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   Echnaton, Semenkhkara oder wer krückt hier rum (42)
  Autor/in  Thema: Echnaton, Semenkhkara oder wer krückt hier rum
Iufaa  maennlich
Moderator



Echnaton, Semenkhkara oder wer krückt hier rum 
« Datum: 27.02.2005 um 14:14:01 »   

In der Zeitschrift kmt, Nr. 15, vom Winter 2004/2004 bereicherte Earl L. Ertman die Diskussionen bzgl. der Identifikation der auf Berliner Relief 1500 dargestellten Personen durch neue Überlegungen.
Das bemalte und versenkte Relief (unten links eine Gesamtansicht) zeigt ein junges königliches Paar aus der Amarna-Zeit. Das Relief trägt keine Inschriften und auch die Fundumstände lassen wohl keine Schlüsse auf die Personen zu.

Schon frühzeitig vermutete man, die Personen seien Semenkhkara und seine Gemahlin Meritaton (älteste Tochter von Echnaton und Nefertiti), die ihren Gatten - nach allgemeiner Ansicht - Mandragora (Alraune) und Knospen reicht, die Erneuerung der Gesundheit und der Vitalität symbolisieren.



Mandragora wurde vielfältig in der Medizin eingesetzt, die Blätter dienten zur äusserlichen Behandlung von Geschwüren, den Wurzeln wurden schmerzlindernde, betäubenden und aphrodisierende Eigenschaften anchgesagt (Germer, Heilpflanzen der Ägypter, 2002; Westendorff, Erwachen der Heilkunst, 1992).

Das die Gesundheit der kgl. Mannes angegriffen ist, lässt die schwach und gebrechlich Gestalt vermuten. Nach Ansicht von Ertman stützt sich der Mann offensichtlich auf eine blaue, T-förmigen Krücke (mittleres Bild), auf deren Querstande die rechte Schulter ruht. Der vordere Teil der obere Querstange läuft - schwer erkennbar - am Rand des Halskragens entlang (siehe rechtes Bild, die beiden roten Pfeile verweisen auf den Querstab). Hier handelt es sich eindeutig nicht um einen der üblichen Stäbe wie man sie aus dem Grabe des Tutankhamun kennt. Unter den dort gefundenen Stäben fand sich keine Krücke.


Iufaa  maennlich
Moderator - Themenstarter



Re: Echnaton, Semenkhkara oder wer krückt hier rum 
« Antwort #1, Datum: 27.02.2005 um 14:30:56 »   

Weiterhin verweist Ertmann auf eine Besonderheit in der Darstellung der kgl. Dame, die seiner Ansicht nach für die Identifikation der Personen bedeutsam ist.

Ganz unzweifelhaft trägt die Dame an der blauen Kappe zwei königliche Üräen gekrönt von Sonnenscheiben (linke Abbildung). Nach Ansicht des Autors findet man zwei Uräen, gekrönt von Sonnenscheibe, häufig in Darstellungen von Nefertiti - aber nur bis zum Regierungsjahr 9 des Echnaton (z.B. an den Ecken von dessen Sarkophag).
Darüber hinaus sollen doppelte, nach oben gebogene Linien (rechte Abbildung) auf dem Bauch der Königin auf Mehrfachgeburten verweisen (der Autor zirtiert hier Untersuchungen von R. Johnson bzgl. Darstellungen von Tiye und Nefertiti). Mehrfachgeburten würde auf ein fortgeschrittenes Alter deuten und somit Meritaton - und alle anderen Töchter von Echnaton und Nefertitit - als dargestellte Person ausschließen.

Nach Ansicht des Autors zeigt der Block daher frühe, untpyische Darstellungen von Echnaton und Nefertiti.

Iufaa

Earl L. Ertman ist emeritierter Professor f. Kunstgeschichte der Universität von Akron, Ohio, und Experte für die Amarnazeit
> Antwort auf Beitrag vom: 27.02.2005 um 14:14:01  Gehe zu Beitrag
Irjnefer_d.J.  
Gast

  
Re: Echnaton, Semenkhkara oder wer krückt hier rum 
« Antwort #2, Datum: 27.02.2005 um 17:17:11 »     

Aha; sehr interessant, Iufaa !

Spricht etwas gegen diese Interpretation ( oder weshalb
denkt man bisher vorzugsweise an Semenchkare + Meritaton ) ?

Hat bereits Nofretete diesen Prinzessinnenhinterkopf gehabt ?

Viele Grüße

Irjnefer d.J.
« Letzte Änderung: 27.02.2005 um 17:20:30 von Irjnefer_d.J. »
> Antwort auf Beitrag vom: 27.02.2005 um 14:30:56  Gehe zu Beitrag
Ti  weiblich
Member



Re: Echnaton, Semenkhkara oder wer krückt hier rum 
« Antwort #3, Datum: 01.03.2005 um 13:14:12 »   

Hallo Irjnefer d.J.,

mir fiele dazu spontan das bekannte Altersbildnis der Nofretete ein, das Gitta irgendwann mal hier ins Forum eingestellt hatte. Nofretete trägt hier eine ebensolche Kappe, wie sie die weibliche Figur auf dem angesprochenen Relief trägt. Auf mich persönlich wirkte ihr Hinterkopf schon allein durch diese Kappe "nach hinten verlängert", wenn es das ist, was Du mit Prinzessinnenhinterkopf meintest.

@Iufaa,

Echnaton auf einer Krücke?
Würde eine solche Gehhilfe, die sich, wie Du ja geschrieben hast, deutlich von den Stöcken aus dem Grab Tutanchamuns, von denen ja auch einige Gebrauchsspuren aufweisen, dann eher auf eine akute Erkrankung deuten, bei der er das Bein hätte schonen müssen; also so was wie "vom Wagen gefallen, Knöchel verstaucht..." und er bekommt Mandragora zur Schmerzlinderung von seiner Frau?

Ich verstehe das nicht, so viel ich jetzt auch gelesen habe, aber hätte Echnaton, Kind des Aton, usw. usw. eine solche Darstellung von sich in Auftrag gegeben?

Liebe Grüße Ti
> Antwort auf Beitrag vom: 27.02.2005 um 17:17:11  Gehe zu Beitrag
Iufaa  maennlich
Moderator - Themenstarter



Re: Echnaton, Semenkhkara oder wer krückt hier rum 
« Antwort #4, Datum: 01.03.2005 um 13:24:15 »   

Hi Ti,

eines der "Argumente" des Autors ist, dass nur in der Amarnazeit eine solche Darstellung möglich gewesen sei (vgl. hierzu die späteren Darstellungen Siptahs, der im Grabe "gesund und heil" dargestellt wird, dessen Mumie aber eindeutig einen verkrüppelten Fuss ausweist). Ansonsten, die häufig dargestellte "birnenförmige" Figur Echnatons zeichnet sich ja hier auch schon ab - wenn´s denn Echnaton ist.

Die der Mandragora zugeschriebenen Wirkungen lassen hier natürlich Raum für Spekulation bezüglich der Verabreichung durch die Dame - wer weiß, was sie erreichen wollte

Gruss, Iufaa
> Antwort auf Beitrag vom: 01.03.2005 um 13:14:12  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Echnaton, Semenkhkara oder wer krückt hier rum 
« Antwort #5, Datum: 01.03.2005 um 13:26:14 »     

Wildung hat mal in einem Vortrag augenzwinkernd die Theorie entwickelt, dass das Relief vielleicht Tut und Gemahlin zeigt - auch wegen der vielen Stöcke in seinem Grab, aber auch wegen der ungeklärten Todesursache: "Vielleicht war er nicht gut zu Fuß, ist gestolpert/gefallen, mit dem Kopf aufgeschlagen und an den Folgen des Sturzes gestorben"

Gitta
> Antwort auf Beitrag vom: 01.03.2005 um 13:14:12  Gehe zu Beitrag
Ti  weiblich
Member



Re: Echnaton, Semenkhkara oder wer krückt hier rum 
« Antwort #6, Datum: 01.03.2005 um 13:30:28 »   

Hi Iufaa,

"Gib mir Mandragora zu trinken."
Möglicherweise ist die Deutung der Krücke als drittes Bein, ... nein hier gehe ich nicht weiter. Nicht einen Schritt.  

Ist eigentlich etwas gesichert darüber bekannt, ob Merit-Aton Kinder hatte, von wem auch immer, oder auch eben nicht?

Liebe Grüße Ti
> Antwort auf Beitrag vom: 01.03.2005 um 13:24:15  Gehe zu Beitrag
Iufaa  maennlich
Moderator - Themenstarter



Re: Echnaton, Semenkhkara oder wer krückt hier rum 
« Antwort #7, Datum: 01.03.2005 um 13:47:09 »   

Hallo Gitta,

Tut war nach den Funden in seinem Grab sicher ein "Herr der Stöcke". Es sind beim Griffith-Institute, auch Gehstöcke mit gebogenem Griffteil dabei, aber keine Krücke (vielleicht hat irgendjemand ihm diese auch über den Kopf gezogen und sie danach als Tatwaffe entsorgt, so dass sie nicht mit ins Grab kam ).
Der Autor verweist übrigens darauf hin, dass nach Nefertiti noch Ankhesenamun zwei Uräen trug - allerdings hatten diese keine Sonnenscheiben (wie die Jagddarstellung auf der linken Seite des kleinen Schreins zeigt). Das ist einer der wesentlichen Punkte in seiner Argumentation - doppelte Uräen mit Sonnenscheiben bei Nefertiti bis zum Jahr 9 des Echnaton.

Gruss, Iufaa
> Antwort auf Beitrag vom: 01.03.2005 um 13:26:14  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Echnaton, Semenkhkara oder wer krückt hier rum 
« Antwort #8, Datum: 01.03.2005 um 14:17:02 »     

Hi Iufaa,


Zitat:
Der vordere Teil der obere Querstange läuft - schwer erkennbar - am Rand des Halskragens entlang (siehe rechtes Bild, die beiden roten Pfeile verweisen auf den Querstab)


Naja, wenn man sich den Detailausschnitt genauer anschaut, dann ist auf der anderen Seite des Halskragens etwas Ähnliches sichtbar. Ob das Ding auf der rechten Seite des Halskragens wirklich Teil einer Krücke ist, darüber könnte man glaube ich trefflich streiten.

Gitta
> Antwort auf Beitrag vom: 01.03.2005 um 13:47:09  Gehe zu Beitrag
Iufaa  maennlich
Moderator - Themenstarter



Re: Echnaton, Semenkhkara oder wer krückt hier rum 
« Antwort #9, Datum: 01.03.2005 um 14:41:30 »   

Kleiner Nachtrag,

Reeves in "Echnaton", S. 169, bezeichnet das Paar ebenfalls als Echnaton und Nofretete - so neu ist der Vorschlag von Ertmann also nicht.

Das "Gegenstück" mit Tutankhamun und Ankhesenamun findet sich in C. Aldred, Echnaton, S. 219. Die Darreichung von Mandragora und Lotus (hier in Form von Stabsträussen) scheint ein "allgemeiner" Topos in der Darstellung der damaligen Zeit zu sein. Auf diesem Deckel einer Holztruhe scheint Ankhesenamun ebenfalls zwei Uräen zu tragen, von denen mind. die vordere eine Sonnenscheibe trägt - hier müsste man ein besseres Bild haben.

Iufaa
> Antwort auf Beitrag vom: 01.03.2005 um 14:17:02  Gehe zu Beitrag
Udimu  maennlich
Member



Re: Echnaton, Semenkhkara oder wer krückt hier rum 
« Antwort #10, Datum: 01.03.2005 um 14:43:16 »   

Hi,

jetzt mische ich mich hier mal ein

1. Stöcke waren in  Ägypten Status- und Machtsymbole. Logisch, dass ein Pharao sehr viele von denen mit ins Grab bekam. Ich glaube nicht, dass das irgendetwas weiteres aussagt.

2. Bei dem Relief frage ich mich, ob da überhaupt ein bestimmtes Herrscherpaar gemeint ist. Die alten Ägypter identifizierten Bildwerke doch in der Regel (es gibt Ausnahmen!) durch die Beischrifen und nicht durch Portaithafigkeit von Gesichtszügen, etc. Hier fehlen Beuischriften. Das Relief scheint doch eine Bildhauerstudie zu sein (oder moderne Fälschung ?  ). Wenn das gute Stück zu den Zeiten einer Koregentschaft (Echnaton - Semenchkare?) angefertigt wurde, dann hat vielleicht sogar der Bildhauer keinen bestimmten Herrscher im Kopf gehabt, sondern wollte nur ein Herrscherpaar an sich darstellen.

Gruss
Udimu
> Antwort auf Beitrag vom: 01.03.2005 um 14:17:02  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Echnaton, Semenkhkara oder wer krückt hier rum 
« Antwort #11, Datum: 01.03.2005 um 15:11:13 »     

Hallo Udimu,

stimmt! Nüchtern betrachtet sollte man da vielleicht gar nichts reininterpretieren, zumal da nicht gerade ein großer Künstler am Werke war (siehe das etwas verunglückte linke Bein).

Gitta

PS: und die Königin ist auch noch barfuß, tzz tzz tzz...
« Letzte Änderung: 01.03.2005 um 15:14:18 von Gitta »
> Antwort auf Beitrag vom: 01.03.2005 um 14:43:16  Gehe zu Beitrag
Iufaa  maennlich
Moderator - Themenstarter



Re: Echnaton, Semenkhkara oder wer krückt hier rum 
« Antwort #12, Datum: 01.03.2005 um 15:22:33 »   

Hi Gitta,

Zitat:
PS: und die Königin ist auch noch barfuß, tzz tzz tzz...

dazu der Autor
Zitat:
Difficult to understand is the fact that the queen in this scene is barefoot, whereas the king is showed with sandals. Tempting, but unprovable, is the possibility that those who approached Akhenaten, a god in certain situations, did so by removing their footwear."

Die Szene scheint auch besonders auf eine Situation hinzudeuten, in der der König gerade mal als "Gott" auftritt.

Iufaa
> Antwort auf Beitrag vom: 01.03.2005 um 15:11:13  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Echnaton, Semenkhkara oder wer krückt hier rum 
« Antwort #13, Datum: 01.03.2005 um 15:26:30 »     

Ich kenne das eigentlich andersrum: Götter oder selige Verklärte sind barfuß

Gitta
> Antwort auf Beitrag vom: 01.03.2005 um 15:22:33  Gehe zu Beitrag
Irjnefer_d.J.  
Gast

  
Re: Echnaton, Semenkhkara oder wer krückt hier rum 
« Antwort #14, Datum: 01.03.2005 um 19:41:09 »     

Also sorry, nach der Betrachtung des hübschen Tutanchamun
ist der (oben) von Echnaton (? / Semenchkare ?) mitgeführte
Stab für mich nun alles andere mehr als eine   K R Ü C K E !  

Irjnefer d.J.
> Antwort auf Beitrag vom: 01.03.2005 um 15:26:30  Gehe zu Beitrag
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