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Ägyptologie Forum >> Architektur & Kunst


1) Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Dirk am 29.12.2005 um 15:11:42

Hallo, wer kann mir helfen?

Ich stelle gerade etwas Material zu den sogenannten Wetz- oder Schleifrillen an altägyptischen Tempelbauten zusammen. Leider fehlen mir noch wichtige Informationen über die jüngere Geschichte einzelner Tempel bzw. die nähere Bezeichnung einzelner Tempeleinbauten:

Edfu - gibt es einen Übersichtsplanplan, der auch die Gebäude vor dem 1. Pylon zeigt, wie heißen die Gebäude (im Bild 1: A und B) und welchen Zweck hatten sie? Wann wurden die noch in der napoleonischen Description (Bild 2) abgebildeten enormen Sandmassen und die Bauten aus islamischer (?) Zeit entfernt und das Niveau auf heutige Höhe abgesenkt?

Luxor - die gleiche Frage zu den Sandmassen. Aus welcher Zeit stammt eigentlich die heute noch vom ersten Hof aus zu sehende Fassade der Moschee des Abu al Haggag? War deren "Aussichts-Balkon", von dem man heute in den 1. Hof sehen kann, ursprünglich ein Zugang in die Moschee bzw. kann man sagen, daß der Sand in islamischer und napoleonischer Zeit bis in diese Höhe reichte? (Bild 3)? War die rechts an die Moschee anschließende Kolonnadenreihe mit den 3 Standfiguren (Bild 4) ebenfalls ein Tempel oder eine offene Halle?

Da ich icht weiß, ob meine Bilder mit ins Forum gestellt werden sollen, habe ich sie unter folgender Adresse abgelegt. Hier wird sich auch dann mein Beitrag zu den Wetzrillen befinden:

http://de.geocities.com/studiolo_2000/diverses_schleifrillen.htm1
Mit bestem Dank für alle Auskünfte
Dirk


1: http://de.geocities.com/studiolo_2000/diverses_schleifrillen.htm


2) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 naunakhte am 29.12.2005 um 15:25:26

Hallo Dirk,

zu Bild 1: Bei A dürfte es sich um die Reste des Tordurchganges eines Pylons handeln. Dieser war dem heute noch stehenden vorgelagert (siehe Karnak, wo mehrere Pylone hintereinander stehen). Bei B handelt es sich um den Eingangsbereich zu dem Mammisi.1

Zum Luxortempel:
Der Eingang zur Moschee war zur Bauzeit ebenerdig. Dies belegen alte Aufnahmen. Der heute als "Balkon" bezeichnete Eingang war der ursprüngliche. Wann sie erbaut wurde? keine Ahnung.
Abb. 4 zeigt die Statuen des ehemals offenen Hofes Ramses II..

Wann die Sandmassen in Edfu abgetragen wurden kann ich dir nicht sagen. In der Forschungsgeschichte dieses Tempels kenne ich mich nicht aus.

Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 29.12.2005 um 15:11:42


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=lexikond&id=021107175232


3) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Iufaa am 29.12.2005 um 15:48:21

Zur Entfernung der Schutt- und Erdmassen siehe folgendes Foto aus dem Erlanger Archiv, Datierung: vermutlich 1892.



Die nächste Aufnahme aus der Sammlung dürfte ähnlich zu datieren sein.



Ich erinnere mich dunkel, in einer Beschreibung der Reise von Lepsius gelesen zu haben, dass der erwähnte Eingang zu dieser Zeit noch ebenerdig war.

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 29.12.2005 um 15:25:26


4) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Haremhab am 29.12.2005 um 16:00:28

Hallo Dirk,

kann ich aus dieser Bezeichnung

Zitat:
sogenannten Wetz- oder Schleifrillen
schliessen, dass Du (auch) Anhänger der These bist, dass  die Krummschwerter dort geschliffen wurden?

Es gibt nämlich auch die These, dass der Schleifstaub der Fruchtbarkeit (von Frauen) dienlich sein sollte.

Ich entsinne mich, dass dieses Thema schon einmal hier im Forum diskutiert wurde, kann aber die Stelle nicht mehr finden.

Vielleicht kann uns das "Gute Gedächtsnis" weiter helfen (sie wird schon wissen, wer gemeint ist ).

Gruss

Haremhab

> Antwort auf Beitrag vom: 29.12.2005 um 15:11:42


5) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Dirk am 29.12.2005 um 17:01:28

Hallo Naunakhte, Iufaa und Haremhab,

herzlichen Dank für diese wichtigen und überaus raschen "Blitz-"Antworten, deren "Einschlag" ich erst verarbeiten muß.

Nein, ich bin kein Anhänger irgendeiner der zahllosen Wetzscharten- und Schleifmuldentheorien. Ich habe diese Termini nur übernommen, weil sich unter diesen Begriffen die meisten Beiträge finden lassen. Im Gegenteil: ich bin der Ansicht, daß zumindest die europäischen Wetzscharten weder mittelalterlich sind, noch etwas mit den üblichen mystisch-magischen Deutungen zu tun haben. Am ehesten scheinen mir noch die Vorstellungen eines volksmedizinischen "Aberglaubens" Ursache zu sein. Da ich im Dez. zum 1x auf Blitzvisite in Ägypten war, hat mich die Fülle an Wetzrillen überrascht. Vor allem aber die Lage am Bauwerk, nämlich oft in zwei weit auseinanderliegenden Höhenlagen. Ich versuche jetzt daraus einen Datierungshinweis abzuleiten, der mir hilft, die nachmittelalterliche Entstehungszeit der ägyptischen und analog dazu der europäischen Wetzrillen zu belegen. Weil ich aber im Netz nichts zu den ägyptischen Rillen gefunden habe, will ich zumindest einen kleinen Beitrag zu diesem Thema angehen. Aber derzeit wird noch daran gearbeitet. Da ich in der mittelalterlichen Bauforschung beheimatet bin, ist Ägypten natürlich ein völliges Neuland für mich und darum bin ich für Ihre/Eure Hilfestellung dankbar.

Mit freundlichen Grüßen
Dirk

> Antwort auf Beitrag vom: 29.12.2005 um 16:00:28


6) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
Gitta am 29.12.2005 um 17:53:16

Hallo Dirk,

zu Edfu: an der Uni-Hamburg ist das Edfu-Projekt1 angesiedelt. Auf der Webseite gibt es ein umfangreiches Fotoarchiv. Ich fand die beiden nachstehenden Aufnahmen hinsichtlich Deines Anliegens sehr aufschlussreich:

Datierung: 1857


Datierung: 1865


Quelle:
Online-Fotoarchiv des Edfu-Projektes2

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 29.12.2005 um 15:11:42


1: http://www.rrz.uni-hamburg.de/Edfu-Projekt/Edfu.html
2: http://www.rrz.uni-hamburg.de/Edfu-Projekt/index.htm


7) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Iufaa am 29.12.2005 um 20:25:43

Kleiner Nachtrag:

Ricke berichtet auch von "Schabespuren" am Sockel des Stationstempels der Hatschepsut (gegenüber dem Tempel des Kamutef gelegen) und erklärt dies Spuren als Versuch "heilkräftigen Sand" zu gewinnen (aus Ricke "Das Kamutef-Heiligtum Hatschepsuts und Thutmosis III. in Karnak", Glückstadt 1954, S. 19. - leider keine Bilder vorhanden).

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 29.12.2005 um 17:01:28


8) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 naunakhte am 29.12.2005 um 21:18:32

Hallo Dirk,

zur Abu el-Haggag Moschee finde ich lediglich bei Weeks (Luxor und das Tal der Könige S. 120 ff.), das er vor 8 Jahrhunderten den Islam nach Luxor brachte. In der Moschee befindet sich sein Grab und das Minarett stammt aus dem 13. Jh..

Da vermute ich mal, dass die Moschee ungefähr zur selben Zeit entstand und das Bodenniveau damals in Eingangshöhe lag.

Zu den Sandmassen heißt es dort, dass man 1885 Wohnhäuser im inneren des Tempels abgerissen hat. Ich würde dann vermuten dass im Anschluß der Tempel freigelegt wurde.

Bilder dazu hat Iufaa ja schon eingestellt.

Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 29.12.2005 um 15:25:26


9) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Dirk am 29.12.2005 um 22:26:17

Hallo,

das ist ja ganz toll, wieviel Brauchbares da zusammenkommt. Die histor. Aufnahmen bringen mir viel, weil ich bisher nur Teile der napoleonischen Expeditionsstiche kannte, und bei denen wird ja häufig Befund, Deutung und Rekonstrution asl Pasticcio angeboten. Es scheint also so zu sein, daß viele der bodennahen Stellen mit Schabemarken (ein neutraler Ausdruck) erst im späteren 19. Jahrhundert ans Tageslicht kamen. Das deckt sich mit meiner Vermutung. Wichtig war mir der Hinweis zur Abu el-Haggag Moschee, denn irgendwie wurden in der mir zur Verfügung stehenden Reiseliteratur das frühe Datum mit dem des 13. Jh. vermischt.

Inzwischen habe ich noch einiges an interessanten Bilddetails auf der Webseite1 ergänzt.

Wo ich noch nicht richtig durchblicke, sind die verschiedenen Bearbeitungsphasen, die sich aus den unterschiedlichen Werkzeugspuren etwa am Trajans-Kiosk ergeben. Dort ist außerdem ein ganz interessanter Befund mit Näpfchen, Schleifspuren und kopt. Kreuzen vgl. Materiali
en zu Philae
2.Kennt jemand vielleicht ähnliche Näpfchen an ägyptischen(!) Baudenkmälern? Wie ich sehe läuft da auch eine ganz interessante Diskussion zum Baubetrieb bei "Horusauge".

Die Hinweise auf die "Sand-Medizin" scheint mir - wie schon gesagt - am wahrscheinlichsten. Möglicherweise ist der bei mir unter Materialien zu Luxor abgebildete Befund auch ein Hinweis auf die von Haremhab erwähnte Fruchtbarkeitsmedizin.

Grüße Dirk

> Antwort auf Beitrag vom: 29.12.2005 um 21:18:32


1: http://de.geocities.com/studiolo_2000/diverses_schleifrillen.htm
2: http://de.geocities.com/studiolo_2000/diverses_schleifrillen2.htm


10) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 naunakhte am 29.12.2005 um 22:51:44

Hallo Dirk,

auf besonderen Wunsch von Iufaa soll ich dir noch etwas zur Wand/Fassade unterhalb der Moschee im Luxortempel erzählen.  

Hierbei handelt es sich um die Aussenwand einer christlichen Kirche. Davon gab es im Luxortempel einige.
So genau kann ich dir ohne Recherche nun kein Datum zu ihrer Entstehung geben. Gehen wir mal grob vom 4.-6. Jh. aus?
Während des Betriebes der Kirche wird der Hof auch sandfrei gehalten worden sein.
Muß morgen mal die Bilder zu der Kirche durchgehen, ob deren Eingang tatsächlich auf Hofniveau lag.
Dann hättest du weitere Fixpunkte für deine "Versandung".
Wann wurde die Kirche aufgegeben? Keine Ahnung. Erst dann wird es bis zum Bau der Moschee verwahrlostes Gelände gewesen sein.

Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 29.12.2005 um 22:26:17


11) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Dirk am 03.01.2006 um 23:40:10 - Anhang: luxor_hof1.jpg

Hallo Naunakhte,
ich habe mich inzwischen umgesehen und die Kirchen dürften tatsächlich +/- auf dem antiken Niveau liegen. Stilistisch gibt die Abu el-Haggag Moschee leider als terminus a quo für die Versandung nichts her, da sie angeblich im 19.Jh. bis auf das Minaret erneuert wurde. Die Kirche, in die sie hinein (oder darüber) gebaut wurde, soll Ende 6. Jh errichtet worden sein, das Grab - so da wirklich Haggag liegt - wäre post 1243, damit wäre die Versandung frühesten nach dem 6. und vielleicht ab dem frühen 13. Jh. anzusetzen = 600 Jahre Treibsand.

Schade, daß nichts über das Ende der Kirche bekannt ist. Weiß jemand vielleicht, wann ca. die anderen Kirchen etwa in Philae, Karnak oder Edfu "ausgezogen" sind?

Für die Schleifrillen in Luxor, Hof Ramses II., würde ich noch Hilfe brauchen, da ich erst ab dem 23. 1. zum 2x nach Ä. komme   :
Mehrere u. a. A. Beato oder Zangaki zugeschriebene Plattenaufnahmen zeigen, die im Album unter dem Thema "Amenophis III. oder Ramses II." als Nr. 91
angegebene Statue während der Freilegung.



Hat jemand vielleicht von dieser Figur eine Aufnahme, auf der man den Ausschnitt mit den Schabespuren im heutigen Zustand erkennen kann? Es geht mir um die Säulentrommel, die an der linken Seite so halb vom Erdreich verdeckt wird.

Mit nachträglichen Neujahrswünschen
Dirk

> Antwort auf Beitrag vom: 29.12.2005 um 22:51:44


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=albumshow&idn=20040126142259&start=1


12) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 naunakhte am 04.01.2006 um 10:25:12 - Anhang: 3 Anhänge

Hallo Dirk,

auch ich habe inzwischen nach der Kirche im Luxortempel meine Unterlagen durchgesehen.
Meine Angabe zum Niveau muß ich allerdings korrigieren. Der Eingang der Kirche dürfte sich ca. 1 m über dem antiken (heutigen) Bodenniveau befunden haben. Meine Bilder sind in dem Bereich leider etwas sparsam (sprich: ich habe kein passendes). Eine Zeichnung der Kirche kann ich zur Zeit leider nicht scannen und einstellen.
Sie zeigt aber die Tür im Westen deutlich auf höherem Niveau (läßt sich heute bei genauer betrachtung der Wand nachvollziehen). Im Süden war ebenfalls ein Eingang. Dieser lag auf dem heute noch erhaltenen Podest. Auch dieses wohl gut 1 m über dem heutigen Boden. Da du ja in Kürze wieder unten bist kannst du es vor Ort überprüfen.

Zu deinem Bilderwunsch hänge ich dir welche an.
Das erste stammt von Iufaa und zeigt die von dir gewünschte Stelle.
Die nächsten beiden zeigen dir die danebenliegenden Säulen bei den Statuen 10 und 11.

Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 03.01.2006 um 23:40:10

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13) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 monja am 04.01.2006 um 10:49:50 - Anhang: Luxortempel-2004-b.jpg

Moin, Moin Dirk,

Nauna hat Dior schon schöne Bilder eingestellt, hier noch eins, worauf die Schabespuren auch deutlich zu sehen sind.

Gruß Monja

> Antwort auf Beitrag vom: 03.01.2006 um 23:40:10


14) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 naunakhte am 04.01.2006 um 13:09:22 - Anhang: 3 Anhänge

Hallo Dirk,

noch einmal zur Kirche:

Zitat:
Stilistisch gibt die Abu el-Haggag Moschee leider als terminus a quo für die Versandung nichts her, da sie angeblich im 19.Jh. bis auf das Minaret erneuert wurde.

Hier würde ich den anhängenden Vorbericht zu den Ausgrabungen im Luxortempel (ASAE 60/1968 S. 260) anders verstehen. Dort spricht man von einer mittelalterlichen Moschee deren Minaret im 19. Jh. erneuert wurde.

Aus demselben Artikel hänge ich auch eine Zeichnung der Westwand der Kirche mit Angabe der Tür an. Darauf bezog sich u.a. meine Aussage zum Niveau im letzten Post.

Das Foto stammt aus einem Artikel von Peter Grossmann: Eine vergessene frühchristliche Kirche beim Luxor-Tempel, MDAIK 29,2/1973 und soll zur Orientierung dienen. Mir fehlt leider eine aktuelle Gesamtaufnahme der Wand.

Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 03.01.2006 um 23:40:10

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15) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 chufu am 04.01.2006 um 16:11:07 - Anhang: 2 Anhänge

Hallo nauna hallo Dirk,


Zitat:
Mir fehlt leider eine aktuelle Gesamtaufnahme der Wand.


Hier 2 Bilder von 2003. Die Gesamtansicht der Wand leider unter dafür ungünstigen Lichtverhältnissen. Das 2.Foto mal aus ganz anderer Perspektive.

Viele Grüße, chufu.




> Antwort auf Beitrag vom: 04.01.2006 um 13:09:22

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16) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 naunakhte am 04.01.2006 um 16:30:59 - Anhang: IMG_9494.JPG

@ Chufu

Danke für die Gesamtansicht. Ich konnte nun zur Orientierung wenigstens Fenster abzählen.



Während mir (wie so oft) die Übersichtsbilder fehlen, mangelt es aber nicht an Detailaufnahmen.
Der Absatz im rechten Bildrand auf der Aufnahme bei Grossman ist inzwischen abgetragen (er ist somit nur noch auf der Südseite der Kirche vorhanden). Hier hat es sich wohl tatsächlich um das für die Kirche aktuelle Bodenniveau gehandelt.
Eine aktuelle (Nov. 2005) Ansicht der zugemauerten Eigangstür zeigt denke ich deutlich, dass die Steine in den tieferen Lagen wohl lediglich Fundamentmauern sind.

Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 04.01.2006 um 13:09:22


17) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Dirk am 05.01.2006 um 17:33:30

Hallo Naunakhte, Monja, Chufu,

zunächst einmal Danke für die hilfreichen Abbildungen und Literturexzerpte (für mich ist es schwer, an ägyptolog. Zs.-Artikel zu kommen). Die Beiträge bringen mich bei meiner Suche nach der nachantiken Sandstratigraphie einen großen Schritt weiter, weil ich mich jetzt besser für die "2. Expedition" vorbereiten kann. Der Korrektur der Kirchendatierung kann man nurzustimmen.

Es sieht so aus, als ob der byzantinische Begehungshorizont aufgrund der Kirchenschwelle +/- mit der Schwellenhöhe des Hatschepsut-Baus und grosso modo mit der Oberkante der Statuensockel 11 - 9 bzw. ungefähr mit der 1. Säulentrommel (anschwellend, über der Plinthe) zusammenfällt.

Ein auf diesem byzantinischem Bodenniveau stehender Ägypter, hätte "über Kopf" arbeiten müssen, um die fast durchwegs erst bei der Stoßfuge der 3. Säulentrommel beginnenden Schleifmulden anbringen zu können. Die unteren Schleifmulden wären somit nachbyzantinisch. Einzige Ausnahme sind die Schleifrillen bei der Statue 9: hier liegen sie auf der 2. Säulentrommel, also knapp über dem vermutlichen, byzantinischen Hofniveau. Sie gehen auch nicht so breit um die Trommel herum, wie bei den anderen Säulen, sondern scheinen sich auf den Bereich des Suchschnitts des 19. Jhs. zu beschränken (siehe den Bildauschnitt beim Zangaki-Foto1).

Das mag ein Zufallsbefund sein, könnte aber auch auf eine inverse Stratigraphie hindeuten. Bevor ich aber hier zum
spekulieren anfange, will ich mir die Sache Ende Jänner doch noch vor Ort - mit einem Taschennivellier bewaffnet - näher anschauen. Dies nur zur Erklärung, warum mir der Ausschnitt bei 9 so wichtig war. Ich werde mich daher vermehrt auf die Suche nach Schleifmuldengruppen, die auf zwei unterschiedlichen Höhenniveaus liegen, begeben, denn nur so ist die Fragestellung zu lösen. Beispiele dafür gibt es ja offensichtlich genug (zB Edfu). Falls das Thema nicht off-topic ist/wird - dann mehr davon später.

Grüße, Dirk

> Antwort auf Beitrag vom: 04.01.2006 um 16:30:59


1: http://www.aegyptologie.com/forum/attachments/luxor_hof1.jpg


18) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Iufaa am 05.01.2006 um 17:49:35 - Anhang: 2 Anhänge

Hi,

dann würde ich mal alle Bauten auf den Besuchsplan setzen,

z.B. auch Medinet Habu. Die linke Abbildung zeigt die Nordflanke des 2. Pylons mit Wetzspuren in unterschiedlichen Höhen. Wenn man mal drauf achtet, wird man jede Menge dieser Spuren finden, ich habe beim Durchsehen meiner MH-Fotos auf Anhieb 2 Stellen gefunden. Die hier passen sicher zu der Annahme, dass die Wetzspuren zu unterschiedlichen Zeiten - bedingt durch unterschiedlich hohe Verschüttungsniveaus entstanden sind.
Übrigens setzen sich die Spuren auf der ganzen westlichen Flanke der Nordseite fort - und zwar bis in die 4. oder 5. Steinlage.

Die rechte Abbildung zeigt den berühmten Friedensvertrag im Karnak-Tempel, ebenfalls in unterschiedlichen Höhen mit Wetzspuren veziert.

Gruss, Iufaa


> Antwort auf Beitrag vom: 05.01.2006 um 17:33:30

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19) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Karina am 05.01.2006 um 20:48:07 - Anhang: 2 Anhänge

Hallo Dirk,

auf einer Wüstentour haben wir in der Oase Dachla ebenfalls diese Schleifrillen entdeckt. Und zwar in Balat, einem alten Dorf, dessen Dorfkern sehr gut erhalten ist und lt. Tondok auf mamlukische Zeiten (1250-1517) zurückgeht. Die Gebäude bestehen fast ausschließlich aus Lehmziegelsteinen, ab und zu sind aber im unteren Bereich Kalksandsteine eingemauert. In diesen waren an einer Hauswand die Schleifrillen ganz deutlich zu erkennen. Es war ein ganz "normales" Haus, also kein durch seine Funktion hervorgehobenes Gebäude.

Das legt für mich die Vermutung nahe, dass ggf. viel zu viel in diese Rillen hineininterpretiert wird, da sie sonst üblicherweise nur an Tempelbauten o.ä. zu finden sind.

Kann es nicht vielmehr sein, dass die Schleifrillen bis auf ganz seltene Ausnahmen nur an solchen mächtigen Bauten bis in die heutige Zeit erhalten geblieben sind? Der Rückschluss auf einen funktionellen oder sonstwie gearteten Zusammenhang mit den Gebäuden, in deren Wänden sie zu finden sind, scheint mir nach unserem o.g. Fund eher fraglich.

Gruß, Karina

> Antwort auf Beitrag vom: 29.12.2005 um 15:11:42

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20) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Geistsucher am 05.01.2006 um 21:28:01

Das ist archäologisch wertvoll, liebe Karina.

Vielleicht verrät uns Dirk bereits an dieser Stelle
(- zeitgenössische Literatur ? -), wem und welchem Zweck
man bislang diese Schleifmulden zuschreibt ?
(Der "volksmedizinische Aberglaube" kommt mir arg über-
interpretiert vor ...  Sie erinnern mich an steinzeit-
liche Schriftzeichen   )

Viele Grüße
Geistsucher

> Antwort auf Beitrag vom: 05.01.2006 um 20:48:07


21) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Iufaa am 05.01.2006 um 21:30:05

Geistsucher,

wenn Du fähig und willens wärst die Beiträge zu lesen, dann wäre Dir nicht entgangen, dass er noch nach Erklärungen sucht und zur Zeit nur eine Materialsammlung macht.

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 05.01.2006 um 21:28:01


22) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Lutz am 06.01.2006 um 00:06:51 - Anhang: LAe_-_Dachla_-_Balat.jpg

Hallo Karina,
Hallo zusammen,

Zitat:
auf einer Wüstentour haben wir in der Oase Dachla ebenfalls diese Schleifrillen entdeckt. Und zwar in Balat, einem alten Dorf, dessen Dorfkern sehr gut erhalten ist und lt. Tondok auf mamlukische Zeiten (1250-1517) zurückgeht.
Die Gebäude bestehen fast ausschließlich aus Lehmziegelsteinen, ab und zu sind aber im unteren Bereich Kalksandsteine eingemauert.

welche wohl offensichtlich Trümmer / Bestandteile viel älterer Gebäude aus pharaonischer Zeit sein dürften (siehe dazu Anhang in diesem Post, aus: LÄ, Bd.I, S.977).

Gruß, Lutz.

> Antwort auf Beitrag vom: 05.01.2006 um 20:48:07


23) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 naunakhte am 06.01.2006 um 13:43:28

Hallo Lutz,

sicherlich sind die in den Häusern der Oase Balat vermauerten Kalksteinblöcke Spolien früherer Bauten. Die Frage wäre hier vorrangig WANN die Wetzspuren an die Steine kamen - vor oder nach der Wiederverbauung.

Gruß nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 06.01.2006 um 00:06:51


24) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 naunakhte am 06.01.2006 um 13:51:36 - Anhang: 3 Anhänge

Hallo Dirk,

du merkst schon, dass Thema interessiert mich

Vorab eine Frage?
In unserem heimischen Gebiet finden wir die Spuren an alten Kirchen. Heilige Stätten. Ihnen eine heilende Wirkung zuzuschreiben liegt nahe. Profanbauten des Mittelalters sind nicht in Massen vorhanden. Mir fehlt da gerade der Überblick: finden wir auch dort Wetzscharten?

Dann möchte ich einen ähnlichen Einwand anbringen wie Karina. Nämlich nach dem Anbringungsort dieser Wetzspuren in Verbindung zu Orten die für den volksmedizinischen "Aberglauben“ von Interesse wären.
Allerdings bin ich nicht so weitgereist und verbleibe im Luxortempel.

In Ägypten haben wir bisher diese Spuren an den Tempeln beobachtet. Den alten Tempeln der Vorfahren, der Pharaonen,  eine heilende Wirkung anzudichten liegt ähnlich nahe wie bei unseren Kirchen.
Wie passt das aber zu Spuren an römischen, profaneren Denkmälern?
Im Luxortempel wurde ein römisches Kastell gebaut, dass dem Ort den Namen gab. Reste dieses Kastells findet man um den Tempel noch recht zahlreich.
Im Osten hinter der Tempelanlage befindet sich ein öffentlicher Park (kostet Eintritt), der Heute zu der Abu el-Hagag Moschee gehört. Durch diesen Park führte eine Straßenkreuzung des röm. Lagers. Reste dieser Strasse sind ausgegraben und können im Park besichtigt werden. Die Tetrastylen dieser Kreuzung sind hier besser erhalten als auf der Westseite. Ich hänge dir 2 Bilder, und zur Orientierung einen Plan (aus Saghier, Le Camp Romain …) an. Deutlich hast du hier deine Wetzscharten in 2 Höhen angebracht. Ob man diese Tetrastylen allerdings als heilig/heilwirksam für den volksmedizinischen "Aberglauben" annehmen darf weiß ich nicht. Mein „Bauchgefühl“ würde nicht nur die Zeit der römischen Besatzung von pharaonischen Hinterlassenschaften trennen, sondern auch eine Straßenkreuzung von einem Tempel.

Eine Aussage zum Niveauvergleich mit den Spuren innerhalb des Tempels kann ich nicht treffen. Ein direkter Blick zu den bereits besprochenen Spuren im Ramses II. Hof ist nicht möglich.

Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 04.01.2006 um 16:30:59

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25) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Dirk am 06.01.2006 um 14:20:56

Sammelantwort

Hallo Naunakhte, Danke für die Kurznachricht, ich komme gerne darauf zurück (kenn' mich mit dem Kurzmeldungssystem noch nicht aus, daher meine Antwort auf diesem Weg)

ad #17
Hallo Jufaa,

Zitat:
dann würde ich mal alle Bauten auf den Besuchsplan setzen

... und nicht nur wegen der Wetzrillen. Wird wohl eine 3. Expedition werden

Dein Medinet Habu - Beispiel1 ist insofern interessant, weil es ein kontinuierliches Ansteigen der Wetzrillenstraten zeigt. Das wäre - vorsichtig interpretiert - ein Beleg für ein Kontinuum an diesem Ort. Für die Datierungsfrage sind natürlich jene Stellen von Bedeutung, wo es einen signifikanten Höhensprung gibt - sofern es gelingt, dort die oberen und unteren Rillenhorizonte mit einer absoluten Chronologie in Verbindung zu bringen (vgl. Deine Abb. zu Karnak2 .

ad #19 bzw. #20 - Dank an Jufaa für die Hilfestellung. Hallo Geistsucher,
Es geht mir z. Zeit überhaupt nicht um die Frage, wozu diese Wetzrillen angebracht wurden. Ich verhalte mich da gegenüber den Interpretationsversuchen, von denen einige wirklich absurd sind, neutral. Mir geht es zunächst nur um die zeitliche Einordnung eines Faktums bzw. Befundes. Eine kleine Link-Sammlung von Webseiten findest Du im
"Zettelkasten"3, wohin ich auch die alten Infoseiten als Serverspiegelung verfrachtet habe. In den Links sind jene Webseiten angegeben, welche so ziemlich die gesamte Bandbreite der Hypothesen zum Thema europäische Wetzrillen und wo man dann auch Literatur findet. Über die ägyptischen Wetzrillen habe ich bisher keine Links gefunden.

ad #18 und #21
Hallo Karina und Lutz,

Die Fotos von Dachla zeigen einen wunderschönen Befund. Schreibtisch- und Fotoarchäologie ist naturgemäß immer eine gefährliche Sache, aber angesichts dieses Befundes würde ich folgendes sagen:

Die sporadisch eingestreuten Steine in der Lehmarchitektur riechen förmlich nach Spolien, aber ungeachtet dessen, ob sie nun ägyptisch oder später sind, ist für eine Datierung der Wetzrillen der Befund im rezenten Bauverband relevant. Die beiden Pfostenlöcher  sind zeitgleich mit der Lehmarchitektur (primäre Pfostenlöcher, weil sie ein "Überlager" haben). Die Wetzrillen sind senkrecht und stehen zueinander in Bezug, stammen also nicht aus der Zeit vor der Dislozierung, sondern wurden in situ angebracht. Wahrscheinlich sind sie auch jünger als die Lehmarchitektur, das könnte man aber nur klären, wenn man die Funktion der Pfostenlöcher wüßte. Es sieht nämlich ganz so aus, als ob die Wetzrillen erst angebracht wurden, als die Holzpfosten nicht mehr existierten. So betrachtet (oder spekuliert?) landen wir also wieder bei einer relativ jungen Datierung.


Zitat:
Kann es nicht vielmehr sein, dass die Schleifrillen bis auf ganz seltene Ausnahmen nur an solchen mächtigen Bauten bis in die heutige Zeit erhalten geblieben sind?


Diese Frage ist berechtigt. Wahrscheinlich haben sich noch viel mehr Wetzrillen an "unwichtigen" Bauten erhalten - allen, es hat sich niemand die Mühe gemacht, sie zu beachten. Jedenfalls gibt es bei den europäischen Bauten zahlreiche Belege an anderen Denkmalen wie Pranger, Gerichtsgebäude usw. Stets jedoch sind es Bauwerke, die offensichtlich als "bedeutungsgeladen" (Stichwort: Rechtsaltertümer) und "alt" angesehen werden. Wie schaut das bei den bisher genannten ägyptischen Beispielen aus: an kratzt an den antiken Anlagen herum, nicht jedoch an den christlichen Einbauten. Das setzt vermutlich ein gewisses "historisches" Verständnis für das (vermeintlich?) hohe Alter der beschürften Bauteile voraus. Möglicherweise kann dies auch für Profanbauten oder Nutzarchitektur gelten, wenn man sie nur für ehemals bedeutend ansieht.Was man heute da überinterpretiert muß sich nicht mit irgendwelchen Gedankengängen der Mauerkratzer decken. Leider kann man Gedanken nicht ausgraben. Zum oft zitierten profanen Messer- oder Sichelschärfen hätte man sich nicht unbedingt auf die Tempelanlagen stürzen müssen. Außerdem läßt sich daraus technisch nicht die Form der Wetzrillen ableiten.

Grüße
Dirk

P. S.: obiges bezieht sich noch auf die Nachrichten von gestern. Heute war anscheinend der Server down

> Antwort auf Beitrag vom: 06.01.2006 um 00:06:51


1: http://www.aegyptologie.com/forum/attachments/IMG_2738.JPG
2: http://www.aegyptologie.com/forum/attachments/IMG_1296.JPG
3: http://de.geocities.com/notizen2006/index.htm


26) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Dirk am 06.01.2006 um 15:07:40

Hallo Naunakhte,
Dein Beitrag und Deine Fragen gingen "über kreuz" mit meiner vorbereiteten Sammelantwort. Einen Teil habe ich dort schon angesprochen.


Zitat:
Profanbauten des Mittelalters sind nicht in Massen vorhanden. Mir fehlt da gerade der Überblick: finden wir auch dort Wetzscharten?


Ja, aber sehr viel seltener. Ich bin schon lange in der ma. Bauforschung tätig und vor allem die "kirchlichen Wetzrillen" und ihre Interpretation - die mich nie richtig überzeugt hatte - sind mir bekannt. Bei vielen Untersuchungen auf Burgen und in ma. Bürgerhäusern (insbesondere in Salzburg)sind mir äußerst selten Wetzrillen untergekommen. Es gibt sie aber offensichtlich auch in D, wie schon die paar von mir im Vorposting genannten Links belegen. Ich habe die Wetzrillen bisher "einfach links liegen gelassen", bis ich die zweiphasigen in Ägypten sah.


Zitat:
Ob man diese Tetrastylen allerdings als heilig/heilwirksam für den volksmedizinischen "Aberglauben" annehmen darf weiß ich nicht. Mein „Bauchgefühl“ würde nicht nur die Zeit der römischen Besatzung von pharaonischen Hinterlassenschaften trennen, sondern auch eine Straßenkreuzung von einem Tempel.


Genau da liegt m. E. ein springender Punkt: Die Rillenschleifer hatten es möglicherweise auf "Altertümer" abgesehen. Ob sie dabei römisches von ägyptischen unterschieden haben, wäre zu überdenken. Es mußte ihnen nur wichtig (für ihre Magie im weitesten Sinne) erscheinen. Dies ist mit ein Grund, warum ich annehme, daß die ägyptischen Wetzrillen vielleicht doch jüngeren Datums (nachmittelalterlich?) sind. Daher meine Suche nach datierbarem Material.

Was die für uns aus heutiger Sicht scheinbar so grotesk anmutende Vorstellung einer aus "Altertümern" gewonnenen Steinmehlmedizin betrifft: hat man nicht im Zuge der sogenannten Ägyptomanie vermehrt Mumien für medizinische Zwecke pulverisiert und zum Unheil der Archäologie nach Europa exportiert? Das wäre doch eine mögliche Analogie zum Verhalten der Rillenschleifer. Über den daraus resultierenden Datierungsansatz getraue ich mich hier lieber noch nicht laut nachzudenken  

Deine Bilder sind interessant: der Höhensprung der Wetzrillen-Horizonte deckt sich offensichtlich mit dem Typus des architektonischen Bauglieds. In beiden Fällen geht das irgendwie mit der Hohlkehle des Sockels zusammen. Der Höhensprung wäre dann nicht unbedingt zeitlich bedingt, sondern unter Umständen technisch.

Aufgrund der Fotos könnte man aber auch annehmen, daß hier wieder einmal die Rillenniveaus mit dem Geländeprofil korrespondieren: Knapp über dem römischen Pflaster und an der (allerdings rezenten?) Humusoberkante.

Wie man sieht, muß man hier viel von den Befunden her arbeiten. Das wird noch ein langer Weg ...

Grüße
Dirk

> Antwort auf Beitrag vom: 06.01.2006 um 13:51:36


27) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 naunakhte am 06.01.2006 um 16:14:56 - Anhang: noerdl-ostwand.JPG

Hallo Dirk,



Zitat:
Dies ist mit ein Grund, warum ich annehme, daß die ägyptischen Wetzrillen vielleicht doch jüngeren Datums (nachmittelalterlich?) sind. Daher meine Suche nach datierbarem Material.


Plane mal viel Zeit für den Luxortempel ein. Auf der Suche nach den Rillen wirst du mit überreichem Material belohnt werden.

Versäume auch nicht einen Blick auf die östliche Aussenwand des Ramseshofes (Nordhälfte - Bild hängt an). Hier bieten sich neben kontinuierlichen Rillenabfolgen auch Möglichkeiten die Stratigraphie des Geländes zu betrachten da wegen Arbeiten im Gelände zumindest im November 2005 schöne Schnitte zu sehen waren. Zudem bietet sich hier die Möglichkeit es in Höhenrelation zur Moschee zu sehen.

Gruß
nauna

die nun aber die "Materialsammlung" abschließt  

> Antwort auf Beitrag vom: 06.01.2006 um 15:07:40


28) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
Mubarek am 07.01.2006 um 00:51:30

Ein befreundeter  Ornithologe erzählte mir einmal, dass es sich bei diesen Scharten um typische Wetzstellen handele; Stellen also, an denen bestimmte Vogelarten regelmäßig ihre Schnäbel wetzen. Die Tiefe der Scharten erklärt sich damit, dass die Tiere meist über Generationen die gleiche Stelle besuchen. Auch das Nebeneinander findet seine Begründung im "Gruppenwetzen".
Der Stein dürfe nicht zu hart sein und bevorzugt werde Kalkgestein. Die Wetzstellen finden sich in Europa zum Beispiel auch an weniger prominenten Stellen von Burgen und Kirchen, ebenso an Steilhängen; für den Vogel ist die Position dahingehend wichtig, dass sie ihm während seiner aufreibenden Tätigkeit einen Mindestschutz vor Räubern bietet.

Diese Erklärung ist zumindest eine Alternative; vielleicht trifft sie auf Luxor zu, vielleicht nicht.

> Antwort auf Beitrag vom: 06.01.2006 um 16:14:56


29) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Haremhab am 07.01.2006 um 08:59:27 - Anhang: 3 Anhänge

Hallo Dirk,
ich möchte zur Materialsammlung zwei Bilder zeigen. Beide vom Isistempel in Luxor-West. Der Tempel stammt aus römischer Zeit, zumindest haben sich div. römische Kaiser verewigt.


Die drei Bilder zeigen einmal die Fassade (etwas unscharf, da Ausschnittsvergrößerung) mit Wetzrillen bis zu einer Höhe von rd. 2 Metern.

Das zweite Bild zeigt die Rückseite "Gegentempel". Dort befinden sich Wetzrillen nur auf der letzten Steinlage des Fundaments(?). Diese Rillen laufen übrigens rund um den Tempel.

Das dritte Bild ist dann eine Detailaufnahme der Rillen.

Vielleicht hilft es weiter.

Schönes Wochenende

Haremhab

p.s. es folgt noch ein Bild

> Antwort auf Beitrag vom: 06.01.2006 um 14:20:56

||


30) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Haremhab am 07.01.2006 um 09:02:00 - Anhang: Propylon-Ausschnitt.jpg

Das angekündigt 4. Bild zeigt den Propylon. Hier befinden sich die Wetzrillen nur unterhalb der Reliefs.

Ich schließe daraus, dass die Reliefs in jedem Fall erhalten bleiben sollten, die Schrift aber war (weil sie nicht mehr verstanden wurde) unwichtig und konnte - wie in den vorherigen Bildern zu sehen - zerstört werden.

Haremhab

> Antwort auf Beitrag vom: 07.01.2006 um 08:59:27


31) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Geistsucher am 07.01.2006 um 22:27:43

Mubarek hat die Erklärung gegeben.

Nachdem sich diese Löcher in allen Aufnahmen toujours ähneln, ist seine Lösung für mich sehr plausibel.

Geistsucher

> Antwort auf Beitrag vom: 07.01.2006 um 09:02:00


32) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 naunakhte am 08.01.2006 um 10:15:39

Lieber Geistsucher,

egal wie oft du Deine rein subjektive Aussage, dir klinge die Erklärung von Mubarek plausibel, auch posten magst - sie wird dadurch nicht überzeugender.

Mubarek selber wirft sie lediglich als Alternative ein, er ist sich nicht sicher ob sie hier als Zutreffend in Frage kommt.
Vielleicht weil ihm die großen ? dabei deutlich sind?

Davon ausgehend, dass es Vögel schon sehr lange in der Erdgeschichte gibt und ihr Verhalten nicht einem Modetrend unterworfen ist, müßten sich diese Spuren (sofern sie von Vögeln stammen) durch alle Zeiten der Geschichte verfolgen lassen.

Dies scheint aber nicht der Fall zu sein.
Bisher haben wir diese Spuren gleichermassen an Götter- und Totentempel gefunden, auch an Zeugen des römischen Lagers.
Es gibt, bleiben wir doch gerade in Luxor, aber auch einige Gebäude die diese Spuren nicht aufweisen!
Mubarek sprach an, die Vögel würden Kalkstein bevorzugen. Seltsamerweise haben sie den Kalksteinkiosk Sesostris I. (sog. Weiße Kapelle) in Karnak verschmäht. Die weiteren Kapellen im Freilichtmuseum von Karnak ebenfalls. Nehmen wir die Rote Kapelle der Hatschepsut aus dieser Liste heraus. Sie zeigt zwar ebenfalls keine Spuren des "wetzens" stand aber nicht über mehrere "Generationen" am Platz. Die Vögel hatten hier vielleicht nicht genügend Zeit zum Schnäbel wetzen.
Sie scheinen aber auch ihren Totentempel in Deir el-Bahri verschmäht zu haben. Ich konnte bei der Durchsicht meiner Fotos keinerlei Spuren in diese Richtung finden. A priori eine Diskriminierung weiblicher Pharaonen?

Oder liegt es daran, dass diese Tempel(chen) zu bestimmten Zeiten der (moderneren) Geschichte nicht mehr zugänglich waren? Die Kapellen im Freilichtmuseum wurden noch in der Antike abgebaut und eingelagert. Der Tempel in Deir el-Bahri versandete komplett (und durch die Kessellage eventuell deutlich schneller wie die anderen Tempel in Luxor).

Wenn diese Spuren von Vögeln stammen, müßen diese entweder einem bestimmten Modegeschmack gefolgt sein (man benutzt den Tempel nicht zum schärfen der Schnäbel in der Antike!), oder wir hätten es mit, zu einem bestimmten Zeitpunkt der Geschichte, zugereisten Vögeln zu tun.

es grüßt eine angesichts deiner überzeugenden Zustimmung kopfschüttelnde

nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 07.01.2006 um 22:27:43


33) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Geistsucher am 08.01.2006 um 11:58:11

Warte auf Dirk und seine Datierungen.
Napoleons Expedition und die Gründung des SCA lagen ein
paar Jahre nach der letzten altägyptischen Kultausübung.
So hatten die Vögel reichlich Gelegenheit, sich an frei
zugänglichen und unbewachten / menschenunumschwärmten
Steinen zu schaffen zu machen.
Welchem Araber waren denn äg. Tempel interessant oder gar
heilig ?

> Antwort auf Beitrag vom: 08.01.2006 um 10:15:39


34) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 naunakhte am 08.01.2006 um 12:03:57


Zitat:
So hatten die Vögel reichlich Gelegenheit, sich an frei zugänglichen und unbewachten / menschenunumschwärmten
Steinen zu schaffen zu machen.


Selbst wenn die Dokumentationslage nur dünn ist - der Luxortempel war

Zitat:
nach der letzten altägyptischen Kultausübung

kontinuierlich belebt / besiedelt.

kopfschüttend
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 08.01.2006 um 11:58:11


35) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Udimu am 08.01.2006 um 12:24:15

Hi,

ich habe jetzt diese Diskussion nur so etwas am Rande verfolgt und bin eigentlich immer davon ausgegangen, dass es sich um Spuren von Fruchbarkeitsritualen handelt. Frauen schabten etwas von diesen heiligen, alten Steinen ab, um etwas von deren magischer Wirkung abhaben zu können.

So etwas ist auch in christlicher Zeit in Europa an vorgeschichtlichen Monumenten bezeugt und hat nichst damit zu tun, dass man im Islam nicht mehr an die alten Götter glaubte. Es fällt eher unter den Begriff 'Aberglaube'. Gegen die 'Vogeltheorie' mag auch sprechen, dass diese Wetzspuren immer in Höhe von Gehhorizonten liegen, was eindeutig auf menschlichen Ursprung hinweisst.

Gruss
Udimu

(es gibt sogar einen Artikel zum Thema, ich muss den nur erstmal finden: dann mehr ... )

> Antwort auf Beitrag vom: 08.01.2006 um 12:03:57


36) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 naunakhte am 08.01.2006 um 13:46:35

Hallo Udimu und andere,

diese Spuren sind mir sowohl aus der Ägyptologie wie auch aus der Heimatgeschichtsforschung bekannt. So nebenbei hat man auch die Erklärungen zum "med. Volksglauben" (hierzu auch Fruchtbarkeitsrituale) und dem "schärfen von Messern/Schwertern" wahrgenommen. Da es bei meine Arbeiten zu beiden Themenbereichen nie störte habe ich mich auch noch nicht näher damit beschäftigt. Die gegebenen Erklärungen nie hinterfragt. Mir sind aber auch nie Belege für diese Erklärungen oder für Datierungen untergekommen.

Insofern würde mich der von dir angesprochene Artikel sehr interessieren.

In der "Vogeltheorie" habe ich die Laufhorizonte bewußt weggelassen. Sie setzen im Grunde eine Datierung der Spuren voraus  

Gruß
nauna


> Antwort auf Beitrag vom: 08.01.2006 um 12:24:15


37) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
4U2 am 08.01.2006 um 15:42:50 - Anhang: The_Colossi_of_Min_Koptos.jpg

So dann will ich auch mal was zu Dirks Spurensuche beitragen.
Zitat Udimu:

Zitat:
ich habe jetzt diese Diskussion nur so etwas am Rande verfolgt und bin eigentlich immer davon ausgegangen, dass es sich um Spuren von Fruchbarkeitsritualen handelt. Frauen schabten etwas von diesen heiligen, alten Steinen ab, um etwas von deren magischer Wirkung abhaben zu können.

Bei meinem ersten Besuch in Ägypten Anfang der 70Jahre erzählte mir ein ägyptischer Freund lächelnd den Ratschlag seiner Großmutter den noch nicht erfüllten Wunsch nach Enkeln zu beschleunigen:

In ihrer Jugend in den 30er Jahren gingen Frauen der ländlichen Bevölkerung aus der Gegend von Dendera bei Unfruchtbarkeit zu den alten Tempeln um unter Anleitung der alten Dorfweiber *geladenen* Steinsand aus dem Gemäuer zu schaben. Dieser wurde dann von den Frauen in ein Tuch gewickelt und um die Hüften geschlungen getragen.
Setzte der Erfog nicht gleich beim ersten mal ein  wurde erneut inbrünstiger geschabt.
Mein Bekannter konnte den Wunsch nach Enkeln übrigens anders lößen *lol*
Ich werd der Sache aber bei meinem nächsten Aufenthalt in Cairo nachgehen, vieleicht lebt die alte Dame ja noch

In diesem Zusammenhang eine neue Belgquelle von Schürfrillen für Dirk:
Bild: The Colossi of Min

Zitat:
In Koptos in the south part of the "Quena bend" were found in the 1890s the torsos of two gigantic statues of the fertility god Min. They once stood about 2,6 m tall and showed a mature bearded man holding his erected penis. The b/w picture is an attempt to a crude reconstruction (head and feet) how the pair once looked like using prototypes from tombs where lots of small bearded figurines are known just prior to the unification in about the year 3.200 B.C. These are today (2001) generally accepted as being tiny depictions of Min.These two objects are the oldest examples in human history of stone statues in colossus format.

Quelle: http://www.nemo.nu/ibisportal/0egyptintro/2aegypt/index.htm

Ein Schelm wer da an Vögel* denkt

> Antwort auf Beitrag vom: 08.01.2006 um 13:46:35


38) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Dirk am 08.01.2006 um 16:33:54

Hallo alle zusammen,

im Moment ist es bei mir zeitlich eng, daher zum bisherigen kurz nur so viel:

Zwischen den europäischen und den ägyptischen Schleifrillen gibt es mehrere Gemeinsamkeiten:

1. Anbringung an Gebäuden, i. R. nicht an natürlichen Gebilden, und zwar i. R. an Außenseiten.

2. Zumeist bis in Körperhöhe, bzw. lassen sich höherliegende Schleifspuren auf ein nicht mehr vorhandenes, einst jedoch begehbares Niveau zurückführen.

3. Formal besteht kein signifikanter Unterschied in der Art der Herstellung zwischen europäischen und ägyptischen Schleifrillen. Es lassen sich zwar verschiedene Typen differenzieren (zB lange Schlitze, breitovale tiefe Rillen etc.),doch sind diese nicht auf ein bestimmtes Land beschränkt.

4. Die Herstellungstechnik ist gleich: durch Schaben und Kratzen mit einem spitzen oder klingenartigen Instrument. Für die mir bekannten Beispiele kann ausgeschlossen werden, daß die Rillen durch meisseln oder aushacken entstanden sind.

5. Die mir durch Autopsie und Dank der Hilfestellung im Forum durch Fotos bekannten Exemplare in Europa und Ägypten bekannten Schleifrillen verteilen sich innerhalb einer gewissen Variabilität wie folgt:

a.) sie sind fast ausschließlich senkrecht angeordnet,
b.) treten in horizontalen Gruppen auf,
c.) liegen am häufigsten unmittelbar über der unteren Lagerfuge eines Bauglieds (zB Quader),
d.) bei zwei- und mehrreihigen Serien auf einem Bauglied (Quaderspiegel, Profilstück) liegt die zweite (=jüngere) Reihe über der ersten, wobei die Achsen der Schleifrillen grosso modo übereinstimmen.
e.) figürliche Darstellungen werden bei den ägyptischen Exemplaren in der Regel gemieden (mir im Moment bekannte Ausnahme: zB Medinet Habu), nicht jedoch Hieroglyphentexte. Dieser Punkt läßt sich für Europa wohl ausschließen, zumindest sind mir in Europa keine Wetzrillen über Bauinschriften bekannt. Bezüglich der Schleifrillen über Hieroglyphentexten ist vielleicht bemerkenswert, daß etwa die Schleifrillen auf den Fotos von Haremhab offensichtlich den senkrechten Spaltentrenner der Inschrift folgen.

Als erste Zwischenbilanz würde ich als Arbeitshypothesen ableiten:

1. Aufgrund der Systematik in der Art der Anbringung sind die Schleifrillen eindeutig anthropogen. Formal ist eine Genese durch Erosion (fluviativ oder aeolisch) auszuschließen. Ausschwemmungen z. B. durch Traufwasser etc. sehen anders aus, Winderosion (Windmarken) ebenfalls. Tierfraß (vgl. die ethologisch und ornithologisch nette Geschichte mit den "über Generationen hinweg ... gruppenwetzenden Vögeln") ist von der Form wie von der systematischen Verteilung her gesehen auszuschließen.

2. Die unter 1 - 5 genannten Gemeinsamkeiten zwischen europäischen und ägyptischen Schleifrillen lassen vermuten, daß die  Anbringung von Schleifrillen auf die gleiche oder zumindest eine ähnliche Motivation zurückzuführen ist. Damit fallen Interpretationen weg, die sich auf regional beschränkte Bräuche stützen (zB Handlungen bei Gerichtsakten, Hochzeiten etc.). Als man die Schleifrillen eingrub, gab es noch keine "Globalisierung".

3. Aus 2 wäre abzuleiten, daß die Motivation entweder von einem gemeinsamen kulturellen Verhalten abhängt, oder auf den Import einer noch zu bestimmenden (europäischen?) Gepflogenheit. Für Ägypten enden meiner Meinung nach mögliche kulturelle Gemeinsamkeiten spätestens mit der Islamisierung. (Christen -> Kopten -> Islam) Die "Wiederentdeckung" Ägyptens durch die Europäer wäre ein denkbarer Terminus für einen Import einer europäischen Schleifrillen-Tradition. Ich denke dabei vor allem an die Zeit der "Kavalierstouren" im Anschluß an die napoleonischen Unternehmungen, oder an die "Ägyptomanie" mit der damit verbundenen Mystifizierung einer bislang unverstandenen pharaonischen Kultur. Allerdings ist das noch mehr als Spekulation daher:  

Ich persönlich will mir aber durch die Diskussion über den Zweck dieser Rillen und die damit verbunde Auseinandersetzung mit vagen Andeutungen, esoterischen Wunschvorstellungen und vermeintlich uralten Kulten (es fehlen nur mehr die Hoopi-Indianer und der Schamanismus)den Blick auf die Originale und die bauarchäologischen Befunde verstellen. Selbst über die aus Pkt. 3 möglichen Konsequenzen mehr zu sagen, wäre für mich noch zu früh. Von einigen Denkansätzen dazu - aus Zeitgründen - später mehr ...

Nachsatz, weil es zeigt, mit welchen Fußangeln man es zu tun hat, wenn man die Dinge ohne Befund beurteilt und sie zu sehr verallgemeinert:

Zitat:
Frauen schabten etwas von diesen heiligen, alten Steinen ab, um etwas von deren magischer Wirkung abhaben zu können.


Advocatus Diaboli: "Setzt das nicht voraus, daß die ägyptischen und die europäischen Frauen vor dem 19. Jahrhundert über die gleichen medizinischen Vorstellungen bezüglich des Steinmehls und über die gleiche Freiheit der Mobilität verfügten?"

Grüße
Dirk

> Antwort auf Beitrag vom: 08.01.2006 um 13:46:35


39) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Iufaa am 08.01.2006 um 16:47:58 - Anhang: 2 Anhänge

Hallo,

noch ein Nachtrag mit Bild. Die Aufnahme zeigt Reste des 1. Stationstempels der Hatschepsut, gegenüber dem Tempel des Kamutef und der Mut gelegen.

Auch hier sind die Wetz- oder Schleifrillen nicht zu übersehen, aber sie liegen deutlich auf den Blöcken, nicht senkrecht an der Wand - sind also erst nach dem Abtragen/Einsturz des Gebäudes entstanden.

Ich habe mal meine Bilder durchgesehen, diese Wetz- oder Schleifrillen sind wirklich ubiquitär. Sie tauchen praktisch an und in allen Gebäuden auf (und liegen häufig auf deutlich verschiedenen "Laufhorizonten"), die mit großer Wahrscheinlichkeit in der post-ägyptischen Zeit zugänglich waren.

Die hier im Stationstempel zu beobachteten Spuren sind schmale Rillen - könnte es für diese eine andere Erklärung geben, als für die breiten ovalen Schabespuren?

Grus, Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 08.01.2006 um 16:33:54

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40) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Geistsucher am 08.01.2006 um 17:24:46

Die Mulden (auch) auf den Minstatuen sehen deutlich verschieden aus.
Stichwort Globalisierung ist aufschlußreich (- wir haben es -
anders als bei Faustkeilfunden - mit Seßhaften zu tun -):
Ich glaube, ich gehe gleich zu einem Ornithologen und frage den.

> Antwort auf Beitrag vom: 08.01.2006 um 16:47:58


41) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Dirk am 08.01.2006 um 17:26:31

Hallo 4U2,


Zitat:
Bei meinem ersten Besuch in Ägypten Anfang der 70Jahre erzählte mir ein ägyptischer Freund lächelnd den Ratschlag seiner Großmutter
...

eine ebenso typischer wie interessanter Beitrag zur Oral History. Ich bezweifle nicht, daß derartge Praktiken ausgeführt wurden und sich die Kenntnis darüber über drei Generationen erhalten hat.

Allerdings ist fraglich, wie lange solche Traditionen zurück gehen und vor allem, aus welchem Bereich sie ursprünglich stammen. Ich habe da eine köstliche Geschichte über eine andere Art von Schürfrille anzubieten, die zeigt, daß die mündliche Überlieferung und der damit verbundene Niederschlag in Sagen de facto dann erst nach 1880 mitten in Wien entstanden ist. Sobald ich das Material dazu gefunden und aufbereitet habe, stelle ich den Link für Interessierte zu meinen "Notizen"1 ins Forum, weil es nicht unmittelbar zum Thema Ägypten gehört.

Die Sache mit der Min-Statue muß ich noch durcharbeiten.

Grüße
Dirk

> Antwort auf Beitrag vom: 08.01.2006 um 15:42:50


1: http://de.geocities.com/notizen2006/index.htm


42) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
gast-Sennefer am 08.01.2006 um 20:24:50

Hallo,

im Frühjahr 2005 hörten wir uns einen Vortrag von Héléna Zacharias-Delaporte vom CFEETK ( Centre franco-égyptien d'étude des temples de Karnak ) im Mumification Museum an.
Am Tag darauf folgten wir Ihrer Einladung, uns noch genauer über Ihre Arbeit zu informieren. Sie leitet das Atelier für Epigraphie ( dort werden exakte Handzeichnungen der Tempel-Reliefs digitalisiert ).
Das Atelier befindet sich in der Nähe des Ticketschalters vorm Karnak-Tempel ( das Haus mit der "Doppelpalme" ).
In dem Atelier hingen einige Zeichnungen auf denen teilweise auch diese beschriebenen Stellen zu sehen waren. Auf meine Frage wie dies entstanden sei, erklärte sie mir, dass es sich um Wetzstellen durch das Schärfen von Klingen handelt.

Gruß,
Sennefer

> Antwort auf Beitrag vom: 08.01.2006 um 17:26:31


43) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
Mubarek am 09.01.2006 um 00:35:53

Die Wetzrillen, welche zu meinem Gespräch mit einem Ornithologen führten, sind mir nicht in Ägypten sondern in Deutschland, Italien und China begegnet.

In Deutschland sah ich sie an einem Turm des Kölner Doms, dessen Aussenseite in dieser Höhe gewiss keinem Publikum zugänglich ist, was auch um Fruchtbarkeit nachsuchende Frauen einschliesst. Diese Wetzspuren befanden sich meist dicht über Fugen, die, so der Vogelkundler, den Krallen der Vögel ausreichend Halt bieten, wobei oft allerdings Unterstützung durch Flügelschlag notwendig ist.
Der Dom besteht nicht aus Kalkstein, sondern aus relativ weichem Buntsandstein, der überwiegend aus Brüchen der Gegend um Königswinter stammt.
Die Wetzspuren befanden sich an Stellen, die durch Zungenwände oder andere Vorbauten vor Wind aus der Hauptwindrichtung geschützt waren.
Diese Wetzspuren werden kontinuierlich von den Steinmetzen der Dombauhütte beseitigt, teils durch Ersetzen des Steins, teils durch Ausfüllen mit geeignetem Mörtel, um im Rahmen der Korrosionsvorbeuge das tiefere Eindringen von Regenwasser zu verhindern, welches auf Dauer den Stein zerstören würde.

In Italien fanden sich die Wetzspuren am Kalkgestein des Colosseums in Rom, wobei auch hier Stellen zu nennen sind, die völlig unzugänglich oder nur durch geübte Kletterer zu erreichen sind.

Im Areal der Ming-Gräber, nördlich von Peking, sind die Wetzspuren in der aus Ziegeln gemauerten, nahezu senkrecht aufstrebenden Wand zwischen den beiden Treppenaufgängen zum Tumulus über dem Grab des Jingling-Kaisers zu bewundern, allerdings auch nur mit Gerüst und Leiter.

Aber wie gesagt, das ist nur eine von vielen möglichen Erklärungen und es mag durchaus seine Richtigkeit haben, dass gleich aussehende Spuren völlig andere Ursachen (und Verursacher) haben.

Hätte ich damals geahnt, dass Kerbungen dieser Art einmal viel Raum in einem ernstzunehmenden Forum wie diesem gewidmet werden würde, hätte ich sicherlich ein paar Fotos gemacht.


> Antwort auf Beitrag vom: 08.01.2006 um 20:24:50


44) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Dirk am 09.01.2006 um 12:55:31

Hallo Iufaa,


Zitat:
Die hier im Stationstempel zu beobachteten Spuren sind schmale Rillen - könnte es für diese eine andere Erklärung geben, als für die breiten ovalen Schabespuren?

diese Rillen sehen tatsächlich anders aus - so sehen eigentlich typische Spuren aus, die beim Klingenschärfen (= sehr schmal und spitz auslaufend) entstehen. Wichtiger noch für die Unterscheidung ist jedoch die radiale Anordnung. Wenn das Foto nicht täuscht, dann sehe ich da auch noch andere Schabespuren, nämlich diese doch sehr tiefen aber systemlos angebrachten ovalen Mulden. Sieht wie quasi etwas zu groß geratene "Näpfchen" aus, fast wie die Mulden auf Schalensteinen, von denen man ja auch
nicht recht weiß, was man mit ihnen anfangen soll. Daß Schleifspuren und horizontale "Näpfchen" gleichzeitig nebeneinander vorkommen, hat ja schon meine Aufnahme1 von der Südostecke des Trajans-Kiosk auf Philae/Agilkia gezeigt. Falls Dein Befund lange unter Sand war, dann ist er für die Frage meiner Spätdatierungshypothese von Interesse.

Ad #42
Hallo Mubarek

Falls Dir noch einfällt, wo ungefähr die Kölner Exemplare angebracht waren, wäre ich für eine Kurznachricht dankbar. Die Kölner Dom-Topographie ist mir zugänglich und dort wurde viel erst im 19. Jh. errichtet. Grundsätzlich müßte man die Befunde optisch nachvollziehen können - schade, daß Du damals keine Aufnahme machen konntest. Darum möchte ich auch nichts zu China und Italien sagen, denn gerade etwa die Zugänglichkeit des Kolosseums hat sich da sehr stark geändert (war das im Mittelalter nicht sehr stark durch Einbau von Wohnungen verändert?). Bei Ziegel (oder auch weichen Tuffquadern) habe ich da schon seht merkwürdige Aushöhlungen durch Winderosion gesehen. China müsste man sich wirklich auch mal anschauen

Man soll aber das Kind nicht mit dem Bad ausgießen.Ich habe mich inzwischen an der TU-Wien bei

jenem Geologen2schlau gemacht, mit dem ich seit Jahren auf dem Gebiet der historischen Bauforschung zusammenarbeite. Natürlich kennt er das Schadensbild, das Vögel an Ziegel- und Steinmaurwerk verursachen. Die Vögel picken (!) dabei lockere (!) Materialteilchen heraus heraus. Das hat nichts mitSchleifspuren oder Schnabelwetzen zu tun und sieht optisch völlig anders aus. Es läßt sich Nachweisen, daß die Fraßstellen der Vögel stets mit dem Verdunstungshorizont der aufsteigenden Mauerfeuchtigkeit zusammenfallen. Also dort, wo die
leichtlöslichen Mauersalze kristallisieren und ausblühen, und das ist vorwiegend in geschützten Bereichen. Es sind
insbesondere poröse - also weiche - Gesteinsarten, wo es durch die Kapillarwirkung zu solchen Salzausblühungen kommt. Durch das Auskristallisieren (Volumsvergrößerung!) verlieren die Gesteinskörner ihre Bindung und es kommt zu massiven, oft alveolaren Materialabwitterungen. Auf diese Salzquellen haben es die Vögel abgesehen, nicht auf den Stein als Schnabelschärfer. Wie schon mehrfach erwähnt, sind solche Spuren optisch klar von den Wetz- und Schleifmarken zu unterscheiden und nur bei sehr oberflächlicher Betrachtung mit Wetzrillen zu verwechseln. Man versuche sich nur einmal den zu den sehr schmalen Wetzrillen passenden Schnabel vorzustellen (Ibis). Möglicherweise liegt also bei der ornithologischen Beobachtung eine Verwechslung von Ursache und Wirkung vor.


Grüße
Dirk

P. S.

Nichtägyptisches: Die von mir in #40 in Aussicht gestellte
Geschichte zur Oral History und der Schleifspur in Wien
3 ist online.

> Antwort auf Beitrag vom: 09.01.2006 um 00:35:53


1: http://de.geocities.com/notizen2006/diverses_schleifrillen2.htm
2: http://whitepages.tuwien.ac.at/oid/118701.html
3: http://de.geocities.com/notizen2006/oral_history.htm


45) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
Mubarek am 10.01.2006 um 00:44:22

@ Dirk:


Zitat:
Also dort, wo die leichtlöslichen Mauersalze kristallisieren und ausblühen, und das ist vorwiegend in geschützten Bereichen. Es sind insbesondere poröse - also weiche - Gesteinsarten, wo es durch die Kapillarwirkung zu solchen Salzausblühungen kommt. Durch das Auskristallisieren (Volumsvergrößerung!) verlieren die Gesteinskörner ihre Bindung und es kommt zu massiven, oft alveolaren Materialabwitterungen. Auf diese Salzquellen haben es die Vögel abgesehen, nicht auf den Stein als Schnabelschärfer.

Das leuchtet mir ein, weil verständlich und (vor allem kongruent mit dem Foto im Beitrag #29) nachvollziehbar.


Zitat:
Falls Dir noch einfällt, wo ungefähr die Kölner Exemplare angebracht waren, wäre ich für eine Kurznachricht dankbar.

Wo genau ich die "Wetzrillen" am Turm des Doms gesehen habe, weiss ich nicht mehr; es war immerhin schon 1996 oder 1997 gewesen. Seither hat sich auch die Einrüstung der Türme ständig verändert. Ausserdem waren es nicht die Rillen, die mich zu der "Gerüstwanderung" veranlasst haben (und nie wieder veranlassen werden).


Zitat:
Bei Ziegel (oder auch weichen Tuffquadern) habe ich da schon seht merkwürdige Aushöhlungen durch Winderosion gesehen. China müsste man sich wirklich auch mal anschauen...
...Es sind insbesondere poröse - also weiche Gesteinsarten, wo es durch die Kapillarwirkung zu solchen Salzausblühungen kommt. Durch das Auskristallisieren...

Bei dieser Mauer wurden gebrannte, einseitig an der Front glasierte Tonziegel vermauert. Die "Wetzrillen" befanden sich überwiegend an Stellen, an denen die Glasur weggebrochen oder gerissen war. Auch das deckt sich mit Deiner Erklärung.

Fazit (für mich): Nächstes mal gleich mit den Leuten von den Steinen und nicht mit denen von den Vögeln sprechen  


Zitat:
Man versuche sich nur einmal den zu den sehr schmalen Wetzrillen passenden Schnabel vorzustellen (Ibis).

Als Nichtvogelkundler muss ich mir da nicht unbedingt "einen passenden Schnabel", sondern kann mir auch viele kleine Schnäbel vorstellen. Anstelle eines Ibis' tut's dann auch ein Geschwader Spatzen.


Zitat:
Zum oft zitierten profanen Messer- oder Sichelschärfen hätte man sich nicht unbedingt auf die Tempelanlagen stürzen müssen. Außerdem läßt sich daraus technisch nicht die Form der Wetzrillen ableiten.

Was "man hätte" und was "man müsste", insbesondere in der Vergangenheit, ist ohne Kenntnis der näheren Umstände oft nicht nachvollziebar. Allerdings wird diese Formulierung gern als Einleitung zum Hohlschwätzen genutzt.
Die Messer und Sicheln sollten ruhig noch um die gern vermuteten Schwerter erweitert werden. In diesem Fall wäre es mir dann jedoch völlig schleierhaft, wie ein Rittersmann auf diese Weise sein Schwert zu schärfen gedachte, da beim Schärfen die Wetzfläche leicht geschrägt seitlich an der Klinge entlang geführt wird. Gleitet die Schneide der Eisenware mit einem Anstellwinkel um die 90 Grad über den Stein, wird sie stumpf.
Mehr zu diesem Thema in:

Norman, Vesey; Waffen und Rüstungen; Parkland Verlag GmbH, Stuttgart; 1973
Schöbel, Johannes; Prunkwaffen; Econ-Verlag GmbH, Wien / Düsseldorf; 1973
Schöbel, Johannes; Jagdwaffen; Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik; 1975


@ 4U2:

Ich kann es mir, trotz aller Unsachlichkeit, nicht verkneifen:

Zitat:
Bei meinem ersten Besuch in Ägypten Anfang der 70Jahre erzählte mir ein ägyptischer Freund lächelnd den Ratschlag seiner Großmutter den noch nicht erfüllten Wunsch nach Enkeln zu beschleunigen:
In ihrer Jugend in den 30er Jahren gingen Frauen der ländlichen Bevölkerung aus der Gegend von Dendera bei Unfruchtbarkeit zu den alten Tempeln um unter Anleitung der alten Dorfweiber *geladenen* Steinsand aus dem Gemäuer zu schaben. Dieser wurde dann von den Frauen in ein Tuch gewickelt und um die Hüften geschlungen getragen.

Bei meinem ersten Besuch in Schottland war ich am Loch Ness und ein schottischer Freund erzählte mir lächelnd die Geschichte von einem gewissen Ungeheuer...  

> Antwort auf Beitrag vom: 09.01.2006 um 12:55:31


46) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 naunakhte am 10.01.2006 um 13:08:04

Da wir hier inzwischen schon ziemlich Off-topic sind muß ich mir folgende Frage vielleicht nicht unbedingt verkneifen:

Bisher sprechen wir für diese Spuren immer Länder mit einer christlichen Geschichte (nehmen wir China nun wirklich als "Vogelspuren" raus) an. Finden wir sie auch in Ländern die in keiner Zeitstufe vom christlichen Glauben geprägt sind?

nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 10.01.2006 um 00:44:22


47) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
4U2 am 10.01.2006 um 15:27:18

Hallo

@Mubarek

Zitat:
Bei meinem ersten Besuch in Schottland war ich am Loch Ness und ein schottischer Freund erzählte mir lächelnd die Geschichte von einem gewissen Ungeheuer

Genau, seh ich auch so. Natürlich war mir die dünne Informationsdichte der Geschichte bewusst, auch vor Dirks ausführlichen Beitrag Geschichte zur Oral History und der Schleifspur in Wien. Erwähnt hab ich sie nur deshalb um Dirk einen Anhaltspunkt über den (End?) Zeitpunkt dieser örtlichen Unsitte zu geben. Bei dem damaligen Gespräch mit Muhammat ging es ja auch nicht um Wetzrillen sondern um den Wunsch der Großmutter nach Urenkelkinder. Ob sie das (Sie war eine gut gebildete Frau) als ernsthaften Rat an ihre Enkelkinder verstand möchte ich fast ausschließen. Wir haben damals jedenfalls schon kräftig über die Sandbinden auf dem Bauch und ihre Auswirkung gelacht und uns versucht den Gesprächsinhalt der Frauen beim heftigen Steineschaben vorzustellen. (Ging sicher nicht um Kochrezepte)
Und auch ich kann es mir, trotz aller Unsachlichkeit, nicht verkneifen:
@Dirk

Zitat:
Auf diese Salzquellen haben es die Vögel abgesehen, nicht auf den Stein als Schnabelschärfer. Wie schon mehrfach erwähnt, sind solche Spuren optisch klar von den Wetz- und Schleifmarken zu unterscheiden und nur bei sehr oberflächlicher Betrachtung mit Wetzrillen zu verwechseln. Man versuche sich nur einmal den zu den sehr schmalen Wetzrillen passenden Schnabel vorzustellen


Beim Angeln letzten Sommer mit meinem Sohn in der mittelfränkischen Schwarzachklamm (sehr sehenswerter Einschnitt der Schwarzach durch den so genannten Burgsandstein?) bei Burgtann machte ich folgende Beobachtung:
2 Amseln attackierten ganz in unserer Nähe in zirka 1m höhe über  der Geröllböschung die steil aufstrebende Sandsteinwand. Zeitraum der lautstarken Vorstellung ca 20 Minuten. Nach immer nur sehr kurzen Notlandungen im Gestrüpp der Böschungskrohne erneutes hochflattern und ein erneuter Selbstmordversuch der Vögel (Erklärungsversuch meines 12 jährigen Sohnes Jörg) Aus erzieherischen Gründen musste ich ihm da natürlich widersprechen und hab das Schauspiel genauer beobachtet:
Die Vögel flatterten immer an der gleichen Stelle gegen die Steinwand nicht um sich den Kopf einzurennen sondern sie kratzten offensichtlich bis zum Absturz mit ihren KRALLEN nach Nahrung.
(Mein damaliger Erklärungsversuch) Allerdings blieb meine spätere Nachschau nach Beendigung des Spektabels nach ominösen Sandsteinmaden auch erfolglos und ich einigte mich mit meinem Sohn auf ein Remis der Deutungen. Das wird jetzt nach Dirks obigen Hinweiß geändert.
Gefangen haben wir an diesem Tag übrigens auch nichts. (Der Grund warum ich mich noch heute an das Spektabel erinnere weil sonnst nichts aufregendes passierte) Und der Grund warum ich hier poste: Steinschaben von Vögeln mittels KRALLEN. Keine Ahnung obs was im Zusammenhang für Dirks Untersuchungen als Erklärung einiger Schabspuren was bringt.
Quelle: Eigene Beobachtung, Bilder: Keine Und ob es in Ägypten Amseln gibt weiß ich auch nicht.

> Antwort auf Beitrag vom: 10.01.2006 um 00:44:22


48) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Iufaa am 10.01.2006 um 16:03:28

Hallo,

bitte etwas mehr bei der Ägyptologie bleiben und etwas weniger Loch Ness und Fruchtbarkeitsriten.

Iufaa

p.s. Krallenschärfen bei Vögeln würde wohl eher zu drei kaum sichtbaren Rillen führen

> Antwort auf Beitrag vom: 10.01.2006 um 15:27:18


49) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
4U2 am 10.01.2006 um 20:12:24

@ Iuffa

Zitat:
bitte etwas mehr bei der Ägyptologie bleiben und etwas weniger Loch Ness und Fruchtbarkeitsriten


Mein erster Beitrag nach Dirks Anfrage nach Ägyptischen Wetzspuren  in Tempelruinen beinhaltete die mir bekannte inhaltliche Aussage einer ägyptischen Zeitzeugin über eine örtliche (Dendera) ägyptische Unsitte
im Zusammenhang mit Fruchtbarkeitsriten Mulden in alte Gemäuer zu schleifen. Das Belegbild mit der ägyptischen Minstatue hielt ich daher für passend. Ich hatte einfach die asoziation vögeln statt Vögel vor Augen, die mir Jahre später zugetragene Messerwetzteorie hatte ich schon ausgeschlossen. Jeder der unterwegs schon mal sein Taschenmesser schleift weiß schließlich das das bei großen festliegenden Steinen nur an Kannten derselben klappt. Es sei denn das Messerchen hätte die Größe der Klinge eines Büchsenöffners. *fg Mubarek hat das ja weiter oben schon trefflichst angeführt.
Zurück zu den ägyptischen Wetzspuren. Auf Grund des außerordentlich häufigen Vorfindens eben dieser Schabspuren an ägyptischen Sandsteingemäuern (ums nicht nur auf Tempel zu beziehen) und dem meines Wissens eher seltenen an europäischen Gemäuern könnte man schon einen (Un)Sittenimport NACH Europa in Erwägung ziehen. Handelskontakte gabs spätesten seit den Römern allemal. Müsste ja nicht Klingen wetzende Raub-oder Kreuzritter gewesen sein. Übrigens: kamen die jemals nach Ägypten? Kulturaustausch und Einflus ist jedenfalls schon seit den Griechen in der Kunst nachgewiesen. (Modewort Globalisierung) Übernahme und spätere Umwandlung bis zur Sinnendleerung von Aberglauben und Unsitten sind deswegen doch auch nicht grundsätzlich auszuschließen. Wenn die von mir eingangs erwähnten ägyptischen Unsitten damals überhaupt schon bestanden und als Erklärung der ägyptischen Wetzspuren teilweiße taugen mögen. Denn da bin ich mir Aufgrund Mubareks Ornithologischem Hinweiß gar nicht mehr so sicher.

Sorry @ Iuffa, womit ich nun wieder bei DEN Vögeln  angelangt bin.

Zitat:
Krallenschärfen bei Vögeln würde wohl eher zu drei kaum sichtbaren Rillen führen

Beim ersten Mal sicher nicht
Das hat mich im aber im Zusammenhang mit Dirks Ausführung

Zitat:
das Schadensbild, das Vögel an Ziegel- und Steinmaurwerk verursachen. Die Vögel picken (!) dabei lockere (!) Materialteilchen heraus heraus. Das hat nichts mitSchleifspuren oder Schnabelwetzen zu tun und sieht optisch völlig anders aus. Es läßt sich Nachweisen, daß die Fraßstellen der Vögel stets mit dem Verdunstungshorizont der aufsteigenden Mauerfeuchtigkeit zusammenfallen. Also dort, wo die
leichtlöslichen Mauersalze kristallisieren und ausblühen, und das ist vorwiegend in geschützten Bereichen. Es sind
insbesondere poröse - also weiche - Gesteinsarten, wo es durch die Kapillarwirkung zu solchen Salzausblühungen kommt. Durch das Auskristallisieren (Volumsvergrößerung!) verlieren die Gesteinskörner ihre Bindung und es kommt zu massiven, oft alveolaren Materialabwitterungen. Auf diese Salzquellen haben es die Vögel abgesehen, nicht auf den Stein als Schnabelschärfer.

und einigem Nachdenken über ägyptische Besonderheiten stutzig gemacht.
Vor dem Bau der Assuandämme war das Fruchtland entlang des Nils aufgrund der jährlichen Nilüberschwemmung sicherlich Salzarm.
Neben der großen Zahl einheimischer Vögel ist Ägypten Überwinterungsort vieler Zugvögel.
Ruinenanlagen waren über viele Jahrhunderte in wechselnden Höhen versandet (Verdunstungshoizont) und eher selten von Einheimischen genutzt.
Fast alle Tempelanlagen wurden ab dem Neuen Reich aus Sandstein errichtet.
Sicherlich wurden die Ruinenstätten von den Vögeln häufig zur Nahrungsaufnahme besucht.
Tiere haben eine außerordentliches Gespür für Salzquellen, die vorhandenen im Sandstein werden ihnen sicher nicht entgangen sein.
Unterstellt man nun das in bestimmten Blöcken eine höhere Salzkonzentration eventuell sogar Salzhaltigere  Nester auftreten wären die von ägyptischen und zugereisten Vögeln sicherlich schnell ausgemacht und bevorzugt ausgebeutet.
Einige tausend Vögel in hunderten von Jahren würden dann erhebliche Wetzrillen auch unter Zuhilfename von Krallen (Die übriges außerordentlich scharf und hart bei den meisten scharrenden Arten sind) auf und an den Steinen hinterlassen.
Klar sehr, sehr viele Fragezeichen, aber durchaus ein ägyptischer Denkansatz. Und nicht ganz Unägyptologisch im bemühen  um die Klärung sagenbehafteter Geschichten altägyptischer Sakralbauten.

Wenn die Viecher auch noch Teilweise in den Tempelanlagen gebrütet haben und von den Landfrauen bei ihrem sonderbaren Steinekratzen beobachtet wurden ..... Nicht Auszudenken.

> Antwort auf Beitrag vom: 10.01.2006 um 16:03:28


50) Re: Edfu - Luxor Frage zur jüngeren Geschichte
 Iufaa am 10.01.2006 um 21:21:54

Hi 4U2,

Zitat:
Unterstellt man nun das in bestimmten Blöcken eine höhere Salzkonzentration eventuell sogar Salzhaltigere  Nester auftreten wären die von ägyptischen und zugereisten Vögeln sicherlich schnell ausgemacht und bevorzugt ausgebeutet.
das ist weder zoologisch noch mineralogisch zu halten. Es gibt einige Vögel, die Steine aufpicken um Mahlsteine im Magen zu haben, es gibt andere, die sich in offen liegenden Salzpfannen (ausgetrockneten Gewässern, etc.) mit Salz versorgen. Sandstein ist dazu denkbar ungeeignet. Krallenschärfen findet sicherlich nicht an vertikalen Flächen statt. Noch weniger wahrscheinlich ist es, dass zahlreiche Vögel über Jahre hinweg einen riesigen Steinblock immer an der selben Stellen bekratzen - sowas lässt sich weder doch Beobachtungen belegen, noch durch statistische Wahrscheinlickeiten.

Also, zurück zu Ägyptologie.

Bis Dirk was zu den ägyptischen Baudenkmälern zu berichten hat, schließe ich dieses Thema, bevor wir noch weitere Beiträge zum "Gruppenwetzen" bekommen.

Dirk, bitte Rückmeldung, wenn ich den Thread wieder öffnen soll.

Iufaa


> Antwort auf Beitrag vom: 10.01.2006 um 20:12:24