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Wir dürfen allerdings nicht vergessen, der Pharao war nunmal "kein gewöhnlichwer Mensch". Aber wenn Du beim Bundeskanzler zum Sprechtag möchtest, dürfte das auch nicht so einfach werden |
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Richtig. Und da ich es in letzter Zeit ja mit mit Rezitationen habe, hier ein - wahrscheinlich wieder viel zu langer - Text, der einen guten Einblick zur Nähe oder Ferne von Pharao zu seinem Volk gibt (aus "Pharao - Sohn der Sonne" von M.-A. Bonheme und A. Forgeau): So wie zwischen dem König und den Göttern immer ein Wesensunterschied bestehen bleibt, so gibt es aber auch eine Distanz zwischen dem Pharao und allen andern Menschen. Wenn sich der König in der Öffentlichkeit zeigt, sei es im Palast oder während einer Reise, so stellt er die ihm innewohnende göttliche Würde dar. In einer Gegenwart «beschnuppern» die Höflinge den Boden und der Jubel nimmt kein Ende. «Ich habe sehr große Anbetungen gemacht und Lobpreisungen bis zum Ersticken: ich habe gejubelt, weil man mich den Boden berühren ließ, mein Kopf hat den Himmel durchstoßen: ich habe den Bauch der Sterne aufgekratzt (... ). Meine Stadt war im Fest, meine Truppen jubelten (... ), die Greise und die Kinder waren im Jubel»: so heftig war nach einem Bericht des Prinzen von Assuan, Sarenput, seine eigene und die Reaktion seiner Umgebung, als Sesostris I. (ca. 1960-1926) nach Assuan kam. Die Quellen fließen allerdings spärlich, wenn es um die Frage der Etikette am königlichen Hof geht. Einige wenige Privilegierte, etwa Amenophis, Sohn des Hapu, der Baumeister von Amenophis III., erhielten das Vorrecht, bei ihren Begegnungen mit dem König zu sitzen, was darauf hinweist, daß die Mehrzahl der Würdenträger mit dem Herrscher nur in der Stellung der Niederwerfung verkehrte. Schon das Schreiten des Königs verbreitet Wellen heiliger Energie, so daß der Hymnus, der sein Erscheinen begrüßt, vor dieser magischen Ausstrahlung warnt: «Paß auf Erde, der König kommt.» Ganz ähnlich dient das Beweihräuchern der Uräusschlange dazu, ihre schreckliche Kraft zu verringern. Daß der König bis in die Mitte der 18. Dynastie auf allen offiziellen Abbildungen immer nur mit nackten Füßen dargestellt ist, zeigt, welche Bedeutung dem direkten Kontakt zwischen dm Körper des Königs und der Erde beigemessen wurde. Das Amt des Sandalenträgers ist übrigens eines der am frühesten (um 3000) belegten: auf der Reichseinigungspalette erscheint hinter dem Bild König Narmers ene kleine Figur, die seine Sandalen trägt. Von den Insignien der Macht, den Kronen, Szeptern und Keulen, geht eine übernatürliche Kraft aus, weil sich in ihnen der heilige Charakter des Königtums zeigt. Für die Kronen gab es sogar einen speziellen Kult. Rawer, ein Privatmann aus der 5. Dynastie, berichtet in seinem Grab, wie er mit seinem Bein versehentlich an das Szepter des Königs stieß und wie dieser alle negativen Folgen dieser Berührung reit den Worten «sei heil» vertrieb. Für Rawer war diese Begebenheit wichtig genug, daß er sie in seiner Autobiographie im Grab erwähnt. Alle Dienstleistungen, die den König persönlich betreffen, werden von Familienmitgliedern übernommen, denn die Blutsverwandtschaft sollte vor jeder Entweihung schützen. ln den Anfangszeiten des Königtums wurden auch alle wichtigen Posten in der Verwaltung mit Mitgliedern des Königshauses besetzt. Obwohl mit der Zeit die Beamtenschaft enorm anwuchs und dann auch mehrheitlich Personen aus dem Volk umfaßte, erhielt sich doch die Vorstellung, daß der Pharao einen Teil seines göttlichen Wesens an seine Stellvertreter delegiere; deshalb rühmten sich die eifrigsten unter ihnen, «die Augen und die Ohren» des Herrschers zu sein. Besonders deutlich drückt dies der Anführer einer Expedition ins Wadi Hammamat aus: «Mein Herr, er lebe, sei heil und gesund. der König Nebtauire (Mentuhotep Ill.), begabt mit Leben für immer, hat mich geschickt, wie ein Gott seine Glieder ausschickt». Es ist leider nicht möglich, aus den ägvptischen Quellen einen Tagesablauf des Königs zu rekonstruieren. Der Bericht Diodors (170) über den Tagesablauf des Pharao kann nicht ohne Einschränkungen für wahr genommen werden, weil er reale Verpflichtungen, wie etwa das tägliche Abhalten von Audienzen, mit Elementen aus dem täglichen Götterkult, den normalerweise die Priester ausführen, vermischt. Auch seine Bemerkungen über die spezielle Diät, die der Herrscher zu beachten habe, nämlich «Kalbfleisch, Ente und ein wenig Wein», haben vermutlich mehr mit der Beachtung bestimmter Speise-Tabus zu tun: daß es solche Tabus gab, läßt sich aus der Weigerung Pianchis (um 730) ablesen, seine Feinde zu empfangen, und zwar mit der Begründung, daß «sie beschnitten sind und Fisch essen». Sehr wahrscheinlich darf man aber den Beobachtungen Diodors Glauben schenken, daß der Tagesablauf des Königs streng geregelt war: «Nicht nur die Zeit für das Abhalten von Audienzen und für die Rechtsprechtmg war festgelegt, sondern auch, wenn er spazieren ging, sich badete oder mit seiner Frau schlief, kurz für alle Tätigkeiten seines Lebens». Eine Untersuchung der höfischen Titel zeigt die Bedeutung, die den Zeremonien beim Erwachen und Aufstehen des Königs beigemessen wurde. Die Körperpflege des Herrschers und seine rituelle Reinigung im Tempel, bevor er der Gottheit gegenübertritt, erneuern seine heiligen Kräfte, die während der Nacht abgenommen haben. Danach werden ihm feierlich seine Kleider, seine Perücken und die Insignien der Macht vom «Vorsteher des königlichen Leinens», vom «Vorsteher der Friseure des Königs» und vom «Beamten des Diadems» überreicht. Im großen Ganzen ahmen alle diese Zeremonien gegenüber dem König die Kulthandlungen des Königs vor der Götterstatue im Allerheiligsten nach. Ende Teil 1
> Antwort auf Beitrag vom: 19.01.2003 um 13:30:51
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