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Ägyptologie Forum >> Pharao & Hofstaat


1) Neues von der DNA-Front
 Iufaa am 06.04.2004 um 10:35:36

Anbei ein schon älterer Artikel, der allerdings bisher meiner Aufmerksamkeit entgangen ist.

Woodward DNA Untersuchungen an Mumien1

Interessant sind auf der letzten Seite vor allem die drei vorletzten Absätze, zu denen ich weiter unten noch ein Zusammenfassung geben werde.

Vorab für Nicht-Biologen oder Mediziner eine kurze Beschreibung der Untersuchungsmethode.
Die Verwandschaft zwischen einzelnen Personen läßt sich bekanntlicherweise über die Erbsubstanz (= DNA) ermitteln. In vielen Fällen - und das triftt wohl auf die meisten ägyptischen Mumien zu - ist die Erbsubstanz jedoch durch die Behandlungsbedingungen und die Zeitdauer der Lagerung weitgehend zerstört, d.h. man muß
1. aus tiefen (besser geschützten) Geweben Proben entnehmen (die oberflächlichen sind außerdem durch DNA aus moderner Zeit - Ausgräber! - kontaminiert);
2. DNA-Stücke gewinnen, die möglichst heil geblieben sind.

Während die DNA in den Zellkernen relativ leicht zugänglich und daher ungeschützt ist, ist die DNA in den Mitochondrien der Zellen deutlich besser geschützt. Diese sogenannte mitochondriale (mt)DNA wird bei der Vererbung allerdings nur über die Mütter an die Nachkommen weitergeben (und zwar durch die Mitochondrien, die sich in der Eizelle befinden). Zwar enthalten auch die Spermien Mitochondrien, die sind aber im Spermienschwanz untergebracht. Der Spermienschwanz wird beim Eindringen des Spermiuns in die Eizelle - samt Mitochondrien - abgeworfen, d.h. die befruchtete Eizelle enthält keine Mitohondrien des Vaters.

Dr. Scott Woodward hat nun Anfang der 90ziger Jahre die Untersuchung der mtDNA in die "Ägyptologie" eingeführt (aber anscheinend wenig publiziert). Neben verschiedenen Untersuchungen an Mumienmaterial hat er lt. obigem Artikel auch Zugang zu Material von königlichen Mumien bzw. Mumien aus dem Kairener Museum.

Der Artikel berichtet in den angesprochenen Absätzen über Untersuchunge an diversen Mumien vom Ende der 17. und vom Beginn der 18. Dynastie, wobei er sich an der Erbprinzessinnen-Theorie "entlang gehangelt" hat.

Bisher wurde angenommen, dass Ahmose I seine Schwester Seknet-Ra geheiratet hat, was bedeutet, dass sie beide die gleiche (mütterliche) mtDNA haben sollten. Dies haben die DNA-Untersuchungen bestätigt.

Es wurde angenommen, dass die mt-DNA von Amenhotep I nicht identisch mit der von Ahmose sein würde, da die Mutter von Amenhotep I wohl nicht aus der königlichen Familie stammt. Auch das wurde bei den Untersuchungen bestätigt. Möglicherweise ist - lt. Artikel - Ahmose-Nefertari die Mutter von Amenhotep I (wieso möglicherweise? keine US? kein Material).

Mit Thutmosis I kommt neue mtDNA in die königliche Linie - d.h. seine Mutter Seniseneb stammt nicht aus der königlichen Familie! Zusätzlich durchgeführte DNA-US deuten darauf hin, dass Thutmosis I möglicherweise der Sohn von Amenhotep I war.

Iufaa




1: http://www.egyptstudy.org/Ostracon/Greenfield_WoodwardDNA_June2001.pdf


2) Re: Neues von der DNA-Front
 Lutz am 09.04.2004 um 11:01:31

Hallo Iufaa,
Hallo zusammen,

Zitat:
Dr. Scott Woodward hat nun Anfang der 90ziger Jahre die Untersuchung der mtDNA in die "Ägyptologie" eingeführt (aber anscheinend wenig publiziert). Neben verschiedenen Untersuchungen an Mumienmaterial hat er lt. obigem Artikel auch Zugang zu Material von königlichen Mumien bzw. Mumien aus dem Kairener Museum.

über die Entnahme des Materials (mit Iskander im Museum in Cairo) und die Anfänge seiner Untersuchungen gibt es einen gut gemachten Fernsehbeitrag : "Das Geheimnis der Pharaonen" USA, Schweden - Discovery (bis auf Tutanchamun durfte er sich bei allen "bedienen").

Der Name Woodward fiel schon mehrmals in einigen unserer Diskussionen um Tutanchamun, Nofretete und Semenchkara. Erinnerst Du Dich ? Gitta warf damals beim Thema Mitochondrien-DNA genervt die virtuelle Papyrusrolle in die Ecke. Ob sie anschließend (rein virtuell) darauf herumhopste entzieht sich meiner Kenntnis ...  

Neu ist, daß er nun scheinbar erste konkrete Ergebnisse vorzuweisen hat ! Bisher redete er nur vom "recht begrenzten Gen-Pool" der königlichen Familie der 18. Dynastie.

Grüße, Lutz.

> Antwort auf Beitrag vom: 06.04.2004 um 10:35:36


3) Re: Neues von der DNA-Front
 Iufaa am 09.04.2004 um 11:33:59

Hallo Lutz,

Zitat:
Neu ist, daß er nun scheinbar erste konkrete Ergebnisse vorzuweisen hat!

Das ist nicht nur neu, dass ist eher auch merkwürdig - man findet außer diesem Bericht über einen Vortrag nämlich nichts im Internet,d.h. es gibt noch 2 Seiten, die den Autor erwähnen und zu den Mormonen führen (geht wohl auch um DNA-US), aber die verweigern mir den Zugriff.

Falls Gitta gehopst haben sollte, angesichts dieses auffallenden Mangels an publizierten Ergebnissen kann man eigentlich nur mithopsen.

Hier noch der Link zu dem Archiv dieser Publikationsreihe
Ostracon1
da finden sich nur ein paar wenige andere Berichte, die vielleicht auch noch jemand mal lesen will.

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 09.04.2004 um 11:01:31


1: http://www.egyptstudy.org/OstraconArchives.html


4) Re: Neues von der DNA-Front
Gitta am 16.05.2004 um 14:46:12


Zitat:
Diese sogenannte mitochondriale (mt)DNA wird bei der Vererbung allerdings nur über die Mütter an die Nachkommen weitergeben (und zwar durch die Mitochondrien, die sich in der Eizelle befinden).


Silberstreif am Horizont:

Nach einer Studie internationaler Wissenschaftler "reden Väter doch ein Wörtchen mit". Die Ergebnisse wurden veröffentlicht in Science, Band 304, Seite 981. Siehe Artikel in wissenschaft.de1

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 06.04.2004 um 10:35:36


1: http://www.wissenschaft.de/wissen/news/240973.html


5) Re: Neues von der DNA-Front
 Apophis am 16.05.2004 um 15:23:48


Zitat:
"reden Väter doch ein Wörtchen mit".


Zum Glück sehr selten , denn sollte es regelmäßig zur Rekombination in der Kontrollregion kommen, wäre die ganze Methode wertlos!

Apophis

> Antwort auf Beitrag vom: 16.05.2004 um 14:46:12


6) Re: Neues von der DNA-Front
 Iufaa am 16.05.2004 um 15:25:10


Zitat:
Silberstreif am Horizont:
ist das in Berlin so dunkel, dass ihr euch schon über ein in Ferne glimmendes Streichholz freut?

Der Artikel ist so aufregend nicht. Eigentlich beschreibt er nichts Unerwartetes. Die ganzen "Gesetze oder Regeln" in der Biologe (ich erspare mir hier den Seitenhieb auf andere Fachgebiete) beschreiben doch eh nur das, was man aufgrund der statistischen Häufigkeit bisher beobachtet hat - also nur das, was man morgen wahrscheinlich auch sieht, aber eben nicht mit absoluter Sicherheit.

In diesem Falle ist es immer noch so, dass bei der Oogamie - nettes Fachwort für die Tatsache, dass das weibliche Ei "faul" rumsitzt und darauf wartet, dass sich ein Spermium zu ihm durchschlägt - fast immer alle Vorräte für das entstehende Leben aus der mütterlichen Eizelle stammen. Die Spermien reduzieren für ihren Weg den Ballast auf das Handgepäck (die Erbsubstanz), und ein wenig Kraftreserve zur Fortbewegung. Die Motoren für die Bewegung stecken fast ausschließlich im Spermienschwanz und der wird beim Eindringen des Spermienkopfes in die Eizellen abgeworfen - und mit ihm die Mitochondrien (die aus den Kraftreserven die Energie für die Bewegung herausholen).

Dabei kann es mit geringer Wahrscheinlichkeit auch mal zu Fehlern kommen, dann allerdings werden mit großer Wahrscheinlichkeit die männlichen Mitochondrien, die mit in die weibliche Eizelle gelangt sind, dort platt gemacht (so eine Art intrazelluläre Immunreaktion).
Die Wahrscheinlichkeit, dass da männliche Mitochondrien-DNA überlebt, dürfte gering sein (fragt sich, ob in dem Science-Artikel was dazu steht) - also kein Grund, jetzt alles umzuwerfen.

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 16.05.2004 um 14:46:12


7) Re: Neues von der DNA-Front
Gitta am 16.05.2004 um 17:15:13

Na gut. Ist nicht gerade mein Steckenpferd, wie jeder weiß. Gut, das wir mal drüber "gesprochen" haben  

In Berlin ist es im Moment gerade gar nicht dunkel. Die Sonne scheint. Aber - für Silberstreifen an Horizont bin ich zu jeder Tages- und Nachzeit zu haben

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 16.05.2004 um 15:25:10


8) Re: Neues von der DNA-Front
 Iufaa am 16.05.2004 um 17:58:06

Hi Gitta,

Zitat:
Ist nicht gerade mein Steckenpferd,
meines auch nicht - ist halt das Restwissen, was so noch da ist.

Defakto ist durch die Beobachtung nicht viel passiert, außer dass man mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch mal mit männlicher Mitochondrien-DNA rechnen muß. Wahrscheinlich tritt der Fall seltener ein als der "berühmte" Geisterfahrer.

Gruss, Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 16.05.2004 um 17:15:13


9) Re: Neues von der DNA-Front
Henut_Tanebu am 28.05.2004 um 12:14:45

Hallo!
Eine kleine Frage am Rande: Kann mir bitte jemand sagen, wer Seknet-Ra war? Dieser Name einer leiblichen Schwester Ahmoses ist mir im Zusammenhang mit der Familie der Ahmosiden noch nie untergekommen und mich würden Belege über sie sehr interessieren. Bisher wusste ich nur, dass Ahmose mit Ahmes-Nefertari und mit Inhapi verheiratet gewesen sein soll. Einmal habe ich auch gelesen, dass Sat-Kamose möglicherweise eine seiner Königinnen gewesen sein könnte, aber von Seknet-Ra habe ich noch nie etwas gehört.
Für Hinweise wäre ich sehr dankbar!
Liebe Grüße
Henut Tanebu  

> Antwort auf Beitrag vom: 06.04.2004 um 10:35:36


10) Re: Neues von der DNA-Front
 naunakhte am 28.05.2004 um 13:40:48

Hallo Hent tanebu,

ich bin mal auf die Suche gegangen. Leider wurde ich nicht fündig.

Lana Troy: patterns of Queenship kennt keine Dame dieses Namens.
Sie führt lediglich Belege für Ahmes Nefertari als Frau Ahmose I an. Mit Fragezeichen versieht sie eine Ehe zwischen Ahmose und Ahmose-Henuttamehu.
Der Münchner Katalog zu den Ahmosiden: Im Zeichen des Mondes hat Stammbäume dabei. Im sicheren Bereich geben auch sie nur die Ehe Ahmose / Ahmose-Nefertari an.
Im unsicheren Bereich zusätzlich noch eine Ehe mit Achmose Meritamun I./II. und Ahmose-Satkamose.

Eine Inhapi finde ich nur als Ehefrau von Seqenenre Tao. Wo hast Du einen Beleg für sie als Frau von Ahmose?

Wie der Autor der DNA Story auf Seknet Re kommt bleibt damit (für mich aber) weiter unklar.

Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 28.05.2004 um 12:14:45


11) Re: Neues von der DNA-Front
 Iufaa am 28.05.2004 um 17:29:13

Hi nauna,

ich habe das bisher auch nicht nachvollziehen können, die einzige Erklärung, die ich ev. habe, ist, dass hier wieder mal eine Schreibweise im Englischen vorliegt, die uns auf Anhieb nicht klar wird.
Allerdings hätte ich erwartet, dass man bei Troy fündig wird  

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 28.05.2004 um 13:40:48


12) Re: Neues von der DNA-Front
 naunakhte am 28.05.2004 um 17:45:37

Hallo Iufaa,

ich habe an den Schreibweisen gebastelt. Es ließ sich nichts zustandebringen.
In einem amerikanischen Forum wurde ich dann insoweit fündig, als sie mit dem Namen auch nichts anfangen konnten. Also kann es nicht an der englischen Sprache liegen  

Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 28.05.2004 um 17:29:13


13) Re: Neues von der DNA-Front
 Udimu am 28.05.2004 um 17:53:34

wie waere es mit einer Verschreibung von Seqenenre Tao zu Seknet Re ?

Gruss
Udimu

> Antwort auf Beitrag vom: 28.05.2004 um 17:45:37


14) Re: Neues von der DNA-Front
 naunakhte am 28.05.2004 um 17:58:14


Zitat:
dass Ahmose I seine Schwester Seknet-Ra geheiratet hat


Iufaa hat den englischen text schon richtig übersetzt. Ahmose I soll seine Vollschwester Seknet-Re geheiratet haben. So im Link den Iufaa im ersten Artikel angegeben hatte.

Da wäre eine Verschreibung Seqenenre Tao etwas   seltsam

nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 28.05.2004 um 17:53:34


15) Re: Neues von der DNA-Front
Seqenenre am 28.05.2004 um 20:54:27

Ich bin und war nicht andersrum. Ich habe auch nicht meinen Sohn oder andersweitigen Verwandten geehelicht.
Schönes langes Wochenende wünscht
Seqenenre (lieber mit Ta'a im Namen als mit Ahmose im Bett... )

> Antwort auf Beitrag vom: 28.05.2004 um 17:58:14


16) Re: Neues von der DNA-Front
Henut_Tanebu am 01.06.2004 um 16:32:27

Danke für Eure Bemühungen, etwas Licht für mich in diese Sache zu bringen.
Zu Naunakhtes Frage bezüglich Inhapi: frei heraus kann ich Dir keine Quellen nennen, ich werde aber bei mir daheim nachsehen. Allerdings ist mir die Dame ebenfalls schon so manches Mal als Ehefrau Sekenenres untergekommen.

Noch eine Frage: erst unlängst habe ich gelesen, dass eine Untersuchung an den Mumien von Ahmose I. und Ahmes Nefertari ergeben haben soll, dass Ahmes Nefertari höchstens eine Halbschwester von Ahmose gewesen sein soll. Man berief sich auf den unterschiedlichen Knochenbau (?). Leider habe ich meine Quellenangabe dazu verlegt und finde den Bericht nicht mehr. Kennt ihn jemand von Euch und/oder weiß Näheres dazu? Zumindest würde dieses Ergebnis die DNA-Untersuchung unterstützen, dass die beiden keine Vollgeschwister waren.

Danke und liebe Grüße
Henut Tanebu  

> Antwort auf Beitrag vom: 28.05.2004 um 20:54:27


17) Re: Neues von der DNA-Front
 Iufaa am 01.06.2004 um 16:45:59


Zitat:
...unterschiedlichen Knochenbau...
als Unterscheidungsmerkmal bzw. als Kriterium für den Verwandschaftsgrad bei Halbgeschwistern? Erscheint mir mehr als zweifelhaft, denn die körperliche Entwicklung hängt von vielen Dingen, nicht nur dem genetischen Verwandschaftsgrad.

Die Beleglage möchte ich mal sehen.

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 01.06.2004 um 16:32:27


18) Re: Neues von der DNA-Front
Gitta am 01.06.2004 um 21:24:57

Hallo Tenut_Hanebu,

Du hattest das ganz richtig in Erinnerung. Im Katalog "Im Zeichen des Mondes" von 1999 (Seite 42) steht zu Ahmose I. und Ahmose-Nefertari folgendes:

Aufgrund der Titel "(Leiblicher) Königssohn" und "Tochter einer Großen Königsgemahlin" entstammen König Ahmose I. und seine spätere Große Königsgemahlin Ahmose-Nefertari sicherlich einer Hauptlinie, also entweder der Verbindung Seqenenre und Ahhotep I. oder der Verbindung Kamose und Ahhotep II. Sie scheinen Halbgeschwister gewesen zu sein. Für eine unterschiedliche Abstammung spricht zudem der Mumienbefund, wonach die Skelette dieser beiden Personen deutliche Unterschiede aufweisen und somit Ahmose I. und Ahmose-Nefertari keine Vollgeschwister gewesen sein können.

Leider steht nichts dabei, wer wo wie wann die Untersuchungen vorgenommen hat.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 01.06.2004 um 16:32:27