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   Architektur & Kunst (513)
   Cheopspyramide, neues aus G. DORMION, 2004 (7)
  Autor/in  Thema: Cheopspyramide, neues aus G. DORMION, 2004
jd_degreef  
Gast

  
Cheopspyramide, neues aus G. DORMION, 2004 
« Datum: 22.12.2004 um 21:08:35 »     

Hallo an Oskaer und alle,

Das Buch von Gilles DORMION ("La Chambre de Chéops". Analyse architecturale", Fayard Verlag, Paris, 2004) enthält m.M.n. doch einen Anzahl guter Beobachtungen und Hypothesen (aber auch manches weniger überzeugendes). Hier ist jedenfalls was ich interessant fand :

1. Ansteigender Gang : die sogenannte "Girdle Stones" sind Fallsteine mit Seitennischen, wie in der Knickpyramide. Also gab es anfänglich ein anderes Verschlusssystem, ohne Große Galerie.

2. Nördlicher Teil der Große Galerie und horizontaler Gang : vier Beobachtungen deuten auf die Anwesenheit einer nie fertig gestellten Kammer in diesem Teil der Pyramide :
- das Kraggewölbe der GG : so ein Gewölbe wird erbaut in dem man die obere Steinlage in bezug auf der unterliegenden ein wenig nach Innen verschiebt. Aber der unterste Vorsprung der Nordwand der GG fehlt, die zweite und dritte sind nicht gebaut, aber in schon gelegte Blöcke ausgehauen.
- die Seitenwände des Nordteils des horizontalen Ganges : sie besteht aus zwei Steinschichten. Dabei ist merkwürdig das die vertikale Fugen der unteren Schicht in der Verlängerung deren der oberen Schicht liegen. So baut man nie ! Auch ist die Struktur streng symmetrisch in den gegenüberliegenden Ost- und Westwand.
- der Fußboden des südlichen Teils des horizontalen Ganges ist normal : Steinplatten nehmen die ganze Breite des Ganges ein, und wurden zwischen den Wänden verlegt. Aber im nördlichen Teil des Ganges bemerkt G. DORMION zwei Dinge : erstens wird die Breite des Gange hier plötzlich von zwei Steinplatten eingenommen ; und zweitens ruhen die Gangwände auf die Pflastersteine.
G. DORMION schließt daraus das es hier ein Raum gab, mit einem Kraggewölbe, das zur Zeitpunkt des Baus der GG geändert worden ist. Die Seitenwände hatten je 10 Nischen. Wenn die Pläne geändert worden sind, und man beschlossen hat die GG zu bauen, ist dieser unfertiger Raum aufgegeben worden. Sein Mittelteil (auf der Achse der Kammer) sollte zum horizontalen Korridor verengert werden. Dabei wurden nicht sehr dicke Steinplatten gegen den Wandteilen zwischen den Nischeneingängen gesetzt. Um das neue Meißelwerk mit dem der Pyramide allgemein zu verbinden, wurden die Türe der Nischen mit längere Steine versperrt, die im Innere der Nischen hereingriffen, und der restliche Raum der Nischen wurde völlig aufgefüllt. An den heutigen Steinschichten des Nordteils des Ganges seht man noch immer die Umrisse der Nischeneingänge, was die fremdartige Struktur dieser Schichten erklärt. Das neue Meißelwerk ruht natürlich auf den alten Pflaster. Und da dieser früher breiter war als jetzt, benötigte man zwei quere Steinplatten, gegen nur eine im schon vom Anfang schmaler gebauten, südlichen Teil des horizontalen Ganges.

3. Königinnenkammer : mit dem Georadar wurde einen 1 m breiten, Ost-West Korridor unter der Kammer entdeckt. Beobachtungen am heutigen Fußboden der Kammer deuten auf die Existenz eines Fallsteines in westlichen Teil dieses Ganges :
- eine sorgfältig eingefüllte, große rechteckige Einkerbung in einem Block des westlichen Teils des Bodens könnte der Eingang einer vertikalen Röhre sein.
- vor dem Eingang der Kammer gibt es ein etwa 30 cm tiefes, rundes Loch (jetzt mit Zement gefüllt).
- es gibt noch Spuren des jetzt verschollen Pflasters. In der Mitte dieses Pflasters scheint es ein schmaler, länglicher Stein gegeben zu haben, parallel zur Linie zwischen dem rechteckigen Loch im westlichen Teil des Bodens und dem runden Loch beim Eingang.
Also glaubt G. DORMION durch das rechteckige Loch konnte ein Seil zu einem Fallstein im unteren Gang gegangen sein. Dieses Seil wurde um einem Pfahl im runden Loch beim Eingang biegen, und von dort von Werkleute im horizontalen Gang festgehalten werden. Wenn der Fallstein hinabgelassen worden war, wurde der Pfahl herausgenommen und ziemlich kleine, auf Maß gehauene Steine in der Mitte des Fußbodens der Königinnenkammer eingelassen, so dass das ganze jetzt völlig verborgen war.
G. DORMION glaubt der Eintritt des unteren Ganges war durch einem Schacht in der Nähe der Nische, oder einer geknickter Treppe (jetzt aufgefüllt, unter dem heutigen Boden).

MfG,

JD

PS: hoffe ihr versteht mein schlechtes Deutsch...
Gitta  
Gast

  
Re: Cheopspyramide, neues aus G. DORMION, 2004 
« Antwort #1, Datum: 23.12.2004 um 22:00:36 »     

Hallo JD,

Dein Deutsch ist hervorragend. Ich habe nur ein Problem mit der Orientierung. Das liegt aber an mir. Wahrscheinlich muss ich mit Deinen Zeilen im Gepäck die Örtlichkeit ablaufen.


Zitat:
- eine sorgfältig eingefüllte, große rechteckige Einkerbung in einem Block des westlichen Teils des Bodens könnte der Eingang einer vertikalen Röhre sein.


Sind in dem Buch von Dormion eigentlich Fotos vom Boden der Königinnenkammer? Ich frage deshalb, weil ich vor ein paar Jahren noch in der Kammer war und mir merkwürdige "Dellen" im Boden aufgefallen waren. Seinerzeit konnte mir niemand erklären, was das sein könnte. Es könnte sich natürlich auch um irgendeine Beschädigung handeln. Oder gehören diese Vertiefungen zum Untersuchungsumfang der Franzosen? Soweit ich mich erinnere, befinden sich auch in Richtung der Südwestecke ähnliche Stellen.

Gitta
> Antwort auf Beitrag vom: 22.12.2004 um 21:08:35  Gehe zu Beitrag
jd_degreef  
Gast - Themenstarter

  
Re: Cheopspyramide, neues aus G. DORMION, 2004 
« Antwort #2, Datum: 24.12.2004 um 06:23:09 »     

Liebe Gitta,

Ja, Pläne und Fotos des Bodens der Königinnenkammer gibt es im DORMION Buch genug ! Solche Dellen findet man in den NW, SW, SO Ecken des Raumes, und auch in der Mitte der N und S Seiten. Ähnliche Strukturen begegnet man noch anderswo in der Pyramide : im oberen Entlastungsraum der Königskammer, und zwar in den Granitbalken dessen "Fußbodens" (PETRIE, Pyramids and Temples of Ghizeh, 1883, S. 93 ; habe auch irgendwo ein Foto davon). Sie dienten wohl zur halten eines Gerüsts, das beim Bau des Giebeldachs benützt wurde.

Hier wie anderswo hat DORMION nicht die Schlussfolgerungen seiner Beobachtungen gezogen. Zum Beispiel von seiner Idee die "Girdle Stones" des ansteigenden Korridors seien Fallsteine. Den in diesem Fall brauchte man anfänglich keine Verengung des niederen Teils des Korridors (für den Auffangen der heutigen Blockierungssteine). Diese Verengung muss also später eingebaut worden sein. Wie hat man das machen können ? Scheinbar wurde einen Schacht von der Arbeitsebene der Pyramide vertikal durch dem Kernmauerwerk in der Richtung der Kreuzung zwischen absteigender- und aufsteigender Gang gegraben. Am Boden dieses Schachts wurden dann 5 m lange Querbalken aus gutem Kalkstein gelegt, so das sie auf das Kernmauerwerk und nicht auf den absteigender Gang ruhten. Der niedere Teil des aufsteigenden Korridors wurde durch diesen Balken ausgehauen (MARAGIOGLIO & RINALDI  IV, S. 32-34, 116). Eine Spur des Schachts zur Bau der Kreuzung findet man vielleicht in den "Trial Passages", wo es in der Tat so ein Schacht gibt, über der Kreuzung. Die Ideen des G. DORMION erlauben also eine Erklärung von zwei der fremdartigsten Details der Struktur der GP und ihrer unfertig gebliebener Nebenpyramide.

MfG,

JD
> Antwort auf Beitrag vom: 23.12.2004 um 22:00:36  Gehe zu Beitrag
oskaer  
Gast

  
Re: Cheopspyramide, neues aus G. DORMION, 2004 
« Antwort #3, Datum: 28.12.2004 um 08:30:28 »     

Hallo JD,

das klingt ja sehr interressant - zumal Mr. Hawass höchstselbst die Existenz der Cheops Mumie in einer noch unentdeckten Kammer nicht mehr ausschliesst ... aber eine solche Kammer wird vermutlich auch von ihm, oder zumindest von einem Team unter ägyptischer Leitung entdeckt werden.

Leider reicht mein Französisch noch nicht mal ansatzweise aus, um das Buch im Original zu lesen, deswegen hoffe ich, daß es auch bald übersetzt erscheint...

Wird in dem Buch der genaue Zeitpunkt der Messungen angegeben? Die sollen ja schon einige Jahre zurückliegen...
s.a. Mitteilung ÄBlatt
Und erkären die Autoren auch, warum sie sich für die Genehmigung nicht an eine franz. Einrichtung gewandt haben? - Neben der allg. Skepsis ggü. sog. "Nicht-Ägyptologen" ist ja auch bekannt, daß Einzelpersonen generell nicht zum Zuge kommen.

ad 2.:
Allerding sprechen die Befunde der sog. "Trial Passages" gegen eine oft vermutete große Änderung der Baupläne während der Bauphase.

grüße
oskaer
> Antwort auf Beitrag vom: 24.12.2004 um 06:23:09  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Cheopspyramide, neues aus G. DORMION, 2004 
« Antwort #4, Datum: 28.12.2004 um 11:25:47 »     

Hallo oskaer,


Zitat:
Wird in dem Buch der genaue Zeitpunkt der Messungen angegeben? Die sollen ja schon einige Jahre zurückliegen...


Die Messungen müssten schon in den 80ern vorgenommen sein. Jedenfalls schreibt Verner das nach meiner Erinnerung in seinem Pyramidenbuch (habe ich gerade nicht zur Hand).


Zitat:
Und erkären die Autoren auch, warum sie sich für die Genehmigung nicht an eine franz. Einrichtung gewandt haben? - Neben der allg. Skepsis ggü. sog. "Nicht-Ägyptologen" ist ja auch bekannt, daß Einzelpersonen generell nicht zum Zuge kommen.


Inzwischen gibt es - wegen dieser Sache (?) - einige Irritationen beim l'Institut français d'archéologie orientale du Caire" (IFAO).

Vor dem Hintergrund, den jd_degreef über den Inhalt des Buches schildert, finde ich es inzwischen eigentlich schon ein bißchen schade, dass neue Untersuchungen abgeschmettert wurden. Allerdings - man steckt nicht drin in der wirklichen Auseinandersetzung. Das wäre aber notwendig, um sich ein ein objektives Urteil bilden zu können.

Gitta
> Antwort auf Beitrag vom: 28.12.2004 um 08:30:28  Gehe zu Beitrag
Iufaa  maennlich
Moderator



Re: Cheopspyramide, neues aus G. DORMION, 2004 
« Antwort #5, Datum: 28.12.2004 um 12:08:34 »   

Hi,

hier was zum Einlesen, allerdings ohne Garantie für brauchbaren oder erschöpfenden Inhalt:
   
* The Search for Hidden Chambers on the Giza Plateau, Part I
* The Search for Hidden Chambers on the Giza Plateau, Part II
* The Search for Hidden Chambers on the Giza Plateau, Part III: In Search of the Hall of Records
* The Search for Hidden Chambers on the Giza Plateau, Part III: More Recent Investigations

und neuere Untersuchungen

* Secret Chambers of the Great Pyramid of Khufu (08/31/2004)

* New Robot to Explore Shafts in the Great Pyramid of Khufu (Cheops) (08/11/2004)

Da werden u.a. auch die "Übungen" von Dormion erwähnt.

Ein wenig Französisch

G. Dormion - Le chambre de Chéops (pdf-Datei)

Gruss, Iufaa
« Letzte Änderung: 28.12.2004 um 12:22:39 von Iufaa »
> Antwort auf Beitrag vom: 28.12.2004 um 11:25:47  Gehe zu Beitrag
jd_degreef  
Gast - Themenstarter

  
Re: Cheopspyramide, neues aus G. DORMION, 2004 
« Antwort #6, Datum: 28.12.2004 um 12:40:19 »     

Hallo Oskaer,

Ja, die Radarbeobachtungen sind nicht ganz rezent. Der Autor hat immer gehofft ein Erlaubnis zur weiteren Forschung zu bekommen. Dies wurde vom IFAO (Nicolas GRIMAL) und der Uni Genf (Michel VALLOGGIA) vergebens angefragt, sodass DORMION letztendlich beschlossen hat seine Beobachtungen und Hypothesen zu veröffentlichen.

Ich habe nur die m.M.n. wichtigen Beobachtungen des DORMION Buches aufgelistet, bin aber ganz und gar nicht mit seinen Schlussfolgerungen einverstanden. Meine Noten (in französischer Sprache...) sind etwa 12 Seiten lang. Ich bin dabei eine englische Fassung vor zu bereiten (für das Yahoo Thoth-Scribe Forum). Wer diese Kommentare will braucht nur zu fragen...

Das größte Problem mit DORMIONs Hypothesen ist das er STADELMANNs Dreikammertheorie außer Acht lässt. Wenn also die Nischenkammer am oberen Ende des aufsteigenden Ganges aufgegeben wurde (beim Bau der GG und Königskammer) wurde sie augenscheinlich durch einen Raum in der Nähe der Königinnenkammer ersetzt. Nur so hat man wieder die drei Räume : Nischenkammer unter und westlich der Königinnenkammer ; Königinnenkammer als Axialzimmer im Sinne STADELMANNs, Königskammer = Grabkammer. Ich erwarte in der unbekannten Kammer also nicht den Leichnam des Cheops, sondern die Götterstatuen eines Nischenraumes (oder was von sie übrig geblieben ist, den in der Königinnenkammer waren einst große Salzablagerungen ; mögliche hölzerne Statuen und Kapellen sind wahrscheinlich ganz verrottet ; wenn sie vergoldet waren können sie aber wiederhergestellt werden, wie die Objekte der Hetep-her-es).

Mit den auf der ausgezeichneten Benben Seite vertretenen Ideen betreffs der Trial Passages bin ich nicht einverstanden. Die Pyramide des Cheops zeigt eine ausgeprägtere Architektur als die meisten anderen Königsgräber ("Luftschächte" usw.). Also könnte ihre Kultpyramide auch eine ausgeprägtere Struktur besitzen. Dasselbe bemerkt man in dem SEHR ausgeprägten Komplex des Djoser, wo das Südgrab eine verkleinerte Kopie der Gänge und Kammern der Hauptpyramide besitzt. Die Kultpyramide der Knickpyramide könnte auch eine sehr vereinfachte Fassung des Planes der Hauptpyramide besitzen : hier wie dort, am Eingang abwärts dann aufwärts zur Grabkammer (im m.M.n. anfänglich vorgesehenen Plan). Südlich der GP war wohl kein Platz für eine Kultpyramide, und die Schiffsgrube mit Treppen kann sehr wohl nach der Aufgabe der Kultpyramide ausgegraben worden sein. Die Idee der Trial Passages scheint mir auch ein ziemlicher Anachronismus : experimentelle Wissenschaften gibt es nur seit der Renaissance ! So weit ich wisse gibt es keine einzige derartige "Trial" Struktur aus dem AR. Aber als Kultpyramide hätte sie einen Parallel in Djosers Südgrab : diese Hypothese ist also wahrscheinlicher als die der Trial Passages. Würde es auch Sinn machen den Räubern einen Plan des Inneres der GP vor zu bereiten (im Fall einer Kultpyramide wurden die Passages von diese überdeckt) ?
Was die Trial Passages auch sind, haben Sie recht darauf hin zu weisen das sie einen (unfertigen) absteigenden Korridor umfassen. Dank G. DORMION gibt es aber ein Hinweis warum : der vertikale Schacht zur Kreuzung zwischen absteigendem und ansteigendem Korridor findet man hier auch (s. meinen vorigen Beitrag). Dies ist aber eine rein technische, keine religiöse Struktur. Also könnte die Anwesenheit des absteigenden Ganges nur auf seine reale Existenz, nicht auf eine eventuelle Kultrolle hinweisen.

MfG,

JD
> Antwort auf Beitrag vom: 28.12.2004 um 12:08:34  Gehe zu Beitrag
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