Hallo Gitta... ein recht eindeutiger Hinweis auf kultische Handlungen, die um die Prunk-Paletten konstruiert waren, ist der Fund der Narmerpalette in einem Deposit aus Kalksteinblöcken im Tempelareal von Hierakonpolis, direkt neben dem sogenannten „Urhügel“ mit der archaischen Kapelle (eine schöne Rekonstruktion in: M. Lehner, Geheimnis der Pyramiden, München 1999, S. 72f. ). Natürlich ist dies ein singulärer Befund, doch sprechen zB. die Themen der Paletten (Tiere des sogenannten „Ersten Males – also der Schöpfungssituation, und der Wüste, sowie die Kriegs- und Gefangenenszenen, Jagdszenen) für Feindvernichtungsrituale, während denen die Paletten vermutlich rituell (vom Pharao?) abgelegt wurden. Durch das Ablegen/Deponieren wurde der im Fest vollzogene Akt der Feindvernichtung fixiert und permanent wirksam (so sind m.E. auch viele der „Bildostraka“ keine „Übungsstücke“ sondern Kultobjekte, die offiziell bei Ritualen abgelegt wurden). Aus den zahllosen (späteren) Belegen am Tempel (zB. Ritual-Szenen des Schiessens des Pfeiles und des Werfens der Bälle in die vier Himmelsrichtungen; Erschlagen der Feinde-Szenen; Gefangenenfiguren – diese auch schon aus dem Chasechemui-Grabkomplex und den AR-Totentempeln belegt!) kann grob ein sogenanntes „Siegesfest“ erschlossen werden. Dieses Fest thematisiert – vermutlich in sehr martialisch-dramatischer Realisierung – die Niederwerfung des Chaos, dessen Protagonisten ja v.a. das Getier der Wüste (Wildstier, Greif, Schlangenhalspanther, Gazellen etc.) und die sog. „Ostvölker“ sind. Als Horus triumphiert der Pharao hierbei über seine Feinde. Seit dem NR sind es die lebenden Tempeltiere, die genau die Funktion erfüllen, die die Tierbilder der Paletten erfüllten. Sie wurden als sethische Tiere aufgrund ihrer Farbe oder mythologischen Rolle getötet und dadurch unschädlich gemacht. Die bekannten, zahllosen Tiermumien (Gazellen, Hunde, Schlagen, Schweine etc) sind hierfür die erhaltenen Zeugnisse ( Kessler, Dieter, Die heiligen Tiere und der König. Teil I: Beiträge zu Organisation, Kult und Theologie der spätzeitlichen Tierfriedhöfe, Wiesbaden, 1989 (Ägypten und Altes Testament 16 ). Aus der Spätzeit kennen wir solche dramatischen Schauspiele von den Tempelseen, auf denen rituell Feind(attrappen?) und gefährliche, sogenannte typhonische Wesen wie ( Gessler-Löhr, Beatrix, Die heiligen Seen ägyptischer Tempel, Hildesheim, 1983, (Hildesheimer Ägyptologische Beiträge, 21 ) Krokodile, Schlangen und Schildkröten getötet wurden. Natürlich sind die Motive der Paletten nicht einmalig, sondern auch in anderen altorientalischen Kulturen beheimatet ( Trigger, Bruce G., The Narmer Palette in Cross-Cultural Perspective, in: Fs Elmar Edel, S. 409-419 ), doch spricht dies nicht gegen eine kultische Verwendung dieser Motive in Ägypten. Wie lange der kultische Sinn der Darstellungen der Paletten noch verstanden wurde, belegt vielleicht ein Palettenfragment (Brooklyn 66.175) aus Abydos, dessen eine Seite prädynastische Schlachtenszenen zeigt, die Rückseite aber unter Amenophis III. „recycelt“ wurde ( Bothmer, Bernard V., A New Fragment of an Old Palette, in: JARCE 8 (1969-1970), S. 5-8 ) und den Namen der Teje zeigt). Bothmer hält das Sedfest für eine mögliche kultische Situation in der die Palette erneut „abgelegt“ wurde, da dieses Fest ja eine zentrale Rolle bei Amenophis III. spielte. Da die Feindvernichtungssymbolik und ein Siegesfest auch zum Sedfest gehört wäre hier der Sinn der Palette erhalten geblieben. Gruss, A.
> Antwort auf Beitrag vom: 11.12.2003 um 22:56:50
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