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   Babylon und die Schlußphase der 18. Dynastie (28)
  Autor/in  Thema: Babylon und die Schlußphase der 18. Dynastie
NebTauiAmunRe  maennlich
Member



Re: Babylon und die Schlußphase der 18. Dynastie 
« Antwort #15, Datum: 11.02.2004 um 17:04:15 »   

Hallo!

Obwohl mich Gitta als Experte in Sachen Mesopotamien bezeichnete - wofür ich sehr dankbar bin - ist es sehr schwierig, eine solche Beeinflussung zwischen den Kulturen fundiert nachzuweisen.

Die Kassiten selbst sind leider noch ziemlich unerforscht. Es gibt extrem wenige Texte in kassitischer Sprache. Man ist sich nicht mal über ihre genaue Herkunft im klaren. Es lässt sich nicht einmal genau nachweisen, ob sie die babylonische Kultur beeinflussten. Sie haben sich - wie schon zuvor die Akkader - mit der "ansässigen" Bevölkerung vermischt, obwohl die Kassiten anfangs eine separate Gruppe innerhalb der Gesellschaft darstellten.

Aber das war jetzt nicht die Frage! Dass sich Kurigalzu eine eigene Residenz errichtete, ist für mesopotamische Verhältnisse wirklich nichts Ungewöhnliches. Natürlich spielt die Priesterschaft im Esagila in Babylon eine wichtige Rolle für eine solche Entscheidung. Auch im 9. Jh. ging Assurnasirpal II. von Assur nach Nimrud, weil ihm dort die Priester der Assur-Tempels zu mächtig geworden war.

Es ist ein großes Glück, dass wir die Amarna-Korrespondenz heute noch lesen können. Es gab sicher auch unter anderen Königen Briefwechsel mit dem Ausland. Heiratspolitik ist wohl eine der ältesten Erscheinungen politischen Bestrebens. Und sicherlich ging damit auch eine gewisse kulturelle Beeinflussung einher. Aber von welcher Seite sie ausging, ist schwierig zu klären. Aber immerhin wurde für die Korrespondenz die akkadische Keilschrift verwendet, was durchaus ein Indiz dafür sein kann, wer wem beeinflusste. Religiös gesehen kann man das nicht so leicht sehen, da beide Kulturen bereits seit ältester Zeit eine eigenständige Religion hatten. In Mesopotamien kann man gewisse Götter so weit zurückverfolgen, dass man hier wohl keine Beeinflussung von "außerhalb" annehmen kann. Was sicher ist, ist, dass sumerische Gottheiten mittels Charakterzügen akkadischer Gottheiten beeinflusst wurden. Zum Beispiel: Die sum. Göttin Inanna/Innin war ursprünglich Göttin der Liebe und Fruchtbarkeit. Als die "Vermischung" mit den Akkadern stattfand, kamen immer mehr kriegerische Aspekte hinzu (Ishtar). Ich glaube, mal gehört oder gelesen zu haben, dass es auch Übereinstimmungen zwischen Osiris und Isis UND Dumuzi und Inanna gibt.

So, hier mach ich mal wieder Schluß.

Ich werde mich in nächster Zeit wieder öfters zu Wort melden.

NebTauiAmunRe
> Antwort auf Beitrag vom: 10.02.2004 um 17:45:51  Gehe zu Beitrag
Ti  weiblich
Member - Themenstarter



Re: Babylon und die Schlußphase der 18. Dynastie 
« Antwort #16, Datum: 11.02.2004 um 21:42:32 »   

Hallo seqenenre,

es ist schon schwierig, die Empfindlichkeiten von unbekannten Menschen vorauszuahnen. Das Forum selbst ist ja per definitionem ein (relativ) anonymer Raum. Ich denke, daß ein solches Mißverständnis in einem persönlichen Gespräch niemals aufgetaucht wäre.
Nicht mehr böse sein, ja?

ad rem:

Christofer Reeves schreibt in seinem Vorwort:

Zitat:
Es wäre müßig zu behaupten, die Phantasie spiele in den folgenden Seiten keine Rolle - natürlich tut sie es.

Weiter

Zitat:
Was der Text der Traumsteledarüber hinaus und eindeutig klar macht, ist die Identität der Befürworter des künftigen Königs. Mit der Darstellung des Pharaos als Nachkomme von Atum, dem Schöpfer des Universums, und der Anerkennung durch Harmachis (einem Gott, der mit zunehmender Assimilation an Harachte selbst in den Rang einer solaren selbst in den Rang einer solaren Hauptgottheit aufgestiegen ist) haben wir eine offensichtliche Bestätigung dafür, daß die lenkende Hand hinter der Kandidatur Tuthmosis IV.die heliopolitanische Priesterschaft war.

Das halte ich persönlich für eine nicht belegte Spekulation. Es scheint so, daß der Regierungswechsel nach dem Tode Amenhoteps II. nicht ganz reibungslos über die Bühne gegangen ist. Aber woher hätte die Priesterschaft von Heliopolis die Macht nehmen sollen, ihren Favoriten auf den Thron der Beiden Länder zu setzen? Auch war mir nicht bewußt, daß die Königssöhne oder andere Anwärter auf Thron für den selben kandidierten. Mir persönlich erscheint es viel wahrscheinlicher, daß Thotmose IV., nachdem er sich als König etabliert hatte, ein machtpolitisches Gegengewicht zur Amunpriesterschaft in Ipet-sut schaffen wollte.
Mich persönlich beschäftigt nun die Frage, woher könnte diese Idee gekommen sein? Es geht mir nicht darum nachzuweisen, daß Prinzessin X aus Y tatsächlich die Macht hatte, eine religiöse Umformung in Ägypten in Gang zu setzen, sondern darum, daß diese Idee von außerhalb gekommen sein könnte. Vielleicht ist es eine Entscheidung der Könige gewesen, daß sie nicht mehr Spielball der Tempel sein wollten und deshalb die Religion zu ihrem Instrument umschufen? (??)
Auch dies, wie manetho es so schön formuliert hat, ein Schuß ins Blaue.  

Liebe Grüße Ti
> Antwort auf Beitrag vom: 11.02.2004 um 15:26:18  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Babylon und die Schlußphase der 18. Dynastie 
« Antwort #17, Datum: 11.02.2004 um 21:47:41 »     

Nachstehend ein etwas längeres Zitat aus Tyldesley's "Töchter der Isis":

Es widerstrebte den Königen von Ägypten, ihre Frauen aus taktischen Gründen mit Monarchen aus Nachbarländern zu verheiraten, und als der König von Babylon, dessen Tochter mit Amenophis III. verheiratet war, seinerseits um eine ägyptische Prinzessin für seinen Harem bat, wurde ihm kurzerhand mitgeteilt: "Seit Menschengedenken ist keine ägyptische Königstochter an irgend jemanden vergeben worden." Dagegen kannten sie keinerlei Bedenken, ausländische Frauen an ihren eigenen Höfen aufzunehmen, wenn es ihren diplomatischen Bestrebungen nützte. Eine Eheschließung mit der Tochter eines benachbarten Monarchen machte beide Könige zu Verwandten und somit zu Freunden, festigte Bündnisse und verringerte die Gefahr eines Konfliktes. Folglich kamen seit der Regierungszeit Thutmosis' IV - im Alten und Mittleren Reich war königliche Heiratspolitik noch unbekannt - vereinzelt ausländische Prinzessinnen nach Ägypten, um Könige zu heiraten. Diese Frauen reisten mit einer beträchtlichen Mitgift und einem vielköpfigen weiblichen Gefolge zu ihren Hochzeiten. Sie wurden mit gebührendem feierlichen Prunk empfangen und anschließend in den Harem eingeführt, wo sie einen ägyptischen Namen und den ehrenvollen Titel einer Nebenfrau annahmen, bevor sie in Vergessenheit gerieten.

Giluchepa, eine Prinzessin aus dem asiatischen Königreich Mitanni, wurde von ihrem Vater nach Ägypten geschickt, um König Amenophis III. zu heiraten. Ihre Ehe war Gegenstand eines langwierigen diplomatischen Briefwechsels, der zufälligerweise auf Tontafeln in den Staatsarchiven von Amarna aufbewahrt wurde, während der oben zitierte Hochzeitsskarabäus an ihre schließlich erfolgte Vereinigung erinnert. Amenophis war über den neuen Zuwachs an seinem Hof offenbar sehr glücklich, denn einige Jahre später begann er um die Hand Taduchepas, einer weiteren Mitanniprinzessin, zu werben. Sie war die Tochter des Königs Tuschratta und eine Nichte Giluchepas. In diesen neuen Hochzeitsverhandlungen verlangte Tuschratta die Anerkennung seiner Tochter als Hauptkönigin und "Herrin von Ägypten", wobei er den Ansprüchen seiner Tochter durch eine unermeßliche Mitgift Nachdruck verlieh. Als Gegenleistung beschenkte Amenophis seinen zukünftigen Schwiegervater mit einem noch größeren Goldschatz. Leider starb der Bräutigam, der nicht mehr der jüngste war, kurz nach Abschluß des Ehevertrags, und sein gesamter Harem, samt Taduchepa, Giluchepa und der Tochter des babylonischen Königs, ging an seinen Sohn und Erben, den zukünftigen König Echnaton, über.


Wenn man das so liest, kann man leicht den Eindruck gewinnen, dass die ausländischen Damen keine große Rolle gespielt haben.

Ich weiß inzwischen auch, wieso mir das "Wegsperren" in den Sinn kam. Zur Zeit Ramses' II. wurde eine Gemeinschaft von Frauen (also der "Harem") als per chenret bezeichnet (Tyldesley, S. 213). per = Haus und chenret hat "auffallende Ähnlichkeit mit den Wörtern für Festung oder Gefängnis". Andere Wissenschaftler schlagen vor, den Ausdruck chenret als "Einrichtung für Musiker" zu übersetzen. Hier streiten sich die Herrschaften scheinbar noch ein wenig.

Im Fayoum lag der Ort Merwer, der unter Tuthmosis III. gegründet worden war. Dort scheinen überwiegend Frauen und Kinder gelebt zu haben, mit einigen Männern, die für Verwaltungsaufgaben zuständig waren. Deshalb glaubt man, dass die vielen königlichen Frauen und Kinder hier untergebracht worden waren.

Leider sind die Überlieferungen nicht sehr ergiebig. Es nützt uns also nichts für unsere Diskussion. Wir wissen nicht, ob der Atonkult u.a. auch eine Folge ausländischer Beeinflussung gewesen ist. Es scheint also bei Vermutungen pro und contra bleiben zu müssen.

Auf der Seite der Uni Mainz bin ich auf interessante Publikationen gestoßen, die sich allerdings um die Zeit Ramses' II. ranken:

Internationale Heiratspolitik6)

Bereits im Rahmen der Arbeiten zur Rolle der königlichen Frauen in der Außenpolitik des ägyptischen Neuen Reiches (Teilprojekt A.2 der ersten Bewilligungsphase)7 zeichnete sich ein deutlicher Wandel der Heiratspolitik der 19. gegenüber der 18. Dynastie ab, die mit der nachlassenden Souveränität Ägyptens – besonders in seinem Verhältnis zur Großmacht Hatti – in Verbindung zu bringen ist. So muß sich Ramses II. anläßlich seiner beiden Eheschließungen mit Töchtern Hattušilis III. und dessen Gemahlin Puduhepa in mehrerlei Hinsicht den Wünschen des hethitischen Königspaares beugen (Stellung der Töchter als „Große Königsgemahlinnen“ und Verheiratung einer Tochter Ramses’ II. und seiner ersten hethitischen Frau ins Ausland).

6) Siehe demnächst S. Roth, „Da wurden an diesem Tage die zwei großen Länder zu einem Lande“ – Zum Verhältnis von Königsideologie und internationaler Heiratspolitik in der Zeit Ramses’ II., in: R. Gundlach, U. Rößler-Köhler (Hg.), Das Königtum der Ramessidenzeit. Voraussetzungen – Verwirklichung – Vermächtnis. Akten des Symposiums zur ägyptischen Königsideologie in Bonn 7.– 9. 6. 2001. Beiträge zur altägyptischen Königsideologie 3, ÄUAT 36,3 (in Vorbereitung).

Sonderforschungsbereich Uni Mainz

Vielleicht gibt diese Arbeit Aufschluss - sofern man da ran kommt.

Gitta
> Antwort auf Beitrag vom: 11.02.2004 um 17:04:15  Gehe zu Beitrag
manetho  maennlich
Member



Re: Babylon und die Schlußphase der 18. Dynastie 
« Antwort #18, Datum: 11.02.2004 um 22:15:03 »   


Zitat:
Aber woher hätte die Priesterschaft von Heliopolis die Macht nehmen sollen, ihren Favoriten auf den Thron der Beiden Länder zu setzen?


Die Priesterschaft - zumindest der ganz großen Tempel - hatte mit Sicherheit sehr viel Macht. Wieweit diese tatsächlich auch reichte, darüber lässt sich trefflich spekulieren, aber nichts genaues weiss man nicht. Sicher ist aber, dass die Priesterschaft im Neuen Reich ein auch politischer Machtfaktor war, den der Pharao stets berücksichtigen musste. Welche Formen das sogar annehmen konnte, zeigte später ja dann der Gottesstaat von Theben.

In diese Richtung gehst Du ja auch selbst schon ein wenig:

Zitat:
Vielleicht ist es eine Entscheidung der Könige gewesen, daß sie nicht mehr Spielball der Tempel sein wollten und deshalb die Religion zu ihrem Instrument umschufen? (??)


Da ging es teilweise sicher auch direkt um die Frage des Führungsanspruches - oder besser gesagt - wer das Sagen hatte.
> Antwort auf Beitrag vom: 11.02.2004 um 21:42:32  Gehe zu Beitrag
Ti  weiblich
Member - Themenstarter



Re: Babylon und die Schlußphase der 18. Dynastie 
« Antwort #19, Datum: 11.02.2004 um 22:29:26 »   

Hallo Gitta,
Du hast recht, belegen in diesem Sinne läßt sich hier wahrscheinlich nichts. (schnief!)
Du hast Merwer im Fayoum (wie schreibt man das eigentlich wirklich? Ich kenne mindestens 5 Varianten)erwähnt - hat nicht auch Amenhotep III. seine Kindheit dort verbracht, zumindest bis sein Vater den Thron bestieg? Ich meine mich auch zu erinnern, daß Teje hier eine Domäne besaß.

Interessiert hat mich das Thema auch noch aus einem anderen Grund. Ich versuche gerade Jan Assmanns Buch "Ägypten - Theologie und Frömmigkeit einer frühen Hochkultur" zu lesen und zu verstehen. Er beschreibt für das Neue Reich ein "Ringen um einen neuen Gottesbegriff" und eine "Dimension der Gottesnähe", die sich in Orakeln (als direkter Gotteserfahrung) und persönlichem Bezug (für den König durch göttliche Zeugung - Hatschepsut, Amenhotep III.) äußert. Das ist natürlich von mir grob (ich hoffe nicht fahrlässig )vereinfacht.
Auch schon vor Echnaton erscheinen mir mittlerweile die Veränderungen so drastisch, das sie nicht nur eine "Entwicklung aus sich selbst" sein können. - Neuer Thread?

Liebe Grüße Ti
« Letzte Änderung: 11.02.2004 um 22:33:31 von Ti »
> Antwort auf Beitrag vom: 11.02.2004 um 21:47:41  Gehe zu Beitrag
heka-waset  maennlich
Member



Re: Babylon und die Schlußphase der 18. Dynastie 
« Antwort #20, Datum: 12.02.2004 um 21:49:05 »   

Also ich denke diese ganze Beeinflussungsgeschichte führt doch zu keinem Ergebnis! Wer hat wann wen beeinflusst... bedingt durch die räumliche Nähe gab es sicherlich Beeinflussungen in alle möglichen Richtungen, ABER wie wir alle wissen gab es seehr lange überhaupt keinen diplomatischen Kontakt zwischen Ägypten und Babylon. Erst die Euphratüberquerung Thotmoses II brachte Ägypten in direkten Kontakt zu Babylon und anderen mesopotamischen Reichen.

Ägypten galt übrigens von da an als "Supermacht", immerhin war es nun nomineller Herr des gesamten Nahen Ostens (wozu Babylon hier mal nicht zählen soll).

Das Neue Reich war kosmopolitisch und sehr offen, durch die vielen, vielen, vielen ausländischen Familien (insbesondere Syrer) und ausländischen Frauen am Hofe des Königs begann man natürlich engeren Kontakt zu den Nachbarländern, die ja nominell Provinzen des Reiches waren, zu suchen, syrische Musik und Tänze und sogar einzelene Götter wurden von den Ägyptern übernommen, die minoische Palastmalerei erreicht ihre höchtse Blüte nicht auf Kreta sondern in den Palästen von Malkatte und Achet-Aton, andereseits hatte die ägyptische Kultur eine ungehemmte Strahlkraft in alle Teile der Welt. Das ist doch alles unbestritten, Beeinflussung hat natürlich statt gefunden. Aber gerade in diesem Beispiel halte ich einen direkten Zusammenhang zwischen Babylon und Ägypten für sehr unwahrscheinlich.

Die religiösen Revolutionen Echnatons sind ja alles andere als eine plötzlich eintretende Wandlung des Geisteshaltung sondern vielmehr dramatischer Höhepunkt eines Prozesses der schon im alten Reich begann und in der neuen Sonnentheologie der frühen 18.Dynastie schon sehr krasse Formen annimmt.
Ägyptische Religion war schon immer synkretistisch und pantheistisch angelegt ohne dabei von anderen Religionen beeinflusst zu sein. Ausserdem sehe ich nicht sehr viele Parallelen zwischen den religiösen Vorstellungen der Ägypter und der Babylonier.

Für mich ist der Zusammenhang Kurigalzu/Echnaton aus der Luft gegriffen.

Wir beobachten hier eher das Phänomen ähnlicher, unabhängiger Entwicklungen in kulturellen Räumen .(Ausserdem kennt wohl kaum jemand hier die ganz genauen Zusammenhänge vom den babylonischen König Kurigalzu, die nötig wären um so etwas überhaupt genauer zu untersuchen!)
> Antwort auf Beitrag vom: 11.02.2004 um 13:59:39  Gehe zu Beitrag
Ti  weiblich
Member - Themenstarter



Re: Babylon und die Schlußphase der 18. Dynastie 
« Antwort #21, Datum: 13.02.2004 um 09:03:11 »   

Hallo heka-waset,


Zitat:
Für mich ist der Zusammenhang Kurigalzu/Echnaton aus der Luft gegriffen

natürlich ist er das. Ich habe nie etwas anderes behauptet. Es war eine Idee, ein Schuß ins Blaue. Daß diese Idee sich bei kritischer Betrachtung weder beweisen noch widerlegen läßt, liegt in der Natur der Sache. Bis jetzt wurden weder "die geheimen Tagebücher einer babylonischen Prinzessin", noch die damals aktuelle Ausgabe der "Bunte" gefunden.  


Zitat:
Ägyptische Religion war schon immer synkretistisch und pantheistisch angelegt ohne dabei von anderen Religionen beeinflusst zu sein

(Es ist schwer, Dich zu zitieren. Mir jucken die Finger, um wenigstens Kommata zu ergänzen.)

Zur Begriffsklärung:
Pantheimus - Lehre, daß Gott und die Welt eins sind. Alles, was ich bisher über ägyptische Religion gelesen habe, scheint mir eher auf das Gegenteil hinzudeuten.
Synkretismus - Vermischung unterschiedlicher Kulte, Religionen, etc. Ich habe nie gesagt, daß eine Verschmelzung mit einem ausländischen Kult gab. Dann hätte Aton wohl auch einen anderen lehrhaften Namen bekommen, z.B. Aton-Samas.

Noch einmal: Mir ging es um eine Idee, die im gleichen zeitlichen Kontext in zwei unterschiedlichen Kulturen auftrat. Warum sollte da ein Zusammenhang ausgeschlossen sein?

Zitat:
... die mionoische Palastmalerei erreichte ihre höchste Blüte nicht auf Kreta sondern in den Palästen von Malkatta und Achet-Aton, ...

Ich glaube nicht, daß es sich bei den Malereien in Malkatta und Achet-Aton um minoische Kunst handelt, geschweige denn, daß sie von "minoischen" Künstlern ausgeführt worden ist. Außerdem wurde die minoische Kultur um 1450 v.Chr. von der mykenischen abgelöst.
PS: War es nicht Thotmose III., der den Euphrat überschritt?
Liebe Grüße Ti
> Antwort auf Beitrag vom: 12.02.2004 um 21:49:05  Gehe zu Beitrag
Ti  weiblich
Member - Themenstarter



Re: Babylon und die Schlußphase der 18. Dynastie 
« Antwort #22, Datum: 13.02.2004 um 09:36:21 »   

@ heka-waset,
habe ein paar Bilder aus Knossos für Dich gegooglet. Ich hoffe, es verletzt keine Urheberrechte, wenn ich sie jetzt hier dazustelle.

Der Unterschied zwischen minoischer und ägyptischer Palastmalerei könnte kaum größer sein, oder?


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> Antwort auf Beitrag vom: 13.02.2004 um 09:03:11  Gehe zu Beitrag
Ti  weiblich
Member - Themenstarter



Re: Babylon und die Schlußphase der 18. Dynastie knossos_king_throne.jpg - 113 KB
« Antwort #23, Datum: 13.02.2004 um 09:39:21 »   

Noch ein Bild.


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 13.02.2004 um 09:37:49  Gehe zu Beitrag
heka-waset  maennlich
Member



Re: Babylon und die Schlußphase der 18. Dynastie 
« Antwort #24, Datum: 13.02.2004 um 16:15:08 »   

ALSO: Pantheistisch war die ägyptische Religion sogar mit sicherhiet (man lese hierzu bitte auch Erik Hornung, Der Eine und die Vielen, Erik Hornung, Echnaton- Religion des Lichts, Jan Assman, Maat, Jan Assman, Ägypten- Theologie und Fömmigkeit einer frühen Hochkultur)

Synkretismus: Die ägyptische Religion an sich unterlag diesem Prinzip, das innerhalb der Religion Vermischungen und verschmelzungen gab, man denke an Amun-RE, Re-Harachte und so weiter, bzw. die Vermengung verschiedener Schöpfungsmythen..

Desweiteren gibt es einen ganz gewaltigen Zusammenhang zwischen minoischer Palastmalerei und der Palastmalerei von Malkatta und Achet-Aton. Man denke an die Stierszenen in Malkatte, die Wasserszenen in Achet-Aton (großer Thronsaal, Boden, Maru-Aton kleiner Saal, Nord-Palast , zoologischer Garten) usw. In verschiedenen Büchern (unter anderem wieder Hornung, Echnaton- Religion des Lichts,. aber auch Aldred, Echnaton und dem Lexikon der ägyptischen Baukunst von Arnold wird die Palastmalerei der 18.Dynastie als Ausklang der minoischen beschrieben. Bei den Bildchen die beigefügt wurden fehlt mir der widerlegende Beweis durch direkte Vergleiche....

Und das es mehr oder weniger nur um eine Idee ging war klar - man darf Ideen doch wohl zurückweisen, oder nicht
> Antwort auf Beitrag vom: 13.02.2004 um 12:21:00  Gehe zu Beitrag
Gast_A.  maennlich
Member



Re: Babylon und die Schlußphase der 18. Dynastie 
« Antwort #25, Datum: 14.02.2004 um 00:38:29 »   

Hallo!

@ Ti
Zitat:
Ich glaube nicht, daß es sich bei den Malereien in Malkatta und Achet-Aton um minoische Kunst handelt, geschweige denn, daß sie von "minoischen" Künstlern ausgeführt worden ist. Außerdem wurde die minoische Kultur um 1450 v.Chr. von der mykenischen abgelöst.

Die mykenische palatiale Kunst setzt die minoischen Dekorationstraditionen kaum verändert fort (N. Marinatos, The Tell el-Dab’a Paintings, in: ÄL VIII (1998), S. 90), da auch die Mykener wohl Künstler aus Kreta „bezogen“ haben, bzw. sich die minoische Motivik als „Luxusgut“ exportieren liess.
Die Massen an mykenischer Keramik in Malqata, Abu Gurob (Mer-Wer) und Amarna (W. Helck, Die Beziehungen Ägyptens und Vorderasiens zur Ägäis bis ins 7. Jh. v.Chr. Darmstadt 1995, S. 68ff.) belegen zunächst einen intensiven Güteraustausch. Dieser herrschte auf beiden Seiten (man denke nur an das „ägyptische Zimmer“ das Amenophis III. nach Mykenai verschenkte).

Wenn Bietak für Tell el-Daba sehr überzeugend klarmachen kann, dass hier kretische Künstler am Werk waren (M. Bietak, Ausgrabungen in dem Palastbezirk von Avaria, in: ÄL XI (2001), S. 43ff.), wieso nicht auch in Malqata und Amarna (es könnte sich dann um angesiedelte minoische Künstler handeln, die seit Generationen in Ägypten lebten oder um Mykener, die eben die minoische Kunst beherrschten).
Nachdem Kreta den Mykenern zugefallen war (Beginn SM II = Thutmosis III.) hat sich diese Motivik in Syrien und Ägypten zu einem eigenständigen, lokalen Stil weiterentwickelt (Helck, op.cit. S. 65). Rein ägyptisch sind diese Motive aber trotzdem nicht (Helck, op.cit. S. 67 rekonstruiert für Amarna ein solches Szenario, bei dem die ägyptische Palastmalerei sich aus ursprünglich ägäischen Motiven zusammensetzt).

Es reicht nicht drei willkürlich gewählte Bilder zu posten und irgend etwas zu behaupten. Es empfielt sich eher, die seit Jahren hierzu erscheinenden Publikationen durchzusehen (so zB. die zahllosen Beiträge zu diesem Thema in der Reihe Ägypten und Levante, Hrsg. M. Bietak, Wien)!
...
     
> Antwort auf Beitrag vom: 13.02.2004 um 16:15:08  Gehe zu Beitrag
Gast_A.  maennlich
Member



Re: Babylon und die Schlußphase der 18. Dynastie 
« Antwort #26, Datum: 14.02.2004 um 00:55:34 »   

...
Zurück zu den Kassiten (um die ging es ja eigentlich):

Die kassitischen Herrscher haben die religiösen und kultischen Traditionen weitgehend fortgeführt und den babylonischen Staatskult unverändert übernommen (Marduk bleibt unangetastet das Oberhaupt des Staatspantheons; Falkenstein, in: MDOG 85, S: 12). Tempelbauten für rein kassitische Götter sind überhaupt nicht bekannt (wir kennen sie nur über Namen, die teilweise indoeuropäische Züge tragen: zB. Schipak; vgl. K. Balkan, Kassitenstudien Bd. I, S. 99ff.).
Die persönlichen Schutzgötter der Königsfamilie („Götter des Königs“) waren kassitische Berggötter (Schuqamuna und Schumalija). Ihr Kult reicht bis in die assyrischen Palastkulte im 1. Jt. v.Chr (Zt. Assarhaddon). Eine parallele „spontane“ Verehrung eines „neuen“ Gottes, sowie dessen nachträgliche Verfehmung kennen wir aus dem kassitischen Raum gar nicht. Traditionelle Inhalte und Formen der Religion blieben auch in der Kassitenzeit unangetastet bestehen.

Die Errichtung einer eigenen Residenz ist bereits diskutiert worden. Der heilige Bezirk der Zikkurat von Aqarquf beherbergte Heiligtümer mehrere Götter (zB. Enlil, dem der Komplex geweiht war, Ninlil und Ninurta), was kaum eine Monotheismus-Theorie unterstützen dürfte. Im Übrigen denke man an die zahlreichen neuen Residenzgründungen der neuassyrischen Epoche (Chorsabad u.a.), die keineswegs einen „Traditionsbruch“ oder eine „Revolution“ ausdrücken, sondern entweder strategischen Gesichtspunkten folgten oder die eigene Machtpolitik untermauern sollen (Sanherib verlegt die Residenz nach Ninive zurück, als Sargon II. im Krieg fällt und das Königtum daher geschwächt wirkt). Die häufige Zahl der Residenzwechsel spricht eher für ein übliches procedere. Die Palast-Architektur entleht sich aus der mesopotamischen Bautradition (zB. Palast v. Mari und Nuzi (Jorgan Tepe) und wird kaum verändert von den mittel- und neuassyrischen Königen aufgegriffen; vgl. Chrosabad, Nimrud, Ninive; vgl. P. Matthiae, Geschichte und Kunst im Alten Orient, Stuttgart 1999).

Ein reiches Pantheon im offiziellen wie privaten Bereich bezeugen auch die zahllosen Götter-Symbole der Kudurrus (fast alle dieser Götter gehören dem Kreis des altbabylonischen Pantheons an: Ischtar, Sin, Schamasch, Ischchara, Nusku u.a.).
Daneben wurden alle wichtigen Kultzentren weiterhin gepflegt und restauriert (zB. in Ur und der Karaindash-Tempel in Uruk). Bei Abriss und Neubaufbau eines verfallenen Tempels wurden dessen Grundrisse beibehalten. Auch hier gibt es also keinen Bruch mit Traditionen aus religiöser oder ideologischer Motivation! Einige der kassitischen Neubauten zB. der kassitische Tempel in Uruk, wurden bis in neubabylonische Zeit (Sargons II. aus dem 8. Jh.) benutzt.
Eine monumentale Königsstatue nennt in sehr holprigem Sumerisch die Bemühngen des König Kurigalzu um die „Wiederingangsetzung althergebrachter Kulte. Ähnliches hören wir in einer Schenkungsurkunde, in der die Fürsorge für Ur, Uruk und Eridu, die Erbauung des Anu- und des Ischtartempels und die Festsetzung der Abgaben für die grossen Götter verzeichnet wird. Der „König der Gesamtheit“ und „Berufene der Götterherrn“ nennt hier Ischtar seine erhabene Herrin, die ihm zur Seite geht und sein Heer erhält, seine Untertanen hütet und seine Widersacher niederwirft.“ (H. Schmökel, Geschichte des Alten Vorderasien, Leiden 1957, S. 175). In dieser Inschrift werden auch die Götter Igigi, Anunnaki und Nanna, Ninchursag (?), Ninisinna und Nergal genannt. Von Monotheismus also keine Spur!

Auch in künstlerischer und literarischer Hinsicht ist kein Traditionsbruch festzustellen (H. Klengel, Kulturgeschichte des alten Vorderasien, Berlin 1989, S. 320; „die Kunst (der Kassiten - Gast_A.) verläßt nur selten die ererbten Bahnen“ H. Schmökel, Geschichte des Alten Vorderasien, Leiden 1957, S. 171). Allerdings ist gegen eine direkte Übernahme eines Motivschatzes aus dem kassitischen Raum nach Ägypten einzuwenden, dass die Figuren der jungkassitischen Wandmalereien (zB. aus dem Palast „Egal-Kisara“ von Dur-Kurigalzu) oder der kassitischen Kudurrus gedrungen und sehr massig wirken, also keine Parallele zum grazilen, sehr überlängten Stil der Amarnazeit aufweisen. Allerdings bezeugen die vereinzelten rundplastischen jungkassitischen Stücke – zB. der „Terrakottakopf“ aus Dur-Kurigalzu – einen feinen und naturalistischen Stil (A. Spycket, La Statuaire du proche-orient ancien, Leiden-Köln 1981, Pl. 195 – Spyckert kann jedoch m.E. recht überzeugend zeigen, dass dieses Stück, das immer als Portrait eines Kassiten gehalten wird, eventuell einen syrischen Prinzen darstellt S. 296).

Auch die Glyptik der Frühkassiten setzt Traditionen der babylonischen Zeit fort (H. Frankfort, Cylinder Selas, London 1939, S. 180f.), bringt aber auch Innovationen (so erscheint erstmals der Gott Nabu auf Siegeln; auch Hunde, Vögel, Wage und „kassitisches Kreuz“). Daneben zeichnen sich die Figuren der kassitischen Siegel durch eine überlängte Körperform aus, die die früheren babylonischen Tendenzen fortsetzt s. B. Hrouda, Vorderasien I, München 1971, S. 185). Die mittelkassitische Phase (v.a Burnaburisch II.) zeichnet sich in der Siegelkunst und Ritzzeichnungen durch „belebte und naturnahe Darstellungen“ aus. Allerdings bleibt auch hier die Motiv traditionsverhaftet und aus den wenigen Objekten (v.a. die Szene „Löwe und Wildschwein“ O. Reuther, Die Innenstadt von Babylon (Merkes), WVDOG 47, Leipzig 1926, Tf. 7f. – Zuweisung zu Kassiten allerdings spekulativ!) kann kaum eine eigenständige kassitische „Schule“ rekonstruiert werden.
...
> Antwort auf Beitrag vom: 14.02.2004 um 00:38:29  Gehe zu Beitrag
Gast_A.  maennlich
Member



Re: Babylon und die Schlußphase der 18. Dynastie 
« Antwort #27, Datum: 14.02.2004 um 01:07:19 »   

...
In der Glyptik begegnen zahlreiche altbekannte Götter (Lugalbanda, Shamash, Marduk). Eine Sondergruppe der kassitischen Siegel wurde von B. Hrouda untersucht und in dessen Ikonographie und Stil dem ägäischen Raum zugeordnet. Allerdings wäre es auch möglich, dass hier ein ägyptischer Kunsteinfluss merkbar ist (so W. Orthmann, Der alte Orient, Berlin 1985, S. 57), also genau anders herum als von Ti vorgeschlagen.
In der Kassitenzeit werden Symbole und Ikonen der vorausgehenden Epochen verstärkt kanonisiert und vereinheitlicht bzw. Themen der vorausgehenden Epoche konkretisiert (dies ist auch in der kassitischen Literatur festzustellen, die babylonische Mythen und Epen aufgreift und redaktionell aufarbeitet).

Von einer monotheistischen Tendenz der babylonischen und kassitischen Theologie zu sprechen ist sicher falsch (W. v. Soden, Leistung und Grenze sumerischer und babylonischer Wissenschaft, S. 57ff.). Derartige Artikulationen begegnen in kassitischen Texten nie (zu den Göttersammlungen auf den Kudurrus s.o.). Die besagte Stelle aus dem Fischer Atlas ist also reichlich phantasievoll und wohl v.a. aus dem Grund gewählt, das zuvor gesagte irgendwie zu untermauern. Leider eine gängige „Methode“

Auch im wirtschaftlichen Bereich lassen sich kaum Bezüge zwischen Kassiten und Ägypten herstellen. Die kassitische Gesellschaft basierte auf privatem Grundbesitz (Kudurrus), der in der Hand höherer Adels-, Priester- und Beamtenschichten war. Die größe der Besitzung lässt Schlüsse auf ein Stames-/Sippensystem zu. Die 80-1000 Hektar Land pro Grundbesitzer konnten 80-800 Personen ernähren und ergäben somit das Bild eines polyzentristischen Systems, in dem ein Sippenchef über einen größeren Untergebenen- und Familienverband verfügte und somit weitgehend unabhängig vom König wirtschaften konnte (vgl. W. Sommerfeld, The Kassites of Ancient Mesopotamia, in: Civilisations of the Ancient Near East Bd. II, NY 1995, S: 921ff.). W. v. Soden spricht hier von einem „Feudalsystem“ mit einem städtischen Bürgertum (Einführung in die Altorientalistik, Darmstadt 1985, S. 76), was allerdings von Sommerfeld abgelehnt wird (S. 923), da der kassitische König keine übergeordnetes Recht zur Landvergabe bzw. nicht alleiniger Besitzer des Territoriums war. Auch er musste sich an die bestehende Landverteilung halten. Es gibt also keinerlei Parallelen zum ägyptischen Wirtschaftssystem der Amarnazeit!

Generell ist einzuwenden, dass die frühkassitische und v.a. die mittelkassitische Phase (nach der Glyptik klassifiziert: 1370/60-1300), die mit der Amarnazeit zusammenfällt kaum in größeren Kunstobjekten oder Architekturrelikten für uns greifbar ist. Auch sind die 17 Jahre der Amarnazeit wohl reichlich kurz um nachhaltig Einfluss ausgeübt zu haben. Denn sehr viel früher können keine gravierenden Kulturkontakte im königlichen Milieu stattgefunden haben. Kurigalzu I. nimmt mit Amenophis III. in dessen 30-38 Jahr Kontakt auf und verheiratet kurz vor dem Tod des Pharao seine Tochter an den Ägypter. In die Zeit des Echnaton (um das Jahr 15) fällt dann die Hochzeit zwischen dem „Ketzerkönig“ und der Tochter des Kassiten Burnaburisch II. Da kaum anzunehmen ist, dass die Tochter des Kurigalzu als nichtägyptische Nebenfrau des Amenophis sehr viel Einfluss auf den jungen Echnaton gehabt haben dürfte, blieben also nur 2-3 Jahre, in denen Echnaton direktem kassitischen Kontakt ausgesetzt gewesen sein dürfte. Natürlich ist zu erwägen, ob Echnaton selbst im Harim von Abu Gurob aufgezogen worden ist und eventuell dort mit der Tochter Kurigalzus Kontakt hatte. Von einer nachamarnazeitlichen Verfehmung kassitischen Gedankengutes ist aus Ägypten jedoch auch nichts bekannt. Auch begegnen keine kassitischen Beamten unter Echnaton, was doch bei einem "Kassiten-Fan" zu erwarten wäre. Ausserdem ist es sehr fraglich ob die Kassiten vor und während der Amarnazeit über ausreichend (kulturellen) Einfluss verfügten, derart umwälzende Veränderungen in Ägypten hervorzurufen. Man berücksichtige auch, dass innerhalb der kassitischen Kultur keine parallele Entwicklung wie in Ägypten nachvollzogen werden kann (s.o. gegen den Weltgeschichtsatlas).

Ich finde dagegen den v.a. von Hrouda vertretenen Ansatz recht interessant, ob nicht bei gewissen kassitische Innovationen (Naturalismus, kinematographische Szenerien) mit einem deutlichen Einfluss der Ägäis (Spätminoisch II-IIIA1) zu rechnen ist. Die zahlreichen kretischen Palastmalereien im syrisch-ägyptischen Raum und die eindeutigen kretischen Keramikdekorationen der Zeit sprechen für diese Theorie (vgl. W. Helck, Die Beziehungen Ägyptens und Vorderasiens zur Ägäis bis ins 7. Jahrhundert v. Chr., Darmstadt, 1995).

Resumé: Keine kulturellen Parallelen, keine gleiche Entwicklung une keine religiösen Übereinstimmungen! Wo soll da die geistige Quelle der "Amarnarevolution" am kassitischen Hof gesucht weren?

Gruss A.


EIne umfassende Literaturliste zur neueren Kassiten-Forschung bei
W. Sommerfeld, The Kassites of Ancient Mesopotamia, in: Civilisations of the Ancient Near East Bd. II, NY 1995, S. 930.
Zu Dur Kurigalzu:
T. Baqir, Iraq 7 (1944/45), 1946 Suppl.
> Antwort auf Beitrag vom: 14.02.2004 um 00:55:34  Gehe zu Beitrag
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