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Ägyptologie Forum >> Architektur & Kunst


1) Standarten
 Haremhab am 13.12.2010 um 13:27:49 - Anhang: canon-103.jpg

Ich habe das Foto in Kom Ombo gemacht, kann mir aber die Bedeutung nicht erklären.

Mich interessieren die Standarten, genauer gesagt die Bedeutung. Ich erkenne in der obeneren Darstellung einen Benuvogel und einen Falken (Horus?) und dann zwei (identische?) Canniden. Im unteren Bereich kann ich das Zeichen, das aussieht wie ein B nicht deuten. Das zweite Zeichen erinnert mich an einen Sack, der gelegentlich bei Beerdigung mitgeführt wird (Material zur Balsamierung?).

Nicht klar ist mir die Bedeutung der Standartenträger. Es handelt sich wohl um personifizierte Was-Träger.

Gibt es jemanden, der mir diese Darstellungen erläutern kann?

Danke
Haremhab


2) Re: Standarten
 Iufaa am 13.12.2010 um 13:54:06

Was für eine hübsche Sammlung von Götterstandarten - vielleicht hilft Dir Upuaut den Weg zu den dargestellten Göttern zu finden

LG, Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 13.12.2010 um 13:27:49


3) Re: Standarten
 snormi am 13.12.2010 um 14:22:55

Hallo Haremhab,

schau dir doch mal den Eintrag "Horusgeleit" im LÄ III, Sp. 51f an. Der dürfte zur Erklärung weiterhelfen.

Das Horusgeleit besteht demnach meist aus den Standarten bestimmter Götter. Angeführt von Anubis in Cannidengestalt. Dieser kommt (wohl im Zuge des ägypt. Dualismusgedanken) häufig doppelt vor. Gefolgt wird er vom Falken (Horus) und dem Ibis (Thot). Der "Sack" wird auch als Chons-Symbol bezeichnet, da er für diesen Gott steht.

Bleibt noch die Frage nach der Standarte mit dem Bogen.
Zum Horusgeleit gehört auch Seth oder eine Wüstenhieroglyphe. Ob der Bogen, als Synonym für Bogenvölker auch die Wüste repräsentieren kann und soll vermag ich nicht zu sagen.

Gruß

> Antwort auf Beitrag vom: 13.12.2010 um 13:54:06


4) Re: Standarten
 Tahemet am 13.12.2010 um 16:34:48

Würde Wepwawet als Wegeöffner nicht mehr Sinn machen?
Oder Wepwawet und Anubis?
Der Dualismusgedanke würde sich mir jetzt auch eher erschließen, wenn wir jetzt Gruppen von je zwei Göttern hatten, aber 2x Anubis + Horus + Thoth paßt mir da nicht so recht. Wie wird es im LÄ erklärt, daß es dann ausgerechnet Anubis 2x ist?

> Antwort auf Beitrag vom: 13.12.2010 um 14:22:55


5) Re: Standarten
 Iufaa am 13.12.2010 um 17:04:16


Zitat:
Würde Wepwawet als Wegeöffner nicht mehr Sinn machen?
und was sagen die Beischriften?

> Antwort auf Beitrag vom: 13.12.2010 um 16:34:48


6) Re: Standarten
 snormi am 13.12.2010 um 17:30:47

Hallo Tahemet,

ok, wenn man im LÄ Anubis und Upuaut nachschlägt steht wohl Upuaut auf der Standarte.
Ansonsten kann man dem Horusgeleit entnehmen, dass der Schakal und der Falke doppelt vorhanden sein können (!), ebenso das Sethtier. Die Anderen scheiner eher immer einfach vorhanden zu sein (wenn überhaupt).

Gruß

PS: Ikonographie

Upuaut = meist stehender Cannide
Anubis = meist liegender Cannide

Upuaut auf der Standarte hat dann oft einen Wulst vor sich der mit einem Uräus verziert sein kann (so LÄ Upuaut). Im Bild von Haremhab sehen wir nur den Uräus.

> Antwort auf Beitrag vom: 13.12.2010 um 16:34:48


7) Re: Standarten
 Tahemet am 13.12.2010 um 19:31:44

Ich bezog mich auf den Kommentar, daß es laut LÄ Eintrag Anubis sein soll

> Antwort auf Beitrag vom: 13.12.2010 um 17:04:16


8) Re: Standarten
 Haremhab am 14.12.2010 um 13:11:17

Vielen Dank für die freundlichen Antworten. Für mich bleibt der Sinn der Standarte mit dem Bogen und auch der Sack offen. Gibt es dazu einen Beleg? Möglicherweise als Foto?

Ja und dann wäre es schön, wenn mir noch jemand die Standartenträger erklären könnte.

Vielen Dank
Haremhab

> Antwort auf Beitrag vom: 13.12.2010 um 19:31:44


9) Re: Standarten
 Iufaa am 14.12.2010 um 13:35:55 - Anhang: Khons.jpg

Hallo Haremhab,

manchmal findet man in alten Beiträgen1 schon mal was.

Die Identifikation der Khons-Standarte ist durch die Beischrift gesichert (siehe unten), Nauna meinte gestern, wir hätten auch schon mal das "Kissen (= Sack)" auf der Standarte diskutiert, wir finden aber nichts (anscheinend wird das Forum zu groß und zu unübersichtlich - sollen wir es schließen?).

LG Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 14.12.2010 um 13:11:17


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?board=kua&action=display&num=1140950538&pnum=022606114218&start=0


10) Re: Standarten
 naunakhte am 14.12.2010 um 13:54:24

ich hätte dazu noch zwei Links anzubieten:

Lexikon: Chons-Symbol1

Thread zum Chons-Symbol2

> Antwort auf Beitrag vom: 14.12.2010 um 13:35:55


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=lexikond&id=060304101951
2: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?board=dpusf&action=display&num=1141564813&pnum=030506142013&start=0#0


11) Re: Standarten
 Seschen am 15.12.2010 um 15:00:04

Hallo, Haremhab!

Zitat:
Für mich bleibt der Sinn der Standarte mit dem Bogen ... offen. Gibt es dazu einen Beleg?

Es ist die Götterstandarte des Jwn.t - "Bogen" (=vergöttlichter Bogen).

Der Eintrag dazu im LGG, Band I, Seite 192, mit Belegstellen KO:


Die Inschrift rechts von der Standarte:

jwn.t  tp  jA.t
"Der Bogen" auf der Standarte

dj(=j)  n=k  qnw(.t)  nb(.t)  xAs.wt  nb(.wt)  Xr  tb.yt=k
Ich verleihe (/gewähre) dir jeden Sieg (und) alle Fremdländer unter deine Sohlen.

rDj qn.t - Hannig S. 859, b) Sieg verleihen/gewähren


Zitat:
Ja und dann wäre es schön, wenn mir noch jemand die Standartenträger erklären könnte.

Ich sehe die Träger als personifiziertes wAs "Glück/Herrschaftsglück" bzw. anx  wAs "Leben und Glück".  

Gruß, Seschen

Nachtrag:
Zwei ähnliche Darstellungen: Link 11, Link 22

> Antwort auf Beitrag vom: 14.12.2010 um 13:54:24


1: http://www.flickr.com/photos/69991037@N00/274183950/
2: http://www.flickr.com/photos/kpnaction/2822684329/


12) Re: Standarten
 Michael Tilgner am 15.12.2010 um 22:19:41 - Anhang: de_Morgan_et_al_Catalogue_des_monuments_et_inscriptions_II_1895_p_342.pdf

Hallo,

Iufaa schrieb:

Zitat:
und was sagen die Beischriften?

Seschen hat schon mal damit angefangen. Ich füge die erste (ganz rechts stehende) Spalte dazu:

nTr.w Smsw-@r "(die Götter des) Horusgeleit(s)"

Smsw-@r "Horusgeleit; Götterstandarten (im Gefolge)" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 824)

dj(=j) anx Dd wAs snb nb Aw(.t)-jb nb qn(.t) nb nx(.t) nb mj Ra D.t
"(ich) gebe dir alles Leben, (alle) Dauer, (alles) Glück, (alle) Gesundheit, alle Freude, alle Kraft und allen Sieg wie Re ewiglich"

anx Dd wAs snb "Leben, Dauer, Glück und Gesundheit" (Hannig, S. 176) - das folgende nb "alles" bezieht sich auf den ganzen (feststehenden) Ausdruck
Aw.t-jb "Freude" (S. 4)
rDj qn.t nx.t "Kraft und Sieg verleihen" (S. 859)

Hier haben wir es mit einer sehr späten Inschrift zu tun, aus der Ptolemäerzeit, für die teilweise andere Regeln als im klassischen Mittelägyptisch gelten. Hier erkennt man folgende:

Die feminine Endung .t wird weggelassen. Hierzu schreibt Dieter Kurth, Einführung ins Ptolemäische, Bd. 2, Hützel, 2008, § 92:

Zitat:
Das Femininum hat die Endung t. Diese wird nicht konsequent geschrieben; in Edfu zum Beispiel halten sich Setzen und Auslassen der Endung in etwa die Waage.

nb wird schon im Mittelägyptischen oft ohne Endung geschrieben (Gardiner, § 48, 1).

Das Zeichen W24 das nw-Gefäß kann auch nur n gelesen werden (Kurth, Bd. 1, S. 428 (= Zeichen 20.37)).

Zitat:
Beim sDm.n=f ist zu beobachten, daß das Suffixpronomen der 1. Person Singular nicht selten ausgelassen wird.

Diese Erscheinung kennen wir auch aus früherer Zeit (Gardiner, § 414, 5).

Vielleicht versucht sich jemand an den anderen Teilen?

Der eine Beleg, der im LGG-Eintrag angegeben wird, bezieht sich auf unsere Stelle, nämlich "KO 465" = J. de Morgan, U. Bouriant, G. Legrain, G. Jéquier, A. Barsanti, Catalogue des monuments et inscriptions de l'Égypte antique, première série: Haute Égypte, tome second: Kom Ombos, première partie, Vienne, 1895, S. 342 (siehe Anhang).

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 15.12.2010 um 15:00:04


13) Re: Standarten
 Michael Tilgner am 16.12.2010 um 23:34:28

Hallo,

gehen wir mal an die nächste Spalte, links neben der vorhergehenden.

Wp-wA.wt ^maw sxm tA.wj
"Upuaut von Oberägypten, der Mächtige der Beiden Länder"

Wp-wA.wt ^maw "Upuaut von Oberägypten" (LGG II, 3461)
^maw "Oberägypten" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 820)
sxm tA.wj "der Mächtige der Beiden Länder" (LGG VI, 5472) mit Hinweis: "Bezeichnung des ... Wp-wA.wt ^maw"
(Die Wasserlinie n in der Umzeichnung ist fehlerhaft, siehe Photo.)

wpj=j n=k wA.t nfr.t m Htp
"ich öffne dir den schönen Weg in Frieden"

W54 nw für n hatten wir schon (im vorigen Posting). Das Zeichen S56 der extended libray (= Kurth, Einführung ins Ptolemäische, Bd. 1, S. 376 (Zeichen 16.21)) hat die Lesung k. Siehe auch Wb. V, 83, 2-3 (Schreibung des Suffix 2. Person Singular maskulin in der Spätzeit =k).

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 15.12.2010 um 22:19:41


1: http://books.google.com/books?id=rrk9_E_D9AMC&pg=PA346
2: http://books.google.com/books?id=GFrd6Sy2aFYC&pg=PA547


14) Re: Standarten
 Seschen am 16.12.2010 um 23:45:39

Hallo!
Michael war ein paar Minuten schneller als ich.
Trotzdem poste ich nun auch meine Übersetzung der Inschrift vor der ersten Caniden-Standarte und die der beiden Folgenden:

Ja, Michael, diese ptolemäischen Zeichen sind sehr eigenartig, danke für die Tipps!
Die Umzeichnung ist für die Lesung sehr hilfreich.

Ich setze mal fort, wo Michael aufgehört hat(te).

1. Die folgende Inschriftspalte, unmittelbar vor der ersten Caniden-Standarte:

Wp-wA.wt  Sma sxm  tA.wj
Der oberägyptische Upuaut, Mächtiger der Beiden Länder:

wp=j  n=k*  wA.t  nfr.t  m Htp
Ich öffne dir den schönen Weg, in Frieden.

* Schreibung  =k siehe Wb 5, 83 2-3 ("spät").

2. Die Inschrift unmittelbar vor der Chons-Standarte:

xns(.w)-jA.t
Chons-Standarte:

dj(=j)  n=k  tA.wj  nb rwD  nb  m tA  pn  Hr  sA  Gbb*
(Ich) gebe dir alles, was in allen beiden Ländern auf dem Rücken des Geb wächst.

* Schreibung Gbb siehe Wb 5, 164 unter "Besonderes".  

3. Die Inschrift vor der zweiten Caniden-Standarte (rechts neben ihr):

Wp-wA.wt  mH.w sHm  p.t
Der Upuaut von Unterägypten, Mächtiger des Himmels:

dj(=j)  n=k  H///(?)* nb DfA(.w) ** nb.w
(Ich) gebe dir  jedes /// (?) (und) alle Speisen.

* Eine wage Vermutung: Hier könnte   Htp   - "Opfer" stehen;
jedoch führt das Wb die Schreibung mit  
 nur für Papyri des MR an: (Wb 3, 188.d und 185.11)
 

** Schreibung DfA abgekürzt mit G 42 siehe Wb 5, 569 (ganz unten).

Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 16.12.2010 um 23:34:28


15) Re: Standarten
 M.Panov am 17.12.2010 um 07:22:34

Seschen, guten Tag!

2. "(Ich) gebe dir die beiden Laender (spaete Schreibung "tAwj nb" statt "tAwj") und (ich gebe dir) alle Dingen (ob besser: Ss(r)?), welche in diesem Land sind (m tA pn[/trans])..."

3. Einverstanden mit Htpw. Vgl.: dj.n=<j> n=k t nb DfA nb rsf nb Htp nb (Urk IV 375f, die Rede des Amun-Re zum Koenig).

Ich erwarte die neue Uebersetzungen der Beischriften...

MfG

M.P.

> Antwort auf Beitrag vom: 16.12.2010 um 23:45:39


16) Re: Standarten
 Seschen am 17.12.2010 um 21:44:56


Zitat:
Ich erwarte ...



4.Die  Inschrift vor der Bogenstandarte ist schon übersetzt (Antwort #10).

5. Die Inschrift vor der Falkenstandarte, unmittelbar rechts von ihr:

bHd.t  nTr  aA
"Der von Edfu"*, der große Gott:

*(Beiname des Horus)

dj(=j)  n=k  xa.w  Hr  s.t  Hr(.w)  xnt*  kA.w  anx.w  D.t
(Ich) gebe dir das Erglänzen** auf dem Thron des Horus vor den Kas der Lebenden, ewiglich.

* Das Zeichen für xnt siehe Wb 3, 303.11

Alternative:
(Ich) verleihe dir die Kronen** auf dem Thron des Horus ...

**xa.w -  Kronen, Erscheinen, Glanz (und weitere Bedeutungen), Hannig S. 586

Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 17.12.2010 um 07:22:34


1: http://aaew2.bbaw.de/wbimg/WB3/P0303.JPG


17) Re: Standarten
 Michael Tilgner am 17.12.2010 um 22:59:51 - Anhang: 2 Anhänge

Hallo,

ich fahre fort mit - nach Seschen - (2), unter der Chons-Standarte:

#nsw"Chons"

R12 Standarte ist m.E. nur Determinativ und nicht zu lesen (siehe auch Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 1075: Funktion von R12 nur Determinativ). Als weitere - vielleicht nicht ganz hieb- und stichfeste - Begründung sei auf LGG V, 7631 hingewiesen, wo ein #nsw-jA.t aufgeführt werden müßte, aber nicht aufgeführt wird; also bisher von den Ägyptologen nicht als Lesung gesehen wird.

dj(=j) n=k tA(.w) nb Ss nb m tA pn Hr sA Gbb
"Ich gebe dir alle Länder (und) alle (wertvollen) Dinge in / aus diesem Land auf dem Rücken des Geb"

tA.w nb nach Wb. IV, 219 "tA.wj ungenau für tA oder tA.w". Wegen des nb "alle" plädiere ich für die Lesung tA.w, weil es sich um eine häufige Formulierung handelt, siehe Wb. IV, 220, 13: "alle Länder a) in der sehr häufigen Verbindung: tA.w nb.w"

Ss "Wertvolles, gute Dinge" (Wb. IV, 542) - aus unerfindlichen Gründen nicht in Hannig, Ägyptisch-Deutsch

Hr-sA "hinter, auf dem Rücken" (Hannig, S. 654) - Hr sA Gbb "als Ort des Pflanzenwuchses: ... 'auf dem Rücken des Geb'" - siehe auch LGG V, 4082 "Bezeichnung der Vegetation"

Möglicherweise ist das Zeichen V6 Ss "Wertvolles, gute Dinge" auch als T12 rwD "wachsen" zu lesen. Dann würde es heißen: "... (und) alles, was wächst in diesem Land ..."
Beleg für Ss: DZA 30.635.600 [in der gleichen Formulierung ist statt Ss hier jx.t "Sache, Ding" geschrieben]
Belege für rwD: DZA 30.635.650 [mit deutlich erkennbarem T12]

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 17.12.2010 um 07:22:34


1: http://books.google.com/books?id=dByZwDNvrGQC&pg=PA763
2: http://books.google.com/books?id=dByZwDNvrGQC&pg=PA408

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18) Re: Standarten
 M.Panov am 18.12.2010 um 07:17:11 - Anhang: Panov_Nestesen_25_03_2009.pdf

Lieber Herr Tilgner,

es gibt eine Parallelstelle aus der Stele Metternich, 29, gerade zu Chons und tAwj nb:

mjj tn sDHwj=t sDHww n Xnsw Xns tAwj nb ra nb "diese Katze, deine Unterschenkel sind die des Chons, der die beide Laender jeden Tag durchfaehrt", Wortspiel - Xnsw - Xns.

Es ist nicht eindeutig zu entscheiden, ob tAwj {nb} oder tAw{j} nb(w) zu lesen ist, vgl. dazu meine Kommentare zur Stele des Nestesen.

Mit freundlichen Gruessen,

Maxim Panov

> Antwort auf Beitrag vom: 17.12.2010 um 22:59:51


19) Re: Standarten
 Michael Tilgner am 18.12.2010 um 10:24:38

Hallo,

zu Maxims Anmerkung: Ich stimme ihm zu, daß in (2) auch tA.wj {nb} "die Beiden Länder" gelesen werden kann. Das nb wird dann in der Übersetzung ignoriert. Die Formulierung "ich gebe dir die Beiden Länder" kommt ebenfalls sehr häufig vor. Eine endgültige Entscheidung ist nicht möglich.

Nun zur folgenden Spalte (3), bei der ich Seschen weitgehend folge:

Wp-wA.wt MHw sxm p.t
"Upuaut von Unterägypten, Mächtiger des Himmels"

Wp-wA.wt MHw "Upuaut von Unterägypten" LGG II, 3451
sxm p.t "Mächtiger des Himmels" LGG VI, 531-5322, u.a. "Bezeichnung des Wp-wA.wt MHw"

dj(=j) n=k H[w] nb DfA.w nb
"ich gebe dir alle Nahrung (und) alle Speise"

Hw "Nahrung, Speise" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 513; Wb. III, 44) - Ich meine, die Lücke zu Hw ergänzen zu können: Nach Wb. III, 44 "Gern neben Wörtern ähnl. Bedeutung wie DfA.w, Htp.t u.a.m." Wie Seschen schon angemerkt hat, ist eine Ergänzung zu Htp "Opfer, Speisen" (Hannig, S. 567) schwierig, obwohl es die Wendung Htp DfA.w "Opfergaben und Speisen" gibt, weil hieroglyphische Schreibungen von Htp mit einem vorangestellten V28 H nicht vorkommen.

DfA "Speise, Nahrung" (Hannig, S. 1006); oft im Plural. Seschen hat schon auf die Schreibung hingewiesen (Wb. V, 569). Bei dem Vogel handelt es sich meiner Meinung nach um G172 der extended library = Kurth, Einführung ins Ptolemäische, Bd. 1, S. 254 (Zeichen 5.97). Dieser Vogel hat als Merkmal einen kleinen "Kringel" (eine Feder?) am Rücken, den ich auf dem Photo zu erkennen glaube.

Die Umzeichnung in de Morgan etc. ist an einigen Stellen fehlerhaft.

Laut LÄ VI, 862-864, Stichwort: "Upuaut" war Upuaut im Mittleren Reich auch Lokalgott von Abydos.

Zitat:
Im Rahmen der Götterspaltung unterscheiden die Ägypter einen o. und u.äg. Upuaut; vielleicht geht letzterer aber auf einen Schakalkult im Delta zurück. Die Götterstandarte des Upuaut ... gehört zu den am frühesten (vordyn. Zt) bezeugten Schutzmächten des Königs; sie wird bei Götterprozessionen oder kgl. Auszügen (Horusgeleit, Sedfest, Prozession) vorweggetragen, um den "Weg zu öffnen".


Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 18.12.2010 um 07:17:11


1: http://books.google.com/books?id=rrk9_E_D9AMC&pg=PA345
2: http://books.google.com/books?id=GFrd6Sy2aFYC&pg=PA532


20) Re: Standarten
 Michael Tilgner am 19.12.2010 um 13:43:14

Hallo,

weiter zur Spalte (4), die mit der Bogen-Standarte. Die Inschrift wurde schon von Seschen "geknackt".

Jwn.t tp jA.t
"'Der Bogen' auf der Standarte"

Zu der Formulierung tpj jA.t=f "der auf seiner Standarte ist" gibt es einige Belege, die ab DZA 20.113.740 im Digitalen Zettelarchiv zusammengetragen sind; sie ist aber nicht als Stichwort im Wb. erwähnt.

Zu R12 "Standarte" hatte ich weiter oben bei Chons angeführt, daß es nicht gelesen wird, sondern nur als Determinativ zu sehen ist. Als Quelle hatte ich Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 1075 angegeben. Offensichtlich wird R12 an dieser Stelle als Ideogramm verwendet. Eine Durchsicht des Zettelarchivs ergibt viele weitere Belege dieser Art aus ptolemäischer Zeit.

Zu diesem Widerspruch kommt es, weil sich Hannig auf die Zeit bis 950 v. Chr. beschränkt hat. Das bedeutet, daß viele Wörter, Varianten und Schreibungen der späteren Zeit in seinem Wörterbuch nicht vorkommen. Hierfür muß man auf Wb. zurückgreifen; genauer: Man muß sogar die Lesungen von späten Inschriften, die (zufällig) im Hannig vorhanden sind, am Wb. noch einmal überprüfen!

R12 wird in der Zeichenliste von Kurth, Einführung ins Ptolemäische, Bd. 1 unter der Nr. 15.34 (S. 365) gelistet. Dort ist vermerkt, daß es auch als Wort jA.t "die Tragestange, die Standarte" in ptolemäischen Texten vorkommt.

Dennoch bin ich nach wie vor der Meinung, daß die spezielle Standarte hinter Chons nicht zu lesen ist.

Am Ende des Satzes sollte es heißen:

Xr Tb.tj=k
"unter deine (beiden) Sohlen"

Tb.t "Sohle" - Xr Tb.tj=f "unter seinen Sohlen" (Hannig, S. 951) - Lesung so auch in Wb. V, 361 - Zeichen S33 "Sandale" wird auch bei Kurth, S. 380 (= Zeichen 16.58) als Tb.t gelesen.

Viel Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 18.12.2010 um 10:24:38


21) Re: Standarten
 Michael Tilgner am 19.12.2010 um 20:50:53

Hallo,

kommen wir zur Falkenstandarte (5). Dazu hat Seschen schon (fast) alles bemerkt.

BHd.tj nTr aA
"'Der von Edfu', der große Gott"

BHd.tj "der von Edfu" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 1204; Wb. I, 470), abgeleitete von BHd.t "Edfu" (Hannig, S. 1332; Wb., a.a.O.)

Im folgenden würde ich für xaw die Übersetzung "Erscheinen" vorziehen. Im Zettelarchiv sind die Belege für xaw Hr s.t @r xn.tj kA.w anx.w zusammengestellt (Wb. IV, 7, 24; ab DZA 28.865.930). Darunter sind Varianten wie xaw m nsw-bj.t Hr ... "Erscheinen als König von Ober- und Unterägypten auf ..."; siehe auch Wb. III, 239, 15: "erscheinen als ..., sich zeigen als ... b) vom König (meist als Ausdruck für die Thronbesteigung)".

Jetzt fehlt nur noch eine Standarte!

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 19.12.2010 um 13:43:14


22) Re: Standarten
 Seschen am 19.12.2010 um 21:15:43

Hallo!


Zitat:
Jetzt fehlt nur noch eine Standarte!

6. Die Beischrift zur Ibis-Standarte:

nb  xmn.w  nb   mdw-nTr
Der Herr von Hermopolis (und) Herr der Gottesworte:

dj(=j)  n=k  anx  Dd.t  wAs  m  HqA  jdb.w  wsr.wt  mj  Ra  
(Ich) gebe dir Leben, Dauer (und) Glück als Herrscher der Länder* (und) Stärke (/Macht) wie Re.

* im Sinne von "ganze Erde" (Wb 5, 219.131)
Schreibung mit dieser Zeichenfolge beispielsweise auch hier2.

Danke für die Präzisierungen, Michael!
Ich hoffe, Haremhab ist mit den Beiträgen dieser beiden Seiten zufrieden.

Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 19.12.2010 um 20:50:53


1: http://aaew2.bbaw.de/wbimg/WB5/P0219.JPG
2: http://aaew2.bbaw.de/dza/30/30925000/30925040.gif


23) Re: Standarten
 Michael Tilgner am 20.12.2010 um 22:51:10

Hallo,

nun noch mein Kommentar zur Ibis-Standarte (6): Zu dem, was Seschen schrieb, kann ich nichts hinzufügen!

Noch einmal zurück zur Bogen-Standarte (4): Zufällig fand ich den Eintrag

pD.t tp jA.t
"Der Bogen auf der Standarte"

in LGG III, 1841! Dort heißt es: "In einer Ritualszene (Auszug aus dem Palast pr.t m aH)" mit Bezug auf unsere Stelle, nämlich "KO 465"!

Seschen hatte gefunden:

Jwn.t
"Der Bogen"

Quelle: LGG I, 1922 mit der Erläuterung "Standartengottheit in einer Ritualszene (Auszug aus dem Palast pr.t m aH)" - ebenfalls mit Beleg "KO 465"!

Ja, was denn nun, Herr Leitz und Mitarbeiter?

Hintergrund ist, daß das Zeichen T10 als Determinativ für die Wörter jwn.t und pD.t - beide bedeuten "Bogen" - stehen. In ptolemäischer Zeit wird als Ideogramm pD.t abgeleitet, so Kurth, Einführung ins Ptolemäische, Bd. 1, S. 392 (Zeichen 17.21) nach Wb. I, 569, 7.

Wie man nun LGG I, 192 entnehmen kann, liegt auch eine ausführlichere Schreibung mit O28 jwn vor, so daß jwn.t gelesen werden muß. Der Bogen T10 ist hier nur Determinativ. Der zugehörige Beleg ist erst spät nach der Veröffentlichung des Wb. bekannt geworden, nämlich 1972. Der Bearbeiter dieses LGG-Bandes hat die Lesung auch auf "KO 465" übertragen, während der Bearbeiter des LGG III-Bandes die traditionelle Wb.-Lesung übernommen hat.

An der Bedeutung und am Sinn ändert sich dadurch nichts. Man sieht aber hier - wie in einem Brennglas - die Schwierigkeiten, die ein Ägyptologe hat, die Lautwerte für hieroglyphische Schreibungen, insbesondere für die ptolemäischen Zeichen zu bestimmen.

Übrigens: Um welchen Pharao handelt es sich eigentlich?

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 19.12.2010 um 21:15:43


1: http://books.google.com/books?id=moMl_13_qwkC&pg=PA184
2: http://books.google.com/books?id=jWb8Gt01EfsC&pg=PA192


24) Re: Standarten
 Seschen am 23.12.2010 um 18:51:12


Zitat:
Übrigens: Um welchen Pharao handelt es sich eigentlich?

Hallo, Michael!

Ich tippe auf Ptolemaios VIII. Euergetes Tryphon.
Jedenfalls hat der Vergleich der Kartuschen vom Foto mit dem Eintrag von Beckeraths zu dieser Schlussfolgerung geführt:
Thronname, Eigenname und Beinamen stimmen überein.



Gruß, Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 20.12.2010 um 22:51:10


25) Re: Standarten
 Michael Tilgner am 28.12.2010 um 22:02:01 - Anhang: 2 Anhänge

Hallo, Seschen,

auf Ptolemaios VIII. Euergetes II. tippe ich auch! Man sollte vielleicht die Regierungszeit nachtragen: von 145-116 v. Chr. Nach Günther Hölbl, Geschichte des Ptolemäerreiches, Darmstadt, 1994, S. 183 ist er "einer der brutalsten und gleichzeitig intelligentesten Herrscher der hellenistischen Zeit"!

Was aber doch erstaunt, ist, wie unglaublich dauerhaft die einmal gefundene Symbolik im Alten Ägypten war: So ist der Zug der Standartenträger schon in vordynastischer Zeit belegt, z.B. auf der berühmten Narmerpalette (die Abbildung stammt aus: Zahi Hawass, Götterwelt und Pharaonen, Wiesbaden, 2006, S.21): zweimal Horus, Upuaut und das "Chons-Symbol". Aus der Zeit des Ni-user-Re (5. Dyn., etwa 2445/2395-2414/2364 v. Chr. nach Jürgen von Beckerath, Chronologie des pharaonischen Ägypten, Mainz, 1997, S. 155) steht bei einer ähnlichen Abbildung Smsw @r (auf der Abbildung von mir rot markiert), so daß wir diese Bezeichnung auch für die frühere Zeit annehmen dürfen (Abbildung aus: Friedrich Wilhelm Freiherr von Bissing, Hermann Kees, Das Re-Heiligtum des Königs Ne-woser-Re (Rathures), Bd. II, Tafel 18, Ausschnitt aus Nr. 44d). Sogar "der Bogen" wurde in dieser Zeit schon dargestellt!

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 23.12.2010 um 18:51:12

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