Zum „Großen Grünen“: 1. Hnw.t wAD-wr “Dame/Herrin von Wadj-wer“ Leitz, Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen Bd. VI, Leuven-Paris-Dudley 2002, S. 172: Datierung: gr.-röm. Zt. Funktion: Bezeichnung der Hathor in einer Ritualszene (Wasserspende: qbHw) Belegstelle: Dendera IV, 87, 4 2. nb(.t) wAD-wr „Herrin von Wadj-wer“ Leitz, Bd. IV, S. 37f. Datierung: Spzt. Funktion: Bezeichnung der Neith Belegstelle: Naukratisstele, nach: Erman, ZÄS 38 (1900), S. 130 3. nb(.t) wAD-wr ab-rA „Die Herrin des Meeres und des Ufers“ Leitz, Bd. IV, S. 38 Datierung: gr.-röm. Zt. Funktion: Bezeichnung der Isi in einer Ritualszene (Wasserspende: qbHw) Belegstelle: Dendera VII, 70, 13 Im Zusammenhang mit Königinnen scheint das Epitheton dagegen nie vorzukommen (s. L. Troy, Patterns of Queenship, Upsala 1986, Titelindex). Es handelt sich also vielleicht um eine rein auf bestimmte Göttinnen bezogene Rolle. Weibliche Himmelsgottheiten sind im Rahmen der Schu-Tefnut Legende bzw. des Horus-Augenmythos auch die Göttinnen des Ostens und der Fremdländer. Hier könnte also der Bezug zum „Großen Grünen“ als Mittelmeer hergestellt werden. Allerdings weisen die Wasserspenden-Szenen der ptol. Tempel keinen direkten Bezug hierzu auf. Vandersleyen möchte wAD-wr ausschliesslich als „Nil(tal)“ und in Ausnahmefällen auch als „Faiyum“ verstehen (er stützt sich hierbei v.a. auf die in manchen Belegen unzweifelhafte Verbindung von wAD-wr zum Süsswasser, sowie auf die in seinen Augen klare Beziehung von wAD „grün“ zur Vegetation) und lehnt die Bedeutung „Meer“ vehement ab (C. Vandersleyen, Le sens de Ouadj-Our (WAD-wr), in : Akten d. 4. internat. Ägypt.-Kongresses, München 1985 (BSAK 4, S. 345-352) [mit einer umfangreichen Belegstellensammlung], ders., Une autre aspect de la vallée du Nil, Bruxelles 1999; ders., Encore ouadj our, in: DE 47 (2000), S. 95-109). Nach V. ist auch ganz speziell die Nilflut (Überschwemmung) als wAD-wr zu verstehen. Dies wird aber von Kitchen (K.A. Kitchen, DE 46 (2000), S. 126-138) und Quack (J.F. Quack, Zur Frage des Meeres in ägyptischen Texten, in : OLZ 97 (2002), S. 453-463) überzeugend bestritten. Quack weist nach, dass wAD-wr (ebenso wie das jüngere ym) als Bezeichnung für „Meer“ gebraucht wird (Das Gebiet von Alexandria liegt zB. nach Stele BM 886 direkt am Wadj-wr!) . Es kann aber auch Binnengewässer in Ägypten (v.a. im Delta) benennen. Eines der Kernargumente von Vandersleyen (wAD = Vegetations-Grün) kann Quack einfach entkräften: Die reduzierte Farbpalette der Ägypter bezeichnete mit wAD nicht nur „grün“ sondern auch „blau“ (zB. Pigmente). Quack weist auch darauf hin, dass wAD-wr spezifisch zum Norden gehört „und zwar immer als äußerste denkbare Grenze ägyptischer Herrschaft“. Einige Sonderfälle, die wAD-wr’s zB in bestimmten oberäg. Gauen ansiedeln und die viell. als „Sümpfe“ oder Kultseen zu deuten sind können aber auch Kitchen und Quack nicht völlig erklären. Sicher ist jedoch, dass Vandersleyens Argumentation zu unsicher und konstruiert ist um tatsächlich das konventionelle Bild von wAD-wr als „Meer“/“Faiyum“ umzustossen. Noch etwas Lesestoff, der sich - neben der von M.T. genannten Literatur - mit dem Inhalt der betreffenden Passage auseinandersetzt oder damit zusammenhängt: Zur Naukratisstele allgemein : A. Erman , Die Naukratisstele, in: ZÄS 38 (1900), S. 127-33 bei ihm noch Hnw.t-Hn.t gelesen H. Gauthier , Dictionnaire des noms géographiques, Bd. 4 Paris, 1927, S. 32 ; liest Hn.t M. Lichtheim , The Naucratis Stela once again, in: Fs G.R. Hughes, 1977, S. 140; folgt Gauthiers Lesung Zu den Hau-Nebu : J. Vercoutter , Les Haou-Nebout, in: BIFAO 46 (1947), S. 125-158 und BIFAO 48 (1949), S. 107-209 E. Iversen , HAw-nbw.t, in : ZÄS 114 (1987), S. 54-59 (schlägt - entsprechend der Feststellung Quacks (s.o.) - als Übersetzung für den Terminus das etwas umständliche „Transinsulanien“ vor) A. Nibbi , Haunebut, in: ZÄS 116 (1989), S. 153-160 (entsprechend ihrer abstrusen Vorstellung, alle Orte die die „konventionelle“ Ägyptologie im Levante ansiedelt seien im Ost-/Westdelta zu suchen, möchte sie auch den Begriff Haunebut als Bezeichnung des Gebietes um Canopus und Alexandria deuten (vgl. ihre Karte Abb. 2). Allerdings bleibt dann das gesamte Mittelmeer mit allen dort anzusiedelnden Völkern ein schwarzer Fleck auf der Karte und die Ägypter hätten ihrer Lebtage nur sich selbst gekannt. Gruss A.
> Antwort auf Beitrag vom: 26.12.2003 um 21:38:42
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