Verteilung der Belege: Ein Blick in Hornung/Staehelin zeigt, dass bereits bei Skorpion, Narmer und Djer Sedfest-Motive belegt sind (bei Skorpion und Narmer sind es aber eher später gängige Fest-Ikonen, die keinen sicheren Schluss auf ein reales Sedfest zulassen, zB. Kronenumläufe etc.). Sicher ist dass das Fest schon ab der II. Dyn. (s. N. Alexanian, Die Reliefdekoration des Chasechemui, in: Les Critères de Datation Stylistiques à l’Ancien Empire, ed. N. Grimal, Kairo, 1994, S. 1-21) und sehr wahrscheinlich bereits in der I. Dyn. gefeiert worden (s. A. Grimm, Ein zweites Sedfest des Königs Adijb, in: VA 1, 1985, S. 91-98 und K.O. Kuraskiewicz, Noch einmal zum zweiten Sedfest des Adjib, in: GM 167, 1998, S. 73-75 und A. Jimenez Serrano, Royal Festivals in the late predynastic period and the first dynasty, Oxford 2002). Noch frühere Ansätze (K.M. Cialowicz, Le plus ancien térmoignage de la tradition du heb-sed?, in : Folia Orientalia 33, 1997, S. 39-48) sind kritisch zu bewerten, da spekulativ. Eine schon etwas ältere Zusammenstellung bildlicher und inschriftlicher Belege zu Sedfest findet sich bei Hornung&Staehelin (s.o.). Neben den von Dir aufgeführten Anbringungsorten gibt es Sedfestzyklen auch auf kgl. Palastanlagen/Tempelpalästen (zB. die Tordekoration des Apries in Memphis, vgl. W. Kaiser, in: MDAIK 39, 1983, S. 265 Abb. 2). Noch in der Ptolemäerzeit ist die Sedfest-Szene belegt: Medamud, Zt. Ptolemaios II. (s. Ch. Sambin und J.F. Carlotti, in: BIFAO 95, 1995, S. 383-458) und Edfu (M. Ibrahim, in: ASAE 63, 1979, S. 89-101). Problematik: Beim Hebsed besteht in der Deutung des Rituals ein Hauptproblem: Wir haben ausschliesslich Bilder, um die Ritualabläufe zu rekonstruieren (die gewagte These, die „Dramatischen Ramesseumspapyri“ würden Sedfest-Szenen zeigen ist m.W. noch umstritten; zum Festablauf, s. Barta, in: SAK 6, 1978, S. 25-53) Ansonsten müssen wir uns mit stereotypen „Sedfestformeln“ begnügen, in denen der König als Empfänger von Sedfesten bezeichnet wird. Häufig kann es sich nicht um ein „echtes“ Sedfest handeln, da nach dem „ägyptischen Standard“ ein Sedfest nach 30, 34, 37, 40 usw. Jahren begangen wurde (so zB. die Sedfest-Belege bei Amenemhet I., Hatschepsut, Amenophis IV., Osorkon II.) und die meisten der genannten Königs einfach zu jung/früh gestorben sind (vgl. hierzu Hornung & Staehelin, op.cit, S. 51ff.; W.J. Murnane, The Sed Festival: A Problem in Historical Method, in: MDAIK 37, 1981, S. 369-376; J.v. Beckerath, Gedanken zu den Daten der Sed-Feste, in: MDAIK 47, 1991, S. 29-33). Als sogenannte „pillar benediction“ oder „Pfeilerformel“ bezeichnet, begegnet bei zahllosen ägyptischen Pharaonen (v.a. MR und NR) nicht nur die Formel ein „Hb-sd“ gefeiert zu haben sondern auch ein „zp tpj wHm Hb-sd“ oder „zp tpj wHm“ („Wiederholung des Ersten Males“) erreicht zu haben. Nach Hornung (MDAIK 47, 1991, S. 168) besteht aber auch bei dieser Formel berechtiger Zweifel ob bei vielen der genannten Pharao aus chronologischen Gründen jemals in der Lage war ein „echtes“ Sedfest (nach 30 Jahren) und dann noch ein „2. Sedfest“ im 34. Jahr zu begehen. Die Formel WÜNSCHT nach Hornung (op.cit. S. 170) dem Pharao „ein erstes Sedfest und (unendliche viele) Wiederholungen“, ist also völlig anders zu übersetzen. Ein Realitätsbezug liegt hierbei meist nicht mehr vor. Es handelt sich um eine „erstarrte Formel“. Da im Sedfest der Regenerationsvollzug auch für die Tempelstatuen galt, ist es möglich, dass auch posthum ein Sedfest eines Königs begangen wurde. So ist zB. für Ramses I. ein solches posthumes Sedfest aus dem Millionenjahrhaus Sethos’ I. in Qurna (Lepsius, Denkmäler III, S. 151b) belegt. Wenn wir nun die älteren Darstellungen von Niuserre (Bissingen/Kees, Das Re-Heiligtum des Königs Newoser-Re (Rathures) II, Leipzig 1923 und III, 1928) heranziehen, so fällt auf, dass zB. Amenophis III. von „wurmstichigen“ uralten Vorlagen abschreibenbzw. abmalen liess (die beamten rühmen sich ja in ihren Autobiographien solche zerfressenen Papyri konsultiert zu haben). Titel (die es unter Amenophis III. schon lange nicht mehr regulär gab) und Festszenen/Abläufe sind zT. detailiert kopiert worden. Dasselbe Ergebnis ist bei der Tordekoration Osorkons II. festzustellen, die teilweise 1:1 identisch mit den Soleb-Szenen Amenophis III. ist. Es handelt sich also in den Regel bei späteren Belegen um Anachronismen. Andererseits ist bereits für die Belege des MR eine Vermischung mit Elementen des allgemeinen Osiris-Festgeschehens feststellbar. Die Grundthematik beider Feste ist ja in weiten Teilen deckungsgleich (Regeneration des alten Herrschers durch dessen symbolischen Tod und die anschliessende Wiederauferstehung als verjüngter König) und begegnet zB. beim auch Choijak-, Neujahrs- und Opetfest. Es dürfte sich also bei vielen Darstellungen von „Sefest-Motiven“ um Neujahrszeremonien handeln, bei denen ja auch ein intensiver Königs-Statuenkult betrieben wurde. Ab dem NR fallen diese Feste ja teilweise mit dem Krönungsjubiläum des Königs zusammen. Bei den Feierlichkeiten wurden Götter wie König in den Gebutshäusern (Mammisi) der Landestempeln „neugeboren“. Die Vermischung von Komponenten der einzelnen Feste ist ein Charakteristikum für die ägyptischen Auffassung dieser Feste. Es geht primär um den Regenerationseffekt. Dass dabei Erneuerungs-Elemente ehemals getrennter Festrituale zusammengezogen und umkomponiert werden ist typisch. So sind zB. die zahlreichen „Festläufe“ (s. H. Kees, Opfertanz, München 1912) wie Vogellauf, Vasenlauf, Ruderlauf und Sedfestlauf offenbar als Einzelmotive bereits im MR austauschbar bzw. als pars pro toto Symbol für die Regenrations- und Osirisfeierlichkeiten (Einzelmotive bzw. Protagonisten sind zwischen den einzelnen Lauf-Ikonen austauschbar). Wenn also eine scheinbare Sedfest-Szene in einem Relief begegnen, so bedeutet dies nicht, dass hier konkret das Sedfest gemeint ist. Vielmehr handelt es sich womöglich um allgemeine Regenerationssymbolik ohne einen konkreten Situationsbezug. Generell ist jedoch die Regerationsthematik aufs engste mit dem Königskult verbunden, da der Herrscher ja jährlich (beim Neujahrsfest) einer vollständigen Erneuerung unterzogen wird. Auch bei anderen „Erneuerungsfesten“ (Choijak, Neheb-Kau u.a.) ist es letztendlich immer auch die Erneuerung des Königs, die im Hintergrund mitschwingt. Andere Meinung: H. Goedicke, Zoser’s funerary Monument II, in: BACE 8, 1997, S. 44: „The celebration of the Sed-Festival is not an integral part of a king’s reign but rather a requirement from the lenght of a king’s reign“ (was aber klar die vielen „Pseudo-Sedfest-Belege“ ignoriert).
> Antwort auf Beitrag vom: 07.11.2003 um 16:09:50
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