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   Die Kartusche der Nofretete (18)
  Autor/in  Thema: Die Kartusche der Nofretete
Lolli2u  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Die Kartusche der Nofretete Nofretete_grose_koenigliche_Gemahlin_Kartusche_sitzende_Dame_mit_Krone_und_Blumenzweig_Gardiner_Liste_B7_Quelle_Norman_de_Garis_Davies_The_rock_tombs_of_El_Amarna_Foto_In_public_domain_Gemeinfrei_.jpg - 30 KB
« Antwort #15, Datum: 22.11.2023 um 08:42:51 »   

Leider konnte ich zu dem Relief von Grab Amarna Nr. 20 kein entsprechendes Foto finden, was oftmals sehr hilfreich ist. Ich erinnere mich diesbezüglich etwa an die Aufnahmen von Horst Schliephack in Semna. Würde man auf einem solchen Foto auf der linken Seite etwa eine Person in langem Kleid sehen, so hätte man tatsächlich von einer Frau auszugehen, doch ohne einen qualitativ aussagekräftigen fotografischen Nachweis lässt sich dazu keine sichere Aussage treffen, außer vielleicht diejenige, dass die Inschrift in der Tat von Nofretete spricht, diese aber in der Zeichnung des Reliefs nicht in gewohnter Weise gezeigt wird. Ob es sich dabei um "eine Laune" der Bildhauer handelt, wie Norman de Garis Davies sagt, oder aber den vermutlich insgesamt drei Handwerkern bei der Erstellung des Reliefs ein Fehler in der Darstellung des königlichen Paares unterlief, man wird es vermutlich nicht mehr klären können. Letzteres ist durchaus möglich, weil die Arbeiten zur Dekoration des Grabes Nr. 20 an dieser Stelle abgebrochen wurden, wie Davies dazu sagt.

Man fühlt sich an dieser Stelle irgendwie unmittelbar an das 2012 von Anke Weber beschriebene, unfertige Relief mit der Darstellung zweier königlicher Personen erinnert. Dieses in dem Katalog von Friederike Seyfried, Berlin 2012, S. 412 - 413 vorgestellte Relief wurde am 11. Dezember 1911 von Ludwig Borchardt entdeckt und stammt vermutlich aus der Bildhauerwerkstatt im Gebäude El-Amarna O 49.14. Gezeigt wird die Königin Nofretete, welche die blaue Chepresch-Krone tragend ihrem Gemahl Echnaton, der lediglich eine Perücke trägt, zu trinken einschenkt. Dieses in dem Katalog mit der Nummer 200 gezeigte Relief, welches sich mit der Inventar-Nummer ÄM 20716 im Ägyptischen Museum zu Berlin befindet, hat für die Interpretation des im Eingang von Grab Amarna Nr. 20 gesetzten Reliefs erhebliche Bedeutung. Gleiches dürfte für das von Weber in Hinblick auf das im Kat. Nr. 202 besprochene Relief gelten, welches unter der Inventar Nummer ÄM 15000 ebenfalls die Königin Nofretete zeigt, hier jedoch mit einer blauen Kappenkrone (Ebenda, S. 416 - 417). Leider können diese beiden in Kalkstein gesetzten Reliefs hier aus urheberrechtlichen Gründen nicht gezeigt werden, weshalb ich darum bitte, diese in dem von Seyfried herausgegebenen Ausstellungskatalog nachzuschlagen. Dieser findet sich im Beitrag # 8 unter dem Titel "Im Licht von Amarna" als Volltext eingestellt.      

Zusammenfassend wird man sicherlich aussagen können, dass die Königin Nofretete zu ihrer Zeit mit den folgenden Kronen dargestellt wurde :

1.) Atef-Krone, so etwa in Davies, El-Amarna, Part II, Platte VIII.
2.) Blaue Krone, so etwa in Davies, El-Amarna, Part II, Platte XVI, sowie Seyfried, Katalog Nummer 200 u. 202.
3.) Doppelfeder-Krone, so etwa in Davies, El-Amarna, Part V, Platte XXVI u. XXXIII.

Ihre Kartusche variierte mitunter, doch dürfte sie vornehmlich in der von Michael in # 3 mitgeteilten Schreibweise Verbreitung gefunden haben. Dem entsprechende Darstellungen finden sich daher auch bei Norman de Garis Davies, womit ich für meinen Teil die Erörterungen über die Kartusche der Königin Nofretete beenden möchte.

Beste Grüße    
« Letzte Änderung: 22.11.2023 um 10:33:28 von Lolli2u »

> Antwort auf Beitrag vom: 21.11.2023 um 23:15:36  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Die Kartusche der Nofretete 
« Antwort #16, Datum: 22.11.2023 um 23:36:56 »   

Hallo, Lolli,

ich will nur auf zwei Fragen eingehen.

Nofretetes Blaue Krone

Nofretetes Blaue Krone ist von der "Blauen Krone" der Pharaonen (auch Chepresch-Krone genannt) zu unterscheiden, hatte ich angemerkt.

Zitat:
Was deine Auffassung hinsichtlich der blauen Krone der Nofretete betrifft, dass diese eben keine Kriegskrone sei, so teile ich deine Meinung in diesem Punkt nicht, denn im Grab des Panehesi wird sie mit eben dieser Krone allein auf einem Streitwagen stehend dargestellt.

Dass es sich um zwei unterschiedliche Kronen, ist unzweifelhaft. Ein schönes Beispiel ist die Doppelstatue Louvre E 15593. Der Louvre hat 27 (!) Einzelbilder zu diesem Stück eingestellt, so dass man sich diese Statue von allen Seiten und im Detail genau ansehen kann. Auf etlichen dieser Fotos sind die Kopfbedeckungen klar zu erkennen: Echnaton trägt die Chepresch-Krone, Nofretete die nur bei ihr nachgewiesene hohe Blaue Krone.

Ihre außergewöhnliche Rolle und Bedeutung zeigt sich nicht nur in ihrer Darstellung auf dem Streitwagen, sondern auch in einer singulären Szene (Boston, Museum of Fine Arts, Inv.-Nr. 64.521), in der sie eine Feindin erschlägt (in der Kajüte zu sehen), wobei sie ebenfalls ihre Blaue Krone trägt. Diese Ikonographie ist sonst - d.h. zu allen Zeiten - nur dem Pharao vorbehalten.

Danach ist ganz klar, dass man Nofretetes Blaue Krone als Gegenstück zur Chepresch-Krone sehen kann - nur: Es sind eben doch verschiedene Kronen!

Zur Abbildung in Grab 20, wo Du meinst:

Zitat:
gezeigt werden vermutlich Königin Nofretete links mit Kartuschen und König Echnaton rechts mit seiner markanten Kinnpartie

Meiner Meinung nach handelt es sich links und rechts jeweils um Echnaton, wie es auch im Grab des Panehesy dargestellt ist (N. de G. Davies, The Rock Tombs of El Amarna, Part II: The Tombs of Panehesy and Meryra II, London, 1905, Taf. 5); dort allerdings steht Nofretete jeweils hinter ihm. Insofern ist Davies' Verwunderung über die fehlende Königin in Grab 20 nachvollziehbar.

Namensänderung bei Anchesenpaaton

Zitat:
Schließlich hatte sich bei mir der Gedanke festgesetzt, dass sich Amenhotep IV (Echnaton) im 5. Jahr seiner Regierung vom bisherigen Staatskult des Amun distanziert hatte. Daher macht es für mich keinen Sinn, dass seine älteste Tochter in der Zeit bis zum Bruch bereits Anchesenpaaton geheißen haben soll.

Die Hinwendung zum Aton-Kult vollzog sich schon, als Amenhotep IV. noch in Karnak war. So konnten die sog. Talatat-Blöcke zu einem Teil wieder zusammengesetzt werden. Vier Tempel wurden rekonstruiert, darunter ein Tempel, dessen Namen mit Gm-pA-Jtn angegeben wurde: "Aton ist gefunden". Dieses Gebäude wurde wahrscheinlich im Jahr 2 der Regierungszeit von Amenophis IV. errichtet.

Als älteste Tochter Nofretetes und Echnatons gilt Meretaton, ihre zweite Tochter ist Meketaton, die wohl im Jahr 5/6 geboren wurde. Das hat man daraus geschlossen, dass sie nachträglich in die Grenzstele K eingefügt wurde. Erst als dritte wurde Anchesenpaaton geboren, d.h. später als Jahr 5/6, wahrscheinlich im Jahr 7 oder 8. Meines Wissens gibt es keine Belege, die einen ursprünglichen Namen Anchesenamun zeigen würden.

Dem Beitrag Nicholas Reeves, The Royal Family, in: Rita E. Freed et al., Pharaohs of the Sun, London, 1999, S. 81-95 habe ich diese Informationen entnommen.

Ähnliches steht in Dorothea Arnold, The Royal Women of Amarna, New York, 1996, S. 11-12.

Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 22.11.2023 um 08:42:51  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Die Kartusche der Nofretete 
« Antwort #17, Datum: 23.11.2023 um 19:05:58 »   

Hallo, Lolli,

ich habe mich noch einmal mit der Darstellung auf dem Türpfosten im Grab 20 befasst.

Zu den Inschriftenteilen rechts und links: Obwohl zum Teil zerstört, lassen sie sich doch zu den Namen von drei Töchtern ergänzen. Mehr Klarheit zur Frage, ob die dargestellten (großen) Personen Echnaton und Nofretete oder nur zweimal Echnaton sind, tragen die Kartuschen oberhalb der Szene bei. Diese sind auf der Taf. 15 leider zerstört, aber man kann doch etwas daraus ablesen. Dazu habe ich die Taf. 26 herangezogen, aus dem gleichen oben bereits erwähnten Band von Davies, Amarna V, 1905.

Diese Tafel stellt die Grenzstele S dar. Man erkennt in der Abbildung eine Struktur, die sich auch auf vielen anderen Darstellungen wiederfindet: In der Mitte die Sonnenscheibe Aton, die ihre mit Händen versehenen Strahlen zum königlichen Paar ausstreckt, das einmal links und einmal rechts steht.

Zu sehen sind auf jeder Seite 5 Kartuschen: Aton am nächsten stehen zwei etwas größere Kartuschen; sie enthalten seine Namen. Damit ist Aton auch als Herrscher Ägyptens gekennzeichnet. Daran schließen sich zwei kleinere Kartuschen mit dem Thron- und Eigennamen Echnatons an. Ganz außen rechts bzw. links folgt die Kartusche mit dem Namen Nofretetes.

Wendet man dieses Schema auf die Darstellung des Grabes 20 an, so erkennt man zwar keine Hieroglyphen, aber die gleiche Struktur. Rechts sind 5 Kartuschen erkennbar, zwei größere, drei kleinere. Links zwei größere, dann eine Lücke, in die aber gut zwei Kartuschen passen würden, und schließlich eine Kartusche, in der sogar der (erweiterte) Name Nofretetes lesbar ist. Das spricht dafür, dass rechts und links neben der Sonnenscheibe jeweils Echnaton dargestellt ist. Für Nofretete wäre rechts und links Platz da, sie fehlt aber aus irgendeinem Grunde.

Ich hänge die Ausschnitte aus den Tafeln 15 und 26 mit einer etwas besseren Auflösung an.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


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> Antwort auf Beitrag vom: 22.11.2023 um 23:36:56  Gehe zu Beitrag
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