Um zu verstehen, wie die alten Ägypter mit dem Tod umgehen und wie sie sich das Fortleben nach dem Tod vorstellten, muss man ihr Menschenbild berücksichtigen. Anders als bei uns heute, wo der Mensch oft als Wesen mit einem (sterblichen) Körper und einer (unsterblichen) Seele, manchmal noch mit einem schwer zuzuordnenden Geist, angesehen wird, ist das ägyptischen Menschenbild wesentlich komplexer. Man stellt sich vor, dass ein Mensch aus fünf Teilen besteht, nämlich aus vier persönlichen (Körper, Name, Schatten, Ba) und einem unpersönlichen (Ka). Diese sind zusätzlich entweder frei beweglich (Ba, Schatten) oder aber örtlich gebunden (Körper, Name). Der Ka umfasst die abstrakte Lebenskraft des Menschen, die auch Göttern, Tieren und sogar Statuen zukommt. Der Ba ist ein persönliches, frei bewegliches Seelenelement, das als Vogel mit Menschenkopf dargestellt wird. In der ägyptischen Vorstellung lebt ein Mensch, solange diese fünf Wesensanteile beieinander sind; wird eines davon zu sehr geschwächt oder entfernt es sich auf Dauer von den anderen, so stirbt er. Damit nun der Mensch über seinen physischen Tod hinaus als Individuum fortdauern kann, müssen diese Seelenelemente weiterhin zusammenbleiben respektive immer wieder zusammenkommen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, den physischen Körper durch Mumifizierung unbeschadet zu erhalten, den Namen des Verstorbenen zu bewahren, den Ka durch Opfergaben zu stärken und für den frei beweglichen Ba und den Schatten mit der Mumie im Grab sozusagen einen "Treffpunkt" für die Wiedervereinigung festzulegen. Quelle:lic. phil.-hist. Susanne Ris, Ägyptologin Institut für Religionswissenschaft |