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   Schlacht um Kadesch (15)
  Autor/in  Thema: Schlacht um Kadesch
Kendo  
Gast

  
Schlacht um Kadesch 
« Datum: 02.04.2003 um 21:53:58 »     

Hallo Leute,
ich hätte da ein paar Fragen zu der Schlacht um Kadesch. Ich hoffe jemand von euch kann mir weiterhelfen, denn ich habe mich jetzt stundenlang im Internet erkundigt und bin immer noch nicht schlauer  , da es anscheinend verschiedene Versionen gibt. War es eine vernichtende Niederlage der Ägypter oder ehr ein Unentschieden?? Hatte Muwatalli den Überfall auf die Division des Re geplant oder haben seine Soldaten eigenmächtig gehandelt??  Warum wird auf der Homepage von Spektrum der Wissenschaft der Gegner von Ramses II, Hattusili III genannt, er kam doch erst nach Mursili( Sohn von Muwatalli) an die Macht, oder etwa nicht?? Während das Gebet von Ramses II an Amun noch recht einheitlich übersetzt ist, habe ich von der Antwort Amun's verschiedene Versionen gelesen. Einmal gibt er seinen Sohn übermenschliche Kräfte, ein anderes mal greift er persönlich in den Kampf ein, was ist denn richtig??
Vielleicht hat der ein oder andere auch noch einen Buchtipp für mich, damit ich mich nähr damit beschäftigen kann.

MfG

Sven
Sen-nefer  maennlich
Member



Re: Schlacht um Kadesch 
« Antwort #1, Datum: 03.04.2003 um 09:06:54 »   

Hallo Kendo,

Probiere es doch einmal auf dieser Seite: http://www.usermaatre.de/thema4a.htm. Ich finde diese Seite gut recherchiert. Dieses HP (http://www.usermaatre.de/) wurde übrigens von einem Profi, einer fast fertigen Ägyptologin aufgebaut.

Gruß

Sen-nefer
> Antwort auf Beitrag vom: 02.04.2003 um 21:53:58  Gehe zu Beitrag
Nefertari1  
Gast

  
Schlacht um Kadesch 
« Antwort #2, Datum: 20.06.2003 um 21:10:21 »     

Hallöchen....
ALSO: Ich kann dir sagen, dass in der Schlacht von Kadesch Ramses II. die übermenschlichen Kräfte seines Gottvaters Amun erhielt. Weiter kann ich dir sagen, dass die Schlacht in einem eigentlich Unentschieden ausging, aber die Verluste auf Seiten der Ägypter höher waren als die der Hetither.
Ich hoffe das dir das noch ein wenig helfen konnte.

PS: Wenn du dich für Ramses II interessierst, kann ich dir eine Roman Biographie empfehlen.
Christian Jaqc ist der Autor und die Reihe nennt sich einfach Ramses. Besteht aus 5 Bänden die aufeinander aufbauen. Ist auf jeden Fall sehr lesenswert!
Ich habe es schon 10,- 15 mal gelesen
Aber das ist hier nicht das Thema...
Probier das einmal aus!
Ciao, MFG
Nefertari1
> Antwort auf Beitrag vom: 02.04.2003 um 21:53:58  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Schlacht um Kadesch 
« Antwort #3, Datum: 21.06.2003 um 10:15:38 »     

Hallo Nefer,

den Fünfteiler von Jaqc habe ich seinerzeit auch verschlungen. Man darf nur nicht vergessen, dass es ein Roman ist - also eine Vermischung von tatsächlichen Begebenheiten und Autorenfantasie. Um wirklich etwas herauszufinden, sollte man auf jeden Fall besser die Fachliteratur zu Rate ziehen.

Gitta
> Antwort auf Beitrag vom: 20.06.2003 um 21:10:21  Gehe zu Beitrag
Horus@  
Gast

  
Re: Schlacht um Kadesch 
« Antwort #4, Datum: 26.09.2003 um 12:35:59 »     

HI

Aber lesenswert auf jeden Fall regt sehr die Fantasie an, und hat mein Interesse an Ramses geweckt.

Horus@  
> Antwort auf Beitrag vom: 21.06.2003 um 10:15:38  Gehe zu Beitrag
Ptah  maennlich
Member



Re: Schlacht um Kadesch 
« Antwort #5, Datum: 26.09.2003 um 20:48:34 »   

Um nicht wieder standardmäßig auf Jacq abuzschweifen, möchte ich zu Kadesch auch noch mal ne Frage reinstellen:


Mich interessiert die politische Legitimation dieser Schlacht seitens Ramses' II in bezug auf die Ma'at.

Jan Assmann arbeitet in "Ma'at - Gerechtigkeit u. Unsterblichkeit im alten Ä." eine Sakralisierung der ägyptischen Kosmogonie im Laufe der Zeit heraus, in der die Ma'at als logisches Prinzip von Tat-Folge an Bedeutung verliert. Mit der Amarna-Revolution beginnt ein Umschwung im Bewusstsein - trotz der Tilgung gewinnt "der Wille Gottes" eine zentrale Rolle als Rechtfertigungsprinzip.

Weiter schreibt Assmann:
Die irdische Herrschaft hat mit der Ma'at auch ihre klassische Legitimationsbasis verloren. Der Wille Gottes bedarf ihrer nicht, um sich auf Erden zur Geltung zu bringen. Dem König verbleibt nur die hzft, die göttliche Gunst, zu seiner Legitimation. (...)
Ramses II. scheint der erste König zu sein, der in dieser Rolle des frommen Königs auftritt, den Gott durch seinen Gunsterweis akzeptiert und legitimiert. Darin scheint mir der eigentliche Sinn der Kadesch-Propaganda zu liegen.

(S. 262)

Ich würde gern wissen, welche Aspekte der Ma'at / des Willen Gottes in Quellen der Kadesch-Propaganda zu finden sind.

Gibt es (das bezweifle ich nicht) Gegenbeispiele hegemonialer Handlungen des Königs, in denen explizit die Legitimation durch Ma'at angesprochen wird?
Vor allem außenpolitische Auseinandersetzungen aus der "Blütezeit der Ma'at-Lehre", des Mittleren Reiches, aber auch frühere, wären interessant.


Grüsse,
Ptah
> Antwort auf Beitrag vom: 26.09.2003 um 12:35:59  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Schlacht um Kadesch 
« Antwort #6, Datum: 28.09.2003 um 14:47:34 »     

Hallo Ptah,


Zitat:
Gibt es (das bezweifle ich nicht) Gegenbeispiele hegemonialer Handlungen des Königs, in denen explizit die Legitimation durch Ma'at angesprochen wird?
Vor allem außenpolitische Auseinandersetzungen aus der "Blütezeit der Ma'at-Lehre", des Mittleren Reiches, aber auch frühere, wären interessant.


man könnte hier vielleicht die Prophezeiung des Neferti als Beispiel nennen: eine "politische" Chaosbeschreibung, die schließlich das Auftreten eines Heilskönigs voraussagt:

der aus dem Süden kommen wird, Ameni mit Namen,
der Sohn einer Frau aus Ta-Seti, ein Kind von Oberägypten


Er wird die heiligen Kronen des legitimen Königtums tragen, wird die Rebellen im Lande unterwerfen und die Asiaten und Libyer vertreiben.

Dann wird Maat auf ihre Platz zurückkehren,
während Isfet vertrieben ist


Quelle: Assmann "Stein und Zeit"

Bei diesem Text scheint es sich um einen reinen Propagandatext zu handelt, der Amenemhet I. als Legitimation dienen sollte.

In den Kadesch-Texten, die mir vorliegen (CDN "Ramses") findet die Maat keine Erwähnung. Es dürfte aber Pharao nicht schwergefallen sein, aussenpolitische Konflikte als chaosschwanger und ihre wie auch immer geartete Behebung als maatgerecht darzustellen.

Gitta
« Letzte Änderung: 28.09.2003 um 14:59:51 von Gitta »
> Antwort auf Beitrag vom: 26.09.2003 um 20:48:34  Gehe zu Beitrag
Gast  
Gast

  
Schlacht um Kadesch 
« Antwort #7, Datum: 29.09.2003 um 15:31:17 »     


Zitat:
Ich würde gern wissen, welche Aspekte der Ma'at / des Willen Gottes in Quellen der Kadesch-Propaganda zu finden sind.

Zunächst ist voranzustellen, dass Assmanns Ma’at-Konzept auch wirklich nur ein Konzept unter vielen ist und auch keine stringente archäologisch-textlich belegt Beweisführung darstellt. Wie bei jeder Kultur- und Sinngeschichte handelt es sich um eine Datenauslegung im größeren Rahmen, nicht um akribische Detailarbeit. Da Ma’at „nie klar dargelegt worden ist“ und immer „aufällig verschleiert bleibt“ (W. Helck, in: LÄ III, Sp. 1116), ist auch Assmanns sehr überzeugendes Konzept v.a. als Theorie zu betrachten. Dass es auch andere Auffassungen des Themas gibt, belegt zB. W. Helcks Beitrag „Maat“ im Lexikon der Ägyptologie, Bd. III Sp. 1110-1119, oder E. Hornung, Der eine und die Vielen, Bamberg, 1993.

Wenn dich diese Frage interessiert, solltest du neben deinem zitierten Schmöker vielleicht auch mal J. Assmann, Krieg und Frieden im alten Ägypten: Ramses II. und die Schlacht bei Kadesch, Mannheimer Forum, Mannheim 1983-1984, 175-231 versuchen. Hier behandelt der Altmeister diese Fragen genau (auch gut: T. von der Way, Die Textüberlieferung Ramses' II. zur Qadeš-Schlacht. Analyse und Struktur, Hildesheimer Ägyptologische Beiträge, 22, 1984 sowie H. Goedicke ed., Perspectives on The Battle of Kadesh, Baltimore 1985).

Ich möchte einige weitere Passagen aus Assmanns Opus zitieren, die mir in deinem Fall wichtig erscheinen und für Personen, die Assmann vielleicht nicht im Schrank haben hilfreich sein dürften:

Assmanns Ma’at-Konzept im Detaik:
„Ma’at als Personifikation der konnektiven Gerechtigkeit wird zwar auch als Göttin des Rechts verehrt, und der Wesir als der oberste Richter ist ihr Hohepriester. Niemals aber erscheint Ma’at als Gottheit, die belohnend oder strafend auftritt. Der Ägypter des Mittleren Reichs hat diese Funktion nicht theologisiert. Die konnektive Gerechtigkeit war nicht die Sache der Götter, sondern der Menschen, und zwar, wie wir sehen gesehen haben, des sozialen Gedächtnisses, das zum „Füreinander-Handeln“ befähigt. Dass das gute sich lohnt, liegt daran, dass für die Guten gehandelt wird. Es sind die anderen, die für ihn handeln, nicht die Göttin Ma’at. Der Mensch ist für den Tun-Ergehen-Zusammenhang selbst verantwortlich. Daher ist er keine Dimension der Gottesnähe. Das Tun und Sagen der Ma’at bringt ihn Gott nicht näher. Die Theologie des Willens bedeutet demngegenüber eine Theologisierung der konnektiven Gerechtigkeit. Jetzt wird das Tun des Guten ein Akt der Frömmigkeit. Der Gerechte ist Gott nahe (...) Ma’at ermöglicht nicht erst im Tode, sondern schon im Leben Gottesnähe.“ (J. Assmann, Eine Sinngeschichte, S. 269).

weiter heisst es:

„Überall wo Amun-Re in den Hymnen des Neuen Reichs „Herr der Ma’at“ genannt wird, erscheint er als ethische Instanz, die über die soziale Gerechtigkeit auf Erden  - und nicht über die kosmische Ordnung! – wacht. Die „Theologie des Willens“ setzt Gott und Ma’at in eine besonders enge Verbindung. Aber nun beschränkt sich dieser Wille nicht mehr auf das Einsetzen eines Königs, dem dann die Verwirklichung der Ma’at auf Erden obliegt, jetzt sorgen die Götter selbst, belohnend und strafend für Gerechtigkeit“
... Bei diesen in Bild und Inschrift in allen großen Landestempeln und sogar als literarisches Werk in Papyrushandschrift verbreiteten Darstellung der Schlacht bei Kadesch handelt es sich um die dankbare Verkündung eines Gunsterweises, einer Errettung aus höchster Not, genau wie bei den Dankstelen einfacher Leute aus Deir el-Medine. Ramses II. hat sich der Hand Gottes anvertraut und Gottes Hand hat ihn errettet.“

„(J. Assmann, Ma'at - Gerechtigkeit u. Unsterblichkeit im alten Ägypten, S. 261f.).

Assmanns These der ramessidischen „Persönlichen Frömmigkeit“ lässt sich auch etwas knapper darstellen:

„Gott ist in der Ramessidenzeit Schöpfer, Erhalter und soziale Instanz“

Dieses Konzept soll nach Assmann ja nach dem traumatischen Erlebnis von Amarna (die Häresie des Echnaton) entstanden sein und sich v.a. in den kriegerischen Aktionen der ramessidischen Pharaonen niederschlagen:

„Die religiöse Begründung der militärischen Aktionen wird im Laufe der Zeit immer sichter und intensiver, die religiöse Symbolik des Krieges immer reicher. Auch hier markiert die Schlacht bei Qadesch einen Höhepunkt. Hier wird die Rettung in höchster Not nämlich auf eine Intervention Amuns selbst zurückgeführt. Merenptah geht in seiner Schilderung der Libyerkriege noch einen Schritt weiter. Er stellt das Motiv der göttlichen Beauftragung in der Form eines Traumorakels dar, in dem ihm Ptah selbst das Sichelschwert des Krieges überreicht habe. Auch sei dem irdischen Kampfgeschehen ein Rechtsstreit im Himmel vorausgegangen, bei dem der libysche Gegner bereits von den Göttern verurteilt worden sei, so daß der Kampf Merenptahs nur noch eine Vollstreckung eines göttlichen Urteils und insofern ein „heiliger Krieg“ ist. Krieg und Religion gehen im Neuen Reich eine immer engere Verbindung ein. Auf der ideologischen Ebene entwickelte sich aus dieser Verbindung eine Geschichtstheologie, die die Geschichte aus dem planenden Willen und den Interventionen Gottes hervorgehen läßt.“ (J. Assmann, Eine Sinngeschichte, S. 230).

...
> Antwort auf Beitrag vom: 28.09.2003 um 14:47:34  Gehe zu Beitrag
Gast  
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Schlacht um Kadesch 
« Antwort #8, Datum: 29.09.2003 um 15:33:08 »     

...

Dieser Abschnitt beinhaltet die Kernpunkte in der Argumentation Assmanns. Der Krieg als Element der Ma’at in einer Art Legitimation-Automatismus  wird in der Ramessidenzeit durch ein System der „Gotteswillkür“  ersetzt:
Gott (Amun) beschliesst nun den Krieg gegen Ägyptens Feinde.
Gott (Amun) beschliesst den Sieg des Pharao
Gott (Amun) beauftragt den Pharao
Pharao gibt sich Gottes Willen hin und vertraut ihm völlig.
Pharao wird letztendlich für sein Vertrauen belohnt.
Der Krieg ist somit nach Assmann rein religiös  motiviert.
Dies stünde nach Assmann im klaren Gegensatz zum ma’at-legitimierten Krieg der vorausgehenden Epochen (AR und MR).

Assmanns Argumentation in seinen Büchern (Sinngeschichte und Ma’at) hinkt m.E. an einigen Punkten ziemlich deftig. Vor allem im Zusammenhang mit der Qadesch-Schlacht zeigen sich einige Mängel in seiner Beweisführung :

1. Problempunkt: Die Quellen  
Assmann behandelt ausschliesslich das sogenannte Poème (P) also das Jubelgedicht . Die übrigen Quellen zur Qadesch-Schlacht (Bulletin/Record und Reliefs [R]) behandelt er nicht. Dies führt zu einem einseitigen und verzerrten Bild in seiner Interpretation. Gewisse Kriterien, wie zB. die Tatsache, dass das Poème einem Autoren zugeschrieben wird (Pentawer), was absolut ungewöhnlich ist, werden von Assmann in seiner Interpretation nicht angemessen berücksichtigt. Die Isolierung der Beweisführung ausschliesslich auf das Poème führt dazu, dass dieser Text einen ungebührlich hohen Stellenwert in Assmanns Konzept erhält.

[b] 2. Problempunkt:  Die Historizität
 
Um das Qadesch-Poème in der dargestellten Weise zu interpretieren ist Assmann gezwungen, den Inhalt des Poème (also die Flucht aller ägyptischen Soldaten usw.) als HISTORISCH zu werten. Ausserdem ist er gezwungen das Poème auch von den Ägyptern selbst als HISTORISCH aufgefasst zu deuten. Denn nur dann ergibt sich Assmanns Theorie des Poème als Druckmittel gegen das Militär (s.u. Punkt 4) einen Sinn. Dies ist aber nach wie vor unbewiesen. Die phraseologischen und strukturellen Parallelen zu anderen bekannten kgl. Textgattungen lassen eher darauf schliessen, dass auch das Poème nur bedingt als historische Quelle zu sehen ist. Das gezielte Übertreiben oder gar umschreiben der Realität zum Zweck der Ma’at-Erfüllung   ist für ägyptische „historische“ Texte symptomatisch.

3. Problempunkt: „Versteckte“ Ma’at im Poèm?  
Gundlach (R. Gundlach, Zu Inhalt und Bedeutung der ägyptischen Königsideologie, in: ÄAT 36,1, 1997, S. 7) hat die kgl. Ma’at (bei ihm „ideale“ Politik genannt) in die drei Bereiche eingeteilt:
1.      „Kult nach oben“
2.      „Fürsorge nach innen“
3.      „Abwehr nach außen“
D. Franke (Schöpfer, Schützer, Guter Hirte, in: ÄAT 36.1, 1997, S. 192-3) geht nach Analyse zahlreicher kgl. Texte noch etwas weiter. Er unterscheidet:
1.      Aspekt: Schöpfergott
2.      Aspekt: Horus als „Schützer und Beistand“
3.      Aspekt: „Guter Hirte“ (politisches und soziales Königtum) – „Reziprozität/Solidarität“
4.      Aspekt: „Mehrer der Prosperität“
5.      Aspekt: „Übertreffen der Vergangenheit“
Diese Kategorien sind Elemente des ma’atgerechten Herrschers . Diese Konzepte sind bereits in den Pyramidentexten verwurzelt und treten seit Sesostris I. in königlichen nicht-funerären Texten offen zutage. Alle Komponenten finden wir in der Qadesch-Schlacht-Darstellung wieder:

In P 98-107 behandelt Ramses II. ausführlich seine Rolle als ma’atgerechter Kultvollzieher gegenüber seinem Vater Amun-Re, dessen Gunst er nun im Gegenzug in der Gefahrensituation erwartet (vgl. zu der Auflistung der Tempelrestaurationen und Stiftungen und deren Lokalisierung Ophel, Amikhai, Lines 98-107 in the Kadesh Poem of Ramesses II, in: Pharaonic Egypt, 146-156).

Im Poème verlangt Ramses II. in der Situation „höchster Not“   Loyalität von seinen Kriegern, wobei er ihnen seine Wohltaten vorhält:

P 269 Ist denn keiner unter euch, dem ich erwiesen hätte
P 270 eine Wohltat in meinem Land?
P 271 Habe ich mich nicht erhoben als Herr, damals als ihr elend ward,
P 272 und ich machte euch zu Vornehmen durch meinen Willen alle Tage?
P 273 Ich setzte den Sohn über den Besitz seines Vaters
P 274 Ich vertrieb jedes Übel, was in diesem Land war
P 275 Ich überließ euch eure Diener
P 276 und ich gab euch andere, die euch genommen worden waren.
P 277 Ein jede, der ein Bittgesuch stellte: „Ich tue es gewiß!“
P 278 so sagte ich zu dem, Tag für Tag.

Hier wird also nichts anderes beschrieben, als das do-ut-des Prinzip der Ma’at. Während es hier um materielle Vorteile aus der Loyalität zum König geht, behandelt die folgende Passage die Dienstbefreiungen und andere Annehmlichkeiten:

P 279 Kein Herrscher hat das getan für sein Heer
P 280 was meine Majestät getan hat zu euren Gunsten:
P 281 Ich ließ euch wohnen in euren Ortschaften,
P 282 ohne den Dienst zu tun des Soldaten
P 283 Meine Streitwagentruppe hatte es ebenso gut,
P 284 Ich gab ihnen freie Bahn zu ihren Städten,
P 285 mit dem Gedanken: „Ich finde sie so wie heute
P 286 in der Stunde des Zusammenpralls zum Kampf“

...
> Antwort auf Beitrag vom: 29.09.2003 um 15:31:17  Gehe zu Beitrag
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Schlacht um Kadesch 
« Antwort #9, Datum: 29.09.2003 um 15:37:25 »     

...

Wenn Assmann die Ma’at des Mittleren Reiches so grundlegend von der des Neuen Reiches abgrenzt, so sollte er doch zB. erklären, warum sich in Texten des Mittleren Reiches eine identische Phraseologie zum Thema des gerechten Handelns findet.
Die Loyalität die Amenemhet I. in „Die Lehre des Amenemhet für seinen Sohn“ einfordert (ein Werk das inhaltlich wie intentional neben MR-Werken wie der „Loyalistischen Lehre und „Lehre eines Mannes für seinen Sohn“ steht), begründet dieser mit ganz ähnlichen Worten. Kernpunkt der Ma’at ist die Kulterfüllung, zu der u.a. auch der König verpflichtet war.
Zur Ma’at gehörte aber auch die hierarchisch strukturierte Verteilung der Verpflichtungen , die klar zwischen eine gegenseitigen Verhältnis zwischen Gott und König einerseits und Gott – Untertan andererseits trennte (ein wechselseitiges Verhältnis bzw. einen direkten Kontakt zwischen Gott und einfache Menschen gab es nicht).

Ramses II. stellt sich im Poème konsequent als ma’atgerechter Herrscher dar. Auch wenn diese nicht in Formel à-la „Ich machte Ma’at“ o.ä gepresst wurde, so ist sie doch klar Kern der Selbstbeweihräucherung des Pharao. Wieso Assmann auch hier nur einen übergeordneten Willen Gottes und eine innige Frömmigkeit Ramses’ II. erkennen will, ist mir unverständlich.

Der Pharao in seiner Rolle als Schützer:  
Ein besonderes Kennzeichen für den Wandel der Ma’at in der Ramessidenzeit ist ja nach Assmann, auch, dass nun ein Gott/Götterkollegium den Krieg unabhängig vom Ma’at-Automatismus beschliesst (sxrw „Pläne“) und den König beauftragt, der somit „Gottes Wille“ erfüllt (Der Beschluss durch ein Götterkollegium wird von Assmann als Innovation Ramses’ III. gesehen). Ist dies absolut neu? Keineswegs.
Schauen wir uns zB. den Kamose-Text (Carnarvon Tablet, Zeile 10) an, so erfahren wir, dass auch Kamose den Krieg nach göttlichen Beschluss (sxr) ausführen muss. Auftraggeber ist hier Amun. Auch Thutmosis III. erklärt als Grund für seinen Nubienfeldzug, dass Re es ihm „befohlen“ (wD; Gebel Barkal Stele Z. 16) und Amun-Re ihn „ausgeschickt“ (zbj) habe (Z. 26). Zahlreiche andere Beispiele liessen sich anführen.
Wenn Assmanns Konzept richtig wäre, wer beauftragte dann den König vor der Ramessidenzeit mit dem Kriegszug? Mr. X? Mrs. Ma’at? Nein, auch hier sind es durchgehend die Götter aus deren Hand der Pharao die „licence to kill“ empfängt.
Das Krummschwert erhält der König immer aus der Hand eines Gottes (Amun, Month, Ptah etc.; Niemals die Ma’at). Auch werden die Gefangenen, die gemacht wurden, dem König von einem Gott zugeführt oder vom König einem Gott präsentiert. Und auch die Kriegsberichte sind diesen Hochgöttern geweiht. Dies ist bereits für die Frühzeit (Narmerpalette) belegt und auch Cheops erschlägt auf dem Sinai die Feinde vor Thot (Sinai Inscr. f. 2 Nr. 7). Für das MR: Sesostris I. Stele von Buhen. Auch im NR ist zwischen der Voramarnazeit und der Nachamarnazeit kein Unterschied festzustellen.
Krieg war immer ein religiöses Spektakel das eine enge Zusammenarbeit zwischen Göttern und König erforderte.


4. Problempunkt: Das „Verbrechen“ des Heeres  
Nach Assmann ist es das Militär in toto, das von Ramses zur Schnecke gemacht wird. Er droht mit einem schlechten Ruf an der Heimatfront und Ansehensverlust.

P 263 – 265 „Was soll man (denn) sagen, wenn  man es hört (die Feigheit der Soldaten) – (nämliche) dass ihr mich im Stich gelassen habt während ich allein war mit keinem anderen, während kein Offizier, kein Streitwagen-Kämpfer (oder) Infanterie kam um seine Hand zu meiner zu tun?“

Der kleine Soldat sollte somit bloss nicht auf dumme Gedanken kommen und verängstigt zum gehorsamen und stillen Diener werden.
In P 193-194 verurteilt er die folgenden Vergehen als ein „großes Verbrechen“ :
·      Versagen, den König im Kampf zu unterstützen (P 187)
·      Versagen, einen Auftrag für den Staat Ägypten auszuführen (P 191)
·      Fahnenflucht und Auslieferung des Königs in eine bedrohliche Situation (P 259; 264)
·      Versagen, die Souveränität des Königs zu erkennen (P 262)
Diese „Verbrechen“ sind nach Assmann so dramatisch für Ramses, da sie zeigen, dass die Soldaten kein Vertrauen in seine „Frömmigkeit“ bzw. sein individuelles „Gottvertrauen“ haben.
Die explizite Darstellung des Versagens der Armee in höchster Not sei nach Assmann nur Mittel zum Zweck. Ramses II. habe mit einer generellen Verunglimpfung des Heeres nur so seine Absicht durchsetzen können, anstelle der Kriegstreiberei der Vorgänger eine neue Ära der „Friedenspolitik“ einzuläuten. „Man kann sich leicht vorstellen, dass sie vom Militär nicht getragen wurde“ (Assmann, Eine Sinngeschichte, S. 301). Um sie dennoch durchzuboxen habe Ramses zunächst das Militär in einer gigantischen Propagandaschlacht diskreditiert um ihm seine Glaubwürdigkeit und den Rückhalt im Volk zu entziehen (ähnlich wie in den amerikanischen Gerichtshows). Danach erst sei der Friedensvertrag mit den Hethitern möglich gewesen...

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> Antwort auf Beitrag vom: 29.09.2003 um 15:33:08  Gehe zu Beitrag
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Schlacht um Kadesch 
« Antwort #10, Datum: 29.09.2003 um 15:39:11 »     

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Assmann übergeht hierbei jedoch die Informationen, die uns die Reliefs und das Bulletin liefern und übersetzt darüber hinaus sehr ungenau (vgl. hierzu S. Morschauser, in: The Battle of Kadesch, ed. H. Goedicke, Baltimore 1985, S. 195):
1.      Im Poème P 176   und P 253 werden als „Feiglinge“ explizit nur die „wr.w“ also die „Großen/Anführer“ der Truppe angesprochen und nicht die einfachen Soldaten. Auch in P 253-275 werden nur bestimmte Truppenkontingente und Personen kritisiert (, die die geflohen sind und die XArw.w – semitische Fürsten und Anführer ausländischer Truppenteile) während die ihm loyal zur Seite stehenden Kämpfer („die, die dem (Treue)eid folgten“, v.a. Menna, sein Fahrer) überschwenglich gelobt werden.
2.      Im Bulletin/Record wird noch deutlicher, dass Ramses II. eben nicht wahllos beschuldigt, sondern durchaus geziehlt seine Kritik streut: B 68-71 nennt die Gouverneure der Provinzen und die Vasallen-Anführer als Schuldige für das „große Verbrechen“ (btA aA), die durch ihre mangelhafte Aufklärungsarbeit zur Niederlage beigetragen haben.
3.       Reliefszenen zeigen ausserdem die Amun-Division sowie die Na’arn-Truppen, die gegen die Hethiter im Camp kämpfen (KRI II, 131, 1-133, 2) sowie die Division des Ptah, die schliesslich die Situation rettet. Ausserdem konnten zwei Armeekontingente sich gar nicht der Flucht schuldig machen, da sie ja unterwegs und nicht rechtzeitig am Ort des Geschehens waren.

Wir können hier also subtile Loyalitäts-Strukturen ausmachen, die propagiert werden. Zum einen kommt es zu einer vernichtenden Kritik an den Offizieren der flüchtigen Truppenteile und der alliierten Fremdlandfürsten. Zum anderen finden wir eingeschoben das Ideal des gütigen Herrschers , der die loyalen Elemente belohnt und beschützt. Hier wiederum scheint das klassische Prinzip der Reziprozität durch. Zu den feigen Offizieren lässt sich ergänzen: „It is primarily their ingratitude and faithlessness, rather than simply their cowardice, which is the motivation for Ramesses’ condemnation of this group“ (Morschhauser, op. cit., S. 197).
Die klare Trennung zwichen den kritisierten Offizieren/Fürsten und dem einfachen Heer ist m.E. ein wichtiges Argumet gegen Assmanns Pauschalverurteilung des Heeres. Denn ähnlich wie in der bekannten Textgattung der Könignovelle sind es die hohen Ratgeber und Beamten, die durch ihr Scheitern als Ratgeber den König wiederum in einem glanzvolleren Licht erscheinen lassen. Denn trotz des Versagens der Berater erreicht der König sein Ziel (zB. die Königsnovelle Thutmosis’ III. vor der Schlacht bei Megiddo). Durch die Reduzierung der Kritik auf den kleinen Kreis der Ratgeber wird das ägyptische Weltbild an sich jedoch nicht gefährdet.

5. Problempunkt: Gebet an Gott?  
Wenn Ramses II. sich in höchster Not an Amun wendet (irreführend gerne als „Gebet“  bezeichnet), so geschieht dies weniger aus einem innigen frommen Verhältnis heraus, sondern in seiner Rolle innerhalb des „social contract“ , der über das Tat-Folge-System klare Rollenverteilungen und Verhaltensregeln gibt.
Die direkte „Aussprache“ Ramses’ II. mit „seinem“ Gott ist kein Merkmal einer neuen „Frömmigkeit“, sondern im Rahmen des Verhältnisses von Gabe und Gegengabe zu sehen. Assmanns Argumentation, dass Ramses seinen Amun in höchster Not erst noch überreden muss, ihm zu helfen, indem er ihm aufzählt, was er für ihn tun will, krankt daran, dass die Leistungen die Ramses aufzählt, durchweg schon als erbracht gekennzeichnet sind (Vergangenheitsform!).
Amun würde sich kaum davon beeindruckt zeigen, wenn hier nicht wieder ein klassische Element der Maat, nämlich „Wie ich dir, so du mir“ zutage tritt (auch Amenemhet I. charakterisiert sich in seiner „Lehre Amenemhets für seinen Sohn“ ja ebenfalls ausschliesslich mit seinen bereits erbrachten Leistungen als Ma’at-gerechter Herrscher). Amun wird also nicht von Ramses mit Versprechen angebettelt o.ä. Nein, er fordert seinen Teil ein, der ihm nach der Ma’at zusteht. Amun kommt ja schliesslich dem König in der Not zur Hilfe.

Auch von Thutmosis III. kennen wir z.B. die Zwiesprache mit Amun (7. Pylon-Stele) in der Thut. III. Amun seine bereits erbrachten Gunsterweise darlegt, um Siegeskraft zu erlangen.

6. Problempunkt: Phraseologie
Assmann stellt gerne die Einmaligkeit der ramessidischen Kriegsberichte (zB. Ramses III.) heraus und beruft sich hier v.a. auf ein angeblich etabliertes Geschichtsbewustsein im Königshaus und den durch die „Persönliche Frömmigkeit“ entstandenen Innovationszwang (von Assmann, Eine Sinngeschichte, S. 263 als „Ereignishaftigkeit, d.h. Einmaligkeit, Bedeutsamkeit und Kontingenz eines Geschehens“ bezeichnet).
Durch diese Einmaligkeit kann er das Poème und damit die Situation Ramses’ II. als ein besonders eindrückliches Zeugnis der innigen Frömmigkeit des Pharao verkaufen. Die scheinbare Einmaligkeit der Situation und der Sprache Ramses’ II. im Kadesch-Kontext ergibt sich v.a. daraus, dass Assmann ähnliche Texte anderer Herrscher offenbar nicht in seine Untersuchung mit einbezieht und die „Qadesch-Situation“ eben nur aus dem Blickwinkel des sogenannten Poème erklärt.

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> Antwort auf Beitrag vom: 29.09.2003 um 15:37:25  Gehe zu Beitrag
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Gast

  
Schlacht um Kadesch 
« Antwort #11, Datum: 29.09.2003 um 15:40:21 »     

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Das Kadesch-Poème enthält aber die typischen Sprachmerkmale wichtiger bekannter Textsorten (zB. Königseulogie und Königsnovelle), die in Ägypten gut belegt und auch bereits eingehend untersucht wurden ist somit nur bedingt „einmalig“!
Die Königseulogien (Lobeshymnen) – auch „Heroic Deeds“ (Spalinger, Aspects of Military Documents of the Ancient Egyptians, London 1982, S. 173) genannt – verherrlichen den König und dessen Titulatur indem er mit bestimmten Mächten oder Aktionen identifiziert wurde (Vgl. zur Euologie generell:  E. Blumenthal Untersuchungen zum ägyptischen Königtum des Mittleren Reiches Bd. I, Die Phraseologie, Paris 1970; N. Grimal, Les Termes de la Propagande Royal Égyptienne, Leipzig 1986; C. Maderna-Sieben, Der König als Kriegsherr und oberster Heerführer, in: ÄAT 36,1, S. 49ff.).
Die Euologien Sethos’ I. (1.+ 2. Besan-Stele) weisen weitgehend parallele Inhaltsstrukturen zur Eulogie des Qadesch-Poèm auf. Auch hier verherrlicht sich der König als „Ein starker Anführer für seine Truppen, ein tapferer Kämpfer inmitten des Kampfgewühls (...) der in die Masse der Asiaten eindringt“. Wie Ramses II. ist auch Sethos I. für seine Soldaten „eine Mauer aus Erz auf dem Kampfplatz am Tag des Kampfes“ und er ist „freundlich zu den Untertanen, der seine Hand zu gebrauchen weiss“. Auch Sethos ist „standhaft an der Spitze seiner Truppe am Tag des Kampfes“ und „wie ein junger Stier (und) ein starker Löwe“. Auch Sethos rühmt sich (Alabasterstele, Karnak) als „Sohn des Amun, Schützer der Majestät des Re“ und als „göttlicher Same“ bzw. „kompetenter König, der Nützliches für seinen Vater macht, der ihm jedes Land gegeben hat“.
Auch andere Eulogien Ramses’ II. (Doppelstele, Abu-Simbel; Bauinschrift Abydos) weisen dieselbe Sprache und Vergleiche auf wie bei seinen Vorgängern.
Schon bei Ahmose (Karnak Stele) findet sich in verkürzter Form die Thematik des Kriegsherrn, der seine Soldaten gut versorgt, die Tempel reinigt und den Kult restauriert und dafür von Amun mit gewaltigen Kräften ausgestattet ist.
Thutmosis I. tritt (in der Tombos-Stele) als „Sohn des Amun“ und „Horus, Erbe des Thones“ gegen die Fremdländer an um „die Grenzen Ägyptens zu erweitern“ wobei er eine „Festung für sein gesamtes Heer ist“ (Ramses ist im Poèm eine „Mauer aus Erz“). Viele der Epitheta Thutmosis’ I. finden sich wortwörtlich bei Ramses II, wieder.
Seine Einmaligkeit hebt er bei seinen Feldzügen dadurch hervor, dass man das, was er vollbracht hat nicht „gesehen hat in den Annalen der Vorfahrenkönige“ bzw. dass er „die Täler öffnet, die die Vorfahren nicht kannten“.
Thutmosis III. (Gebel Barkal-Stele, Sphinx/Memphis-Stele) lässt das ganze wie gewohnt etwas großformatiger ausfallen, aber auch er schreibt in derselben Wortwahl wie seine Vorgänger und Nachfolger: Hier tritt Thutmosis III. gegen Millionene Gegner an. „Alle vereinten Fremdländer stehen wie eins, bereit zum Kämpfen. Nicht gab es ein Fliehen, da man sich auf die zahlreichen Krieger verließ“ und auch Thutmosis III. ist „ein König, der allein kämpft, ohne dass eine Menge hinter ihm ist“. und wieder wortwörtlich wie bei Ramses II. : „Er ist nützlicher als eine Million zahlreicher Truppen. Nicht findet man seinesgleichen“. Er „saust  zwischen die die beiden Bogen (=Himmel) wie ein Stern“... und wieder ist er „eine treffliche Festung für sein Heer, eine Mauer aus Erz für Ägypten, der Ägypten auf dem Kampfplatz schützt.“ Und wieder ab es keinen, der „vor ihm gleiches getan hat“. Die folgende Beschreibung der Schlacht ähnelt der Kadech-Erzählung frappierend. Auch hier revangiert sich der Pharao mit dem Ausbau der Tempel und Kultstiftungen.
Auch Amenophis II. (Elephantine und Amada-Stele) ist in der Schlacht einer, „für den man nicht einen gleichen fand“, „eine Mauer, die Ägypten beschützt“. Auch er ist einer, „der wie ein Panther wütet, wenn er das Schlachfeld betritt“, „der standhaft ist auf dem Kampfplatz im Augenblick der Attacke“. „Nicht einen gab es, der sich vor ihm retten konnte“ und auch er „erweitert die Grenzen Ägyptens“. Auch hier finden wir die guten Taten des Königs für die Götter und Menschen, die  diese „Einmaligkeit“ bewirken. Er baut Tempel, Götterbilder, stiftet Brot und Bier und
Dasselbe Zusammenspiel findet sich hier auch bei Thutmosis IV. (Luxor-Stele), der erweitert, was vor ihm war und Tempel renoviert. Dafür erhält auch er die Gnade der Götter.

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> Antwort auf Beitrag vom: 29.09.2003 um 15:39:11  Gehe zu Beitrag
Gast  
Gast

  
Schlacht um Kadesch 
« Antwort #12, Datum: 29.09.2003 um 15:45:54 »     

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Die Sprache des Textes orientiert sich also klar am Vorbild bekannter Textformen. Dass z.B. gewisse Elemente der Eulogie auch leicht verändert wiedergegeben werden können ist keine Überraschung und bei anderen Autoren allgemeinhin als „normal“ akzeptiert (C. Madena-Sieben, D. Franke, J. Brophy). Einzelne Elemente eines Textes konnten variabel umgeformt oder mittels „Anreicherung“ (D. Franke, Schöpfer, Schützer, Guter Hirte, S. 194) betont werden. Wenn das Qadesch-Poème für uns so innovativ und komplex wirkt, dann wohl auch wegen seiner Ausführlichkeit mit denen viele Aspekte des Königtsbildes angesprochen werden.
Wir haben sowohl in den Ramses II.-Texten wie allen vorhergehenden Eulogien ausserdem wieder die klassische Konstellation „Gunst und Gegengabe“ . Natürlich stellt der Pharao seine Aktion durchweg als „Gottesgnade des Amun“ dar. Dies gehört zum kultischen Programm indem der Gott ihn immer wieder als seinen Sohn und Thronerben durch seine Gunst legitimieren muss. Dieses Wechselspiel beinhaltet aber auch konsequent die Pflichterfüllung durch den Pharao. Er beschützt Ägypten und sein Heer, versorgt seine Soldaten und die Landestempel. Diese Pflichterfüllung bewirkt ja erst die göttliche Gunst, die keinesfalls als „göttliche Willkür“ zu verstehen ist, wie Assmann es in seinem Konzept der Ma’at gerne tun möchte! Assmanns Meinung, dass dieser Text in seiner Sprache und seinem Inhalt von allem zuvor dagewesenem abweicht ist zu vereinfached!


Fazit
Da deine Frage ja auf die Legitimierung des Hethiter-Krieges abzielte, möchte ich dazu noch anmerken: Es ist nicht so sehr entscheidend womit Ramses II. den Krieg legitimierte als er ihn vom Zaun brach. Es gab bestimmt „Falken“ und „Tauben“ im Lager des Pharao die es zu überzeugen galt. Aber dies hat keinen Einfluss auf die Betrachtung des Krieges aus dem Blickwinkel des ägyptischen Weltbildes. Denn Krieg musste ja nicht gerechtfertigt werden. Er gehörte bereits zum Prinzip der Ma’at und war ein Teil von ihr. Die Darstellungen der Qadesch-Schlacht sind also keine Dokumente der Rechtfertigung oder der Versuch Gott zu „beeindrucken“ um ihn für sich zu gewinnen und am Ende vom Gott das Siegel „Ma’at“ aufgedrückt zu bekommen. Die Dokumente selbst geben in ihrem Inhalt und ihrer Form das Prinzip der Ma’at wieder. Wenn das WORT Ma’at nicht im Poème begegnet, so heisst dies nicht, dass der Text als Ganzes und in seinen Einzelkomponenten nicht Ma’at wiederspiegelt.

Helcks erwähnter Beitrag zum Thema Ma’at bringt es m.E. wesentlich besser zum Ausdruck, wenn er schreibt „Für das Verhalten der M. in der Theologie ist charakteristisch, was Frau Brigitte Altenmüller herausgestellt hat, daß nämlich „sie ... immer nur in andere Götter eintritt und diese mit ihren eigenen Zügen prägt, jedoch niemals andere Götter an sich zieht. Synkretistisch mit Ma’at verbundene Götternamen gibt es daher nicht in den Sargtexten. Um so häufiger sind aber dafür für mit Ma’at gebildeten Epitheta und Appelativa bei anderen Göttern, M. verleiht anderen Göttern ihre Eigenschaft, niemals ihre Gestalt. Sie kann aber auch nicht Erscheinungsform eines Gottes oder einer Göttin sein und zieht selbst keine Epitheta an sich.“ (W. Helck, op. cit., Sp. 1114).

Auch in der Ramessidenzeit lebt im Tempelrelief das klassische Bild des Königs fort, der vor dem Hochgott (Amun, Ptah etc.) die Ma’at (als kleine Figur) opfert und damit seine Ma’at-Konformität ausdrückt (u.a. Sethos I. im Abydos-Tempel; Ramses II. vor Ptah, in: Hornung, Der eine und die Vielen, 1993 S. 210 und zB. vor Amun in Karnak). Dass die Ma’at auch im Mittleren Reich zur theologischen Sphäre gehörte uned durch den König ihre Realisierung fand und nicht – wie Assmann es sehen möchte – ein rein soziales Gerüst darstellt, zeigen viele Epitheta, theophore Namen und Inschriften in denen Ma’at mit königlichen Handlungen und Göttern verbunden wird (Bsp. der Thronname Amenemhets’ III. „Nj-MAat-Ra“ im Vergleich zu Ramses II. „Wsr-MAat-Ra“ sowie die MR-Königsnamen generell. Nb-MAat-Ra aus der 17. Dynastie bzw. als Name Amenophis’ III. und Hatschepsut mit MAat-KA-Ra).

Ein so stark polarisiertes Ma’at-Bild zu befürworten, wie Assmann es entwirft fällt mir schwer. Zu zahlreich sind die Widersprüche und zu unaussagekräftig die Belege. Die Bemerkung Assmanns, „Zwar schleppen die Königstexte auch das alte Ma’atideal  noch mit, aber man darf bezweifeln, ob sich diese Ideen noch in Handeln umsetzen.“ (S. 264) klingt eher wie eine pauschale Aburteilung aller Gegenargumente, die sein Konzept zum Wakkeln bringen könnten.

@ Ptah: Ich hoffe, Du nimmst mir den etwas ausführlicheren Beitrag nicht übel  . Aber ich sehe es ähnlich wie Du: Das letzte Wort bei bestimmten Themen sollte nicht immer Jacq haben...

Gruss

Gast A.
> Antwort auf Beitrag vom: 29.09.2003 um 15:40:21  Gehe zu Beitrag
Ptah  maennlich
Member



Re: Schlacht um Kadesch 
« Antwort #13, Datum: 29.09.2003 um 17:05:38 »   

Hallo Gast A.,


Zitat:
Ich hoffe, Du nimmst mir den etwas ausführlicheren Beitrag nicht übel


Ganz im Gegenteil, ich bin dir zu tiefstem Dank verpflichtet - eine so ausführliche Antwort auf meine ja bescheidene Frage hätte ich nicht erwartet!

Es ist gut, den Sachverhalt einmal in anderem Licht zu sehen. Ich werde mich mit deinem Beitrag näher auseinandersetzen und der Literatur nachgehen.


Zitat:
Es ist nicht so sehr entscheidend womit Ramses II. den Krieg legitimierte als er ihn vom Zaun brach.
(...) Er gehörte bereits zum Prinzip der Ma’at und war ein Teil von ihr.

Im Endeffekt will ich auch darauf hinaus. Meine Frage habe ich auch im Zusammenhang mit meiner Fachbereichsarbeit gestellt, und in diesem Sinne hast du mir großartig weitergeholfen.
Leider ist bei diesem Skriptum eine Längenbegrenzung vorgesehen, daher werde ich nicht auf alle Aspekte so ausführlich eingehen können, noch vor Abgabetremin werde ich die Arbeit aber selbstverständlich ins Forum stellen.

Ich tue mir schwer folgendes von dir erwähntes Werk zu finden, das ich auch schon vorher gesucht habe:
J. Assmann, Krieg und Frieden im alten Ägypten: Ramses II. und die Schlacht bei Kadesch, Mannheimer Forum, Mannheim 1983-1984, 175-231

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@Gitta; auch dir danke für deine Antwort!


Ptah
> Antwort auf Beitrag vom: 29.09.2003 um 15:45:54  Gehe zu Beitrag
Gast_A.  maennlich
Member



Re: Schlacht um Kadesch 
« Antwort #14, Datum: 31.10.2003 um 12:18:09 »   

Noch einmal ergänzend zu meinem obigen Beitrag:
Wie ich bereits angesprochen habe ist es bei Assmann Methode Ergebnisse einer sehr begrenzten Materialauswertung (zB. die Phraseologie der Sonnenhymnik) auf die gesamte ägyptische Gesellschaft zu übertragen (Persönliche Frömmigkeit). Motive, Objekt- und Textgruppen die ein anderes Bild entstehen lassen könnten, bzw. dem vorgeschlagenen widersprechen werden stillschweigend ignoriert oder allgemein abgekanzelt (zB. „Zwar schleppen die Königstexte auch das alte Ma’atideal  noch mit, aber man darf bezweifeln, ob sich diese Ideen noch in Handeln umsetzen.“ (Assmann, Ma’at, S. 264) bei der Frage der Maat-Konzeption des Königtums). Wie schon oben bemerkt kommt Assmann zu dem Schluss „Ramses II. scheint der erste König zu sein, der in dieser Rolle des frommen Königs auftritt.“ (S. 262).
Grundlage seiner Deutung bildet allein das Poème.
Eine methodisch korrekte Belegübersicht und Interpretation (weg von der „common sense-„ und „Sehbild“-Interpretation hin zu einer umfassenden und kontextbezogenen Deutung) kommt allerdings in Sachen Ma’at-Konzeption des Königtums zu einem völlig anderem Bild als es von Assmann vertreten wird:

Teeter E., The Presentation of Maat, Chicago 1997
“Assmann’s prposal that personal piety is a result of the Amarna experience does not take into account textes, which document an individual’s direct worship of the Aton nor those which attest to the concept of Maat as an ethical value” (S. 84) ... “Assmann’s conclusion concerning the rise of personal piety and the resulting erosion of the importance of Maat are based primaily upon private documents and tomb litanies. He places little emphasis upon sources such as temple reliefs. One might question to what extend the royal offering inscriptions confirm or conflict with Assmann’s proposals aboutr the diminished theological role of the king in the midst of the growing closeness of the man-god relationship. Do the scenes of the presentation of Maat support this proposal that Maat was absorbed into a transcendent god and hence creased to be an important feature of Egyptian ethics in the Ramesside period?
The temple reliefs that depict the presentation of Maat do not support the suggestion that there was a dramatic change in the conception of veneration of Maat in the Ramesside period as compared to the Eighteenth Dynasty.
The presentation of the royal name as Maat is the most evident Ramesside innovation that relates to Assmann’s conclusion about personal piety in the Ramesside age. The iconography and the dedication inscription equate the king’s name and hence his entire being with Maat. This type of assiociation is hardly one of humility, which Assmann suggests is a feature of the relationship of the Ramesside king to his god....
Assmann concludes that the presentation of Maat became more populare as a theme in temple decoration in the Ramesside period due to the kings’s increasing sense of personal piety and reulting humility. Assmann interprets offering rituals as an indication of the pharao’s desire to keep the ggodwill of the gods through his activity for them. Hence perhaps according to Assmann’s suggestion, the offering of Maat could be seen as an act of humility in the performance of which the king holds up Maat as a means of assuring the unpredictable god of his willingness to rule according to the moral precepts inherent in Maat. However, the temple scenes simply do not support this interpretation .”

Wie aus diesen wenigen Zitaten aus Teeter’s Resumée ersichtlich werden sollte, ist nicht alles, was Assmann schreibt eines Historiker-Preises würdig. Seine Interpretationen sind zumeist (nicht nur bei seinem Buch„Ma’at“. Auch sein Kontept der Persönlichen Frömmigkeit basiert auf denselben Deutungsmodellen) ahistorisch und amethodisch. Daher sollte man vielleicht von der Mode wegkommen, Assmann als Quell der Weisheit zu betrachten und mindestens einmal in jeder Einleitung und jedem Schlusswort zu zitieren... es gibt bessere Bücher mit weniger Seiten!

Gruss A.
> Antwort auf Beitrag vom: 29.09.2003 um 17:52:19  Gehe zu Beitrag
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