Die Götter, die Menschen hatten weder die Möglichkeit noch waren sie geistig in der Lage zu Königskritik
Ich bin nach wie vor skeptisch (geblieben ). Zumindest kann das m.E. nicht allgemeingültig so gesagt werden:
Von Haremhab gibt es diese Statuengruppe in Turin (der König mit seiner Gattin), die relativ eindeutig zu datieren, deren Herkunft allerdings unbekannt ist. Die Inschrift auf der Rückseite ist eine Biografie, m.E. eine Erwählungslegende. Ein zweites Objekt dieser Art (und dieses Königs) bildet ein Bruchstück einer Stele, die vor dem ersten Pylon des Ptah-Tempels in Memphis gefunden wurde. Die Inschrift ist ähnlicher Art: zunächst das "Erkennen des Haremhab durch Amun als seinen Sohn" usw., und dann "... Er machte es (den Denkstein) als ein Denkmal für seinen Vater Ptah, Südlich seiner Mauer. Er machte ihm einen gewaltigen (?) und prächtigen (?) Denkstein aus Stein von Biat angesichts (oder: vor) der Kapelle (?)...." und weiter "...die Türflügel an ihnen waren aus echem Zedernholz, um das Haus dessen, der ihn erzeugt hatte, prächtig zu machen, damit der Weg gereinigt würde, auf dem sein Vater Ptah schreitet..." Entnommen habe ich die Hinweise auf diese Stücke Günter Roeders "Der Ausklang der ägyptischen Religion mit Reformation, Zauberei und Jenseitsglauben". Den Text zur Stele deutet Roeder so, dass selbige neben dem Tor an der Zugangsstraße gestanden haben müsste. Dieses und auch der Text auf einen Statuengruppe (s.o.) spricht nicht unbedingt dafür, dass hier nur die Götter als Adressaten gemeint sind.
Auch der noch nicht publizierte Text eines Blockes aus Bubastis (siehe SÄK-Bericht 3) sieht ganz nach Legitimationsbemühungen des Osorkon I. aus, auch wenn er aus einer anderen Epoche stammt und noch unklar ist, wo er eigentlich ursprünglich verbaut war.
Ich meine, es muss in Ägypten immer wieder Phasen der Unsicherheit o.ä. gegeben haben, wo auch und ganz handfest gegenüber Menschen (welchen auch immer) die Legitimität eines Königs unterstrichen werden musste.
Auch Hatschepsut gehört angesichts ihrer zahlreichen diesbezüglichen Inschriften für meine Begriffe in diesen Reigen.
Ja, stimmt Gitta, meine Antwort wat zu pauschal. Aber jeder Pharao hat ja gewisse Legitimationsbilder in den Tempel anbringen lassen, bestimmte Formelb benutzt usw.
Das es Pharaonen gab die sich auch vor dem Volk (genauer wohl eher der Oberschicht!!) legitimieren mussten seh eich auch so - aber sie legitimieren sich durch die Götter, welche die Garanten des Herrschaftsanspruches waren.
Zur geistigen Fähigkeit der königskritik: Der Mensche war im Glauben an den gottgleichen, ewigen, mächtigen, siegreichen König erzogen worden . bei den Fellachen seit Jahrhunderten. Da kommt Königskritik nicht auf. Der König garantiert ja Kosmos und Leben...
Bücher dazu: Assmann, Ägypten eine Sinngeschichte Assmann, Herrschaft und Heil Hornung, Echnaton "Pharao Sohn der Sonne" (Autor ist mir entfallen) Gundlach "Der Pharao und sein Staat"
Gitta Gast
Re: (Fortsetzung:) Legitimationsbedürfnis
« Antwort #6, Datum: 26.08.2004 um 22:38:40 »
Zitat:
Das es Pharaonen gab die sich auch vor dem Volk (genauer wohl eher der Oberschicht!!) legitimieren mussten seh eich auch so - aber sie legitimieren sich durch die Götter, welche die Garanten des Herrschaftsanspruches waren.
Ja selbstverständlich legitimieren sie sich durch die Götter und mir kommt es so vor, als wäre das Bedürfnis zur göttlichen Legitimation gerade dann am stärksten, wenn die Legitimation durch Abstammung eher lau ist. Aber sogar diese, so scheint es, konnte "getürkt" sein. Ludwig Morenz hat zu Mentuhotep II. einleuchtende Belege dafür gesammelt, dass die Abstammung dieses Königs von Mentuhotep I. nur fiktiv ist, also ein Fantasieprodukt, da letzterer gar nicht wirklich esixtiert habe (siehe IBAES 5 - leider vorerst noch nur als Abstract).
Gitta
Irjnefer_d.J. Gast - Themenstarter
Re: (Fortsetzung:) Legitimationsbedürfnis
« Antwort #7, Datum: 27.08.2004 um 08:43:28 »
Ja. Super.
Trotzdem ist mir immer noch der Terminus technicus königliche Legitimation (- also: "Ich habe Anspruch auf den Thron", z.B. durch göttliche Erwählung -) undurchschaubar.
Soll der Zweck jener "Legitimation" denn der Schutz vor einem Putsch sein ?
Oder ist die genealogische Vorspiegelung Mittel zum Zweck, König sein zu dürfen ?
Irjnefer d.J.
Gitta Gast
Re: (Fortsetzung:) Legitimationsbedürfnis
« Antwort #8, Datum: 27.08.2004 um 09:34:10 »
Ich weiß nicht, ob es dazu belegbare Informationen gibt. Man kann nur die paar Indizien, heranziehen, z.B. die vermutliche Ermordung Ramses III. (hier hat es ja wirklich sowas wie einen Putschversuch gegeben) und - früher - Amenemhet I., die Übernahme der Königsmacht durch Priester (Herihor), was wiederum später war. Ich komme nicht davon los, dass es irgendeinen Grund jenseits (bzw. diesseits ) der Mythologie gegeben haben muss. Aber was ich denke und was wirklich war bzw. belegbar ist, sind zwei verschiedene Schuhe.
Daraus folgt aber grundsätzlich, dass es immer einen Handelnden A gibt, der sich mit "Beweismitteln" gegenüber B "legitimitiert" (oder legitimieren muss).
Nun erfolgt - ich verweise hier auf die Fälle Hatschepsut und Amenhotep III - ein Teil der Legitimation durch die göttliche Zeugung und natürlich, siehe Abbilder des Geburtsmythos auch durch die Anerkennung der Abstammung durch Aufname des Kindes durch den göttlichen Vater, Amun. Hier sind Amun und die anderen handelnden Götter (Thot, Khnum, Heket, Genien, etc.) "Mittel" der Legitimation. Weitere "göttliche Legitimationshilfen" (Orakel, Designation durch den "göttlichen" Vater) vervollständigen die eingesetzten Mittel.
Bleibt also die Frage, wer oder was ist der Adressat des ganzen Brimboriums - die Götter wohl kaum, die sind hier Mittel zum Zweck, die Menschen wohl noch weniger, die kriegten in der Mehrheit weder den Geburtszyklus noch die Designation zu sehen, vielleicht durften sie bei Hatschepsut Zeuge des inszenierten Orakels sein (wie Gundlach in "Tempelfest und Etappen der Königsherrschaft in der 18. Dynastie", 4. Ägypt. Tempeltagung, 1996, richtig schreibt, hatte sie ja schon alle Macht in den Händen und konnte ihre Legitimationsschritte zumindest teilweise im voraus planen - alle anderen sind natürlich post eventum entstanden).
Also bleibt aus meiner Sicht als Adressat nur ein "über allem stehendes Prinzip"!