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   Sumerische Lektüre (12)
  Autor/in  Thema: Sumerische Lektüre
NebTauiAmunRe  maennlich
Member



Sumerische Lektüre Volk_03.jpg - 201 KB
« Datum: 29.07.2004 um 13:58:26 »   

Hallo!

Ich habe mich entschlossen, hier ein wenig mehr altorientalisches Feeling hineinzubringen. Deshalb werde ich hier, in diesem Topik ein paar leichte, sumerische Texte präsentieren:

Beginnen möchte ich mit einer Bau- und Weihinschrift. Das ist der einfachste Inschriftentypus.

Die Umschrift dazu lautet:

i:1  {d}nanna(SZESZ.KI)
i:2  lugal-a-ni
i:3  ur-{d}namma
i:4  lugal-urim5(SZESZ.AB){ki}-ma-ke4
ii:1 e2-a-ni
ii:2 mu-na-dru2
ii:3 bad3-urim5(SZESZ.AB){ki}-ma
ii:4 mu-na-dru2

Die beigefügte Umzeichnung zeigt links das Original und rechts die Umsetzung in neuassyrischen Zeichenformen. Nun zur Grammatik. Diese Inschriften sind so aufgebaut, dass am Beginn der Weiheempfänger plaziert wird. In diesem Fall ist es Nanna, der Mondgott. Er wird mit den beiden Zeichen SZESZ und KI geschrieben, die zusammen /nanna/ gelesen werden. Davor kommt das Gottesdeterminativ {d} (für dingir = Gott). In der zweiten Zeile der ersten Kolumne folgt ein Epitheton für diesen Gott: lugal-ani-ra. Das Dativzeichen /ra/ fällt in diesen Inschrift häufig aus. Es gibt jedoch spätere Schreibungen - lugal-a-ni-ir -, bei denen es wieder auftaucht und eindeutig rekonstruiert werden kann. lugal heißt "König", ani ist das Possessivum der 3.sg., also: "Für Nanna, seinen König".
In den nächsten beiden Zeilen befindet sich das Subjekt des Satzes, dass im Sumerischen durch einen eigenen Kasus, den sog. Ergativ (-e) gekennzeichnet ist. Dabei tritt der Kasus immer am Ende der Kette hin. Der Ergativ steht nur beim Subjekt eines transitiven Satzes, also eines Satzes, der ein Objekt aufweist. Der Absolutiv im Gegensatz dazu ist der Kasus des Subjekts des intransitiven Satzes bzw. des Objekts des transitiven Satzes. Das mag kompliziert klingen, ist es aber im Grunde genommen nicht.
In dieser Inschrift brauchen wir den Ergativ, da es sich um einen objektbeinhalteten Satz handelt. In Z. i:3 befindet sich der Name des Weihegebers: Ur-Namma. Es handelt sich dabei um den ersten König der III Dynastie von Ur. Sein Epitheton steht in der nächsten Zeile (analysiert): lugal-Urim-ak-e. Urim ist die sum. Schreibung für die Stadt Ur. Sie wird mit den beiden Zeichen SZESZ und AB(/UNUG) geschrieben. /ak/ ist das Genetivmorphem, das jedoch niemals mit dem Zeichen /ak/ geschrieben wird, sondern immer von den umliegenden Zeichen sozusagen verschluckt wird. Das /e/ am Schluß ist der Ergativ-Kasus. Er wird hier ebenfalls verschluckt im Zeichen ke4, dass das Ende des Genetivs und den Ergativ beinhaltet.
In Z. ii:1 folgt nun das Objekt, also der Absolutiv des Satzes: e2-a-ni. e2 = "Haus", ani ist wieder das Possessivum, also "sein Haus". Der Absolutiv ist ein Kasus, der nicht gesondert markiert wird!
In Z. ii:2 folgt das Verb: mu-na-dru2. Die Basis des Verbs ist dru2, die "bauen" bedeutet. Das erste Zeichen in der Zeile ist mu. Es ist das Konjugationspräfix, das jedes Verb benötigt. Danach sieht man na, dass auf den Dativ in der zweiten Zeile der Inschrift verweist. Ich nehme hier mal vorweg, dass es sich um eine Vergangenheitsform handelt (dazu später mehr). Wenn man diese Verbalform analysiert, schreibt man: *mu-n.a-(n.)dru2. Das /n/ in der Klammer verweist auf den Ergativ zurück und muss in dieser Zeit häufig rekonstruiert werden.

Danach folgt in ii:3 noch einmal ein weiteres Objekt und zwar die "Mauer (bad3) von Ur" (analysiert *bad3-Urim-ak).

Viel Spaß damit

NebTauiAmunRe

« Letzte Änderung: 03.08.2004 um 13:56:26 von NebTauiAmunRe »


- Vollbild -
Iufaa  maennlich
Moderator



Re: Sumerische Lektüre 
« Antwort #1, Datum: 29.07.2004 um 14:46:39 »   

Hallo Neb,

Zitat:
Ich habe mich entschlossen, hier ein wenig mehr altorientalisches Feeling hineinzubringen.

kennst Du schon unseren Disclaimer bezüglich dieses Forums:


Zitat:
Was sollte ich vorher wissen?
Dieses Forum diskutiert Fragen zur klassischen Ägyptologie (Stichworte: Historie, Mythologie, gesellschaftliche Strukturen, politische und andere Bezüge zum historischen Umfeld, etc.). Fragen zu alternativen Theorien oder zu Verbindungen mit neuzeitlichen Geistesbewegungen (Stichworte: Okkultimus, EvD, etc.) bitten wir, in einem geeigneteren Forum zu posten. Das "benben Forum" beschäftigt sich auch mit alternativer Ägyptologie.


Nur zur Erinnerung, Iufaa
> Antwort auf Beitrag vom: 29.07.2004 um 13:58:26  Gehe zu Beitrag
Haremhab  maennlich
Member



Re: Sumerische Lektüre 
« Antwort #2, Datum: 29.07.2004 um 15:16:26 »   

@ Iufaa!

Wenn ich mir die anderen Post von NebTauiAmunRe der letzten Tage ansehe: Vielleicht gab es ja Ägypter, die Sumerisch sprachen, so wie es vielleicht auch Bibliotheken unter den Pyramiden gibt (vielleicht mit sumerischen Büchern?).

Wenn das so wäre, würde das Thema doch hier ins Forum passen!!

Schönen Abend

Haremhab

p.s. ich schimpf ja auch manchmal über Dich, aber so ein Admin hat's wohl nicht leicht. Auch wenn ich jetzt eine Schleimspur gelegt habe, wie andere Posts es so geschmackvoll aussagten!
> Antwort auf Beitrag vom: 29.07.2004 um 14:46:39  Gehe zu Beitrag
Iufaa  maennlich
Moderator



Re: Sumerische Lektüre 
« Antwort #3, Datum: 29.07.2004 um 15:58:53 »   

Hi Haremhab,

solange er den Bezug zu Ägypten klar herausstellt, passt es auch ins Forum - aber ein sumerischer Sprachkurs?

Iufaa
> Antwort auf Beitrag vom: 29.07.2004 um 15:16:26  Gehe zu Beitrag
NebTauiAmunRe  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Sumerische Lektüre 
« Antwort #4, Datum: 29.07.2004 um 16:37:41 »   

Also sich nur auf Ägypten zu konzentrieren, ist doch ein wenig einseitig. Ich habe mich lange Zeit mit Ägypten beschäftigt. Doch die Kulturen östlich davon sind ebenso bedeutend und passen sicher in diesen Bereich hinein, besonders im Themenbereich NACHBARLÄNDER!!!!!!!

Außerdem gibt es auch so etwas Ähnliches in Ägypten. Man könnte Vergleiche herstellen. Die grammatischen Bezüge habe ich nur herausgestellt, weil Sumerisch eine höchst komplexe Grammatik hat. Das liegt aber auch daran, da noch vieles nicht erforscht ist.

Ich wär sehr enttäuscht, wenn dieses Topik auch gesperrt werden würde. Es schadet hier sicher niemanden!

Es gibt sicher den einen oder anderen, den das interessiert. Ich kann auch akkadische, elamische, hethitische und altpersische Texte bringen. Wer also mehr davon haben möchte, soll das hier bitte schreiben. Falls nicht, werde ich ab und zu dennoch ein paar Texte hier präsentieren.

Immerhin war das Akkadische die lingua franca des gesamten Orients einschließlich Ägyptens! Ägyptische Hieroglyphen allerdings findet man im Alten Orient relativ selten, höchstens auf assyrischen Beutestücken aus der Levante oder auf der Statue von Dareios. Das heißt schon was.

NebTauiAmunRe
« Letzte Änderung: 29.07.2004 um 16:40:17 von NebTauiAmunRe »
> Antwort auf Beitrag vom: 29.07.2004 um 15:58:53  Gehe zu Beitrag
Iufaa  maennlich
Moderator



Re: Sumerische Lektüre 
« Antwort #5, Datum: 29.07.2004 um 17:30:54 »   

Hi Neb,


Zitat:
Ich wär sehr enttäuscht, wenn dieses Topik auch gesperrt werden würde. Es schadet hier sicher niemanden!

das ist nicht eine Frage von Schaden, sondern z.B. einfach eine Frage, wofür die Leute, die hier das Forum finanzieren, ihr Geld ausgeben möchten.
Und das denke ich, haben wir doch in unserem Disclaimer gesagt.

Ansonsten freue ich mich, und andere sich sicherlich auch, wenn wir Neues über die Beziehungen zwischen dem alten Ägypten und dem Vorderen Orient lernen.

Gruss, Iufaa
> Antwort auf Beitrag vom: 29.07.2004 um 16:37:41  Gehe zu Beitrag
Amunet  
Gast

  
Re: Sumerische Lektüre 
« Antwort #6, Datum: 29.07.2004 um 22:28:56 »     

Hallo alle zusammen,


ich bin zwar fast immer "nur Mitleser"   aber auch zum lernen hier ... und darum fände ich die Sache mit der Erklärung der sumerischen Schriftzeichen auch ganz interessant. Zu mal ich diesbezüglich (wenigstens bis jetzt) nichts entsprechendes dazu im Internet gefunden habe, finde ich das Angebot von NebTauiAmunRe (vielleicht ein wenig eigenmächtig aber)eigentlich ganz ok.   Ich kann natürlich auch die Argumente der Administratoren verstehen, aber wenn es nicht den Rahmen sprengt, wäre es doch in Ordnung, finde ich.  

Mit freundlichen Grüßen
von Amunett
> Antwort auf Beitrag vom: 29.07.2004 um 17:30:54  Gehe zu Beitrag
Amun-Re  
Gast

  
Re: Sumerische Lektüre 
« Antwort #7, Datum: 29.07.2004 um 23:44:33 »     

Hallo Leute
@Haremhab und Iufaa
mal eine Frage an unsere beiden Experten. In welcher Sprache wurde Diplomatische Nachrichten in Ägypten verfaßt?? Vielleicht in akkadischer Keilschrift?? Zumal Assyrer und Babylonier Nachfahren der Akkadier waren und auch die Hethiter die akkadischen Götter verehrt haben.

Und jetzt wird richtig interessant, um 3.000 v. Chr. siedelten sich die semitischen Akkadier in Nordmesopotamien an und übernahmen von ihren fortschrittlicheren südmesopotamischen Nachbarn, die rein zufällig die S U M E R E R waren, ihre Schrift und Götterbilder. Mit anderen Worten jede Keilschrift Nachricht die jemals von einen ägyptischen Pharao verfaßt wurde war S U M E R I S C H.

Nachzulesen in Helmut Uhlig - Die Sumerer und Barthel Hrouda - Mesopotamien - Die antiken Kulturen zwischen Euphrat und Tigris.

MfG

Amun-Re

> Antwort auf Beitrag vom: 29.07.2004 um 22:28:56  Gehe zu Beitrag
NebTauiAmunRe  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Sumerische Lektüre 
« Antwort #8, Datum: 30.07.2004 um 10:17:40 »   

Hallo Amun-Re!

Das stimmt schon alles, was du da sagst. Aber man muss da ein wenig vorsichtig sein. Sumerisch ist eher die Sprache an sich, weniger die Schrift. Aber es stimmt schon, dass die Akkader die Keilschrift von den Sumerern übernahmen, höchstwahrscheinlich bereits relativ früh.
Obwohl die Assyrer und Babylonier Nachfolger der Dynastie von Akkade waren (dazwischen war aber noch eine sumerische Dynastie = III. Dynastie von Ur), schrieben sie dennoch bis in die Spätzeit Akkadisch (mit dialektalen Unterschieden). Also, kann man das schöne Altbabylonisch, ist man auch - mit etwas Übung - fähig, bspw. neuassyrische Texte zu lesen, obwohl es da Unterschiede in der Keilschrift gibt, die relativ stark sind. Aber abgesehen davon, hat sich die Sprache in dieser relativ langen Zeit kaum verändert.


Keine Sorge, ich werde schon schauen, dass ich den Rahmen hier nicht sprenge. Aber ab und zu möchte ich einen kleinen Text aus dieser unüberschaubaren Fülle an Textmaterial präsentieren. Und danke für den Vorschlag. Ich werde auch die Zeichen erklären, auf welche Bildzeichen sie zurückgehen, soweit das bekannt bzw. vermutet ist. Es gibt, soweit ich weiß, keine gute Publikation über dieses Thema, wenn man mal von der Zeichenliste von Labat oder von den Arbeiten von Englund absieht.

Übrigens, - ich denke das ist für alle interessant - es gab eine kurze Zeit lang auch eine Art Hieroglyphenschrift, und zwar zur Regierungszeit Asarhaddons, die findet sich aber nur auf ein paar Bronzestreifen.

NebTauiAmunRe
> Antwort auf Beitrag vom: 29.07.2004 um 23:44:33  Gehe zu Beitrag
Gast_A.  maennlich
Member



Re: Sumerische Lektüre 
« Antwort #9, Datum: 30.07.2004 um 18:03:01 »   

Hallo NebTauiAmunRe,

ich finde die Idee ausgezeichnet... Ägypten fristet ja in der Forschung und Literatur gerne ein Dasein auf einer einsamen Insel... allerdings fände ich im Bezug auf die Ausrichtung des Forums - und die ist nun einmal ALTÄGYPTEN - eine Lektüre akkadischer oder kanaanäischer Quellen sinnvoller.
Wie wäre es doch naheliegenderweise mit der Amarnakorrespondenz? Hier könnten die Forumsmitglieder inhaltlich mitreden - grammatikalische wie lexikalische Besonderheiten würdest Du natürlich erklären.
Jede Woche einen Brief? Und wer fleissig ist, kann ja Hausaufgaben machen

Bin gespannt,

Gruß A.
> Antwort auf Beitrag vom: 30.07.2004 um 10:17:40  Gehe zu Beitrag
NebTauiAmunRe  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Sumerische Lektüre 
« Antwort #10, Datum: 30.07.2004 um 18:08:32 »   

Eine sehr gute Idee. Mal sehen, ich habe dazu noch einige Materialien zu Hause. Also die Sprachstufe der Amarnakorrespondenz ist Mittelbabylonisch, die sich einigermaßen vom Altbabylonischen unterscheidet, aber ansonsten kein Problem darstellt.

Aber dazu öffne ich ein eigenes Topik. Trotzdem möchte ich hie und da auch einen kleinen sumerischen Text präsentieren, alleine schon in Bezug auf die Zeichen.

NebTauiAmunRe
> Antwort auf Beitrag vom: 30.07.2004 um 18:03:01  Gehe zu Beitrag
NebTauiAmunRe  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Sumerische Lektüre Volk_05.jpg - 228 KB
« Antwort #11, Datum: 03.08.2004 um 14:04:06 »   

Text 2:

Die nächste Bau- und Weihinschrift, die ich präsentieren möchte, stammt aus der Zeit des Gudea. Gudea war der wohl bedeutendste Stadtfürst des Stadtstaates von Lagash und lebte ca. zur Zeit von Ur-Namma, dem ersten König der III. Dynastie von Ur. Der Text ist wieder - wie der erste Text - aufgebaut:
- Weiheempfänger (Gottheit)
- Weihegeber (Stadtfürst)
- Weiheobjekt
- Aktion

Transliteration:
1   {d}nin-gisz-zi-da
2   dingir-ra-ni
3   gu3-de2-a
4   ensi2(PA.TE.SI)-
5   lagasz(SZIR.BUR.LA){ki}
6   lu2 e2-ninnu-
7   {d}nin-gir2-su2-ka
8   in-dru2-a
9   e2-gir2-su2{ki}-ka-ni
10  mu-na-dru2

Übersetzung:
(1) Für Ningiszzida, (2) seinen Gott, (3) hat Gudea, (4) der Stadtfürst (5) von Lagah, (6) der Mann, der das Eninnu (7) des Ningirsu (8) gebaut hat, (9) sein Haus von Girsu (10) gebaut.
« Letzte Änderung: 03.08.2004 um 14:06:54 von NebTauiAmunRe »


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> Antwort auf Beitrag vom: 30.07.2004 um 18:08:32  Gehe zu Beitrag
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