

mAa-xrw (wörtlich: "wahr an Stimme") "gerechtfertig, selig sein (vor dem Jenseitsgericht wurde die Aussage des Verstorbenen für richtig befunden)" (Hannig, S. 316) - hier nimmt der Papyrus das Ergebnis schon vorweg. Diese Beischrift ist abgekürzt geschrieben (Hannig, S. 1288).
Dd=f ist rot geschrieben
jb=j n=j wörtlich: "mein Herz für mich" - n "(6) [dativus possessoris, Angabe des Besitzes, Paraphrase von gehören, haben] jw Ts.w n=j mir gehören Sprüche ..." (Hannig, S. 385)


Hu-3-4
mw.t=j HAtj=j n xpr.w[=j]
"... meiner Mutter, mein Herz [meiner] verschiedenen Lebensalter:"

mw.t "Mutter" (Hannig, S. 330)
HAtj "Herz (Sitz des Lebens; Zentrum der Gefäße; Herz- und Verdauungsfunktion; bei Mensch und Tier)" (Hannig, S. 507)
xpr.w "(2) Phasen, Entwicklung (des Lebens eines Menschen) ... (3) ... HAtj=j n xpr.w=j meiner verschiedenen Lebensalter" (Hannig, S. 595) - Die drei Punkte sind die Pluralstriche. - Dieses Wort leitet sich von xpr "werden, entstehen" (Hannig, S. 594) ab. - Das =j ergänzt aufgrund von Parallelstellen.

Das Ganze ist kein Satz, nur eine Anrufung.

Im Ägyptischen gibt es zwei Wörter für das Herz, die lange Zeit nicht richtig voneinander abgegrenzt werden konnten. Was aber diese Anrufung anspricht, kommt unserem modernen Verständnis entgegen: Nämlich, daß ein Teil unseres Wesens ererbt ist ("Herz meiner Mutter"), ein anderer Teil auf Erfahrungen und Erziehung ("Herz meines Werdens") beruht.

Zum Verständnis des Herzens im Alten Ägypten:

II, 1158-1168, Stichwort "Herz"
II, 1168-1170, Stichwort "Herzskarabäus"
Hellmut Brunner, Das Herz im ägyptischen Glauben, in: Das Herz im Umkreis des Glaubens, 1, Biberach, 1965, S. 81-106. Wiederabgedruckt in: Hellmut Brunner, Das hörende Herz, Freiburg / Göttingen, 1988, S. 8-41
Neuere Auffassungen referiert und vertritt Jan Assmann, Tod und Jenseits im Alten Ägypten, München, 2001, S. 38. - Sh. auch den Abschnitt "Herz", S. 139-143


Hu-4
m aHa r=j
"Tritt nicht auf gegen mich ..."

m (jm) "[Imperativ zum Verb jmj; zur Bildung des negativen Imperativs] nicht!" (Hannig, S. 312)
aHa "[allg] aufstehen, sich stellen" (Hannig, S. 154)

Für Grammatikfans sei darauf hingewiesen, daß es sich bei der Verbform aHa um das sog. "Negativkomplement" handelt (Gardiner, Egyptian Grammar, § 341; James P. Allen, Middle Egyptian, § 16.4 "Negation of the imperative", die Formen sind in § 14.17 erläutert). Die spezielle Endung .w wird oft weggelassen, wie hier.

Hu-5
m mtrw
"als Zeuge"

mtrw "Zeuge (vor Gericht) aHa m mtrw als Zeuge auftreten" (Hannig, S. 375)

Viele Grüße,
Michael Tilgner



> Antwort auf Beitrag vom: 03.09.2003 um 09:00:10


31) Re: Totenbuch des Hunefer
 Michael Tilgner am 05.09.2003 um 12:45:21

Hu-6-7
m xsf r=j m DADA.t
"Tritt mir nicht entgegen im Totengericht!"

xsf "(6) [Theologie] entgegentreten (bei Gericht)" (Hannig, S. 620) - Das Zeichen ist U35, eine Kombination der Zeichen U34 "Spindel" und I9 "Hornviper"
DADA.t "(1) Kollegium (der Räte, Richter) ... (2) Totengericht" - Das nicht leicht erkennbare Zeichen zwischen den U28 ist offensichtlich W24, das "nw-Gefäß".


Hu-7-8
m jr.t rqy=k r=j
"Zeige keine Feindseligkeit gegen mich ..."

rqw "(1) Feindseligkeit, Feindschaft jrj rqw Feindseligkeit zeigen (r gegen ... (2) Schieflage (der Waage)" (Hannig, S. 479) - rqy ist eine Schreibvariante von rqw (Digitalisiertes Zettelarchiv1)
Das Negativkomplement wird ab der 18. Dynastie durch den Infinitiv ersetzt (Alan Gardiner, Egyptian Grammar, § 341). Vielleicht gilt das auch schon für den oben erwähnten Fall (Hu-4).
Das seltsame Zeichen ist die kursivhieroglyphische Version des V31 k.
r=j Z1 "Strich" wird gelegentlich für die 1. Pers. Singular verwendet (Hannig, S. 1099).


Hu-9-10
m-bAH jrj-mxA.t
"... vor dem Waagemeister!"

m-bAH "vor" (Hannig, S. 241) - Nach den Schreibvarianten des Digitalisierten Zettelarchivs zu urteilen, handelt es sich bei dem schwarzen Fleck unter dem "Phallus" D52 um Z1 "Strich".
jrj-mxA.t "Waagemeister" (Hannig, S. 84, 357) - Nicht leicht herauszufinden: r als Kurzform von jrj mit Determinativ A1, würde ich meinen. Jedenfalls muß man das nach den Parallelstellen so annehmen (Papyrus Ani).

Viele Grüße,
Michael Tilgner



> Antwort auf Beitrag vom: 04.09.2003 um 12:47:19


1: http://aaew.bbaw.de/gif/26/26080000/26084050.gif


32) Re: Totenbuch des Hunefer
 Michael Tilgner am 06.09.2003 um 12:55:01

Hu-10-11
ntk kA=j jmj X.t=j
"Du bist mein Ka, der in meinem Leib ist."

ntk "[selbständiges Personalpronomen mask. 2. Pers. Sing.] (1) [als Subjekt zu nominalem Nominalsatz] du" (Hannig, S. 442)
kA "Ka, Persönlichkeit, Lebenskraft, Lebensgeist (bei König, Gott, Mensch; wird mit ihm geboren, hat menschliche Gestalt, eine Art Schutzgeist, übertragbar auf den Sohn; bes. als Oberbegriff für andere Kräfte der Persönlichkeit)" (Hannig, S. 872) - Hier allerdings mit dem Determinativ X4 "Brotlaib" geschrieben wie bei kA "Nahrung, Speise". Der innere Zusammenhang dieser verschiedenen Bedeutungen ist oft diskutiert worden. - Zum Ka allgemein, u.a.:

III, 275-282, Stichwort "Ka"
Jan Assmann, Tod und Jenseits im Alten Ägypten, München, 2001, Abschnitt "Der Tote und sein Ka", S. 131-139

X.t "Leib, Bauch" (Hannig, S. 629) - Vielleicht ist ein Strich Z1 "Strich", der andere F51 "Fleischstück", Determinativ von X.t; zur Schreibung dieses Zeichens sh. auch die folgende Spalte.


Hu-11-12
Xnmw s.w[DA] a.w.t=j
"(und du bist) Chnum, der meine Glieder wohlbehalten sein läßt."

Xnmw "Chnum" (Hannig, S. 1234) - Das Zeichen ist W9 "Steingefäß mit Henkel" mit Lesung Hnm - Chnum ist der Schöpfergott.
s.wDA "wohl sein lassen, wohl ergehen lassen, wohlbehalten sein lassen ..." (Hannig, S. 682) - Hier hat der Schreiber zwei Zeichen wegfallen lassen: DA, wie man an Parallelstellen (Papyrus Ani) erkennen kann.
a.t "Glied, Körperglied, [Plural] Gliedmaße" (Hannig, S. 124) - Das, was wie ein Komma aussieht, ist das Determinativ F51.


Hu-12
pr n[=k] Hr bw-nfr
"Mögest Du hervorkommen zum Guten, ..."

prj "[allg] hinausgehen, herausgehen r zu Ort ..." (Hannig, S. 283)
n=k "(4) [dativus ethicus; reflexiver Dativ, zur Bezeichnung der inneren Teilnahme]" dient der Verstärkung des Imperativs (Gardiner, Egyptian Grammar, § 337, 2). - Der Schreiber hat das in den Parallelstellen verwendete =k weggelassen und statt der sonst verwendeten Präposition r "zu" die Präposition Hr "auf, über" verwendet.
bw-nfr "das Gute, Beste" (Hannig, S. 250) - bw "Ort, Stelle, Platz" (ibid.) dient "(2) [zur Bildung von abstrakten Substantiven, oft im superlativen Sinne ...]" - Die Schreibung b ist eine Abkürzung für bw (Hannig, S. 237)


Hu-13
Hn n=k jm
"... das für dich dort bereitet ist."

Hn "(2) ausstatten" (Hannig, S. 535)
n=k das V31 k ist etwas unleserlich geschrieben; sh. Papyrus Ani.
jm "[Adverb, lokal] da, dort, dorthin" (Hannig, S. 47) - Mit "dort" ist natürlich das Jenseits gemeint!

Mit dem folgenden m=j kann ich nichts anfangen! Vielleicht ist das ganze aber auch jmj "(1) darin (befindlich) sein" (Hannig, S. 47) zu lesen, so daß der Satz dann heißen würde: "... das für dich bereitet und darin befindlich ist"

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 05.09.2003 um 12:45:21


33) Re: Totenbuch des Hunefer
 Michael Tilgner am 07.09.2003 um 12:12:42 - Anhang: Hunefer-Fresserin.jpg

Hu-14-15
m jr s.xnS rn=j
"Mache meinen Namen nicht stinkend ..."

m jr + Infinitiv ist eine Variante des negierten Imperativs, die ab der 18. Dynastie aufkommt und dann im Neuägyptischen üblich wird; Allen erwähnt eine ähnliche Entwicklung im Englischen, wo aus dem "go not!" im Laufe der Zeit ein "do not go!" wird. (Gardiner, Egyptian Grammar, § 340, 2; James P. Allen, Middle Egyptian, § 16.4; Adolf Erman, Neuägyptische Grammatik, § 789) - Sh. auch Hannig, S. 312, Stichwort m zum negierten Imperativ "(2) m jrj ... b. (mit Infinitiv, wie einfaches m)"
s.xnS "stinkend machen" (Hannig, S. 748) - Das Wort stammt von xnS "stinken, übel riechen" (Hannig, S. 606) ab; xnS rn "im üblen Ruf stehen". Das vorangestellte s macht das Verb zum sog. Kausativ, der also die verursachende Tätigkeit bezeichnet (zum Kausativ allgemein: Alan H. Gardiner, Egyptian Grammar, § 275).


Hu-16
n Sny[.t] m-bAH
"für die Hofleute vor ..."

Snw.t (Sny.t) "(2) Hofleute (eines Gottes)" (Hannig, S. 825) - Gemeint ist sicher das Jenseitsgericht. Das t fehlt hier.


Hu-17
nTr aA nb jmnt.t
"... dem Großen Gott, dem Herrn des Westens!"

nTr aA "der Große Gott (Gott, insbesondere Re und Osiris)" (Hannig, S. 444)
jmnt.t "(1) Westen, (2) Totenreich; Nekropole" (Hannig, S. 72) - Das Determinativ ist R14 "Westzeichen".

Hier endet der Spruch 30B bei Hunefer.


Hu-18-19
dj.tw n=j t m
"Man gebe mir Brot als ..."

tw "[unbestimmtes Pronomen] ... (3) [zur Bildung des Passivs] ... sDm.tw man hört" (Hannig, S. 919) - Der Satz ist sicherlich als Wunsch / Aufforderung zu verstehen.
t "Brot" (Hannig, S. 911)


Hu-19
pr.t-xrw (?) qbHw m pr.t-xrw(?)
"als Opferspende (?), eine Wasserspende als Trankopfer (?)"

?? pr.t-r-xrw (pr.t-xrw) "Totenopfer" (Hannig, S. 286) ?? - Die angebenen Wörter konnte ich bisher noch nicht identifizieren; ich bin mir aber ziemlich sicher, daß sie Opfergaben bezeichnen.
qbHw "(1) kühles Wasser ... (3) Libation, Wasserspende ... rDj qbHw eine Wasserspende geben" (Hannig, S. 854)


Beigefügt ist die Inschrift bei der Fresserin.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 06.09.2003 um 12:55:01


34) Re: Totenbuch des Hunefer
 Michael Tilgner am 08.09.2003 um 10:17:43 - Anhang: Hunefer-Thoth.jpg

Beischrift Fresserin = F-1 bis F-3


F-1
am-mwt.w HA.t=s
"Die Totenfresserin: ihr Vorderteil ..."

am-mwt (ammy.t) "Totenfresserin (beim Jenseitsgericht)" (Hannig, S. 139) - dort ist auch die vollständige Übersetzung dieser Beischrift angegeben. - Der Name setzt sich zusammen aus: am "schlucken, verschlingen" (Hannig, S. 139) und mwt "der Tote, der Verstorbene" (Hannig, S. 332) - Zu den Zeichen: G20: Kombination von G17 "Eule" und D36 "Vorderarm"; danach folgt F10 "Kopf und Nacken eines Tieres" als Determinativ für Hals, Kehle, schlucken; zum Schluß A14 "liegender Mann, aus dem Blut herausströmt" als Determinativ für sterben. Zudem sind drei Pluralstriche vermerkt. Der Name ist dann zu lesen: "der die Toten verschlingt" - am ist als Partizip zu sehen. Da aber im folgenden und auch sonst dieses Fabelwesen als weiblich beschrieben wird, müßte man eigentlich erwarten am.t-mwt.w "die die Toten verschlingt".
HA.t "Vorderseite (des Körpers)" (Hannig, S. 504) - das Suffix =s ist 3. Pers. fem. Sing.


F-2
[m] msH
"(ist) ein Krokodil"

msH "Krokodil" (Hannig, S. 364) - Determinativ ist I3 "Nilkrokodil". - Offensichtlich sind die Zeichen s und H vertauscht. Das w paßt gar nicht; ein Plural macht keinen Sinn. Daß diese vermurkste Schreibung dennoch als Krokodil zu lesen ist, wird auch vom Digitalisierten Zettelarchiv1 unterstützt.

Hier fehlt das "m of predication" (Alan H. Gardiner, Egyptian Grammar, § 38; sh. auch Hannig, S. 311, Bedeutung (11) von m). - Die Erscheinung, daß bei zwei aufeinanderfolgenden gleichen Zeichen eines wegfällt, wird seit den Inschriften des Alten Reiches beobachtet. Sie wird mit dem Fachbegriff "Haplographie" bezeichnet. Obwohl, wie gesagt, recht häufig, wird sie nur selten in den Grammatiken erwähnt.


F-2-3
pH.w[j]=s m db.t
"ihr Hinterteil (ist) eine Nilpferdkuh"

pH.wj "Hintern, Hinterteil" (Hannig, S. 288) - j ist zu ergänzen.
db.t "Nilpferdkuh" (Hannig, S. 973) - Das Determinativ ist wohl F27 "Rinderhaut" zur Kennzeichnung von Säugetieren.

In dieser Aussage ist das m ausgeschrieben worden. Nur hier wird die weibliche Form des Tiernamens angegeben.


F-3
Hrj-jb=st
"ihr mittlerer Teil (ist) ..."

Hrj-jb "mittlerer, in der MItte befindlich" (Hannig, S. 549)
st "Schreibung für Suffix =s" (Hannig, S. 648) - Diese Nebenform ist vor allem im Neuägyptischen gebräuchlich (Adolf Erman, Neuägyptische Grammatik, §§ 70-71).


Danach folgt als Spalte:
[m] mAj
"ein Löwe"

"m of predication" fehlt hier wieder (sh. oben)
mAj  "Löwe" (Hannig, S. 315) - Das erste Zeichen ist G17 "Eule" (Lesung m) kombiniert mit U1 "Sichel" mit Lesung mA; es ist, soweit ich sehen kann, nicht in den Zeichenlisten aufgeführt. Das letzte Zeichen ist wieder das Tierdeterminativ F27.


Weitere Informationen zur "Fresserin" in II, 328. Sh. auch: II, 74-77, Stichwort "Fabeltiere".


Als nächstes steht die Beischrift zu Thoth an.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 07.09.2003 um 12:12:42


1: http://aaew.bbaw.de/gif/24/24330000/24333850.gif


35) Re: Totenbuch des Hunefer
Gitta am 08.09.2003 um 22:09:23

Hallo Michael,

das ist ja eine Wahnsinnsarbeit - super. Ich werde Deine Übersetzungsergebnisse ausdrucken und versuchen, sie in einer stillen Stunde (ich hoffe die kommt irgendwann mal) nachzuvollziehen. Das ist bestimmt ein gutes Lehrstück.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 08.09.2003 um 10:17:43


36) Re: Totenbuch des Hunefer
 Michael Tilgner am 09.09.2003 um 11:45:36 - Anhang: Hunefer-Horus.jpg

Beischrift Thoth = Th-1 bis Th-7


Die Leserichtung ist von links nach rechts.

Th-1
Dd-mdw jn DHwtj nb mdw-nTr
"Worte zu sprechen durch Thoth, den Herrn der Gottesworte (= Hieroglyphen)"

Dd-mdw "zu sprechen; Worte sprechen, im Wortlaut zu rezitieren (zur Einleitung von Sprüchen oder formelhaften Reden; auch als allgemeines Zeichen für den Zeilenanfang)" (Hannig, S. 1018) - setzt sich zusammen aus: Dd "sagen" (Hannig, S. 1016) und mdw "Rede, Wort" (Hannig, S. 378)
jn "[zur Einführung des logischen Subjekts beim Infinitiv oder bei Passivformen] bei, durch, seitens Dd mdw jn [Theologie] werde gesprochen von" (Hannig, S. 73) - Grammatisch gesehen, ist dies eine "absolute" Verwendung des Infinitivs (Alan H. Gardiner, Egyptian Grammar, § 306, 1).
DHwtj "Thoth" (Hannig, S. 1251)
mdw-nTr "Gotteswort(e), Hieroglyphenschrift, Hieroglyphen; Literatur, Texte in (heiligen) Glyphen geschrieben" (Hannig, S. 378) - Das Zeichen ist S43 "Spazierstock" mit Lesung md(w). Man beachte auch die aus Ehrerbietung vorgenommene Voranstellung des Gotteszeichen (sh. auch Alan H. Gardiner, Egyptian Grammar, § 57).


Th-2-3
mk wj Hr mtr
"Siehe, ich bezeuge ..."

mk "[nicht-enklitisches Partikel ... Funktion: 'Präsentativ' (kommunikative Partikel; entspricht einer vorweisenden Geste)] (1) [präsentiert bzw. stellt Ereignis / etwas vor] siehe, siehe hier" (Hannig, S. 370)
wj "(2) [nach bestimmten Partikeln] ich" - abhängiges Personalpronomen, 1. Pers. Sing.
mtr "bezeugen, Zeugnis ablegen für, Zeuge sein für" (Hannig, S. 375)

Bei der Form handelt es sich um die sog. "pseudoverbale Konstruktion": Sie wird entweder mit Nomen + Pseudopartizip oder mit Nomen + Hr + Infinitiv gebildet. Diese zweite Form liegt hier vor, aber der Schreiber konnte sich nicht recht entscheiden und hat nicht den Infinitiv, sondern das Pseudopartizip geschrieben mtr.w. Oder er meinte die erste Form und hat ein überflüssiges Hr eingefügt. Letzteres beobachtet man häufiger in neuägyptischen Texten, in denen das Hr oft weggelassen wird (sh. folgenden Satz) oder unrichtig verwendet wird:
Zitat:
"Wichtig ist nun, dass in allen Verbindungen, die Hr mit dem Infinitiv benutzen, dieses Hr sehr oft fehlt ... Das unrichtige Einsetzen eines Hr bei nicht infinitivischen Formen des Verbums ... zeigt uns, dass die Schreiber schliesslich das Hr als etwas gleichgültiges ansahen, das man vor dem Verbum schrieb, aber nicht aussprach." (Adolf Erman, Neuägyptische Grammatik, § 477)

Zu der hier behandelten Satzform: Alan H. Gardiner, Egyptian Grammar, § 324 "The pseudo-verbal construction introduced by non-enclitic particles"


Th-3
rn n wsjr
"... für den Namen des Osiris (= Verstorbenen)"


Th-4
sS nj-sw.t hw-nfr
"Schreiber des Königs Hunefer:"

Wenn man das folgende in Betracht zieht, ist der Sinn sicherlich in etwa folgender: "Ich habe unter dem Namen Hunefer folgendes protokolliert:", und zwar - wie andere Texte sagen - schriftlich; daher ist ja Thoth mit dieser Aufgabe betraut. In dieser Hinsicht waren die Alten Ägypter ein durchaus bürokratisches Völkchen!


Th-4-6
jw jb=f [Hr] pr.t Hr mHA[.t]
"Sein Herz ist auf die Waage herausgekommen."

prj Am besten ist wohl die Bedeutung "(5) sich zeigen, sichtbar werden" (Hannig, S. 283): "Sein Herz hat sich auf der Waage gezeigt."; soll heißen: Die Wägung ist vorgenommen worden.
pr.t ist der Infinitiv von prj "hinausgehen, herausgehen", so daß ein Hr eingefügt werden muß, um die pseudoverbale Konstruktion zu erhalten (Alan H. Gardiner, Egyptian Grammar, § 323: "The pseudo-verbal construction introduced by jw").


Th-6-7
bw gm n=f TAy
"Nicht wurde für es (= das Herz) ein Vorwurf gefunden."

bw "[neuägyptisch, Negation] nicht" (Hannig, S. 250)
gmj "finden" (Hannig, S. 899)
TAy "Vorwurf, Tadel" (Hannig, S. 947) - Das erste Zeichen ist G47 "Küken" mit Lesung TA. Das Zeichen darunter kann ich nicht erkennen: Vielleicht D51 "Finger, waagerecht" und der "schlagende Arm" D40 wie beim Verb TAy "tadeln" (Hannig, S. 946). Allerdings stehen diese Zeichen dort nach dem y.

Zitat:
"bw ist im Neuägyptischen die gewöhnliche, vor den Verben übliche Negation ... Es steht in Aussagesätzen, die auf die Vergangenheit gehen ... Sehr oft steht bw in einer praesentischen Aussage ..." (Adolf Erman, Neuägyptische Grammatik, §§ 769-770)

Hinter der Negation bw steht im Aktiv die Relativform, im Passiv das perfektische passive Partizip (Adolf Erman, Neuägyptische Grammatik, § 767). Ich habe in der obigen Übersetzung die passive Form für die Vergangenheit gewählt. Denkbar ist auch bw gm.n=f TAj "Nicht fand es (= das Herz) einen Vorwurf", denn auf die Waage kann sich dieser Satz nicht beziehen, sonst müßte hier ein feminines Suffix stehen.

Damit steht das "amtliche Endergebnis" der Wiegung fest.


Zum Abschluß folgt die Beischrift zu Horus.

Viele Grüße,
Michael Tilgner



> Antwort auf Beitrag vom: 08.09.2003 um 10:17:43


37) Re: Totenbuch des Hunefer
 Michael Tilgner am 10.09.2003 um 11:26:39

Beischrift Horus = Ho-1 bis Ho-7


Die Leserichtung ist von rechts nach links.

Ho-1
Dd-mdw jn Hr nD-jt=f
"Worte zu sprechen durch Horus, 'Beistand seines Vaters', ...'"

nD "Schützer, Beistand nD-jt=f 'Beistand seines Vaters' (Horus als Rächer seines Vaters Osiris)" (Hannig, S. 448)
jt "Vater" (Hannig, S. 110) - Der Strich ist sicherlich ein Determinativstrich.


Ho-1-2
jwaw mnx n wnn-nfr
"... trefflicher Erbe des Wenen-nefer:"

jwaw "Erbe" (Hannig, S. 33) - Die Zeichen am Ende von Ho-1: E9 "junge Kuhantilope" mit Lesung jw, darunter D36 "Vorderarm", zu lesen a, Anfang von Ho-2: F44 "Beinknochen mit Fleisch" und Lesung jwa.
mnx "tüchtig, richtig, vortrefflich, qualitativ gut sein" (Hannig, S. 340)
wnn-nfr "Wenen-nefer, Onophrios" (Hannig, S. 1199), Beiname des Osiris

Die Beischrift "trefflicher Erbe" spielt auf darauf an, daß Horus die Herrschaft über die beiden Länder als Sohn des Osiris antritt.


Ho-2-3
mk wj Hr bs
"Siehe, ich führe ein ..."

wj das abhängige Personalpronomen 1. Pers. Sing. ist noch mit einem Götterdeterminativ versehen (ähnlich in Hannig, S. 179 angegeben)
bs "einführen" (Hannig, S. 259) - Das schräge Zeichen ist der Fisch K5, phonetisch bs

Bei der Verbform handelt es sich wiederum um die bereits erwähnte pseudoverbale Konstruktion.


Ho-4
n=k wsjr hw-nfr
"... zu dir den Osiris Hunefer."


Ho-5-6
jw=f sjp m-a mxA[.t]
"Er ist geprüft worden durch die Waage."

sjp "(2) kontrollieren, überprüfen, testen, nachsehen, prüfen" (Hannig, S. 665) - Bei dem seltsamen Zeichen mit den drei Strichen scheint es sich um Q3 p zu handeln.
m-a "durch" (Hannig, S. 312)

Eine pseudoverbale Konstruktion mit jw + Pseudopartizip, also genau genommen sjp[.w], aber diese Endung fällt bei Verben mit 3 Konsonanten zumeist weg.


Ho-6-7
jw pA tx hA.y r s.t=f
"Das Lot ist an seine (richtige) Stelle getreten."

pA "der" - der männliche Artikel im Neuägyptischen, der sich aus dem mittelägyptischen Demonstrativpronomen pA "dieser" entwickelt hat. Wegen der etlichen neuägyptischen Einflüsse bevorzuge ich diese Übersetzung.
tx "Lot (an Waage als Zünglein)" (Hannig, S. 938) - das Determinativ ist U41 "Lot der Waage"
hAj " (1) [allg] herabsteigen, hinabsteigen ... (6) ... hAj r s.t=f an seine (richtige) Stelle treten" (Hannig, S. 485) - Als Verb 3ae inf. kennt es ein Pseudopartizip hA.w und auch hA.y.


Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 09.09.2003 um 11:45:36


38) Re: Totenbuch des Hunefer
 Michael Tilgner am 11.09.2003 um 10:07:04

Beischrift Osiris


Die Leserichtung ist von links nach rechts.

1. Spalte
wsjr xntj-jmn.tj.w
"Osiris, an der Spitze der Westlichen, ..."

xntj "(4) an der Spitze (von Personen)" (Hannig, S. 607-8) - Das Zeichen ist das kursivhieroglyphische W17 "Wasserkrüge im Gestell" mit Lesung xnt
jmn.tj.w "die Toten, die Westlichen" (Hannig, S. 72) - Das erste Zeichen ist das Westzeichen R14, dann folgt der tjw-Vogel G4

Das Ganze ist ein übliches Beiwort zu Osiris.


2. Spalte
nTr aA
"... der große Gott"


Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 10.09.2003 um 11:26:39


39) Re: Totenbuch des Hunefer
kg am 14.09.2003 um 04:35:35

Hallo Michael,
das war aber eine Meisterleistung!!!!   Nur mit "Evelyn Rossiter", ohne die Umschrift und Deine Übersetzung hätte ich keine Chance gehabt, einen Durchblick zu bekommen. Sehr hilfreich waren auch die Anmerkungen zur Grammatik.
Es hat echt Spaß gemacht!
Viele Grüße, kg  

> Antwort auf Beitrag vom: 11.09.2003 um 10:07:04


40) Re: Totenbuch des Hunefer
Horusauge am 05.06.2005 um 14:12:35

hei  ich bin Horusauge
mich hat das Thema total fasziniert, könnte mir jemand die Vollständige Übersetzung zuschicken ?
(auf Deutsch) ich wäre sehr dankbar
gruss
Horusauge

> Antwort auf Beitrag vom: 14.09.2003 um 04:35:35