Hallo Es gibt auch weibliche Kuboide (= Würfelhocker). Allerdings treten sie v.a. in Gruppenplastiken auf: - MR, 12. Dyn. (?), Einzelstatue einer Frau, London UC 16570 - MR. 12. Dyn. ; Statuengruppe, Mann u. Frau (Dahschur Magazin Nr. 160) - MR, 12. Dyn. ; Gruppenplastik 2 Männer, 2 Frauen (Kairo CG 869) - MR, 12. Dyn. , Amen. III., Gruppenstatue, 2 Männer, 2 Frauen (Neuchâtel 405) - NR, 19. Dyn. , Ramses II., Gruppenplastik, Mann u. Frau (Kairo CG 1141) - NR, 19. Dyn. , Ramses II., Gruppenplastik, 2 Männer und 1 Frau (Paris, Louvre 435) - NR, 19. Dyn. (?); Statue der Ipetnefret (Turin, Mus. Eg. 762). Eine Deutung der weiblichen Kuboide erfolgte bislang nicht. Bemerkenswert ist, dass dieser Statuentyp offenbar niemals für den König oder Königssöhne Anwendung fand (auch nie bei Göttern). Die "Funktion" der kuboiden Form ist heftig umstritten: Lauth (Beschreibung der Glyptothek König Ludwig’s I. zu Bayern, 1879, 38f.) verwies darauf, dass „die Ägypter“ mit diesem Typus „das Ideal der Ruhe auszudrücken suchten“ und ein „tief innerliches Verständnis des architektonischen Kerns der Menschengestalt in der ägyptischen Kunst“ zeigten. Die Assoziation zum „Ruhen“ erfolgte hier v.a. über Beobachtungen orientalischer Völker, die, als „Hockvölker“ bezeichnet, sich eben so in einer bequeme Position begeben. Der Begriff „Würfelhocker“ stammt von Schäfer (Andrae/Schäfer, Kunst, 1963, S. 55). Schäfer sieht ebenfalls eine naturalistische Wiedergabe der natürlichen Sitzposition orientalischer Völker hinter diesen Statuen, denn „zu allen Zeiten haben die Menschen so gehockt“ (Andrae/Schäfer, Die Kunst des Alten Orients, 1925, S. 56). Spiegel hat eine „generelle Tendenz zur Blockhaftigkeit“ in der Rundplastik des Mittleren Reiches und eine archaisierende Bewegung vermutet (Spiegel, in: FuF 25 (1949), S. 7). Von Hirmer/Otto wurde die blockhaft-flächige Gestaltung mit dem Bedürfnis nach mehr Schreibfläche für biographische Texte begründet (Ägyptische Kunst, Bd. 2, 1971, S. 471). Eggebrecht (in: Fs Will, 1966, S. 143ff.) glaubte einen Wiedergeburtsgedanken in den Statuen zu erkennen: „Die wie in einem Kasten hockenden Figuren sind Wiedergaben des Toten im Augenblick der Wiedergeburt aus dem Iat (Urhügel) ... sie heben nur die Köpfe aus dem kastenartigen Iat-Behältnis heraus, während Arme und Beine noch im Zustand der Ruhe ... sind.“ Der Kuboide sei also der „Auferstehende“. Eggebrechts Analyse basierte aber ausschliesslich auf zwei Stücken und ist stark generalisierend. Nach H.W. Müller soll der Block die Gestalt des Toten im Jenseits und dessen anorganischen elementaren Zustand wiederspiegeln. Dem Wiederauferstehungsgedanken haben sich weitere namenhafte Ägyptologen angeschlossen (Westendorf, Munro, Wildung u.a.). Der Kubus soll nach Wildung (Sesostris und Amenemhet, 1984, S. 97) das Grab darstellen aus dem der Tote aufersteht. Wildung sieht aber nicht das Ruhen als zentrales Motiv, sondern den kräftespannenden Moment zu Beginn einer Aktion. „Die menschliche Figur ist eingebunden in einen geschlossenen Steinblock, aus dem sie unter Kraftanstrengung auszubrechen scheint... Im Vorgang der Auferstehung lösen sich die Gliedmaßen aus der Starre des Todes, und der Kopf durchstößt die Fesseln von Sarg und Grab“ (op.cit. Nr. 15). Während dieser Ansatz seitdem nur noch geringfügig variiert worden ist, konnte Leclant einen weiteren interessanten Aspekt einbringen: „Solche Würfelhocker erscheinen zum erstenmal gegen Ende der 6. Dynastie als Holzstatuetten unter dem Sonnendach von Grabmodellbooten, die dem Verstorbenen durch magischer Stellvertretung die Pilgerfahrt nach Abydos oder an andere heilige Stätten ermöglichten. Anscheinend symbolisierten die Würfelhocker den Toten als einen hesi oder als ein geheiligtes Wesen, das er vielleicht Kraft einer Pilgerfahrt geworden war.“ (Ägypten I, 1979, S. 220). Giolitto dagegen sieht in der Haltung ein Indiz, dass es sich bei den Figuren um „Hirten bzw. Wächter“ handeln könnte, die im kultischen Kontext eben als „Wächter einer religiösen Sphäre“ auftreten. Giolitto „liest“ dazu die Kuboiden wie die Hieroglyphe (Gardiner) A 47. Kritisch rechnet Assmann mit allen formalen Deutungsansätze ab (v.a. dem Wiedergeburtsaspekt) und sieht den Typus als Schöpfung eines „rein formalen, kunstimmanenten“ Prozesses (Assmann/Burkard, 5000 Jahre Ägypten, 1983, S. 11ff.). Allerdings glaubt auch er, dass die Form der Statuen „für den Ägypter eine präzise Bedeutung gehabt“ und „Wandlung auf der semantischen Ebene auch Wandlung der Form nach sich gezogen“ habe (S. 20). Am eingehensten hat sich bislang R. Schulz (Die Entwicklung und Bedeutung des kuboiden Statuentypus, HÄB 33, 1992) mit den Kuboiden befasst. Sie sieht die „Sänftenhockfiguren als direkte form- und bedeutungsorientierte Vorläufer der Kuboide“ (S. 749) und möchte den Widergeburtsgedanken nicht zur dominierenden Funktion der Statuenform machen. Primär sollte die Sänftenform (in der 5. und 6. Dyn. war ja die Hocksänfte das gängige Transportmittel hoher Beamter) die Teilnahme des verstorbenen an der Festprozession versinnbildlichen. Über diese Festanbindung sei dann auch die Eingliederung des Verstorbenen in Regenerationsrituale erfolgt. Hierfür spricht auch die Aufstellung solcher Statuen im Grabvorhofbereich (erst später im Tempel), wo der Verstorbene mittels der Statue an der, am Grab vorbeilaufenden Prozession partizipieren konnte. „Da in der Realität spätestens seit dem Mittleren Reich die Sitzsänfte die ältere Hocksänfte abgelöst hat, wird der Aspekt des Getragenwerdens für solche Statuen verdrängt. Die plastische Umsetzung des Thronens in der Sänfte konnte mit der Rolle des Beamten im Tempel oder Grabvorhof nicht vereinbart werden.“ (S. 754). ...
> Antwort auf Beitrag vom: 02.04.2004 um 22:14:47
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