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Thema: Keilschrift u. Papyrus |
Ti Member
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Re: Keilschrift u. Papyrus |
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« Antwort #17, Datum: 03.05.2004 um 13:23:47 » |
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Hallo naunakhte, Zitat:
sollte ich mich auch mal anstellen |
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Wenn Du vorher unsere Wohnung streichst, klappt das bestimmt! Wie schrieb man eigentlich auch Tontäfelchen? Ich dachte immer, das Schreibwerkzeug würde (einem Stempel ähnlich) in den weichen Ton gedrückt. Wenn aber "schräg angespitzt" auf ein Ritzwerkzeug hindeutet, muß es sich wohl um ein härteres Material handeln. Ich hatte mir bei dieser Darstellung eine Art dreieckige Schnittfläche vorgestellt. Lag ich da falsch? Zu dem zweiten Fund steht als Fußnote: Zitat:
59 FZN 2003/0712, Planquadrat Q VII-/4.5, Schicht c/d, Ende aggebrochen, L.7,2+x cm (/): 0,6 - 0,7 cm, leicht facettiert (IN 2886) |
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Was bedeutet dieses "leicht facettiert"? Ich meine, wie kann ich mir das bildlich vorstellen? Liebe Grüße Ti
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naunakhte Moderatorin
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Re: Keilschrift u. Papyrus |
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« Antwort #18, Datum: 03.05.2004 um 13:34:08 » |
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Hallo Ti, bei "leicht facettiert" muß ich passen. Ich könnte mir vorstellen dass man damit die Bearbeitungsspuren meint. Warten wir wegen Stempel und ritzen doch mal auf eine Antwort von Nebtauiamunre. Der dürfte uns aufklären können. Gruß nauna
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NebTauiAmunRe Member
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« Antwort #19, Datum: 04.05.2004 um 21:11:52 » |
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Hallo! Nein, man drückte die Keilschriftzeichen nicht mit einer Art Stempel in die Oberfläche, obwohl es ursprünglich so war. Es gab noch bevor die zweidimensionalen Keilschriftzeichen "erfunden" wurden, sog. tokens oder Zählsteine, die in Tonbullen gedrückt wurden und somit ein Sicherstellung bei der Transaktion waren. Die Keilschrift, wie wir sie dann später kennen, wurde normalerweise mit einem angespitzten Rohrgriffel in den weichen Ton gedrückt. So entstand natürlich die charakteristische Keilform. Als die Steinmetze Keilinschriften auf Stein anbrachten, haben sie die Keilform nachgeahmt. Am besten ist das ihnen in neuassyrischer Zeit gelungen, wo die Keilschriftzeichen am einheitlichsten sind. Auf Tontäfelchen gibt es ja genauso wie bspw. im Hieratischen oder Demotischen bestimmte Handschriften von Schreiber zu Schreiber. Ich lese gerade in zwei Seminaren Briefe und diverse Texte aus der am mittleren Euphrat gelegenen Stadt Mari, die in altbabylonischer Zeit von beträchtlicher Bedeutung war. Wenn man sich da ein ganz bestimmtes Archiv ansieht, kann man sogar verschiedene Schreiberhände nachweisen. Das ist wahnsinnig interessant, weil man so viel persönlicher an die Sache herangehen kann. Ich habe diese Woche von einem Fund aus Assur gehört: eine Holztafel mit Keilinschrift. Leider weiß ich nicht, wo sie publiziert ist. Vielleicht kann ich das herausfinden. Also, wie gesagt, die alten Mesopotamier drückten mit einem dünnen, angespitzten Rohrgriffel die Zeichen in den weichen Ton. Ich glaube, es wurden auch metallene Griffel gefunden. Vielleicht hast du mit Stempel die Stempel- und Rollsiegel gemeint. Die wurden natürlich eingedrückt bzw. abgerollt. Solche Siegel trugen natürlich auch Inschriften, die von kurzen Namensangaben (+Genealogien) bis hin zu langen Hymnen und Gebeten reichen können. Besonders die kassitischen Siegel (Mitte des 2. Jt.s) sind reich an Inschriftenmaterial. Es gibt sogar Siegel, die nur eine Keilinschrift tragen, oder Siegel, die neben einer langen Inschrift nur ein paar Füllelemente, wie das typische kassitische Kreuz, tragen. Viele liebe Grüße NebTauiAmunRe
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Ti Member
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« Antwort #20, Datum: 05.05.2004 um 08:37:01 » |
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Hallo NebTauiAmunRe, die Parallele zwischen der Handhabung eines Stempels oder Griffels und eines Rollsiegels hab' ich tatsächlich gesehen. Mit "Stempeln" meintwe ich ja auch das "Eindrücken in Ton". Haben die Ägypter die Rollsiegel eigentlich aus Mesopotamien übernommen oder ist das eine Parallelentwicklung? Bei meinen virtuellen Erkundungstouren durch das British Museum habe ich auch ein Rollsiegel von Sobekneferu, 12. Dynastie gefunden. Liebe Grüße Ti
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naunakhte Moderatorin
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Re: Keilschrift u. Papyrus |
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« Antwort #21, Datum: 05.05.2004 um 08:51:08 » |
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Hallo Ti, Rollsiegel gibt es schon ab dem 3. Jahrtausend vor Christus. Und zwar in Ägypten und Vordersaien. Nach Auskunft des LÄ zeigt das Rollsiegel eines Fürsten von Byblos aus der zweiten Hälfte des 3. Jt. ägyptische Beschriftung, und zwar wird der Gott Chaitau erwähnt. Dieser taucht sonst nur noch in den Pyramidentexten auf. Scheinbar werden auch Hathor und Redes Berglandes als Synonyme für byblische Götter genannt. mmhhh, vielleicht wäre auch mal ein Bild des Siegels ganz nett? Das beantwortet jetzt aber nicht deine Frage, ob es eine Parallelentwicklung war, es führt uns nur in der Zeit etwas weiter zurück. sorry, nauna
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Udimu Member
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Re: Keilschrift u. Papyrus |
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« Antwort #22, Datum: 05.05.2004 um 09:53:39 » |
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Hi, die ersten Rollsiegel erscheinen um 3500 v. Chr. in Mesopotamaien (Dominique Collon. First Impressions, Cylinder Seals in the Ancient Near East. London 1987, 13-14). Das erste Rollsiegel in Ägypten fand sich in Naqada Grab 1863 und ist wohl ein Import von Mesopotamien (Rainer Michael Boehmer. Das Rollsiegel im Prädynastischen Ägypten. Archäologischer Anzeiger 1974/4. 495-514). sieh hier: Zylindersiegel Gruss Udimu
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Ti Member
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Re: Keilschrift u. Papyrus |
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« Antwort #23, Datum: 05.05.2004 um 10:05:45 » |
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Hallo Udimu, das würde den Ideenimport bestätigen. Liebe Grüße Ti
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Gitta Gast
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Re: Keilschrift u. Papyrus |
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« Antwort #25, Datum: 05.05.2004 um 10:40:42 » |
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Waren die Ägypter etwa die Japaner des Altertums? Siehe auch Thema Steinbearbeitung Gitta
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NebTauiAmunRe Member
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Re: Keilschrift u. Papyrus |
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« Antwort #26, Datum: 05.05.2004 um 23:10:34 » |
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Hallo! Das Rollsiegel ist eindeutig eine mesopotamische Erfindung. Ein Rollsiegel ergibt nur einen Sinn, wenn es abgerollt wird, und zwar auf einem entsprechenden Material. Ton ist also perfekt für eine Abrollung. Es gab schon früh Verbindungen zwischen Ägypten und Mesopotamien, davon bin ich wirklich überzeugt. Es gibt, soweit ich weiß, ein Grabrelief aus Ägypten, wo ein Siegelschneider abgebildet ist. Ich muss noch nachschauen. Ich glaube ich habe eine Umzeichnung im Buch von Klengel-Brandt, "Mit sieben Siegeln versehen" gesehen. ... prüf ich noch nach! Aber es gibt zum Beispiel auch den Gabal al-Arak-Dolch. Der zeigt eindeutig mesopotamische Einflüsse, die wohl auf die Uruk-Zeit zurückgehen, also so ungefähr Jahrtausendwende vom 4. zum 3. Jt.! Aber Rollsiegel waren auch Statussymbol. Bei dieser Funktion spielte nicht nur die Darstellung, sondern auch dsa Material eine Rolle. Interessant ist noch, dass zu keiner antiken Abrollung, sei es auf einer Urkunde oder auf einem Krugverschluß, ein Originalsiegel passt. Ich glaube, es gibt nur ein Siegel, zu dem man eine antike Abrollung hat?! Das ist ein sehr interessanter Umstand. Wurden Siegel nach bestimmter Zeit aus dem Verkehr gezogen? Oder haben wir einfach noch nicht genau gesucht. Ebenfalls ein interessanter Umstand bei Zehntausenden von Originalsiegeln und unzähligen antiken Abrollungen!!!!!!!!!!!!! So, ich mach jetzt wieder Schluß. Apropos, in Ägypten wurde sehr viel erfunden. Aber das Rollsiegel nicht NebTauiAmunRe
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Gitta Gast
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Re: Keilschrift u. Papyrus |
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« Antwort #27, Datum: 05.05.2004 um 23:34:10 » |
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Ganz aufschlussreich ist dazu, was Adelheid Schlott in "Schrift und Schreiber" zur Bedeutung der Rollsiegel in Ägypten schreibt: in frühdynastischer Zeit wurden Beamten Rollsiegel mit ins Grab gegeben, von denen man mit Sicherheit weiss, dass damit niemals etwas versiegelt wurde. Sie nennt ein Beispiel aus der Mitte der 1. Dynastie. Das Siegel zeigt den Verstorbenen (sehr piktografisch) vor einem gefüllten Opfertisch und dazu seinen Namen. Gefunden wurden diese Stücke neben den Opfervorräten in der Grabkammer. Sie dienten somit vermutlich der "Verewigung durch Niederschrift". Gitta
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NebTauiAmunRe Member
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Re: Keilschrift u. Papyrus |
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« Antwort #28, Datum: 06.05.2004 um 00:15:39 » |
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Ja, natürlich. Rollsiegel waren oftmals auch Votivgabe. Es gibt u.a. Göttersiegel, die sehr groß sind und aus besonders edlem Material. In Berlin im Vorderasiatischen Museum ist ein Lapislazuli-Siegel für den Gott Adad, glaube ich, ausgestellt. Das hat ca. eine Höhe von 12 cm. Solche Siiegel wurden nicht auf Ton abgerollt. Sie waren einfach Votivgaben in Gräbern oder Tempeln. NebTauiAmunRe
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