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Ägyptologie Forum >> Jenseitsglaube & Totenkult


1) Mumie von Pepi I.
 Nefer-Aton am 11.03.2005 um 22:13:27

Hallo!

Auf meiner Hompage beschäftige ich mich gerade mit den Pyramiden - speziell mit der von Pepi I. Dabei stoße ich auf folgenden Satz bei M. Verner/Die Pyramiden:


Zitat:
Die Herkunft einiger Fragmente der Mumie aus der Pyramidensubstruktur ist zwar sehr unsicher, doch könnten sie durchaus von Pepi I. stammen.


Wo hat man denn in der Pyramidensubstruktur eine Mumie gefunden. Weder bei Stadelmann, noch bei Lehner sind bezüglich der Mumie Angaben zu finden.

Einzig zu den gefundenen Eingeweiden (vermutlich von Pepi I. ??)welche als straff verpacktes Bündel noch die Form des Alabasterkrugs trug, in dem es gelegen hatte, ist bei Lehner eine Textstelle zu finden. (Geheimnis der Pyramiden/Orbis-Verlag 2002)

Kann jemand genauere Angaben zu dieser Mumie machen, wo sie gefunden wurde und über den Erhaltungszustand?

Grüsse
Nefer


2) Re: Mumie von Pepi I.
Gitta am 12.03.2005 um 16:13:53

Hallo Nefer,

ich habe nichts zu den Mumienfragmenten gefunden. Bei Porter&Moss sind nur die auch von Verner erwähnten Leinenteile verzeichnet sowie eine Alabasterkanope (beides jetzt im Museum Kairo). Lauer fand in der Zeit von 1969 bis 1971 den Kanopenschrein aus roten Granit und besagtes Eingeweidepaket (Die Königsgräber von Memphis, Seite 168), schreibt aber nichts von Mumienteilen. Laut Verner haben dort ja nur Maspero und Lauer/Leclant gegraben Verner selbst vielleicht? Ich habe nichts gefunden und ich meine auch, er sei hauptsächlich in Abusir tätig.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 11.03.2005 um 22:13:27


3) Re: Mumie von Pepi I.
Gitta am 12.03.2005 um 17:08:39

Das ist zwar nicht die Originalpublikation, aber in seinem Buch (deutsche Übersetzung, Ausgabe 1991) beschreibt Lauer die Fundsituation wie folgt:


Zitat:
Im Zug der Kampagnen von 1969-197o sowie von 197o-1971 wurde die Grabkammer, der die Steinräuber übel mitgespielt hatten, freigelegt und abgesichert. Dabei kam der schöne, rötliche Kanopenschrein aus Assuan-Granit zum Vorschein, der, komplett und mit Deckel, die Krüge mit den Eingeweiden des Königs enthalten haben muß. Ja wir fanden sogar noch ein fast vollständiges Eingeweidepaket, das man mit schmalen Bändern außerordentlich fest zu einem kompakten Ballen zusammengeschnürt hatte, der noch genau die Form des Hohlraums der großen Alabastervase erkennen ließ, in der er sich befunden haben muß. Das Paket lehnte an dem Granitkasten in einem tiefen Bodenspalt, den die Steinräuber dort aufgebrochen hatten, wohl um den granitnen Kanopenschrein herauszuziehen, was ihnen dann aber glücklicherweise doch nicht gelang.

Bei der Freilegung dieser Kammer bargen wir nahezu 1ooo Inschriftenfragmente, darunter zusätzlich zu den bereits bekannten >Pyramidentexten< ganz neue Kapitel dieser Literaturart. Die Untersuchung der Fragmente ermöglichte es bereits Professor Leclant und seiner Assistentin C. Berger, auf dem Papier einige große Abschnitte der Wandfelder zu rekonstruieren. Und noch ein spezielleres Problem galt es zu lösen: An der Ostmauer, die die Grabkammer von ihrem Vorraum trennt, waren zwei große Inschriftenfragmente
wieder an ihren Platz zu setzen. Sie waren zu Boden gefallen, zusammen mit anderen, kleineren Fragmenten aus den unteren Reihen; diese Reihen freilich bedeckte ein großer Monolith, der infolge der von den Steinräubern des Mittelalters angerichteten Schäden etwa 80 Zentimeter in die Tiefe gerutscht war. Man hielt es für das beste, be-
sagten Monolithen auf seine ursprüngliche Höhe zu heben. Um ihn hierfür zu erleichtern, gedachte man seinen inschriftenfreien Teil, der tief in die Südwand eingebetten war, kurzerhand abzubrechen. Nachdem das geglückt war, hob man den Rest des Monolithen, der noch immer an die zehn Tonnen wog, mit Hilfe von vier kräftigen Wagenhebern an und brachte ihn so wieder in seine ursprüngliche Lage.

In dieser Kammer wurden bedeutende Restaurierungsarbeiten
durchgeführt. Unten an ihrer praktisch vollkommen unversehrten Westmauer, die mit Texten in wunderschön gearbeiteten, grün ausgemalten Hieroglyphen bedeckt ist, liegt der untere Teil des Basaltsarkophags zusammen mit einigen seiner Fragmente, die sich nun zusammensetzen lassen.


Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 12.03.2005 um 16:48:34


4) Re: Mumie von Pepi I.
 Gast_A. am 13.03.2005 um 18:39:42

In der Grabkammer Pepis’ I. wurde von Petrie (in: PSBA 3, 1881, S, 114) offenbar während einer nicht autorisierten Expedition ins Innere der Pyramidenanlage eine mummifizierte Hand, sowie Textilien (?) gefunden. Die Hand ist seitdem verschollen (geistert als Phantombeleg aber gelegentlich durch die Literatur; vgl. etwa S. Ikram und A. Dodson, The Mummy in Ancient Egypt, London 1998, S. 82 und dem oben genannten Beitrag von Frau Germer). Über die angeblich gefundenen „Mumienbinden“ und die „Mumienfragmente“ äußert sich Petrie nur sehr oberflächlich:
„In addition to the description already given, Brugsch Pasha states that the cover of the sarcophagus of Pepi had been pushed aside by a thief, and that part (sic!) of an alabaster object, probably portion of a canopus, was found in the stone chest. I would however mention that the alabaster vases of the elegant calathus of basket shape pf this material, which are in the different European Museums, one of which is figured by Prisse  in his „Monuments Egyptiens,“ probably came from this pyramid, as also some wooden boxes and other objects. Remains of the bandages of brown and yellow colour of fine texture were found, but it is not said if they were of linen. A well embalmed hand (probably that of the king Pepi) was also found amidst the debris.“
Da Petrie in dem Beitrag nur Objekte und Fundsituationen der Grabkammer schildert, ist davon auszugehen, dass sich diese Beschreibung ebenfalls auf diesen Bereich bezieht. Allerdings geht aus seinen Aussagen nicht eindeutig hervor, ob er die besagten Fragmente alle selbst gefunden/gesehen hat oder ob er sich hier auf die Aussagen von Brugsch stützt.
Die Autoren S. Ikram und A. Dodson geben (op.cit., S. 82) an, dass die von Petrie genannten Textilien Mumienbandagen gewesen seien und beschriftet waren. Da sie die Bandagen ausdrücklich Pepi I. zuordnen (ohne Angabe von Gründen) implizieren sie damit, dass die „Bandagen“ den Königsnamen trugen. Dies läßt sich nur als gewagte Spekulation betrachten, da sämtliche von Petrie gemachten Beobachtungen sich nicht mehr bestätigen lassen.

Eine Abbildung und Fundbesprechung der Kanope(n) findet sich bei A. Labrousse, L'architecture des pyramides à textes. I - Saqqara Nord, Le Caire, IFAO, 1996, Taf. 15:

hier wird auch geschildert, dass es sich nur um die gut erhaltene Füllung EINER Kanope handelt und dass ebenfalls Alabasterfragmente einer (?) Kanope gefunden wurden (Leclant selbst vermutet in Orientalia 41, 1972, S. 257, dass es sich um Alabasterfragmente derselben Kanope handelt, von der die „Innereien“ erhalten sind – dass also insgesamt nur ein einziges Exemplar erhalten ist). Die von Lauer und Stadelmann angegebenen 3 oder gar 4 Kanopen sind also definitiv falsch.

Der Irrtum um die gefundene Anzahl der Kanopen basiert vielleicht auf der Angabe G. Masperos (RecTrav 5, 1884, S. 158f.), der angibt, „einen kleinen Kasten aus grauem Granit der die Alabastervasen und Kanopen enthielt...“ gefunden zu haben. Dass der Kasten nach Masperos Beschreibung nochmals geöffnet wurde ist unwahrscheinlich, da er selbst in der Publikation angibt, dass bereits nach kurzer Zeit die Kanopennische von Schutt und Sand der baufälligen Grabkammer bedeckt war.
Petrie hatte schon 1881, also vor Maspero die Kanopenkiste gesehen und nennt als Inhalt nur den  „part of an alabaster object“ (s.o.)! 14 Jahre später aber schreibt er, man habe in der Pyramide Pepis’ I. „Canopic Jars“ (PLURAL!) gefunden. (A History of Egypt I-2, London 1895, S. 89). Er interpretiert also vielleicht die 1884 gemachte Fundangabe Masperos falsch, der ja nur angibt, man habe den Kasten gefunden, der (einst) die KANOPENKRÜGE enthalten hat (Maspero sagt nicht, dass die Krüge tatsächlich darin lagen).
1899 verwirrt auch Reisner (in: ZÄS 37, 1899, S. 61) die Fachwelt weiter, indem er in einer Untersuchung „The Dated Canopic Jars of the Gizeh Museum“ angibt, dass „
„the earliest indication of the use of jars for preserving the entrails of the mummy, is the chest for canopic Jars found by Maspero in the pyramid. Parts of three alabaster vases (!!!) were also found, partly by Maspero in 1881 and partly by others this spring“.
Reisner gibt als eines der besagten Kanopenfragmente die Inv. Nr. 5020 an. Dieses Stück sei innen ölig geschwärzt. Aussen sei ein Inschriftband angebracht, das die Kartusche Pepis’ I. aufweise (Hier irrt Reisner. Tatächlich ist die Kartusche Mr-n-Ra zu lesen, was aber auf den Nachfolger Pepis verweist. Von Reisner wurde hier fälschlich der angebliche Königsname Pepis’ I.  „Mr-n-Ra-(Pepy)“ gelesen).
Nun ist im Kanopen-Katalog des Kairener Museum (Reisner, CG, Canopics, Le Caire 1967, 399f.) bei den entsprechenden Fragmenten 5020-5022 aber die Herkunft mit „Pyramide of Pepi II“ angegeben. Auch ist in Anbetracht der Form der Stücke eine Identifizierung als Kanope fraglich (s. Abbildung im Anhang).
Anhand der Grabungsberichte sowie identischer Alabaster-Funde, die G. Jéquier aus dem Pepi II.-Komplex geborgen hat, lässt sich definitiv zeigen, dass diese Fundangabe des Kairener Katalogs korrekt ist und die Fragmente zusammen mit dem dritten angeblichen Pepi-I.-Fragment tatsächlich aus dem Pyramidenkomplex Pepis’ II. stammen müssen (Opfergaben aus Stiftungen des/der Vorgänger? Oder einfach Mitgabe von Objekten aus dem kgl. Schatzhaus wie schon etwa bei Djoser). Sie sind dann vermutlich nicht als Kanopen, sondern als normale Öl- oder Salbgefäße zu identifizieren.
A. Fakhry gibt in „The Pyramids“ (Chicago 1969, S. 192) an, dass man „3 Kanopen“ in der Pyramide Pepis I. gefunden habe. Und auch Browarski möchte (Canopic Jars: CAA Boston Facs.1, Mainz 1978, S. 83) in den Fragmenten Königskanopen Pepis’ I. sehen. Dies wurde dann mit der Zeit zum archäologischen Faktum und hat sich – wie oben bereits geschildert – in der neueren Literatur gehalten (siehe Stadelmann u.a.).

Leclant (in: Orientalia 41, 1972, S. 257) gibt in seinem Grabungsbericht an, dass in der Grabkammer plissierte „Stofffetzen“ von ausserordentlicher Qualität gefunden wurden und Reste einer Sandalensohle aus Leder, auf der die Neun Bogen aufgemalt waren (ein typisches Motiv für Schuhwerk). Ähnliche (oder dieselben?) Stoffe werden ja schon von Petrie erwähnt (s.o.). Zur Datierung dieser Stücke ist nichts bekannt. Da es sich um einen relativ modernen und genauen Grabungsbericht handelt ist hier aber von der Richtigkeit der Beschreibung auszugehen.

Da der Kanopenkasten von Pepi I. keine viergeteilte Innenstruktur aufweist ist nicht zwangläufig davon auszugehen, dass er 4 Kanopenkrüge besaß. Dies ist angesichts der Tradition natürlich naheliegend, grundsätzlich aus dem archäologischen Befund aber nicht ableitbar. Eine naturwissenschaftliche Untersuchung der Kanopen-Innereien Pepis’ I. liegt bislang nicht vor. Daher ist nicht sicher welche Inhaltsstoffe die Harze und Öle hatten und welche Organe in dem Behälter deponiert waren.

Ob die Hand tatsächlich Pepi I. gehörte ist völlig unklar. Das Petrie ausdrücklich die gute Qualität der Bandagierung/Mummifizierung erwähnt (s.o.) ist eine solche Datierung aber eher unwahrscheinlich (wie bei den meisten „königlichen Mumien des Alten Reiches“).

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 12.03.2005 um 17:18:08


5) Re: Mumie von Pepi I.
Gitta am 13.03.2005 um 19:43:15


Zitat:
Die von Lauer und Stadelmann angegebenen 3 oder gar 4 Kanopen sind also definitiv falsch.


Behauptet Lauer das irgendwo? In seinem Buch schreibt er gar nichts von Kanopen, nur vom Kasten.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 13.03.2005 um 18:39:42


6) Re: Mumie von Pepi I.
 Nefer-Aton am 13.03.2005 um 21:56:21

hallo Gast_A und Gitta!  

Ich muss mich hier wirklich sehr bei euch bedanken für die ausführlichen und sehr ins Detail gehenden Antworten. So viel hatte ich gar nicht erwartet. Dafür nochmals vielen Dank.

@ Gitta: Wie sieht es denn heute mit den Resten der als "Pökelfleisch beim Zoll deklarierten" Mumienteile (Inventar Nr. 8059) von Brugsch aus? Sind die heute noch im Berliner Museum vorhanden? - Schlüsselbein, die erste Rippe und drei Wirbel.(König Meren-re 1181 durch Brugsch)

Würde mich mal interessieren, denn dann wäre das doch eine der ältesten Mumien die in einem Museum ist.   Oder ist das nur eine "Ente", da G. Elliot Smith sie anscheinend doch in die 18. Dynastie datiert. Leider sind die anderen Reste der in Kairo liegenden Mumie (?)nie richtig untersucht worden.  Vielleicht schmorren sie im Keller?  

Grüsse
Nefer

> Antwort auf Beitrag vom: 13.03.2005 um 18:40:14


7) Re: Mumie von Pepi I.
Gitta am 13.03.2005 um 22:43:48


Zitat:
Vielleicht schmorren sie im Keller?


Da lässt man mich bestimmt nicht stöbern

Aber vielleicht kriege ich es trotzdem raus. Dann werde ich berichten.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 13.03.2005 um 21:56:21


8) Re: Mumie von Pepi I.
 Gast_A. am 13.03.2005 um 23:08:06

Hallo Gitta,

sollte eigentlich "Lehner und Stadelmann" heißen (Lehner gibt ja an, dass ein "vollständiger Satz Eingeweide" gefunden wurde. Er meint damit zwar ursprünglich wohl nur den Inhalt einer Kanope (das Buch glänzt ja nicht gerade mit einer guten Übersetzung aus dem Englischen), es spiegelt aber den verworrenen Stand der Forschung in der Frage wieder bei dem ja eine schwammige Formulierung zur nächsten führte (eben genau wie bei Petrie und Maspero).

Die Merenre-Teile sind soweit ich das in Erinnerung habe im 2. Weltkrieg bei Auslagerungsarbeiten verloren gegangen.

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 13.03.2005 um 22:43:48


9) Re: Mumie von Pepi I.
Gitta am 14.03.2005 um 20:23:41


Zitat:
sollte eigentlich "Lehner und Stadelmann" heißen


Ahh, das beruhigt mich doch. Es hätte mich gewundert. Lauer steht bei mir nämlich hoch im Kurs

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 13.03.2005 um 23:08:06