Zitat:
Ich würde gern wissen, welche Aspekte der Ma'at / des Willen Gottes in Quellen der Kadesch-Propaganda zu finden sind. |
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Zunächst ist voranzustellen, dass Assmanns Ma’at-Konzept auch wirklich nur ein Konzept unter vielen ist und auch keine stringente archäologisch-textlich belegt Beweisführung darstellt. Wie bei jeder Kultur- und Sinngeschichte handelt es sich um eine Datenauslegung im größeren Rahmen, nicht um akribische Detailarbeit. Da Ma’at „nie klar dargelegt worden ist“ und immer „aufällig verschleiert bleibt“ (W. Helck, in: LÄ III, Sp. 1116), ist auch Assmanns sehr überzeugendes Konzept v.a. als Theorie zu betrachten. Dass es auch andere Auffassungen des Themas gibt, belegt zB. W. Helcks Beitrag „Maat“ im Lexikon der Ägyptologie, Bd. III Sp. 1110-1119, oder E. Hornung, Der eine und die Vielen, Bamberg, 1993. Wenn dich diese Frage interessiert, solltest du neben deinem zitierten Schmöker vielleicht auch mal J. Assmann, Krieg und Frieden im alten Ägypten: Ramses II. und die Schlacht bei Kadesch, Mannheimer Forum, Mannheim 1983-1984, 175-231 versuchen. Hier behandelt der Altmeister diese Fragen genau (auch gut: T. von der Way, Die Textüberlieferung Ramses' II. zur Qadeš-Schlacht. Analyse und Struktur, Hildesheimer Ägyptologische Beiträge, 22, 1984 sowie H. Goedicke ed., Perspectives on The Battle of Kadesh, Baltimore 1985). Ich möchte einige weitere Passagen aus Assmanns Opus zitieren, die mir in deinem Fall wichtig erscheinen und für Personen, die Assmann vielleicht nicht im Schrank haben hilfreich sein dürften: Assmanns Ma’at-Konzept im Detaik: „Ma’at als Personifikation der konnektiven Gerechtigkeit wird zwar auch als Göttin des Rechts verehrt, und der Wesir als der oberste Richter ist ihr Hohepriester. Niemals aber erscheint Ma’at als Gottheit, die belohnend oder strafend auftritt. Der Ägypter des Mittleren Reichs hat diese Funktion nicht theologisiert. Die konnektive Gerechtigkeit war nicht die Sache der Götter, sondern der Menschen, und zwar, wie wir sehen gesehen haben, des sozialen Gedächtnisses, das zum „Füreinander-Handeln“ befähigt. Dass das gute sich lohnt, liegt daran, dass für die Guten gehandelt wird. Es sind die anderen, die für ihn handeln, nicht die Göttin Ma’at. Der Mensch ist für den Tun-Ergehen-Zusammenhang selbst verantwortlich. Daher ist er keine Dimension der Gottesnähe. Das Tun und Sagen der Ma’at bringt ihn Gott nicht näher. Die Theologie des Willens bedeutet demngegenüber eine Theologisierung der konnektiven Gerechtigkeit. Jetzt wird das Tun des Guten ein Akt der Frömmigkeit. Der Gerechte ist Gott nahe (...) Ma’at ermöglicht nicht erst im Tode, sondern schon im Leben Gottesnähe.“ (J. Assmann, Eine Sinngeschichte, S. 269). weiter heisst es: „Überall wo Amun-Re in den Hymnen des Neuen Reichs „Herr der Ma’at“ genannt wird, erscheint er als ethische Instanz, die über die soziale Gerechtigkeit auf Erden - und nicht über die kosmische Ordnung! – wacht. Die „Theologie des Willens“ setzt Gott und Ma’at in eine besonders enge Verbindung. Aber nun beschränkt sich dieser Wille nicht mehr auf das Einsetzen eines Königs, dem dann die Verwirklichung der Ma’at auf Erden obliegt, jetzt sorgen die Götter selbst, belohnend und strafend für Gerechtigkeit“ ... Bei diesen in Bild und Inschrift in allen großen Landestempeln und sogar als literarisches Werk in Papyrushandschrift verbreiteten Darstellung der Schlacht bei Kadesch handelt es sich um die dankbare Verkündung eines Gunsterweises, einer Errettung aus höchster Not, genau wie bei den Dankstelen einfacher Leute aus Deir el-Medine. Ramses II. hat sich der Hand Gottes anvertraut und Gottes Hand hat ihn errettet.“ „(J. Assmann, Ma'at - Gerechtigkeit u. Unsterblichkeit im alten Ägypten, S. 261f.). Assmanns These der ramessidischen „Persönlichen Frömmigkeit“ lässt sich auch etwas knapper darstellen: „Gott ist in der Ramessidenzeit Schöpfer, Erhalter und soziale Instanz“ Dieses Konzept soll nach Assmann ja nach dem traumatischen Erlebnis von Amarna (die Häresie des Echnaton) entstanden sein und sich v.a. in den kriegerischen Aktionen der ramessidischen Pharaonen niederschlagen: „Die religiöse Begründung der militärischen Aktionen wird im Laufe der Zeit immer sichter und intensiver, die religiöse Symbolik des Krieges immer reicher. Auch hier markiert die Schlacht bei Qadesch einen Höhepunkt. Hier wird die Rettung in höchster Not nämlich auf eine Intervention Amuns selbst zurückgeführt. Merenptah geht in seiner Schilderung der Libyerkriege noch einen Schritt weiter. Er stellt das Motiv der göttlichen Beauftragung in der Form eines Traumorakels dar, in dem ihm Ptah selbst das Sichelschwert des Krieges überreicht habe. Auch sei dem irdischen Kampfgeschehen ein Rechtsstreit im Himmel vorausgegangen, bei dem der libysche Gegner bereits von den Göttern verurteilt worden sei, so daß der Kampf Merenptahs nur noch eine Vollstreckung eines göttlichen Urteils und insofern ein „heiliger Krieg“ ist. Krieg und Religion gehen im Neuen Reich eine immer engere Verbindung ein. Auf der ideologischen Ebene entwickelte sich aus dieser Verbindung eine Geschichtstheologie, die die Geschichte aus dem planenden Willen und den Interventionen Gottes hervorgehen läßt.“ (J. Assmann, Eine Sinngeschichte, S. 230). ...
> Antwort auf Beitrag vom: 28.09.2003 um 14:47:34
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