... In anderen afroasiatischen und indoeuropäischen Sprachen begegnet ebenefalls die Grundwurzel *P-R- und auch hier liegen ihre Lexeme in ähnlichen (aber auch anderen) Bedeutungsfeldern („Panther“, „reißen“, „Kralle, Finger“, „vier“, „Schweiß; feucht“, gefleckt“, „entscheiden“). Kammerzell schlussfolgert am Ende seiner Studie, dass Mafdet als mAj-fdj „Reißlöwin“ zu interpretieren sei. Dabei hänge diese Bedeutung vielleicht hintergründig mit den (vier) Klauen als Reißinstrumente zusammen. Der Bezug zum Zahlwort „Vier“ bleibt jedoch in seiner Richtung und seinem Umfang völlig unklar: Zitat:
„Wenn auch die semantischen und außersprachlichen Bedingungen, die die Formähnlichkeiten der Lexeme hervorgerufen haben dürften, auf der Hand liegen, entziehen sich die zugrundeliegenden sprachgeschichtlichen Entwicklungen jeder Beschreibung. Zu erklären, welches der Bedeutungsfelder ursprünglicher war oder ob etwa anfänglich verschiedene Wortformen konvergierten, übersteigt die Möglichkeiten der historischen Linguistik.“[/i] (F. Kammerzell, Panther, S. 23; so auch schon ders., in: LingAeg 4, 1994, 166) |
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An anderer Stelle hat F. Kammerzell darauf verwiesen, dass Zitat:
„Reißwerkzeuge normalerweise in Gruppen von je vier vorkommen, also prototypische Repräsentanten von Vierheit sind. Diese Sinnrelation gibt ihrerseits die Grundlage für die Gleichheit der Wortkörper ab, ist also letztlich die Voraussetzung für etymologische Beziehungen“ (Etymologie des ägyptischen Zahlwortes „4“, in: LingAeg 4, 1994, S. 173) |
| Seiner Meinung nach handelt es sich hierbei also um „menschliche Universalien“, die sich in frühester Zeit entwickelten. Gleichzeitig läßt sich nach Kammerzell aber nicht bestimmen, ob sich das „Zahlwort „Vier“ aus den zum Reißen tauglichen Fingern (o.ä.)“ entwickelte oder umgekehrt! Grundsätzlich möglich ist auch, dass die späteren Etymologien künstlich sind und eine weitere, evtl. ganz andere (noch unbekannte?) Bedeutung der Urwurzel zugrunde liegt (Kammerzell, Etymologie, S. 182). Die semantische Entwicklungsrichtung, die Binsbergen als eindeutig vorgibt bleibt bei Kammerzell also völlig offen! Von einem „four-animal“ ist nicht die Rede! Von Kammerzell wird übrigens auch die ältere Deutung W. Westendorfs „die Laufende“ bzw. „die Rennerin“ für theoretische möglich gehalten (W. Westendorf, Beiträge aus und zu den medizinischen Texten, in: ZÄS 92, 1966, S. 128-143; ders., Die Pantherkatze Mafdet, in: ZDMG 118, 1968, S. 250f.; vgl. die Bedeutung der ägyptischen Wurzel jfd als „(eilends) rennen, laufen“ Wb I, 72, was für den Leopard/Gepard besonders sinnvoll erscheint). Allerdings spekuliert Kammerzell, ob Westendorfs Vorschlag („Die Läuferin“), der auf die ägyptische Wurzel jfd „durcheilen, davonrennen“ zurückgeht (von Kammerzell aus unklaren Gründen nicht zu den Lexemen der Urwurzel *P-r-D- gerechnet), nicht ebenfalls auf die Urbedeutung fdw „vier“ zurückzuführen sei (über die Bedeutung „die vier (Füße)“; vgl. Kammerzell, Panther, Anm. 34). Problematisch an Kammerzells Theorie ist, dass er sich für seine Etymologie ausschließlich auf spätere Wortspiele und Lautmalereien berufen kann. Daher wertet er selbst alle seine Entlehungs- und Beziehungsmodelle als spekulativ! Hauptzeuge ist für ihn eine Textstelle des Dramatischen Ramesseumspapyrus, in der paronomastische Wortspiele zu jfd „Vierer-Gewebe“ und fdj „zerreisen (u.ä.)“erklären, wie die jeweilige Ritualszene mythologisch zu verstehen ist. Die Überschrift der Passage lautet: „Wie es dazu kam, dass Vierfachgewebe (jfd), Sechsfachgewebe und Gewänder aus Purpurstoff herbeigeholt wurden sowie zahlreiche Feinstgewebe.“ ...
> Antwort auf Beitrag vom: 15.11.2005 um 09:34:02
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