Eine der weltgrößten Pyramiden befindet sich in China, in der Provinz ShanXi, etwa 8 km von der alten Kaiserstadt XiAn (Westlicher Frieden) entfernt. Der Standort nördlich des Gold- und Jadeberges Li und südlich des Flusses Wei wurde aus den tradierten Gründen der "Harmonie zwischen Himmel und Erde" gewählt. Es ist der monumentale Graboberbau von Shi Huang Di, dem Reichseiniger und ersten Kaiser von China. Die Bauarbeiten begannen 246 v. Chr. und dauerten 38 Jahre; auf dem Höhepunkt der Bautätigkeit arbeiteten dort etwa 70 000 Menschen. Die Pyramide ist aus Lehm aufgeschüttet und hatte eine ursprüngliche Höhe von 115 m bei einer Grundfläche von 120750 m²; erosionsbedingt beträgt die jetzige Höhe nur noch 76 m. Die Seiten waren durch Stampfen und Vermischen mit Reismehl gefestigt und sorgfältig geglättet. Die Basis hatte in der Nordsüdrichtung eine Länge von 350 m, in Ostwestrichtung von 345 m; der Böschungswinkel betrug im Mittelwert 34 Grad. Ob an der Spitze ein Pyramidon stand, ob diese abgeflacht oder spitz gestaltet war, ist nicht bekannt. Ebenso können nur Vermutungen angestellt werden, ob für die Seitenflächen ein nie begonnener Überzug geplant war. Die exakte Lage des Grabes ist noch nicht endgültig bestimmt, der Grabhorizont wird in etwa 4 m Tiefe unter der heutigen Pyramidenbasis vermutet; zur Zeit besteht ein absolutes und unbefristetes Grabungsverbot. Nach jetzigem Wissensstand ist der Eingang nach Norden ausgerichtet. Der schriftlichen Überlieferung zu Folge ist das Grab dem Palast des Kaisers nachempfunden. Der Fußboden ist aus Kupfer gegossen und gibt die Topographie Chinas wieder, wobei die Gewässer mit Quecksilber markiert wurden. Diese Aussage wird durch Messungen im umgebenden Erdreich gestützt, welches einen überdurchschnittlich hohen und mit zunehmender Entfernung abnehmenden Quecksilbergehalt aufweist. Die Grabanlage befindet sich in einem von zwei Mauern umgebenen rechteckigen Grabbezirk. In diesem Bezirk befand sich das sogenannte Himmelstor sowie ein Opfertempel, dazu Bauten für das Wachpersonal und die mönchische Priesterschaft. Die Seitenlänge der inneren Mauer beträgt in Nordsüdrichtung 1355 m und in der Ostwestrichtung 580 m; die äußere Mauer hatte eine Gesamtlänge von 6210 m. Beide Mauern weisen an der Basis eine Breite von 8 m auf, die ursprüngliche Höhe ist unbestimmt. An den vier Ecken jeder Mauer befand sich ein Wehrturm, ebenso befanden sich je zwei Tortürme an den Eingängen der nordsüdlich ausgerichteten Mauern; die Innenmauer hatte im Norden einen zusätzlichen Eingang. Wie in Ägypten wurden auch in China die frühen Herrscher in schlichten Grabgruben beigesetzt, aus denen sich dann über Ausmauerung und Abdeckung die ersten Kammergräber und Mastabas entwickelten. Der bauliche Höhepunkt des monumentalen Graboberbaus war mit dem Bau der Pyramide bei XiAn erreicht. Vorangegangene und folgende Bauten fielen erheblich bescheidener aus. Die Pyramiden wurden durch kreisrunde Grabhügel abgelöst, welche aus einer an der Basis ummauerten Erdaufschüttung bestanden. Das Grab befindet sich allerdings nicht im Hügel, sondern wurde bis zu 25 m tief darunter in den Fels geschlagen. Die Nordung der Eingänge wurde in Anpassung an topologische Gegebenheiten aufgegeben. Ähnlich der Situation im Tal der Könige erfolgte die Beisetzung über mehrere Hundert Jahre in abgesperrten und bewachten Arealen. Ein klassisches Beispiel sind die Ming-Gräber, nicht ganz 50 km nördlich von Peking, in denen zwischen dem frühen 15. und dem mittleren 17. Jahrhundert 13 Kaiser mit ihren Frauen und Nebenfrauen beigesetzt wurden. Verglichen mit den ägyptischen Gräbern sind die chinesischen eher als karg zu bezeichnen. Zum Grabbezirk gehören Tempel und andere Kultbauten, zum Beispiel der traditionelle "Schildkrötenpavillon der Ewigkeit", ebenso eine mit den ägyptischen Sphingenalleen vergleichbare Prozessionsstrasse. Da der zeitliche Versatz mehr als 2000 Jahre ausmacht, kann von einer Parallelentwicklung keine Rede sein, bestenfalls von einer kongruenten Entwicklung. Aber auch diese Bewertung ist sehr gewagt, da sowohl Bestattungsmerkmale als auch Grabgestaltung und -konstruktion völlig anderer Natur sind. Die Herrscher wurden in aufrechter Hockstellung in hölzernen Särgen beigesetzt; balsamiert aber nicht mumifiziert. Eine vorläufig nicht nachweisbare Ausnahme soll Shi Huang Di sein, eben jener erste Kaiser; er soll als Mumie in einem marmornen Sarkophag liegend bestattet worden sein. Quelle: P.W.F. Heller The Development of the Imperial Tombs Lifeng Yagao Changcheng, Beijing, 2003
> Antwort auf Beitrag vom: 25.08.2005 um 18:14:43
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