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Ägyptologie Forum >> Architektur & Kunst


1) Grabfigur aus Zürich
 menna am 21.06.2009 um 12:06:11 - Anhang: 2 Anhänge

Hallo,
vielleicht kann mir jemand mit der Interpretation der kleinen Grabfigur der "Dame Qedet" (oder aus ihrem Grab) weiterhelfen. Ich sah sie kürzlich in Turin in  der Echnaton-Ausstellung, ausgeliehen vom Archäologie-Institut Zürich. Sie fiel mir wegen des eigenartigen Gerätes auf, das sie vorn am Leib trägt: zwei über einen Waagebalken-ähnlichen Querstab verbundene, hängende Körbchen (?), die beide an ihrer linken unteren Ecke so was wie einen Zipfel haben. In den Händen trägt sie Acker/Gartengerät (?), vielleicht sind die Körbchen zum Einsammeln von Samen oder kleinen Früchten gedacht, oder es handelt sich (wegen der Tülle-ähnlichen Zipfel) um eine Art Gießkanne. Alles nur naive Vermutungen....

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2) Re: Grabfigur aus Zürich
 Iufaa am 21.06.2009 um 12:10:09

Die Gartengeräte sehen für mich nach mr-Hacken aus (wie man sie auch in Gründungsszenen findet), die Zipfel der Körb-/Kästchen könnten ev. auch Standfüße sein.

Gruss, Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 21.06.2009 um 12:06:11


3) Re: Grabfigur aus Zürich
 naunakhte am 21.06.2009 um 20:06:22 - Anhang: Uschenti-Detail_a.jpg

Ich möchte erstmal nur daraufhinweisen, dass die Zipfel an beiden unteren Ecken des "Körbchens" vorhanden sind. Im Bild zwischen den roten Strichen schwach zu erkennen.

Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 21.06.2009 um 12:06:11


4) Re: Grabfigur aus Zürich
 menna am 22.06.2009 um 17:55:09 - Anhang: 3 Anhänge

Liebe Ushebtifreunde,
Nauna wies mich auf die Schrift von H.A. Schlögl "Arbeiter des Jenseits" (Zürich 1984) hin, die vielleicht weiterhelfen könnte. Ich fand darin die in Turin ausgestellte Ushebtifigur tatsächlich erwähnt und mit ausführlichem Kommentar und Bildern sowie Literatur. Auf die Schnelle ist es zu viel, um alles jetzt gleich hier zu bringen, bemerkenswert jedoch ist Schlögls Resultat aus der Vergleichung mit drei anderen Figuren, dass die Figur der Dame Qedet eine Fälschung sein muss! Er vermutet, dass der Bildhauer und Sammler J.J. Rifaud, der viele Stücke aus Drovettis Sammlung fand, der Hersteller gewesen sein könnte, zumindest hatte er gute einschlägige Kenntnisse und Fähigkeiten und auch zeitlich könnte es stimmen. 1983 wurde das Stück in einer Münchner Ausstellung über Fälschungen gezeigt, die Turiner Ausstellungsmacher sind offenbar anderer Meinung.
Mehr dazu kommt bald noch von mir.
Menna

29.06.
Schlögl berichtet über das Ushebti der Dame Qedet das Folgende:
Die Figur wurde 1867 von H.C. Escher-Züblin der Antiquarischen Gesellschaft Zürich geschenkt. Mehr ist über die Herkunft des Stückes nicht bekannt. Es ist 18,6 cm hoch und besteht aus gelb-bräunlichem Kalkstein, ein Material, das sehr selten für Kleinplastiken oder Ushebtis verwendet wurde. Schlögl hat zwei andere, ganz ähnliche und aus demselben Stein gefertigte Ushebtis ausfindig gemacht, eins in Toulouse (T) und eins in Kairo (K), sowie eine drittes Stück aus Chicago (C), das aus Alabaster besteht und viele auffällige Ähnlichkeiten aufweist. Der Vergleich dieser vier Stücke (die Abb. sind in der Reihenfolge Z, T, K, C; Profil: Z, T) legt den Schluss nahe, dass zumindest die drei Z, T, K vom selben Künstler hergestellt wurden und als neuzeitliche Falsifikate angesehen werden müssen. Übrigens ist für keine der vier Figuren die Herkunft aus einer Grabung belegt. Schlögl begründet diese Ansicht mit den folgenden Argumenten:
1. Der Text: er ist ein Unikat! Auch wohl insbesondere deshalb ist über Z schon mehrfach publiziert worden. Der Text lautet auf Z, T und K ganz ähnlich und stammt offenbar von einem echten Skarabäus aus der Sammlung Drovetti (heute in Turin, Nr. 5993). Text:
"Ein Opfer, das der König gibt für den lebenden Aton, der die ganze Erde durch seine Schönheit erleuchtet. Er möge geben den süssen Hauch des Nordwindes, Libationen, Wein, Milch (und) Gaben von allen frischen Pflanzen für den Ka seiner Schwester, der Herrin des Hauses, Kedet."
Dieser als typischer Amarna-Text angesehene Spruch macht wohl auch verständlich, dass das Stück in Turin in der Echnaton-Ausstellung gezeigt wurde. Dieser Text findet sich ausschließlich auf diesen vier Figuren, sonst nie wieder. Ein von dem Skarabäus übernommener Schreibfehler auf T zeigt die Herkunft von dieser Vorlage eindeutig an.
2. Die drei gleichartigen Stücke Z, T, K nennen jeweils andere Eigentümernamen, für die es aber sonst keine anderen Ushebtis gibt - ebenfalls eine einzigartige Gegebenheit. (Sonst findet sich sehr oft der Totenbuchspruch Kap.6 auf Ushebtis).
3. Betrachtet man die drei Figuren Z, T, K im Vergleich, so fällt die sehr große Ähnlichkeit der Kopfform, der Perücken, der Ohren und der Handhaltung auf, ebenso in der Seitenansicht die hoch angesetzten Glutäen.
4. Das Tragegerät mit den zwei Täschchen bei Z und angedeutet bei C ist ebenfalls einzigartig. Tragstöcke finden sich sonst nur auf dem Rücken von Ushebtis oder als Joch oben vor der Brust, nicht am Bauch. Schlögl meint: falls C wirklich alt ist, so könnte seine Verzierung mit Tragstock und Täschchen/Körbchen auf den alten Korpus neuzeitlich aufgetragen worden sein.
5. Es gibt nur ganz wenige andere Ushebtis, die eine Opferformel und Arbeitsgeräte (hier Handpflüge) tragen: man müsste dann hier gleich vier Ausnahmen innerhalb einer Gruppe annehmen.

Schlögl fragt dann, wer der Hersteller solcher Falsifikate sein könnte. Er hält J.J. Rifaud für einen möglichen Kandidaten, da er ausreichend ägyptische Kenntnisse besaß, Hieroglyphen beherrschte, es möglich ist, dass er den Skarabäus mit der Textvorlage kannte, er hatte wohl auch künstlerische einschlägige Fähigkeiten und seine Lebensdaten stehen damit in Einklang, er starb 1852 in Genf.

Es wird von Schlögl eine naturwissenschaftliche Untersuchung durch H.U. Nissen des Züricher Ushebtis angekündigt, die ich noch nicht gefunden habe.

Menna

> Antwort auf Beitrag vom: 21.06.2009 um 20:06:22

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