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Ägyptologie Forum >> Architektur & Kunst


1) Zuwendungen an Neithtempel
Benne am 26.12.2003 um 18:27:13

Hi

In „Ägyptische Mythologie, Die Götterwelt“ von Günther Roeder, ist eine Erläuterung und Übersetzung zur sog. „Naukratis-Stele“ enthalten. Ihr Inhalt befasst sich u. a. mit den Zuwendungen an die Neith in Sais aus den königlichen Einfuhrzöllen die Nektanebos in der Stadt Henwet und Naukratis erhob. (S. 86 ff)

„Ein Teil von zehn mögen gegeben werden an Gold und an Silber, an Balken (Baumstämmen) und an Brettern, und an allen Dingen, die aus dem Großen Grün der Haw-nebu ( Ozean der Griechen, also Mittelmeer) kommen, und an allen Dingen, die man zu dem Hause des Königs berechnet (D. h. für die eine Steuer an die königliche Verwaltung abgeführt wird) in der Stadt namens Henwet ( vermutlich Hafen für die Einfuhr fremder Erzeugnisse); und ein Teil von zehn (möge gegeben werden) an Gold und an Silber und an allen Dingen, die entstehen (von Handwerkern gearbeitet) in dem Hause des Hafens, der Karet (Naukratis) genannt wird auf dem Ufer des Stromes Ajnu (westlicher Mündungsarm des Nil nach Kanopos), und die berechnet (mit einer Steuer belegt) werden zu dem Hause des Königs.“ (S. 92)

Dazu habe ich folgende Fragen:

Bei „dem Großes Grün der Haw-nebu“ – handelt es sich laut dem Kommentar Roeders um den „Ozean der Griechen“.

1. Steht „Haw-nebu“ für „die Griechen“ bei den Ägyptern?

Das frage ich mich daher, da das „Große Grün der Haw-nebu“ mit der Stadt „Henwet“ in Verbindung steht. Und die Abgaben für den Tempel der Neith aus Naukratis, der Handelsniederlassung verschiedener griechischer Städte im Delta, anschließend gesondert aufgeführt ist.

2. Ist heutzutage mehr über die Stadt „Henwet“ bekannt?

Auf der Stele wird Neith als „Herrin von Saw (Sais), Herrin des Himmels, Fürstin der großen Grüne (Meere)“ bezeichnet.

3. Wie alt ist der Titel „Fürstin der großen Grüne?“

Grüße Benne


2) Re: Zuwendungen an Neithtempel
Gitta am 26.12.2003 um 20:40:54

Hallo Benne,


Zitat:
1. Steht „Haw-nebu“ für „die Griechen“ bei den Ägyptern?


Mit Haw-nbwt wurden nach Hannig die Ägäis und deren Bewohner bezeichnet (eines der Neunbogenvölker).


Zitat:
2. Ist heutzutage mehr über die Stadt „Henwet“ bekannt?


Unter der Bezeichnung habe ich bei mir nichts finden können. Könnte das Kanopus sein? Meiner Meinung war das seinerzeit ein großer Handelshafen. Und Goddio hat bei seiner Unterwasser-Expedition ja die sogenannte Kanopusstele gefunden, die einen identischen Wortlaut hat wie die Naukratisstele.


Zitat:
3. Wie alt ist der Titel „Fürstin der großen Grüne?“


Diese Bezeichnung für Neith konnte ich auch nirgendwo finden. Ich hätte da nur einen Erklärungsversuch: Neith wurde von den Ägyptern auch als Schöpfergöttin angesehen und mit dem Gewässer des Nun gleichgesetzt. Einer ihrer Beinamen war "Große Flut". Möglicherweise hat man sie deshalb in späterer Zeit mit dem Meer identifiziert.


Gitta


> Antwort auf Beitrag vom: 26.12.2003 um 18:27:13


3) Re: Zuwendungen an Neithtempel
 Michael Tilgner am 26.12.2003 um 21:38:42

Hallo, Benne,

zu (1): "Haw-nebu"

HA.w-nb.w.t "Ägäis; Bewohner der Ägäis" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 502)

Zu diesem Begriff laufen seit Jahrzehnten etliche, z.T. emotionale, um nicht zu sagen: erbitterte Kontroversen, so daß sich Hannig wohl genötigt fühlte einzufügen:

Zitat:
"Bedeutung als 'Ägäis' wird zusehends in Zweifel gezogen; der Ausdruck soll im AR das Norddeltaküstenland, dann im NR die nördliche mediterrane Welt und schließlich die Ägäis bzw. die Griechen ab der 26. Dynastie bezeichnen."

Das gleiche gilt für
wAD-wr "'Großer Grüner', Meer (bes. Mittelmeer, Rotes Meer; Fayum-See)" (Hannig, S. 179)

Helck schrieb im "Lexikon der Ägyptologie", Bd. III, Sp. 1276-1279, Stichwort "Meer" u.a.

Zitat:
"Behauptungen, wAD-wr sei nie für 'Meer' benutzt worden, lassen sich leicht widerlegen."

und führt etliche Belegstellen an. Diese Behauptungen werden vor allem von Alessandra Nibbi und Claude Vandersleyen vorgetragen.


zu (2): "Henwet"

Vor zwei Jahren wurde von Franck Goddio das Pendant zur Naukratis-Stele nahe Abukir gefunden. Danach steht wohl fest, daß es sich bei Henwet / Hone / Thonis um das antike Herakleion handelt. Einzelheiten:
Canopic Region: Sunken Cities - Between Reality and Legends1
Klicke speziell auf die Seite "Stele of Naukratis" mit einem Artikel von Prof. Jean Yoyotte, Paris.

Die Thonis-Stele selbst ist abgebildet auf:
The Naucratis Decree2

Gute Photographien (d.h. Hieroglyphen sind lesbar) der eigentlichen Naukratis-Stele findest Du bei Hellmut Brunner, Hieroglyphische Chrestomathie, Wiesbaden, 1965, Tf. 23-24 mit einigen Hilfestellungen zu den Lesungen.

Eine weitere (englische) Übersetzung ist in Miriam Lichtheim, Ancient Egyptian Literature, Bd. III, Berkeley / Los Angeles / London, 1980, S. 86-89


zu (3): Alter des Titels "Fürstin der großen Grüne"

Dazu kann ich Dir leider nichts sagen.

Viele Grüße,
Michael Tilgner



> Antwort auf Beitrag vom: 26.12.2003 um 18:27:13


1: http://www.franckgoddio.org/english/projects/canopicregion/
2: http://www.geocities.com/TimesSquare/Alley/4482/Thonis.html


4) Re: Zuwendungen an Neithtempel
 Gast_A. am 27.12.2003 um 12:21:36

Zum „Großen Grünen“:

1. Hnw.t wAD-wr “Dame/Herrin von Wadj-wer“
Leitz, Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen Bd. VI, Leuven-Paris-Dudley 2002, S. 172:
Datierung: gr.-röm. Zt.
Funktion: Bezeichnung der Hathor in einer Ritualszene (Wasserspende: qbHw)
Belegstelle: Dendera IV, 87, 4

2. nb(.t) wAD-wr „Herrin von Wadj-wer“
Leitz, Bd. IV, S. 37f.
Datierung: Spzt.
Funktion: Bezeichnung der Neith
Belegstelle: Naukratisstele, nach: Erman, ZÄS 38 (1900), S. 130

3. nb(.t) wAD-wr ab-rA „Die Herrin des Meeres und des Ufers“
Leitz, Bd. IV, S. 38
Datierung: gr.-röm. Zt.
Funktion: Bezeichnung der Isi in einer Ritualszene (Wasserspende: qbHw)
Belegstelle: Dendera VII, 70, 13

Im Zusammenhang mit Königinnen scheint das Epitheton dagegen nie vorzukommen (s. L. Troy, Patterns of Queenship, Upsala 1986, Titelindex). Es handelt sich also vielleicht um eine rein auf bestimmte Göttinnen bezogene Rolle.
Weibliche Himmelsgottheiten sind im Rahmen der Schu-Tefnut Legende bzw. des Horus-Augenmythos auch die Göttinnen des Ostens und der Fremdländer. Hier könnte also der Bezug zum „Großen Grünen“ als Mittelmeer hergestellt werden. Allerdings weisen die Wasserspenden-Szenen der ptol. Tempel keinen direkten Bezug hierzu auf.

Vandersleyen möchte wAD-wr ausschliesslich als „Nil(tal)“ und in Ausnahmefällen auch als „Faiyum“ verstehen (er stützt sich hierbei v.a. auf die in manchen Belegen unzweifelhafte Verbindung von wAD-wr zum Süsswasser, sowie auf die in seinen Augen klare Beziehung von wAD „grün“ zur Vegetation) und lehnt die Bedeutung „Meer“ vehement ab (C. Vandersleyen, Le sens de Ouadj-Our (WAD-wr), in : Akten d. 4. internat. Ägypt.-Kongresses, München 1985 (BSAK 4, S. 345-352) [mit einer umfangreichen Belegstellensammlung], ders., Une autre aspect de la vallée du Nil, Bruxelles 1999; ders., Encore ouadj our, in: DE 47 (2000), S. 95-109). Nach V. ist auch ganz speziell die Nilflut (Überschwemmung) als wAD-wr zu verstehen.
Dies wird aber von Kitchen (K.A. Kitchen, DE 46 (2000), S. 126-138) und Quack (J.F. Quack, Zur Frage des Meeres in ägyptischen Texten, in : OLZ 97 (2002), S. 453-463) überzeugend bestritten. Quack weist nach, dass wAD-wr (ebenso wie das jüngere ym) als Bezeichnung für „Meer“ gebraucht wird (Das Gebiet von Alexandria liegt zB. nach Stele BM 886 direkt am Wadj-wr!) . Es kann aber auch Binnengewässer in Ägypten (v.a. im Delta) benennen. Eines der Kernargumente von Vandersleyen (wAD = Vegetations-Grün) kann Quack einfach entkräften: Die reduzierte Farbpalette der Ägypter bezeichnete mit wAD nicht nur „grün“ sondern auch „blau“ (zB. Pigmente).
Quack weist auch darauf hin, dass wAD-wr spezifisch zum Norden gehört „und zwar immer als äußerste denkbare Grenze ägyptischer Herrschaft“. Einige Sonderfälle, die wAD-wr’s zB in bestimmten oberäg. Gauen ansiedeln und die viell. als „Sümpfe“ oder Kultseen zu deuten sind können aber auch Kitchen und Quack nicht völlig erklären.
Sicher ist jedoch, dass Vandersleyens Argumentation zu unsicher und konstruiert ist um tatsächlich das konventionelle Bild von wAD-wr als „Meer“/“Faiyum“ umzustossen.

Noch etwas Lesestoff, der sich - neben der von M.T. genannten Literatur - mit dem Inhalt der betreffenden Passage auseinandersetzt oder damit zusammenhängt:

Zur Naukratisstele allgemein :
A. Erman , Die Naukratisstele, in: ZÄS 38 (1900), S. 127-33  bei ihm noch Hnw.t-Hn.t gelesen
H. Gauthier , Dictionnaire des noms géographiques, Bd. 4 Paris, 1927, S. 32 ; liest Hn.t
M. Lichtheim , The Naucratis Stela once again, in: Fs G.R. Hughes, 1977, S. 140; folgt Gauthiers Lesung

Zu den Hau-Nebu :
J. Vercoutter , Les Haou-Nebout, in: BIFAO 46 (1947), S. 125-158 und BIFAO 48 (1949), S. 107-209
E. Iversen , HAw-nbw.t, in : ZÄS 114 (1987), S. 54-59 (schlägt - entsprechend der Feststellung Quacks (s.o.) - als Übersetzung für den Terminus  das etwas umständliche „Transinsulanien“ vor)
A. Nibbi , Haunebut, in: ZÄS 116 (1989), S. 153-160 (entsprechend ihrer abstrusen Vorstellung, alle Orte die die „konventionelle“ Ägyptologie im Levante ansiedelt seien im Ost-/Westdelta zu suchen, möchte sie auch den Begriff Haunebut als Bezeichnung des Gebietes um Canopus und Alexandria deuten (vgl. ihre Karte Abb. 2). Allerdings bleibt dann das gesamte Mittelmeer mit allen dort anzusiedelnden Völkern ein schwarzer Fleck auf der Karte und die Ägypter hätten ihrer Lebtage nur sich selbst gekannt.

Gruss A.



> Antwort auf Beitrag vom: 26.12.2003 um 21:38:42


5) Re: Zuwendungen an Neithtempel
Benne am 29.12.2003 um 16:35:09

Hi

Habe mir noch die Links zu dem Thema angeschaut. Was müssen die sich gefreut haben als sie die Dublette entdeckt haben? Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass diese Entdeckung an mir vorbei gegangen ist.

Yoyotte übersetzt das „Große Grün der Haw-nebu“ der sog. Naukratis-Stele auch einfach mit „Greek Sea“. Und die Abweichung der 13. Kolumne der Thonis-Version mit „Sea of the Greeks“.

Y. bringt auch eine Stelle bei Herodot in Erinnerung: “…tells us that the guardian policing the entry to the Nile’s canopic branch was called Thonis.“ Der “Anu-canal” im Nektanebos-Dekret. Die Bezeichnung wurde zumindest für die Küste schon etwas mehr als 1oo Jahre vor Herodot von den Griechen benutzt: „An der Mündung des Nils, unfern der kanobischen Küste“ (Plut. Sol. 26) Dabei ist mir wieder eine Frage eingefallen, die ich schon einige Zeit mit mir herum trage.

Das Buch des Phoinikier Heliodor aus Emesa; „Die äthiopischen Abenteuer von Theagenes und Charikleia“, beginnt mit dem Satz: „Der lichte Tag brach eben an, und die Sonne überglänzte die Bergspitzen, als Männer in Räuberausrüstung über die Höhen am sogenannten Heraklesarm des Nildeltas lugten.“ Und zwar ganz in der Nähe der Meeresküste.

Welchen Nilarm nannten die Griechen „Heraklesarm“? Bei Herodot 2, 17 wird er nicht erwähnt. Doch wegen des Heraklesheiligtums das er an der kanobischen Küste beschreibt, habe ich ihn damals einfach mit dem westlichsten Nilarm gleichgesetzt. Obwohl ich mir da nie ganz sicher war.

Grüße Benne


> Antwort auf Beitrag vom: 28.12.2003 um 18:32:20


6) Re: Zuwendungen an Neithtempel
Vandersleyen Claude am 16.01.2005 um 16:38:55

Helck a écrit qu'il était facile de réfuter l'idée que ouadj our ne signifie jamais la mer, mais Helck ne l'a jamais fait. Les comptes rendus de Kitchen et de Quack trahissent tout à fait le contenu de mon livre; j'ai d'ailleurs longuement répondu à Kitchen (Discussion in Egyptology 47, 2000, 95-115). Lisez aussi le compte rendu de Christian Cannuyer, dans la Revue Belge de Philologie et d'Histoire 79, 2001, 300-303, qui n'a pas déformé ma pensée.

> Antwort auf Beitrag vom: 26.12.2003 um 21:38:42


7) Re: Zuwendungen an Neithtempel
 Iufaa am 16.01.2005 um 18:47:05

Hallo,

für alle, die des Französischen nicht mächtig sind oder wie ich auf "maschinelle Ü." angewiesen sind, hier eine solche:


Zitat:
Zitat:
Helck hat geschrieben, daß es einfach sei, die Idee zu widerlegen, daß "wAD-wr" niemals "Meer" bedeutet hat, aber Helck machte es nie. Die Berichte von Kitchen und von Quack geben den Inhalt meines Buches nicht richtig wieder; ich habe im übrigen ausführlich auf Kitchen geantwortet (Diskussion in Egyptology 47, 2000, 95-115). Lesen Sie auch den Bericht von Christian Cannuyer in "Revue Belge de Philologie et d'Histoire", 79, 2001, 300-303, die meinen Gedanken nicht verzerrt hat.


Gruss, Iufaa


> Antwort auf Beitrag vom: 16.01.2005 um 16:38:55


8) Re: Zuwendungen an Neithtempel
jd_degreef am 16.01.2005 um 21:23:37

Lieber Iufaa,

Ich glaube Pr. VANDERSLEYEN benützt das Verbum "trahir" als "nicht richtig wiedergeben", also "KITCHEN und QUACK geben den Inhalt meines Buches nicht richtig wieder".

MdG,

JD DEGREEF

> Antwort auf Beitrag vom: 16.01.2005 um 18:47:05


9) Re: Zuwendungen an Neithtempel
 Iufaa am 16.01.2005 um 21:25:20

Hallo JD,

danke, habe mich etwas gewundert, aber meine Kenntnisse sind eher minimal. Wird geändert.

Gruss, Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 16.01.2005 um 21:23:37


10) Re: Zuwendungen an Neithtempel
Vandersleyen_C am 17.01.2005 um 21:33:53

Les Haou Nebout sont les populations sauvages et indomptables qui occupent la frange côtière du Delta; ils sont au bord de la mer, mais ils n'ont rien à voir ni avec la mer, ni avec les Egéens ni avec les Grecs; à très basse époque, le terme a été employé pour désigner les populations non égyptiennes de la même région du delta; de là vient qu'une ou deux fois des groupes grecs ont été appelés Haou Nebout. Cf. Vandersleyen, L'Egypte et la vallée du Nil, Nouvelle Clio, PUF, 1995, index p. 692; id. Ouadj our, Bruxelles, 1999, p. 69-71; A. Nibbi, The Sea Peoples and Egypt, Oxford, 1975, p. 51-58.

> Antwort auf Beitrag vom: 27.12.2003 um 12:21:36


11) Re: Zuwendungen an Neithtempel
Vandersleyen_C am 17.01.2005 um 21:41:27

Fürstin des Grossen Grünes = Fürstin des grünen Deltas.Nichts zu tun mit dem Meer.

> Antwort auf Beitrag vom: 26.12.2003 um 21:38:42


12) Re: Zuwendungen an Neithtempel
 Gast_A. am 17.01.2005 um 22:02:15

Hier mal eine schnelle Übersetzung des französischen Textes:
"Die Hau-Nebu sind die „barbarische“/wilde und unbezwingbare Bevölkerung, die den Küstenstreifen des Deltas besiedelte; sie sind am Meer gelegen, haben aber weder etwas mit dem Meer noch mit den Ägäis-Bewohnern noch mit den Griechen zu tun; in sehr später Zeit wurde der Terminus gebraucht um die nicht-ägyptischen Bevölkerung derselben Region des Deltas zu bezeichnen; von daher kommt es, dass ein oder zweimal die griechischen Gruppen Hau-Nebu genannt wurden; Vgl. Vandersleyen, L'Egypte et la vallée du Nil, Nouvelle Clio, PUF, 1995, index S. 692; id. Ouadj our, Bruxelles, 1999, S. 69-71; A. Nibbi, The Sea Peoples and Egypt, Oxford, 1975, S. 51-58"

> Antwort auf Beitrag vom: 17.01.2005 um 21:33:53


13) Re: Zuwendungen an Neithtempel
Benedikt_Klein am 18.01.2005 um 19:12:04

Hi

Die Anmerkung von Roeder im ersten Posting, das "Große Grün" auf der Naukratis-Stele beschreibe das Mittelmeer, ist also falsch? Damit ist das Nildelta gemeint.

Benne

> Antwort auf Beitrag vom: 17.01.2005 um 22:02:15


14) Re: Zuwendungen an Neithtempel
 Gast_A. am 19.01.2005 um 03:59:57

Hallo Benedikt

Es geht hier nicht um einen „kleinen“ Streit bezüglich der Veschiebung eines Toponyms um ein paar Kilometer, einer neuen Lesung o.ä. Hier geht es darum, wie weit der Gesichtskreis der Ägypter überhaupt reichte. Und nach Vandersleyen reichte der nur bis zur Deltaspitze. Vandersleyens Theorien sind untrennbar mit den „Forschungsergebnissen“ A. Nibbis verbunden (sein Buch „Ouadj our“ ist ihr übrigens gewidmet). Herr Vandersleyen „gehört dabei zusammen mit Alessandra Nibbi zu den Hauptproponenten einer drastischen Reduktionstheorie, welche viele sonst von der Forschung in Vorderasien lokalisierter Orte in Ägypten oder seiner nächsten Umgebung wiedererkennen will“ (J.F. Quack, Zur Frage des Meeres in ägyptischen Texten, in: OLZ 97, 2002, S. 453). Auf nicht-Quack-Deutsch heißt das: Alle Länder (Kanaan, Phönizien, Kharu usw.) oder Städte, die wir bislang in Palästina, Syrien oder dem übrigen östlichen Mittelmeerbereich angesiedelt haben, sollen im Delta bzw. dem nordwestlichsten Sinai-Gebiet gelegen haben (vgl. Bild_1).
Das Überdenken alter, festgefahrener Theorien ist grundsätzlich wünschenswert. Allerdings sind die Argumente, die Nibbi und Vandersleyen zur  Begründung ihrer Theorien vorbringen und wie Kitchen (Rezension zu Vandersleyen, in: DE 46, 2000, S. 123-38) völlig richtig gesehen hat, „totally bizarre explanation(s) that will convince nobody, unless they are already ‚anti-sea’ or WAD-wr“.
Die Beleidigungen, die Nibbi gegenüber Fachkollegen vorbringt zeugen von dem, was Kitchen ebenfalls treffend als „fanatic“ bezeichnete (alle!! Ausgräber im Delta seien nicht objektiv!! beim Graben und würden viel zu langsam arbeiten!! So könne man keine sinnvollen Ergebnisse erziehlen!! vgl. A. Nibbi, Some Problems preventing Our Better Understanding of the Delta, in: DE 15, 1989, S. 57f.). Schon Osing war von ihrer Aggressivität angewidert („die dort [in Nibbis Publikationen] mit unnötiger Polemik vertretene Meinung, wAD-wr „das Große Grüne“ beziehe sich immer auf Gewässer in Ägypten, ... steht nicht mit den Belegen in Einklang“; J. Osing, in: Fs Brunner-Traut, Tübingen 1992, S. 274 Anm. 4).
Vandersleyen hat durch seine Materialsammlung (Ouadj our, Bruxelles 1999) versucht die Theorien Nibbis zu untermauern. Daher ist es schwierig seine Thesen von den ihren zu trennen. Ich habe mal eine Karte aus Nibbis Theorien-Sammelsurium reingestellt (Bild 1 aus: DE 15, 1989, Fig. 1; Bild 2 aus: Lapwings and Libyans in Ancient Egypt, Oxford 1986 Fig. 23), die zeigen soll, wie sich Nibbi - und ihr folgend auch Vandersleyen das Delta so vorstellen. Y. Duhoux, ein Louvainer Kollege von Vandersleyen möchte in „Les Minoens en Égypte“ (Louvain 2003) gar die „Inseln inmitten des Deltas“ nördlich von Kairo beginnen lassen. vgl. S. 138 Abb. 14 und S. 140 Abb. 15.

Das Problem: Nibbi und Vandersleyen haben KEINEN einzigen harten Beweis (so hätte das Rumsfeld wohl gesagt)! Nur eine Handvoll vage Umdeutungen früherer Übersetzungen sowie polemische Sprüche gegenüber allen dummen Vorgängern, die das offensichtliche nicht sehen wollten (eine Kostprobe ist schon das Eröffnungszitat aus Ch. Darwin bei Duhoux: „False facts are highly imjurious to the progress of science, for they often endure long; but false views, if supported by some evidence, do little harm, for every one takes a salutary pleasure in proving their falseness"- wobei Duhoux dieses Zitat nicht mal aus dem Original „Descent of Man“ hat, sondern aus der ägyptologischen Untersuchung L. Mannings zur minoischen Chronologie und Tell el-Dab’a. Die implizierte Rollenverteilung im Kontext dieses Zitates, übertragen auf die moderne Ägyptologie-Fachwelt, ist schlicht Hybris und eine Unverschämtheit).

Einige dieser bizarren Erklärungen mögen hier reichen:

(1) So sollen zB. die ägäischen Toponyme der Amenophis III.-Liste (Liste EN) aus Theben-West nicht die Städte auf Kreta oder der Peloponnes bezeichnen, sondern minoisch/mykenische „Kolonien“ im Delta. Völlig abstrus und archäologisch durch nichts (!!) zu belegen. Dagegen bezeichnen die Linear-B Texte ja selbst die Städte auf Kreta und dem griechischen Festland mit genau denselben Namen, die uns die ägyptischen Listen überliefern.
Auch hier müssen Nibbi und Vandersleyen ihrem dogmatischen Widerstand gegen die Lokalisierung der Hau-Nebu in der Ägäis jede Logik und Objektivität opfern.
Immerhin wird das Problem mal angesprochen (Y. Duhoux, 2003, S. 271) „Toutefois, on n’a retrouvé aucun objet témoignant d’une installation minoenne à Avaris. Ceci fait qu’il faut imaginer que „the incoming Minoan brought no domestic accoutrements or servants but nonetheless insisted in Minoan artists providing a painted shrine for personal worship. It is a curious scenario“ (Morgan 1995, 44).“ (= „Man hat jedoch kein einziges Objekt gefunden, das eine minoische Einrichtung in Avaris bezeugen könnte. Man muss sich also vorstellen, dass „die ankommenden Minoer keine heimische Ausstattung oder Untergebenen mitbrachten, aber nichtsdestoweniger darauf bestanden, dass minoische Künstler einen bemalten Schrein für die eigene Andacht bereiteten. Ein seltsames Szenario.“). Nibbi hat sich leider seit längerem nicht mehr zu Tell el-Dab’a geäußert - vielleicht weil es ihrer ganzen Theorie widerspricht?

...

> Antwort auf Beitrag vom: 18.01.2005 um 19:12:04


15) Re: Zuwendungen an Neithtempel
 Gast_A. am 19.01.2005 um 04:14:03 - Anhang: 2 Anhänge

...

(2) Die Erklärungen Vandersleyens zum Memphis-Dekret (1999, S. 112f., 131f.) sind jüngst selbst von Y. Duhoux (2003, S. 115f.) zurückgewiesen worden. In diesem Belegen zeigt sich eindeutig die Synonymie von WAD-wr und ym „Meer“. Entsprechend ist auch das Canopus-Dekret zu lesen (vgl. J. Osing, Zum ägyptischen Namen für Zypern, in: GM 40, 1980, S. 45), das ebenfalls eindeutig „Zypern inmitten des Großen Grünen“ nennt. Die umständliche Deutung Vandersleyens erfolgt wieder einmal unter dem Zwang, bloß keine Übersetzung „Meer“ für WAD-wr zuzulassen. Die Ägypter hätten nach Vanderselyen weder Zypern gekannt (vgl. J.F. Quack, in: ÄL 6, 1996, S. 80), noch einen Namen für diese Insel besessen. Eine solche Behauptung ist angesichts des archäologischen und philologischen Materials fast schon erheiternd.

(3) Wenn A. Nibbi ständig wiederholt „The toponyms in the Amarna Letters need to be reconsidered radically because their identification is based on the acceptance of so many assumptions from the Egyptological discipline“ (A. Nibbi, Canaan and Canaanite in Ancient Egypt,Oxford 1989, S. 61ff.) so muss man einfach mal gegenhalten: „Tu’s doch!“
In ihrer langatmigen Studie zu Kanaan (das natürlich auch im Delta liegt) fertigt sie dann aber die wichtigste und aussagekräftigste Quellengruppe die es hierzu gibt, die Amarnabriefe, auf ganzen 4 (!!!) A5-Seiten ab, um dann aber völlig ohne Interpretation direkt zum nächsten Thema zu springen! Die palästinischen Funde von „Amarnabriefen“, die archäologischen Belege der ägyptischen Tempel in Kanaan, die Verwaltungsbauten (zB. Tell Aphek) und alle anderen Daten - nichts wird berücksichtigt! So etwas kann man beim besten Willen nicht ernst nehmen.

Die sehr umfangreiche Untersuchung Yuval Gorens, Israel Finkelsteins und Nadav Na’aman („Inscribed Clay. Provenance Study of the Amarna Letters and other Ancient Near Eastern Texts“, Tel Aviv 2004) zu den Ton-Sorten und Ton-Gewinnungs-Orten des östlichen Mittelmeer-Raumes hat jüngst definitiv den letzten Beweis dafür geliefert, dass A. Nibbis Vorstellungen eines von Fremdvölkern und asiatischen Tells überfüllten Deltas barer Unsinn sind. Allerdings hätte sie das schon sehen müssen, wenn sie nur mal versuchen würde etwa die in Papyrus Anastasi I genannten Toponyme im Delta sinnvoll (!!!) unterzubringen. Dasselbe gilt natürlich für die Feldzugsberichte und Topographischen Listen des Neuen Reiches, die Nibbi ebenfalls völlig unberücksichtigt läßt (sie greift nur ein paar Mal willkürlich einzelne Namen aus den Gesamtlisten um ihre Thesen zu bestätigen).

(4) Auch andere Theorien Nibbis sind eher erheiternd, denn ernst zu nehmen. Etwa wenn sie glaubt einen Rechit-Vogel im Namen pA-Kanaan auf einem ramessidischen monumentalen Wandrelief in Karnak wiederzuerkennen. Diesen pA-Kanaan-Rechit vergleicht sie dann - trotz Zeitabstand, Materialunterschieden und Formatdifferenzen, direkt mit einem der winzigen Rechit-Vögel auf dem Hierakonpolis-Keulenkopf.
Die Rechit-Vögel sollen nach Nibbi die Delta-Stämme der Tehenu symbolisieren und damit beweisen, dass pA-Kanaan im Nord-Delta gelegen habe (vgl. Bild_2). Ein Blick in S. Ahituv, Canaanite Toponyms, Leiden 1984, S. 83f. hätte hier genügt, um diesen Unsinn zu wiederlegen. Es ist KEIN Rechit dargestellt, sondern der typische Aleph-Geier, der eben zu der Schreibung standardmäßig gehört. Solche Argumentationsversuche findet man bei ihr jedoch ständig.


Zahllose Probleme, die die Nibbi’schen/Vandersleyen’schen Theorien aufwerfen ließen sich benennen: Wieso zB. das gesamte Delta administrativ in Gaue eingeteilt war, wenn hier doch Barbaren das Szepter in der Hand hielten. Was machen wir mit dem Horusweg, der doch seit der intensiven SCA-Prospektion gut dokumentiert ist? Was mit Tjaru, der Grenzfestung im Ostdelta? Was machen wir mit den Residenzen in Qantir (Faqus) und Tell el-Dab’a? Mit Tanis? Alle ägyptischen Fundorte müssten plötzlich als Inseln inmitten feindlicher Stämme interpretiert werden (besonders unglaubwürdig wenn man bedenkt, dass etwa Piramesse dann mitten in dem Gebiet gebaut worden wäre, wo sich laut Nibbi und Vandersleyen nur eine Generation später die lokalen Stämme - von uns Traditionalisten fälschlich als Seevölker bezeichnet - gegen die Ägypter erhoben). Was machen mit der endlosen Flut an Daten aus Palästina und Syrien, Kreta und Zypern, die ägyptische Präsenz und Landeskenntnis dokumentieren (vgl. M. Bietak, The Synchronisation of Civilisation in the Eastern Mediterranean, Wien 2000)? Was mit dem Ergebnis, dass dann die Ägypter ihren Horizont gerade mal bis zum Deltarand ausgestreckt hätten? Wo sollen die Feldzüge der Ägypter verlaufen sein?

Ich denke mal die Beiträge von Nibbi eignen sich v.a. dazu, zu lernen, wie man NICHT argumentieren sollte. Vandersleyens Opus ist dagegen trotz der teilweise falschen Interpretation als Materialsammlung sicherlich sehr zu empfehlen.

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 19.01.2005 um 03:59:57

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16) Re: Zuwendungen an Neithtempel
Irjnefer_d.J. am 19.01.2005 um 17:58:59

Hallo, lieber Gast A.,

darf ich einmal - aufgrund Deiner wunderbaren Darstellung -
zu vermitteln versuchen:

Ich sehe es so, daß die Ägypter alle ihre Fremdländer ge-
kannt und benannt haben, und ihre (hier offenbar im Delta
ansässigen) Gastarbeiter ebenso.

Ist das abwegig ?

Viele Grüße
Irjnefer d.J.

> Antwort auf Beitrag vom: 19.01.2005 um 04:14:03


17) Re: Zuwendungen an Neithtempel
Benne am 19.01.2005 um 22:08:39

Hi

Dass das Meer bei den Ägyptern als „Großes Grün“ bezeichnet wird, verwundert mich etwas. Wieso grün? Etwas ähnliches habe ich mittlerweile bei dem griechischen Romanschriftsteller Achilleus Tatios (um 2. Jh. n. u. Z.) aus Alexandrien gefunden. Er beschreibt in seinem Liebesroman, „Leukippe und Kleitophon“ ein Bild, dass als Weihgeschenk der sidonischen Astarte gewidmet ist. Darauf ist die Entführung Europas durch Zeus abgebildet. Als Stier verschleppte er sie von der kleinasiatischen Küste über das Meer nach Kreta. Dieses Meer wird „von doppelter Farbe: nach dem Lande zu rötlich, und nach dem Meere hin grünlich“ (1, 1) beschrieben. Vielleicht galt damals die Meeresfarbe im allgemeinen als grün?

Benne

> Antwort auf Beitrag vom: 19.01.2005 um 17:58:59


18) Re: Zuwendungen an Neithtempel
 Gast_A. am 20.01.2005 um 02:54:24 - Anhang: Karte_Gibali.jpg

Hallo Irjnefer,

es ist zu fragen, was ein Kompromiss bringen soll. Denn das Problem bleibt ja bestehen: Nibbi und Vandersleyen wollen keine Beziehung zwischen den in ägyptischen Quellen genannten Orten sehen, die die „traditionelle“ Ägyptologie in Palästina, Syrien usw. lokalisiert. Es ist ja nicht so, dass sie sagen: die Namen gehören zu Städten im (echten) Libanon, benennen in ägyptischen Quellen aber konsequent „Gastarbeiter-Kolonien“ der Bevölkerung aus eben diesen Ursprungsgebieten. Nein, sie behaupten ja (mit Ausnahme der kretischen Belege), dass es sich hier im Delta um das ureigentliche Gebiet Kanaan, Libanon, Phönizien usw. handle und die ägyptischen Quellen damit auch nicht implizit auf die levantinischen Gebiete verweisen.

Es gibt aber nicht einen einzigen ägyptischen Text, der dokumentiert, dass Kriegsgefangene oder Fremde in Städten angesiedelt wurden, die den gleichen Namen wie irgendwelche bekannten asiatischen (oder nach Nibbi: im Delta liegenden) Städte trugen. Die Quellen zu Kriegsgefangenen (zB. Papyrus Wilbour) nennen immer nur ihre ethnische Zugehörigkeit („Der Hurrither“/ “Der Syrer“/ „Der von Naharina“/ „Der von Hatti“ usw.) und ägyptische Neuansiedlungen oder Tempel, denen sie zugeteilt wurden.

Ein schönes Beispiel für die Unmöglichkeit eines Kompromisses ist Nibbis Arbeit zu Byblos („Ancient Byblos reconsidered“, Oxford 1985), in der sie eben behauptet dass der völlig unbedeutende ägyptische Sandhaufen Gebel  el-Gibali mit dem kpnj bzw. Gubla (= Byblos) der hieroglyphischen Quellen gleichzusetzen sei. Bezeichnend an der ganzen „Studie“ zu Byblos ist das völlige (und damit meine ich wirklich absolut VOLLKOMMEN) Fehlen irgendwelcher archäologischen/philologischen Beweise für diese Gleichsetzung!
Auf 125 langen Seiten erklärt Nibbi in ihrem bekannt ätzenden Stil wieso das Byblos der ägyptischen Quellen niemals das Byblos an der levantinischen Küste meinen kann, das die Traditionalisten immer für die logischste Lokalisierung hielten.
Nicht  eine Seite kann Nibbi dagegen mit irgendeinem Beleg für ihren bevorzugten Gebel el-Gibali bringen. Oder halt: einen glasklaren Beweis für ihre Theorien findet man auf Seite 75 - dieser ist aber dann tatsächlich der einzige  - er sei daher hier zitiert:
I spoke to three elderly men in the district of El Gibali: Ali Said Hassan Refai Hussein El Hawy, Hussein Ali Salama and Barakat Mansour Id. They told me that in their youth El Gibali (Nibbis Byblos-Tell) had been a kom stretching some six kilometers south-west of Lake Timsah from Gebal Mariam, as far as the present irrigation canal. This area is now flat, cultivated land, but teeming with broken pottery.“
Ganz eindeutig, oder? Gebel el-Gibali MUSS Byblos gewesen sein (mit dem „Libanon“ der Ägypter sei laut Nibbi übrigens entweder eine Region im nordöstlichen Delta  oder ein dort liegendeskleines Kaff namens Lebna/Lobainah - einem Ort, der erst auf napoleonischen Karten und aus arabischer Zeit bekannt ist - oder eine der Siedlungen im nördlichen Sinai-Raum gemeint, die eine ähnliche Wurzel aufweisen)! Wer wird bei solchen Beweisen noch zweifeln? Zur Klärung habe ich mal Nibbis Karte zur Lokalisierung des Tells reingestellt...

Wie genau die Ägypter über die levantinischen Städte Bescheid wussten, beweist immer wieder der Papyrus Anastasi I, in dem - um nur ein Beispiel zu nennen - Tyrus sehr treffend beschrieben wird („das Wasser muss in Booten zu dieser Stadt gebracht werden“ XXI.1 - Tyrus lag ja auf einer der Küste dicht vorgelagerten Insel). Eine Beschreibung, die wir fast identisch bei späteren klassischen Autoren wiederfinden. All diese palästinischen Städte sind durch Kontaktnetze und Kontexte (v.a. der Amarnabriefe, pAnastasi usw.) aufs engste miteinander verknüpft (zB. Kadesch, Arados, Byblos, Sidon, Tyrus die in regem Kontakt standen). In all diesen Städten wurden Stelen, Skarabäen und andere ägyptische Quellen entdeckt (man denke nur an die königlichen thutmosidischen oder ramessidischen Feldzugs-Stelen entlang der palästinischen Marschrouten!). Es ist unmöglich, einzelne oder alle dieser Orte willkürlich aus diesem Kontext herauszureißen und ins Delta zu verlegen.
Ich halte einen Kompromiss daher für ausgeschlossen. Wie sollte der aussehen? Sollen wir alle Toponyme der ägyptischen Quellen zur allgemeinen Zufriedenheit genau zwischen dem traditionellen und dem Nibbi’schen Lokalisierungspunkt auf der Landkarte platzieren? Hilft das etwa?

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 19.01.2005 um 17:58:59