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Thema: Karnak, Barkensanktuar des Philipp Arrhidaeus |
Dirk Member
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Karnak, Barkensanktuar des Philipp Arrhidaeus | | |
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« Datum: 27.01.2008 um 21:42:39 » |
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Hallo, als Nebenprodukt der Diskussion um die viertelkreisförmigen Türpfannen ist mir folgendes aufgefallen: Das Barkensanktuar des Philipp Arrhidaeus in Karnak ist bekanntlich ein durch eine Wandvorlage zweigeteilter Raum. Der vordere (westliche) Raum war ursprünglich durch ein Portal vom hinteren Raum getrennt, wie aus den viereckigen Ausnehmungen für die oberen Drehzapfenlager hervorgeht. Architektonisch wäre das eigentlich ein Schrein. Eigenartig scheint mir nur das östliche Portal, denn es liegt nicht auf dem Niveau des übrigen Barkensanktuars, sondern gleichsam auf einer Bühne, die über (3?) Stufen erreichbar ist. Wie soll man sich die Funktion dieses Portals im Zusammenhang mit den Barkenprozessionen vorstellen? Wer stand hier an der Außenseite und versuchte einen Blick ins Sanktuariun zu werfen - denn als Durchgang scheint mir das Portal nicht gedient zu haben? Es fehlt zumindest heute eine entsprechende Außentreppe. Abb.: Ansichten des Innenraumes von Westen, Osten; Oberlager des Zwischenportals von Westen aus gesehen. Grüße Dirk
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Dirk Member - Themenstarter
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Re: Karnak, Barkensanktuar des Philipp Arrhidaeus |
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« Antwort #2, Datum: 27.01.2008 um 21:58:29 » |
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Hallo Lutz, ist das jetzt ein guter Witz, oder soll das bedeuten, daß dieses Ostportal jene Funktion hatte, die normalerweise durch eine Scheintür erfüllt wurde? etwas verunsichert Dirk
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Lutz Member
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« Antwort #3, Datum: 27.01.2008 um 22:13:55 » |
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Hi Dirk ! Also ein Witz sollte das auf keinen Fall sein. War das Erste was mir beim Lesen Deiner Beschreibung ( und rekapitulieren meiner Erinnerung an diese wirklich etwas merkwürdige Raumsituation ) einfiel. Völlig abwegig finde ich den Gedanken jedenfalls nicht das zumindest zu bestimmten Festtagen die Strahlen der Morgensonne ins Allerheiligste, zum Götterbild, eingelassen wurden ... Ich erinnere an die Neujahrsriten, im Tempel von Dendera sehr schön an den Wänden der Treppenaufgänge dargestellt, in deren Verlauf das Götterbild auf dem Tempeldach den Strahlen der Morgensonne zwecks Regeneration / magischer Aufladung ausgesetzt wird. Habe jedoch keinen Schimmer ob man weiß wie die Gebäude - Situation damals aussah. Im Anschluß folgt heute ein freier Platz, der sogenannte Hof des Mittleren Reiches : Sollte der im Neuen Reich mehr oder weniger unbebaut gewesen sein so könnte ich ihn mir durchaus als perfekten Ort für die auf den Wänden des Karnak - Tempels recht zahlreichen Kultlauf - Darstellungen vorstellen ... Und dieses Ost - Tor im Sanktuar auch als eine Art Erscheinungs - Fenster für den dabei anwesenden Gott. Ist aber alles, wie gesagt , rein spekulativ. Keine Ahnung ob belegbar ... Gruß, Lutz.
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naunakhte Moderatorin
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Re: Karnak, Barkensanktuar des Philipp Arrhidaeus |
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« Antwort #4, Datum: 27.01.2008 um 23:05:04 » |
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Hallo Dirk, mein Französisch ist nicht nur um diese Uhrzeit schlecht. Deshalb überlasse ich dir die Auswertung eines Textes, der diese Öffnung als Fenster beschreibt. Du findest ihn in BIFAO 13, der Artikel von Legrain, S. 19f. Über eine Zusammenfassung der dort vertretenen Meinung würde ich (und wohl noch andere) mich freuen Gruß nauna
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Lutz Member
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Re: Karnak, Barkensanktuar des Philipp Arrhidaeus |
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« Antwort #6, Datum: 28.01.2008 um 20:36:14 » |
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Hi Nauna ! Schade eigentlich ... Hindernislauf war nicht zufällig kultisch - pharaonische Disziplin ? Gruß, Lutz.
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Dirk Member - Themenstarter
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Re: Karnak, Barkensanktuar des Philipp Arrhidaeus |
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« Antwort #7, Datum: 29.01.2008 um 17:14:24 » |
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Hallo, Der Aufsatz von Legrain (1917) erweist sich in Zusammenhang mit dem Barkensanktuar des Pilipp Arrhidaios als interessante Lektüre. Legrain zitiert zunächst E. de Rougé, der bereits die Besonderheit (... "c'est une anomalie" ...) einer östlichen Wandöffnung bei einem Sanktuar hinweist. Er meint daher, das Sanktuar wäre nur ein Durchgangsbau, während das eigentliche und ältere Heiligtum weiter östlich lag. Ähnlich urteilten auch Wilkinson und Mariette. Die Fragestellung erhielt durch die bis 1914 abgeschlossene Freilegung der östlichen Bereiche um den Zentralen Hof eine entscheidende Wendung. Vermutlich lagen die unteren Teile des "Ostportales" unter Sand, denn erst jetzt ist die Rede von der 4stufigen Treppe in der Südostecke des Barkensanktuars. Legrain interpretiert diesen Befund als Fensteröffnung und argumentiert ausführlich gegen die Deutung des Barkensanktuars als Durchgangsbau. Er weist nach, daß die östliche Öffnung wesentlich schmäler dimensioniert ist, als die beiden übrigen Portalöffnungen (Westeingang und vorderer Raum des Sanktuars), und daß in unmittelbar hinter der Ostwand die Mauer der älteren Bauten (Thutmosis, Hatschepsut) folgte. Hier befand sich zwar ebenfalls ein schmales Portal. Ein Zusammenhang zwischen dem Barkentransport und dem Ostfenster ist nach Legrain daher auszuschließen und das Barkensanktuar ist kein Durchgangsbau, sondern der Endpunkt der Barkenprozession. Natürlich stellt sich Legrain die Frage nach der Funktion des Ostfensters. Sinngemäß meint Legrain (S. 22): Der König oder ein Offiziant erstieg die Treppe, öffnete die beiden Fensterflügel, sodaß die Strahlen der Sonne die Heilige Barke erhellen konnten. Daß dies nur symbolisch gemeint sein kann, ist Legrain bewußt, da ja der östliche Teil des Barkensanktuars eng durch Mauern umstellt war. Er verweist auf eine ähnliche bauliche Situation in Deir el-Bahari, wo ebenfalls eine Mauer vor dem Altar des Re-Harachte stand. [Vielleicht könnte jemand diese Situation näher erklären]. Legrain versucht sodann eine nähere Beziehung zwischen der Kulthandlung des "Fensteröffnens" und der Funktion des Pharaos als Hohen Priester von Heliopolis herzustellen. [Die Argumentation beruht vor allem auf Hieroglyphen-Texten - ist also für einen "Anhieroglyphler" nicht verständlich]. Interessant wäre in diesem Zusammenhang Legrain's Ausführungen über die Reliefdarstellungen der Barkenprozession an der Südwand des Sanktuariums zu vergleichen. Es geht dabei um seine Interpretation des Erscheinens und Verschwindens der Sonnenscheibe in den Darstellungen der 3 Register (Legrain, S. 24f.), insbesondere ab der 5. Szene, wo die räumliche Situation mit den geöffneten Türen des Sanktuariums gezeigt wird. [Hier wäre eine Umzeichnung hilfreich, da weder meine eigenen, noch die Aufnahmen bei Legrain optisch brauchbar sind]. Die Interpretation Legrain's - soweit ich ihr als interessierter Laie folgen kann - scheint eine Lösung für die Frage nach der Funktion dieser nun als Fenster erkannten Ostöffnung zu geben. Topographische Gegebenheiten (kein direkter Blick zum freien Himmel) scheinen keine so große Rolle gespielt zu haben. Der Ablauf der Zeremonie war wichtig. Was bleibt ist eigentlich die Frage, wieso die von Legrain angedeutete Funktion des Ostfensters nicht auch bei anderen Barkensanktuarien die Regel war. Der unter Philipp Arrhidaeus errichtete Bau - angeblich eine getreue Kopie des ruinösen Vorgängerbaus Thutmosis III. - bleibt für mich ein Unikum. Grüße Dirk P. S. Danke an Naunakhte für den Lit. - Hinweis.
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Iufaa Moderator
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Re: Karnak, Barkensanktuar des Philipp Arrhidaeus |
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« Antwort #8, Datum: 29.01.2008 um 17:40:46 » |
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Hallo Dirk, auch für das Sanktuar der Hatschepsut geht man m.E.n. von einer Endstation für die Barke des Amuns aus, die dort auf dem "Lieblingssitz des Amun" (Titel der RK) verbleibt. Das bedeutet doch aber nicht, dass die Statue des Gottes nicht weiter in den Tempel hinein getragen wurde. Dazu könnte der Ostausgang in der RK ebenso dienen, wie die "Fensterkonstruktion" des Sanktuars von P. Arrhidaios. Gruss, Iufaa
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Lutz Member
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Re: Karnak, Barkensanktuar des Philipp Arrhidaeus | | P2280438.JPG - 329 KB |
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« Antwort #9, Datum: 29.01.2008 um 22:37:44 » |
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Hallo zusammen ! Zitat:
Das bedeutet doch aber nicht, dass die Statue des Gottes nicht weiter in den Tempel hinein getragen wurde. |
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Ich erinnere mich das Gitta bei unserem letzten gemeinsamen Besuch in Karnak was von einer Theorie erzählte, wonach unter / ab Thutmosis III. das eigentliche Allerheiligste, also der Ort wo das Bildnis des Amun stand, sich in den Räumlichkeiten des Achmenu befand - wohl irgendwo in der Nähe des Sonnenaltars oder beim Botanischen Garten, eventuell im Raum mit den Wandnischen (?). Mir fällt aber nicht mehr ein, wo sie das her hatte. Es war wohl, glaube ich, aus einem Vortrag ( SÄK ? ). Zur Untermauerung dieser Theorie wurden fehlende Hinweise auf Umbauten im Achmenu durch nachfolgende Generationen ( es wurde wohl lediglich immer " nur " restauriert ) und eine nicht nachweisbare Nutzung durch frühe Christen bzw. die Koptische Gemeinde gebracht. Letztere hätten angeblich genau dieses Gebäude wegen seiner Wichtigkeit für die alte Religion als unrein und verflucht gemieden (?). Gruß, Lutz.
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Iufaa Moderator
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Re: Karnak, Barkensanktuar des Philipp Arrhidaeus |
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« Antwort #10, Datum: 29.01.2008 um 22:44:55 » |
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Hallo Lutz, das Akh menu hat 2 Sanktuare (Vortrag eines Tübinger Ägyptologen auf der SÄK). Ansonsten, der KLotz, der jetzt im MR-Hof steht, gehört eigentlich in die Nord-Ost-Ecke. Wenn man nun annimmt, dass das Akh menu eine Kopie der Räumlichkeiten im MR-Hof ist, so wurde schon vorher die Statue des Amun aus dem Barkensanktuar auf "verschlungenen Pfaden" zum Schrein transportiert - im Barkensanktuar blieb lediglich die Barke zurück. Gruss, Iufaa
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Dirk Member - Themenstarter
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Re: Karnak, Barkensanktuar des Philipp Arrhidaeus |
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« Antwort #13, Datum: 30.01.2008 um 08:54:17 » |
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Hallo Iufaa, Zitat - Iufaa:
Das bedeutet doch aber nicht, dass die Statue des Gottes nicht weiter in den Tempel hinein getragen wurde. Dazu könnte der Ostausgang in der RK ebenso dienen, wie die "Fensterkonstruktion" des Sanktuars von P. Arrhidaios |
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Wie ich durch diese Beispiele erst jetzt sehe, scheinen Ostdurchgänge bei einem Barkensanktuar kein Einzelfall zu sein. Im Nachhinein erscheint mir daher der Begriff "anomalie" bei de Rougé wohl auf zu geringer Kenntnis des Denkmälerbestandes zu beruhen. Ich befinde mich da "in bester Gesellschaft" Aber: für mich stellte sich die Frage, ob die Kultstatue auf der Barke verblieb, oder wo anders hintransportiert wurde, zunächst nicht. Vielmehr: Kann man in diesem Zusammenhang überhaupt einen Durchgang mit einem Fenster vergleichen? Die "verschlungenen Pfade", welche die Kultstatue nach dem "einb(/p)arken" nahm, wären nämlich mit der Besteigung der kleinen Seitentreppe (S-O-Ecke) auf die Fensterbank (!, Parapethöhe 4 Stufen!) verbunden - und dann . Soweit ich das in Erinnerung habe, gibt es auf der Außenseite im Osten keine Hinweise auf einen hier zu erwartenden Abstieg. Machbar ist zwar alles (Holztreppe; Fensterbank als Ladehilfe für eine Trage, auf der die Priester vor dem Fenster die Kultstatue leichter beim Weitertransport "schultern" können etc.), aber eine überzeugende Lösung des Problems, wieso hier anstatt einer Tür ein Fenster ist, ist das nicht. Grüße Dirk P. S.: sehe gerade, daß zum Hatschepsuttempel der Beitrag von Naunakhte gekommen ist. - Danke
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naunakhte Moderatorin
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Re: Karnak, Barkensanktuar des Philipp Arrhidaeus |
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« Antwort #14, Datum: 30.01.2008 um 09:11:34 » |
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Hallo Dirk, Zitat:
Machbar ist zwar alles (Holztreppe; Fensterbank als Ladehilfe für eine Trage, auf der die Priester vor dem Fenster die Kultstatue leichter beim Weitertransport "schultern" können etc.), aber eine überzeugende Lösung des Problems, wieso hier anstatt einer Tür ein Fenster ist, ist das nicht. |
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Nein, überzeugend ist nichts so richtig - aber die Situation ist auch nicht singulär. Lutz und Iufaa haben ein wahrscheinliches Sanktuar im Ach-Menu angesprochen, einen Raum der vom Botanischen Garten abzweigt. Die Zugangssituation zum Botanischen Garten? Ein Fenster! Fällt im ersten Moment wenig auf, da die Wände nur unterlebensgroß erhalten sind, doch wir betreten den Botanischen Garten heute über eine Treppenkonstruktion, durch eine Fensteröffnung. So seltsam uns das heute anmuten mag, den Ägypter muss diese Situation angesprochen haben. Der Einbau einer Tür hätte hier kein Problem darstellen sollen. Christian Loeben schilderte das Szenario mal folgendermaßen: da klettert zuerst ein Priester rein und übernimmt dann die Statue um sie weiter zu tragen in das Allerheiligste. Manchmal bedauerlich, dass wir nicht zugegen sein konnten. Gruß nauna
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