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Ägyptologie Forum >> Pharao & Hofstaat


1) Echnaton und die Amunpriester
Nita am 14.02.2005 um 15:43:20

Hallo,
ich brauche ganz dringend Hilfe!!!
Ich muss eine Facharbeit über Echnaton und dessen Konflikt mit den Amunpriestern schreiben.
Nun habe ich mir aber ein Buch von Chistian Jacq gekauft, in dem er die Ansicht vertritt, dass es keinen offenen Konflikt zwischen diesen Parteinen gegeben hat.
Da Christian Jacq ein annerkannter Archeologe ist gehe ich davon aus, dass er in seinen Ausführungen recht hat.

Deshalb bin ich total verzweifelt und versuche an Informationen von anderen Ägyptologen zu kommen, aber leider ohne großen Erfolg, denn ich will mir nicht unbedingt noch ein Buch kaufen.

Könnte mir irgendjemand helfen

Mir würde es schon genügen, wenn ich einige Positionen und Hintergrundinformationen über z.B.:
Donald B. Redford
Legrain
Edouard Naville
etc.
hätte.

Ich bin dankbar für JEDE Info!!!


2) Re: Echnaton und die Amunpriester
 heka-waset am 14.02.2005 um 15:45:36

Lies mal Assmanns "Theologie und Frömmigkeit" , Aldred "Echnaton- Gott und Pharao Ägyptens", Hornung "Echnaton- die Religion des Lichts". Da haste wohl einen sehr guten Überblick

> Antwort auf Beitrag vom: 14.02.2005 um 15:43:20


3) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Iufaa am 14.02.2005 um 16:39:36

Hi,

das Jaqc ein anerkannter Romanschreiber ist, ist sicher nicht Gegenstand der Diskussion in diesem Forum aber ihn als Quelle für eine ägyptologisch ausgerichtete Facharbeit zu wählen, ist sicherlich ein Wagnis.

Zu den von Heqa vorgschlagenenen Bücher lies mal den Assmann eher zuletzt, der ist selbst für Ägyptologen und Religionswissenschaftler eher schwere Kost. Also fang besser mit Hornung oder Reeves zu Echnaton an.

Gruss, Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 14.02.2005 um 15:45:36


4) Re: Echnaton und die Amunpriester
 manetho am 14.02.2005 um 17:31:15

man sollte vielleicht Jacq nicht zu einseitg in eine Schublade stecken, es gibt wohl auch ehrbare Facharbeit von ihm, er ist nur als Romancier in Laienkreisen bekannter, da er vermutlich erkannt hat, das damit einfacher Kohle zu machen ist.
Es kommt also mehr auf die Auswahl an.

In diesem speziellen Falle vertritt er eben eine von mehreren Meinungen, die zudem möglicherweise nicht einmal grundverkehrt ist, Aber andere haben eben auch andere Thesen. Dennoch sollte man sie aber mit einbeziehen.

> Antwort auf Beitrag vom: 14.02.2005 um 16:39:36


5) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Gast_A. am 14.02.2005 um 18:23:23

Hallo Nita,

in der Tat dürfte es Dir schwer fallen einen einzigen stichhaltigen Beleg dafür zu finden, dass es einen Konflikt zwischen Amenophis IV./Echnaton und der (thebanischen) Amunspriesterschaft gegeben hat.
Das ist allein eine INTERPRETATION von königlichen Texten der Nachamarnazeit (Tut- und Haremhabs-Dekret) sowie der zahlreichen Aushackungen der Zeichengruppe für jmn (Amun). Dass königliche Texte keine historischen Dokumente im modernen Sinne sind, kriegt man im Studium eigentlich schon im 1. Semester ständig eingetrichtert. Insofern wundert es, dass sich die traditionelle Ansicht, es habe eine zum Teil gewaltsame Verfolgung der Amuns-Anhänger (man denke hier Assmanns "Polizeistaat"-Theorie) gegeben, bis heute fast unverändert gehalten hat.
Für Assmann (und ihm folgend auch Reeves) ist eine ganz zentrale Quelle für die Verfolgung der Amuns-Religion das berühmte Pawah-Graffito aus Theben-West. Wenn hier interesse besteht, kann man besagtes Graffito ja mal durchsprechen (dann stell ich einen Scan rein). Allerdings würde das vielleicht wieder vom Thema wegführen? Neuer Thread??

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 14.02.2005 um 15:43:20


6) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Haremhab am 14.02.2005 um 18:46:14

Hallo Gast A!


Zitat:
Wenn hier interesse besteht, kann man besagtes Graffito ja mal durchsprechen (dann stell ich einen Scan rein). Allerdings würde das vielleicht wieder vom Thema wegführen? Neuer Thread??


Um es mal so zu formulieren: Es ist mir völlig egal, ob es vom Thema wegführt und ob ein neuer Thread nötig ist.

Nur stell es ein!!!!!!
Herzlichst

Haremhab

> Antwort auf Beitrag vom: 14.02.2005 um 18:23:23


7) Re: Echnaton und die Amunpriester
Gitta am 14.02.2005 um 21:27:47

Hallo zusammen,

ich möchte ja kein Spielverderber sein, aber Pawah haben wir schon mal durchgekaut:

Chronik Nofretete1

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 14.02.2005 um 18:46:14


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?board=wuh&action=display&num=1060240920&pnum=091003213558&start=22#22


8) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Gast_A. am 14.02.2005 um 22:33:20 - Anhang: Assmann_Ocular_Desire.pdf

Hallo Gitta,

Da die Abbildung des Textes in dem früheren Beitrag nur die zweite Hälfte des Textes zeigt (wie auch in Reeves, Echnaton, S. 188) hab ich hier mal die Gesamtedition von Gardiner reingestellt (witziger Weise bezieht sich Reeves im Beitext aber auf die erste Hälfte des Textes. Irgendwas muss da wohl beim Druck schief gelaufen sein). Mit ein wenig Zusatzliteratur für Neugierige. Es geht Assmann in diesem Falle auch nicht um die Lesung oder chronologische Zuordnung des Königsnamens oder der Jahreszahl, sondern um den Inhalt des Textes selbst. Nämlich die darin ausgedrückte „Gottesferne“ in einer gottlosen Zeit des Aton.

Das Graffito wurde erstmals von A.H. Gardiner (The Graffito from the Tomb of Pere, in: JEA 14 (1928), S.10-11) publiziert (s. Anlage).
Bis zu J. Assmanns Endeckung (Ägyptische Hymnen und Gebete, Zürich/München 1975, Nr. 147, S. 349f. und 595f.), dass der Hymnus eine verborgene Botschaft in sich trage, blieb der Text in der Ägyptologie völlig unbeachtet.
Nach Assmann verkörpert der Hymnus das Genre der sogenannten „Dissidentenliteratur“ (so etwas überspitzt bei D. Kessler, Dissidentenliteratur oder kultischer Hintergrund, in: SAK 25, 1998, S. 161-88), bei dem sich die fromme Anhängerschaft des ehemals so mächtigen Amun von Karnak über ihr schweres Los beklagt und ihrem Gott huldigt. Diese Huldigungen an Amun mussten nach Assmann wegen der zahllosen Späher der neuen Aton-Doktrin in finsteren, abgelegenen Ecken erfolgen. Dazu passt seiner Meinung nach (J. Assmann, Theologie und Frömmigkeit einer frühen Hochkultur, Stuttgart/Berlin/Köln 1984, S. 259f.), dass der Hymnus in einem Grab angebracht war (das Grab des PA-jrj in Theben-West TT 139; siehe hierzu die PDF-Datei aus F. Kampp, Die Thebanische Nekropole, Mainz 1996).
Ergänzend zu der teilweise etwas seltsam formulierten Übersetzung von Reeves habe ich noch aus J. Assmann, Ocular desire in a time of darkness: Urban festivals and divine visibility in Ancient Egypt (in: J. Assmann (Hrsg.), Ocular Desire, Sehnsucht des Auges, Yearbook of Religious Anthropology Bd. 1,  Berlin 1994, S. 13-29) eine Alternativübersetzung mitgeliefert.
Ich hatte eben eher an eine inhaltliche Diskussion gedacht, als an eine chronologische o.ä...

Gruß A.

Fehlende Anhänge:
Gardiner_Seite_1.jpg
Gardiner_Seite_2.jpg
Kampp_TT139.pdf


> Antwort auf Beitrag vom: 14.02.2005 um 21:27:47


9) Re: Echnaton und die Amunpriester
Gitta am 15.02.2005 um 09:35:58

Hallo Gast_A,


Zitat:
Da die Abbildung des Textes in dem früheren Beitrag nur die zweite Hälfte des Textes zeigt (wie auch in Reeves, Echnaton, S. 188) hab ich hier mal die Gesamtedition von Gardiner reingestellt (witziger Weise bezieht sich Reeves im Beitext aber auf die erste Hälfte des Textes. Irgendwas muss da wohl beim Druck schief gelaufen sein).


Das ist ja ein interessant. Dann ist es nämlich kein Wunder, wenn ich bei der seinerzeitigen Chronologie-Diskussion so meine Schwierigkeiten hatte, Übersetzung und Faksimile in Einklang zu bringen:

Zitat eines meiner Beiträge von September 2003:
habe gestern abend noch versucht zu ergründen, weshalb einmal Totentempel und einmal nur Tempel übersetzt worden ist. In der hieroglyphischen Abschrift konnte ich keinen Terminus "Totentempel" finden. Der Text lässt sich einigermaßen nachvollziehen. Er ist aber auch nicht ganz vollständig und die Reihenfolge ist irgendwie anders.


Zitat:
Ich hatte eben eher an eine inhaltliche Diskussion gedacht, als an eine chronologische o.ä...


Gute Idee, finde ich. Ich würde gern heute Abend drauf zurückkommen (macht sich im Büro nicht so gut )

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 14.02.2005 um 22:33:20


10) Re: Echnaton und die Amunpriester
Gitta am 15.02.2005 um 23:53:33

Hallo zusammen,

zunächst einmal: es ist schon erstaunlich, was einem alles auffällt, wenn man sich mal näher mit dem Text und dessen Umfeld beschäftigt.

Gardiner schreibt, dass er in der hieratischen Originalhandschrift den Namen Anch-cheperu-Re zunächst als Aa-cheperu-Re identifiziert hatte. Erst Newberry überzeugte ihn schließlich von der "Anch"-Schreibung im Hieratischen. Kamp schreibt "Ob das hieratische Graffito des Pawah aus dem dritten Regierungsjahr Semenchkares, das von seinem Bruder, einem sS kdwt (Schreiber der Maurer?) namens Bataj ausgeführt wurde, bereits aus einer Wiederbenutzungsphase des Grabes stammt oder sogar noch zu Lebzeiten des Pajrj im Grab angebracht wurde, kann nicht entschieden werden." Assmann datiert das Grab auf etwa 1420 v.Chr., etwa zur Zeit Amenophis II. (Aa-cheperu-Re), Kamp wiederum datiert es eindeutig auf die Zeit Amenophis' III. wegen einer am Türsturz angebrachten Kartusche (reicht das als Grundlage?). Der Sa-Ra-Name wäre für Amenophis II. unpassend, jedoch scheint er auch sehr zerstört und ich kann das Hieratische nicht entziffern. Ist die Schreibung für "Sa-Ra" in dieser Form typisch? Könnte es sich vielleicht auch um einen ganz anderen Ausdruck handeln? Der wichtigste Teil des Epithetons "geliebt von Wa-en-Re" scheint verloren zu sein; dasselbe gilt für "geliebt von Nefer-cheperu-Re". Gesetzt den Fall, der Text ist tatsächlich schon viel älter als bisher angenommen. Dann wäre er zum Einen inhaltlich nicht auf die "dunkle Zeit des Aton" zu beziehen und zum Anderen wäre ein ganz wichtiger Beleg für das Jahr 3 des Semenchkare Schall und Rauch. Anzumerken wäre vielleicht noch, dass Amenophis II. schon zu Anfang seiner Regierungszeit mehrere Millionenjahrhäuser erbauen ließ (siehe Martina Ullmann), so dass sowohl ein Wab-Priester als auch ein "Schreiber der Maurer" dort ohne weiteres hätte tätig sein können.

Inhaltlich sah Gardiner in dem Grafitto die Anrufung des Amun durch Bataj, seinem blinden Bruder Pawah das Augenlicht wiederzugeben. Das scheint mir genauso mehr oder weniger glaubwürdig und plausibel wie die Theorien von Assmann ff, die darin eine Anrufung des Amun gegen die Dunkelheit des Aton sehen. Können die Beschwörungen "Lass ihn Dich sehen!" oder "Gib ihm: Re ist dauerhaft!" nicht ganz normale fromme Wünsche für den Bruder sein? Die abschließende Floskel "für den Ka des..." kann sogar darauf hindeuten, dass der Bruder schon tot ist, denn sie findet sich genauso in Totenopferformeln.

Warum die Inschrift ausgerechnet in einem Grab angebracht wurde, darüber lässt sich nur spekulieren. Vielleicht hatte der arme Wab-Priester kein ordentliches Grab und sein Bruder hielt diese Stelle für geeignet, ihm ein erträgliches jenseitiges Leben wenigstens versuchsweise zu ermöglichen?

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 15.02.2005 um 09:35:58


11) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Gast_A. am 16.02.2005 um 01:29:35

Hallo Gitta!

Klasse, dass das so schnell in Schwung kommt. Ich halte die Aussagekraft des Textes und seine Umfeld-Diskussion auch für zu problematisch um ihn zu einer wichtigsten Grundlage des Persönliche-Frömmigkeits-Konzeptes zu machen.

Zunächst ein paar Anmerkungen

(1) ein sS-qdw.t (korrekt eigentlich zXAw-qdw.t zu lesen) ist ein „Umrißzeichner“. Das sind diejenigen Handwerker, die zB. in Deir el-Medine für die Vorzeichnung der Grabdekorationen zuständig waren und die standardisierten Proportionen und Zeichenkonventionen beherrschten.

(2) Die Kartuschen am Türsturz sind ein recht eindeutiges Datierungskriterium - für den Türsturz! Mehr leider auch nicht. Wie die Untersuchung von Budka (Der König an der Haustür) zeigen konnte geben die Götter- und Königsnamen an den Türgewänden die Bindung des jeweiligen Besitzers an die jeweilige Tempel- oder Königs-Institution wieder. Von allen, die sich mit Grabtypen eingehender befasst haben, wird das Grab unter Amenophis III. datiert (P&M, M. Wasmuth, Innovationen und Extravaganzen, BAR 1165, Oxford 2003, S. 26f.). Insofern ist zumindest vom Grabtyp hier keine klare Aussage zu treffen. Allerdings kann das Türgewände auch später angebracht worden sein.

(3) Die Schreibung für sA-Ra entspricht der typischen hieratischen Norm. Auch das „Aton“ ist eindeutig.

(4) Die Paläographie (also der Schreibstil einzelner Zeichen) des Gebetes orientiert sich noch sehr stark an der 18. Dynastie. Mit der 19. Dynastie ist ein deutlicher Wechsel in der Kanzleischrift festzustellen, der wohl mit einer Verwaltungsreform zusammenfällt. Ich möchte daher die Datierung des Graffitio definitiv VOR die 19. Dyn. ansetzen.

(5) N. Reeves (The Complete Tutankhamun, London 1990, S. 28) erwähnt einen Wab-Priester unter Tutanchamun namens PA-jrj (Uschebti BM 38721). Ob es sich hierbei um den Grabbesitzer PA-jrj von TT 139 handelt ist unklar (und ich denke eher unwahrscheinlich). Bemerkenswert ist auch Kampps Aussage, dass das Grab keine Namenstilgungen oder Aushackungen unter Echnaton aufweist.

(6) Bedeutsam ist das Datum: Der 10. Monatstag war - entsprechend dem Dekadenkalender der Ägypter - ein FESTTAG (ebenso wie der 30./1. und 20. Monatstag)! An diesen Tagen erfolgte die Orakelbefragung eines Gottes sowie die öffentliche Prozession der Kultbarke (in Deir el-Medine i.d.R. die Prozession des vergöttlichten Amenophis I.). Dass das Graffito ausgerechnet an diesem Tag, einem offiziellen Feiertag, angebracht wurde ist sicherlich zu berücksichtigen. Sie beweist indirekt, dass solche Feste auch in der Zeit Semenchkares (?) vollzogen wurden. Die Motivation der Anbringung ist von diesem Blickwinkel wohl nicht ganz so spontan und  fromm motiviert wie von Assmann angenommen. Denn:

(7) Alle Personen im Graffito sind über Titel und Funktion mit Priesterämtern verknüpft. Dies ist besonder wichtig, da in Orakel- und Prozessionsritualen i.d.R. Wab-Priester agierten. Und ein eben solcher tritt hier auch auf. Es passt also bis hierher alles in das Schema einer offiziellen, im Rahmen eines Festes vollzogenen Gottesanrufung (Orakel). Auch die Bezeichnung hrw-nfr passt hier hinein. Der „schöne Tag“ war der Festtag, an dem die Tempel ihre offiziellen Feste begingen. In Deir el-Medine erhielten die Bewohner zB. extra Güter bei solchen Gelegenheiten (Getränke, Brote etc.).

(8) Die im Text belegte Phraseologie - also die formelhafte Wortwahl - ist in ganz ähnlicher Form zahlreich belegt. Und bei den anderen Texten bezieht sich die Wortwahl NICHT auf die Gottesferne in der Amarnazeit! Vgl. hierzu die Belege bei Smith („Blindness“ s. Beilage; die Hypothese von Smith ist m.E. falsch. Es geht hier nur um die in der Einleitung genannten Belege).

Denke mal, das reicht zunächst zum Weitergrübeln...

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 15.02.2005 um 23:53:33


12) Re: Echnaton und die Amunpriester
Gitta am 16.02.2005 um 10:41:51

Hallo Gast_A,


Zitat:
(1) ein sS-qdw.t (korrekt eigentlich zXAw-qdw.t zu lesen) ist ein „Umrißzeichner“. Das sind diejenigen Handwerker, die zB. in Deir el-Medine für die Vorzeichnung der Grabdekorationen zuständig waren und die standardisierten Proportionen und Zeichenkonventionen beherrschten.


Das ist auch die Interpretation von Gardiner. Dieser "Umrißzeichner" war jedoch am Tempel des Anch-cheperu-Re beschäftigt. Das kam mir etwas merkwürdig vor, muss es aber deshalb nicht sein.


Zitat:
(6) Bedeutsam ist das Datum: Der 10. Monatstag war - entsprechend dem Dekadenkalender der Ägypter - ein FESTTAG (ebenso wie der 30./1. und 20. Monatstag)! An diesen Tagen erfolgte die Orakelbefragung eines Gottes sowie die öffentliche Prozession der Kultbarke (in Deir el-Medine i.d.R. die Prozession des vergöttlichten Amenophis I.). Dass das Graffito ausgerechnet an diesem Tag, einem offiziellen Feiertag, angebracht wurde ist sicherlich zu berücksichtigen.


Das würde den Passus "Mach Dir einen schönen Tag im Kreise Deiner Kameraden" (frei übersetzt) einigermaßen erklärbar machen, ebenso die Anspielung, Amun sei "jeden Tag im Fest". Diese Passagen stünden sonst für meine Augen ein wenig unmotiviert im Text.

Und wie ist das "n-Ka-n" zu verstehen? Ich könnte im Moment nicht sagen, ob diese Formel auch ausserhalb der Totentexte vorkommt.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 16.02.2005 um 01:29:35


13) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Iufaa am 16.02.2005 um 11:05:09

Hallo Gast A,

kleine Rückfrage ->
Zitat:
Bedeutsam ist das Datum: Der 10. Monatstag war - entsprechend dem Dekadenkalender der Ägypter - ein FESTTAG
Lanny Bell schreibt in seiner Publikation zum Luxortempel, dass das "Dekadenfest" (mit dem Auszug des Amen-em-ipet aus dem Luxor-Tempel hin zum kleinen Tempel des "Amun vom Djeser set" (18. Dyn. Tempel von Hatschepsut/Thutmosis III in Medinet Habu) erst ab Ramses II nachweisbar wäre.

Haben wir hier einen Widerspruch oder handelt es sich um einen Vorläufer des Dekadenfestes in der 18. Dyn..

Gruss, Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 16.02.2005 um 01:29:35


14) Re: Echnaton und die Amunpriester
Gitta am 16.02.2005 um 20:33:13


Zitat:
Das ist auch die Interpretation von Gardiner. Dieser "Umrißzeichner" war jedoch am Tempel des Anch-cheperu-Re beschäftigt. Das kam mir etwas merkwürdig vor, muss es aber deshalb nicht sein.


Ist es auch nicht

Ich habe soeben einen Blick in ein Buch geworfen, das viel schlauer ist als ich: Nach Eichler "Die Verwaltung des "Hauses des Amun" in der 18. Dynastie" gab es im Tempel von Karnak 13 Umrißzeichner. Also nichts Ungewöhnliches.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 16.02.2005 um 10:41:51


15) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Gast_A. am 16.02.2005 um 23:22:07

Hallo Iufaa,

tatsächlich sind die Dekadenfeste in den Tempel-Festlisten nicht vor der Ramessidenzeit nachweisbar. Allerdings muß hier eine grundsätzliche Sache berücksichtigt werden: Die Dekadenfeste waren anders als die Monatsfeste („Feste der Zeitabläufe“) ursprünglich keine Tempelfeste (wie zB. das Opetfest und die damit verbundenen kleineren Feste) und gehören daher auch nicht in deren Festlisten (vgl. etwa die beiden Listen Thutmosis’ III. aus Karnak).
Zahlreiche Tempelfeste wurden in der Ramessidenzeit durch Königserlasse auf die Dekaden-„Feiertage“ verteilt - daher das scheinbare „Fehlen“ solcher Dekaden-Tempelfeste in früheren Listen.
Die zahllosen Tempel-/Monatsfeste spielten außerhalb der Tempel offenbar keine besonders bedeutende Rolle im Alltag und wurden nur bei wenigen Festen im wirklich großen Rahmen von der allgemeinen Bevölkerung begangen (dabei ist zu beachten, dass auch bei den größten Tempelfesten nur diejenigen Tage als arbeitsfrei galten, bei denen der Gott erschien („xaj“; der Wechsel von „Erscheinen“ und „Ruhen“ der Kultbarke gehörte ja grundsätzlich zu jeder ägyptischen Festprozession. Allerdings durfte nur bei einem kleineren Teil des gesamten Festablaufes die Bevölkerung teilnehmen). Aller anderen Festtage spielten nur im Tempel selbst eine Rolle; vgl. W. Helck, Feiertage und Arbeitstage, in: JESHO 7, 1964, S. 160ff.).

Dagegen waren es die Dekaden-Feiertage (Wochenenden), die die Arbeitswoche der Arbeiter und Handwerker bestimmten. Und da wir erst aus der Ramessidenzeit und durch die Beleglage in Deir el-Medine über den Handwerkeralltag und damit auch über dortige Dekaden-Feste gut unformiert sind, ist es verlockend aber auch einseitig anzunehmen, es hätte zuvor keine Dekadenfeste gegeben (so argumentiert zB. auch Assmann immer: eine Sache gab es erst, wenn wir sie schriftlich schwarz auf weiß dokumentiert haben). Orakel konnten übrigens auch außerhalb von Dekadenfesten gegeben werden (zB. Opetfest, Wüstental etc.), da auch bei diesen Feierlichkeiten der Gott „erschien“. Allerdings ist die Häufung von Orakelpetitionen an Dekadenfesten - etwa in Deir el-Medine - so signifikant, dass man wohl davon ausgehen muss, dass sie zum normalen Geschehen am altägyptischen „Wochenende“ der breiten Bevölkerungsgruppen gehörten.
Auch wäre es sehr verwunderlich, dass eine solche komplexe Fest-Sitte ex nihilo in der frühesten Ramessidenzeit aus dem Boden geschossen sein soll. Dafür ist sie schlichtweg zu fest im Alltagsleben verankert, zu ausgefeilt und zu standardisiert. Wenn wir in der Ramessidenzeit die Orakelpraxis der Bevölkerung v.a. für diese Dekaden-Festtage festmachen können, und bereits vor der Amarnazeit die typischen Phrasen dieser Praxis vorfinden (G. Posener, La Piété Personelle avant l’âge amarnien, in: Rde 27, 1975, S. 195ff.) ist es naheliegend hier einen Bezug herzustellen.
Typisch für die Ramessidenzeit ist die Verlegung von Tempelfesten auf die Wochenenden am Ende einer Dekade (s.o.). Dies mag praktische Gründe gehabt haben (breitere Festteilnahme der Bevölkerung o.ä.). Daher kann es hier aber auch manchmal zu Verwirrung kommen, was nun eigentliches Dekadenfest und was ein Monats- bzw. Tempelfest ist.
Die Dekadenteilung des Monats ist bereits aus dem Alten Reich bekannt. Es ist auch so, dass die Festlisten aus Tempeln nicht vollständig bzw. standardisiert sind und daher nicht unbedingt Beweiskraft gegen ein solches Festgeschehen vor der 19. Dynastie haben. In Medinet Habu etwa begegnen die kalendarischen Auszüge von Königsstatuen, die für das direkt benachbarte Deir el-Medine so bedeutend an den Dekaden gewesen sind, überhaupt nicht (bis auf Ramses III.).

Für Deir el-Medine spielten die Fest- und Kultvorschriften Amenophis’ I. eine zentrale Rolle. Dies mag ein Grund dafür gewesen sein, warum ihm dort eine so zentrale Rolle zukam. Eventuell gehen die Prozessions-Abläufe bereits auf die Kultvorschriften Amenophis’ I. selbst zurück (sie scheinen jedenfalls nicht von einem ramessidischen Herrscher installiert worden zu sein, da sich darauf kein Bezug findet und die Betonung Amenophis’ I. wirklich erdrückend ist). Sicher belegen ließe sich das erst mit neuem Material.

Aus dem frühen Neuen Reich gibt einige vage Hinweise auf  Prozessionen/Orakel an „Wochenenden“: So wird schon unter Thutmosis III. (Gründungsstele CG 34012, Zeile 7) das Erscheinen des Gottes während einer Prozession auf ein Dekadenende gelegt (30. Monatstag). Vielleicht ist es auch nur Zufall, dass die Orakelprozession aus der Roten Kapelle der Hatschepsut im Jahr 2 am 19 Monatstag stattfand (die Dekadenvortage bzw. -nächte gehören zum Festgeschehen am 1., 10., 20., und 30. Monatstag). Eventuell auch ohne Bedeutung, dass Thutmosis IV. sein Traumorakel ebenfalls auf den Festvortag datiert (Jahr 1, III. Achet, Tag 9)? Thutmosis IV. datiert dann allerdings sein Orakel in Konosso auf den 2. Monatstag. Hier würde sich die Frage stellen, wie lang ein (königliches?) Dekadenfest sei konnte/durfte. Eventuell liegt hier ja auch gar kein Hinweis auf ein solches vor. Schwierig zu sagen, da uns eben die Angaben zu ähnlichen sozialen Gruppen, wie wir sie später für Deir el-Medine haben, in der Thutmosidenzeit fehlen.

Mit einer direkten Ableitung des Dekadengeschehens aus königlichen Festriten wäre ich wirklich vorsichtig. Allerdings ist das procedere der Anrufung (etwa in Deir el-Medine) sehr wahrscheinlich königlichen bzw. tempelbezogenen Riten entnommen (etwa das Nächtigen an der Kultstätte wie wir es von Königen kennen usw.).
Die Orakelprozessionen des Amun von Karnak und Luxor aus sind ja im Übrigen auch schon vor den Ramessiden belegt. Insofern relativiert dies das Argument gegen die Dekadenverteilung etwas.

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 16.02.2005 um 20:33:13


16) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Iufaa am 16.02.2005 um 23:43:17

Hallo Gast_A,

danke für die ausführliche Antwort, aber letzten Endes läuft die ganze Interpretation der Inschrift doch auf - in einigen Fällen sicher auch plausible - Annahmen hinaus:

- die Erwähnung des 10. Tages legt natürlich ein Wochenende nahe, aber ein Fest oder ein Festakt wird expressis verbis nicht erwähnt. Ich stimme Dir völlig zu, aus dem Nichts (ex nihilo) entstehen keine Feste oder gar Prozessionen. Die Umzüge (Opet-Fest oder das "Wüste Fest vom schönen Tal") sind sicher auch nicht von Hatschepsut aus der Taufe gehoben worden, aber ich reagiere immer etwas "allergisch", wenn man Begriffe zeitlich retrograd verwendet - daher die Nachfrage.

- selbst wenn wir einen Zusammenhang mit einem Festakt- oder umzug annehmen, dann steht und fällt die ganze Assmann-Interpretation doch mit der Datierung der Inschrift. Wenn diese nicht in die Amarna-(End-)Zeit zu datieren ist, dann ist die ganze Folgerung, dass hier keine physiologische, sondern ein "mentale" (=religiöse) Blindheit beklagt wird, doch völlig falsch. Anders ausgedrückt, wenn Assmann eine "religiöse" Blindheit aus dem Text herauslesen will, dann muss er die Inschrift in die entsprechende Periode datieren. Oder gäbe es eine andere Periode in der 18. oder 19. Dyn., wo die Inschrift noch eine Assmann-konforme Interpretation erlauben würde?

Gruss, Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 16.02.2005 um 23:22:07


17) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Gast_A. am 17.02.2005 um 01:02:06

Hallo Iufaa,

wie deutest Du dann die Zeilen 40-42 sowie den Schluß in Assmanns Übersetzung? Wie ich schon oben sagte: das "Machen eines schönen Tages" ist ein Synonym für "Feiern eines Festes" und begegnet so zB. häufig im Zusammenhang mit dem Schönen Fest vom WÜstental (Assmann selbst merkt ja an, dass das Graffito sich neben einer Grabdekorationsszene befindet, die eben dieses Fest abbildet). Dass bei diesem Fest auch in Gräbern gefeiert wurde ist gut belegt. Andere Nekropolenfeste und Prozessionen funktionnierten vielleicht ähnlich. Entscheidend war für das Wüstental-Fest ja, dass der Verstorbene in der Statuenprozession des Amun mitgeführt wurde (vgl. Schott, Das schöne Fest von WÜstentale, Wiesbaden 1952, S. 32ff.). Eventuell erfolgte eine solche Anbindung ja auch bei den kleineren Dekadenfesten. Dass die Priesterschaft des Amun-Tempels bei größeren Festen auf dem Westufer mitwirkte ist ebenfalls belegt (s. Schott, S. 803). Leider ist keine Tempelliste für die Feste des 2. Monats Achet erhalten, so dass man nicht sagen kann, ob an dem hier vorliegenden Datum eventuell ein Dekadenfest mit einem Tempelfest zusammenfiel.

Auch wenn nicht im Text steht "A feiert heute, den soundsovielten, zusammen mit B und C ein Fest, bei dem die Handlungen XYZ genau so und nicht anders gemacht wurden", so kann man sich hier doch über die im Text implizierten Informationen recht deutlich an die Festsituation annähern. Ich denke zusammen mit dem Datum passt das ausgesprochen gut.

Letztendens verstehe ich die ganze Theorie Assmanns mit der "Sehnsucht" nach Amun usw. nicht, denn im Text wird doch ausdrücklich gesagt, dass der gute Mann sogar im Hw.t-nTr-n-Jmn (also im "Tempel des Amun") aktiv war. In der Einleitung wird er gar "Schreiber des Gottesopfer" genannt. Wie? Gottesopfer in einer Zeit in der es angeblich keinen Kult für den Gott gab? Klingt seltsam. Assmann macht daraus einen "follower of Amun". Ich würde eher sagen, der Mann verdiente seine Brötchen ganz normal im täglichen Kult des Tempels und wurde aus dem Schatzhaus des Amun-Tempels bezahlt.
Auch in Zeile 40 könnte man sw-m-Hb-ra-nb auf Amun beziehen. Dann hieße es eben "er (Amun) ist jeden Tag im Fest". Auch dies beißt sich doch eher mit der Vorstellung eines frustrierten, da gottverlassenen Schreiber-Beamten, der nur glücklich ist, wenn er den Namen des fernen Gottes aussprechen kann.

Im Übrigen muss man auch mal darauf hinweisen, dass in der Einleitung auch Osiris gehuldigt wird (wnn-nfr ist ja dessen typisches Epithton in Hymnen). Nach Assmann (Theologie und Frömmigkeit) gab es diesen Gott in der Amarnazeit gar nicht - kein Totenkult usw.). Auch hier stimmt irgendwas nicht so ganz.

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 16.02.2005 um 23:43:17


18) Re: Echnaton und die Amunpriester
Gitta am 17.02.2005 um 01:38:36

Hi Iufaa,

an der Datierung des Textes gibt es ja scheinbar nichts zu rütteln, wenn ausdrücklich das Jahr 3 des Semenchkare als Datum angegeben ist. Und die Schreibung des Sa-Ra-Namens Neferneferuaton in der Transliteration vom Hieratischen ins Hieroglyphische ist nach den obigen Ausführungen von Gast_A korrekt.

Was mich interessieren würde ist, warum man in den frühen Textinterpretationen überhaupt auf eine körperliche Blindheit gekommen ist. Wenn ich die Übersetzung ganz vorurteilsfrei lesen würde, käme ich zunächst einmal nicht drauf. Ganz davon abgesehen, dass ich mir einen blinden Reinigungspriester, der noch dazu "Schreiber am Tempel des Amun im Haus des Anch-cheperu-Re" ist, aus rein praktischen Erwägungen nicht gut vorstellen kann, es sei denn, es handelt sich um einen Ehrentitel oder der Gute ist ganz plötzlich erblindet. Das kann man dem Text aber nicht entnehmen.

Zum zweiten ist mir die mit "Für den Ka des..." beginnende Abschlussformel des Textes nach wie vor rätselhaft. Ist es nicht so, dass der Ka eines Menschen erst nach dessen Tod versorgt werden musste? Zu Lebzeiten war es nicht erforderlich, denn da bilden Mensch und sein Ka eine Einheit. Ich sehe den Text als Totengebet für Pawah, wozu auch auch der Wunsch n kA-k dj hrw nfr m Xnw(t)-k passen könnte, wenn man ihn als "Für Deine Seele. Mach Dir einen schönen Tag inmitten der Deinen" im Sinne von "inmitten der Lebenden" übersetzt, womit dann wiederum die Jenseitswelt gemeint sein könnte (in Anlehnung an Hannig, Seite 634 m-Xnw anxu = "unter den Lebenden (im Jenseits)". Denkbar wäre natürlich auch, dass dem (verstorbenen!) Pawah so die Teilhabe an einem oder vielleicht sogar allen tatsächlich stattfindenden Festen ermöglicht werden sollte.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 16.02.2005 um 23:43:17


19) Re: Echnaton und die Amunpriester
Gitta am 17.02.2005 um 01:48:40

Hallo Gast_A,


Zitat:
Auch in Zeile 40 könnte man sw-m-Hb-ra-nb auf Amun beziehen. Dann hieße es eben "er (Amun) ist jeden Tag im Fest".


Ich würde das eher als "man ist jeden Tag im Fest" übersetzen

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 17.02.2005 um 01:02:06


20) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Iufaa am 17.02.2005 um 09:38:12

Hallo Gitta,

ich will gar nicht die Datierung ändern, sondern nur betonen, dass hier die Datierung erst Assmanns Interpretation den Weg zu einem Zusammenhang mit der Echnaton´schen Unterdrückung des Amunkults ermöglicht.
Nimm die Datierung raus, und interpretiere die Klagen des Kerls über seinen Zustand mal ohne zeitlichen Kontext, dann legt die "Dunkelheit" die ihn umgibt, zuforderst nur eine physiologische Blindheit nahe - im übrigen muss der ja nicht immer blind gewesen sein, hier kann auch eine Alterserkrankung vorliegen. Wenn ich mich recht erinnere, wird die abgestufte Erblindung des Auges im Endstadium auch als "Dunkelheit" bezeichnet (müsste irgendwo bei Westendorff stehen).

Gruss, Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 17.02.2005 um 01:38:36


21) Re: Echnaton und die Amunpriester
Gitta am 17.02.2005 um 10:27:25

Hi Iufaa,

dann habe ich Dich falsch verstanden und Du hast natürlich Recht. Bei dem Datum kann man sehr leicht auf alle möglichen Ideen kommen und dann versuchen, sie mit aller Macht zu untermauern - was Assmann wohl tut.

Wegen der Blindheit bin ich immer noch im Zweifel. Steht im Text ein medizinischer Originalterminus? Darauf habe ich bisher nicht geachtet. Gegebenenfalls versuche ich mich heute Abend nochmal an einer entsprechenden Textanalyse.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 17.02.2005 um 09:38:12


22) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Iufaa am 17.02.2005 um 10:45:13

Hallo Gitta,

Hannig Dt-Äygpt. S. 299, Dunkelheit -> kkw (d. Nacht, auch fig. eine Augenkrankeit).

Zu finden in der Zeile 20/21. Dss Wort ist da, aber ist es auch die "Lesung"

Gruss, Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 17.02.2005 um 10:27:25


23) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Gast_A. am 17.02.2005 um 12:33:09 - Anhang: Kessler_Dissidentenliteratur.pdf

Hallo Gitta, hallo Iufaa,

@ Iufaa:

(1) das mit dem „kurzfristigen Erblinden“ geistert schon seit Erman, Gunn und Griffith in den religionswissenschaftlichen Büchern rum (vgl. Smith). Allerdings ist die Zahl derer, die dann an einer so überraschenden Blindheit litten so frappant hoch, dass man sich fragen muss, was dann zB. eine kleine Gruppe wie die aus Deir el-Medine den ganzen Tag machte (die andere Hälfte der Belegschaft am Arm durchs Dorf zu führen?)... die betroffenen Personen tragen übrigens alle Titel weiter (i.d.R. Schreiber, Zeichner oder „Diener“) und treten auch in ihren Gräbern sowie den „Alltagsdokumenten“ in Deir el-Medine als völlig gesund und arbeitsfähig auf.
Das „Sehen der Finsternis (am Tage)“ ist in meinen Augen ein Topos, also eine feste Phrase, die metaphorisch zu verstehen ist:
Im Vollzug des i.d.R. nächtlich (oder in finsteren Räumen) praktizierten Anrufungsrituals wird der Priester in der nachempfundenen Situation des „Ersten Males“ der Schöpfung von allerlei Getier bedroht (man vergleiche die Viecher auf den Horusstelen). Er ruft den unsichtbaren - da kosmischen - Urgott, der sich ihm in der Finsternis (kkw) offenbaren soll. Wir kennen aus solchen Ritualen des „Anzünden des Lichtes“ und das „Löschen der Fackel“ - eventuell wurde dieses Ritual also über Dunkel-Hell-Kontraste realisiert. Im Zuge der Anrufung betont der Priester seine Diener-Rolle und seinen niedrigen sozialen Status bzw. seine körperliche Schwäche. Dies hat das Ziel den Gott zu beschwichtigen (Htp), da er für den Priester zunächst bedrohlich und gefährlich ist. Schlußendlich „rettet“ der Gott den Priester und beantwortet ihm die Petitionen.
Dieses procedere läßt sich in mehr oder weniger ausformulierter, meist jedoch nur in zitathafter Form in der ganzen Beleggruppe der Gebete aufzeigen (ausführlich hierzu D. Kessler, Dissidentenliteratur...).
Es ist wohl zwischen der Blindheit bzw. Finsternis in diesen hymnischen Texten und derjenigen der medizinischen Texte zu unterscheiden. Sicherlich gab es Blindheit als Krankheitserfahrung (vgl. etwa J.F. Borghouts, Divine Internevention, in: Gleanings from Deir el-Medina, Leiden 1982, S. 1-70). Doch läßt sich die Finsternis der Stelentexte nicht sinnvoll damit verbinden. Einige hymnische Texte berichten von der Aufhebung dieses Zustandes (dies war denn auch der Hauptgrund warum immer angenommen wird, des handle sich um eine sporadische Blindheit), nachdem der Sünder seine Schuld bekannt hat (Selbsterniedrigung). Um permanente Altersblindheit dürfte es sich also kaum gehandelt haben.
Ich habe mal das Paradebeispiel für derartige Gott-Mensch-Beziehungen, die Stele des Nebre reingestellt (ÄHG Nr. 148; die Nr. 147 ist übrigens das hier behandelte Graffito; darauf bezieht sich auch Kessler, s.u.).

@Gitta:

(2) es heißt hier nicht „unter den Deinen“, sondern „inmitten deiner Stadtbewohner“. Die „Stadt“ war ja das soziale Umfeld, das für die Ausrichtung der lokalen Feste (besonders die Nekropolenfeste) verantwortlich war. Der Tempel des Stadtgottes war die sakralrechtliche Zentrum der Gemeinschaft. Die soziale Einbindung der Personen lag eben räumlich sehr begrenzt in der „community“.

(3) Im neuägyptischen Präsens I wird die 3. Pers. Sngl. Mask. „er“ durch sw ausgedrückt (zB. sw jm „er ist dort“ bzw. bn sw jm „er ist nicht dort“). Ich würde daher auch hier von einem rückverweisend-persönlichen Gebrauch ausgehen. „Man“ würde in diesem Tempustyp über eine Hilfskonstruktion bilden.

(4) die Einbeziehung des Osiris ergibt sich veilleicht aus der Grabdekoration, begegnet dieser Gott doch in der benachbarten Grabszenerie.

(5) Die n-kA-n-Formel taucht sehr häufig in nicht-funerären Texten auf (so zB. in fast allen jAw-n=k und rdj.t-jAw-Hymnen, die Assmann ja als ausserkultische „Stoßgebete“ von Gläubigen betrachtet).

Noch etwas:

(6) wieso vollzieht eigentlich jemand anderes (Ba-tjajj) eine Anrufung und nennt dann einen Verwandten (Pawah) als Begünstigten? Assmann liefert hierfür keine Erklärung. Dagegen hat D. Kessler eine in meinen Augen recht überzeugende Deutung parat:
[s. Anhang - auch er bezieht sich auf Nr. 148 aus Assmanns ÄHG]

Fehlende Anhänge:
AeHG_148.pdf
Kitchen_Bd_III-653-55.pdf


> Antwort auf Beitrag vom: 17.02.2005 um 10:45:13


24) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Iufaa am 17.02.2005 um 12:58:45

Hallo Gast A,

es ist eigentlich unbedeutend, ob sich der Kerl nach einem Dekaden- oder Talfest in den Gräbern rumgetrieben hat (dunkle Erinnerungen meinerseits lassen allerdings ein Talfest vermuten - nach wüsten Festen sind Jeremiaden in der Regel häufiger).
Wenn der Text wirklich in Zusammenhang mit einem der Feste erstellt wurde, warum beklagt er sich dann, denn bei beiden Festen zieht Amun von Theben auf´s Westufer. Festzüge Amuns sollten aber nicht stattfinden, wenn die Tempel noch geschlossen sind - oder die Restauration läuft schon wieder  und Pawah ist wirklich "blind" und kann den Barkenzug nicht mehr sehen.
Die Zuweisung der Texterstellung in den zeitlichen Rahmen eines Festzuges des Amun passt offensichtlich genausowenig in eine Unterdrückung des Amunkultes, wie die Ämter, in denen er lt. Text aktiv war.

Gruss, Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 17.02.2005 um 01:02:06


25) Re: Echnaton und die Amunpriester
Gitta am 17.02.2005 um 21:58:09

Hallo Gast_A,


Zitat:
es heißt hier nicht „unter den Deinen“, sondern „inmitten deiner Stadtbewohner“.


Ich habs ja gesehen, das Determinativ . Ich neige manchmal zu recht freien Übersetzungen - wohl wissend, dass sowas hübsch daneben gehen kann.


Zitat:
Dagegen hat D. Kessler eine in meinen Augen recht überzeugende Deutung parat:


Ein bißchen schräg finde ich die Konstruktion ja schon, z.B. den Part, in welchem von der "Festversammlung der leitenden Schreiber" die Rede ist und der darauf aufbauende Anstoß zur Anbringung der Inschrift

Die auf der Parallele, der Nebre-Stele, auftauchenden Personen scheinen alle tot zu sein, die im Graffito nicht, nachdem das n-kA-n kein Indiz dafür ist (dabei hätte das so schön zur Finsternis gepasst ).

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 17.02.2005 um 12:33:09


26) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Gast_A. am 18.02.2005 um 00:13:51

Hallo Gitta,


Zitat:
Die auf der Parallele, der Nebre-Stele, auftauchenden Personen scheinen alle tot zu sein

Da stehe ich irgendwie auf dem Schlauch... wieso tot? Die ganze Familie? Irgendwie würde doch dann der gesamte Stelentext keinen Sinn ergeben...
Wäre froh, wenn Du mich da aufklären könntest!

Gruß A.

P.S.: Kesslers These basiert zum Teil auf der sehr gut dokumentierten priesterlichen Praxis in der III. Zwischenzeit und der Spätzeit. Natürlich ist es schwierig sowas direkt zu übertragen (hallo Iufaa   ), doch finden sich v.a. in Deir el-Medine zahlreiche Hinweise (zB. zu den sogenannten "Kultgenossenschaften"), die für sein Modell sprechen. Mal sehen, vielleicht komme ich morgen dazu seinen Text reinzustellen... Ich muss auch dagegen halten, dass seine Überlegungen zB. zu den Ahnenbüsten (werden im Text ja angesprochen) bislang die einzig sinnvolle Deutung dieses Materialkorpus darstellen. Was J.R. Demarrée in seinem Opus zu den Ax-jqr-n-Ra Stelen und den Ahnenbüsten erarbeitet hat ist eine nette Beschreibung, aber einen funktionalen Kontext kann er den Stücken nicht geben. Ups, das war ein langes P.S....  

> Antwort auf Beitrag vom: 17.02.2005 um 21:58:09


27) Re: Echnaton und die Amunpriester
Gitta am 18.02.2005 um 10:16:40

Hallo Gast_A,


Zitat:
Da stehe ich irgendwie auf dem Schlauch... wieso tot? Die ganze Familie? Irgendwie würde doch dann der gesamte Stelentext keinen Sinn ergeben...


Steht nicht in der Übersetzung hinter jedem Namen ein "gerechtfertigt"? Okay, das muss nicht immer verstorben heißen, wie ich inzwischen gelernt habe. Aber komisch fand ich es schon.

Den hieroglyphischen Originaltext habe ich mir offen gestanden nicht angesehen

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 18.02.2005 um 00:13:51


28) Re: Echnaton und die Amunpriester
 semataui am 18.02.2005 um 11:20:06

Hihi,
nur eine kurze Anmerkung zur Finsternis und Blindheit.
Wer sich unvoreingenommen die Reliefs der Amarnazeit betrachtet, der kann sich nicht darüber wundern, dass alle Aton-Anhänger im Laufe von 16 Jahren Echnaton erblindet sind.
Wer in Ägypten täglich mehrmals sein Angesicht gegen Aton erhebt um ihm zu huldigen, der muß schon erblinden. Gleiches ist wohl auch der Nofretete widerfahren, wie ihre Büste in Berlin zeigt. Da sie allerdings immer etwas im Schatten von Echi stand, so hat es nur das eine Auge betroffen (sie ist also eine Leidensgenossin von mir)

sema  

> Antwort auf Beitrag vom: 18.02.2005 um 10:16:40


29) Re: Echnaton und die Amunpriester
Gitta am 18.02.2005 um 14:19:15

Hallo Sema,

das


Zitat:
Wer in Ägypten täglich mehrmals sein Angesicht gegen Aton erhebt um ihm zu huldigen, der muß schon erblinden. Gleiches ist wohl auch der Nofretete widerfahren, wie ihre Büste in Berlin zeigt.


muss unbedingt mit ganz vielen   versehen werden wegen der Gerüchteküche. Ich stand nämlich vor einiger Zeit im Museum bei Nofretete, neben mir eine Mutter mit drei Kids, die denen genau das erzählt: "Nofretete war auf einem Auge blind!"

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 18.02.2005 um 11:20:06


30) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Ti am 18.02.2005 um 21:01:51

Hi zusammen,

mir ist da noch etwas zu der Ursprungsfrage eingefallen.

Was ist eigentlich aus dem Hohepriester Mai zu machen, der nach Hornung u.a. von Echnaton, der damals noch seinen Geburtsnamen Amenophis trug, im dritten Regierungsjahr, pünktlich zu seinem Sedfest zum Sinai geschickt wurde.

Ich denke, daß das so manchem auffiel, auch wenn dadurch nicht direkt feindselige Gefühle gegenüber dem Amunkult bewiesen werden können.

Liebe Grüße Ti

> Antwort auf Beitrag vom: 18.02.2005 um 20:03:56


31) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Iufaa am 19.02.2005 um 12:46:39

Hallo Gast_A,

ich werde mich hüten, aus der Distanz von rund 3000 Jahren anhand weniger Begriffe eine - im wahrsten Sinne des Wortes - Ferndiagnose zu erstellen, das überlasse ich lieber Medizynern, die nach einer angemessenen Ruhestandsbeschäftigung suchen. Ich habe auch nicht an eine temporäre noch an eine permante Erblindung gedacht, und schon gar nicht an eine "unilaterale (halbseitige) E." in Deir el-Medina, wodurch die Benennungen "Mannschaft der rechten und Mannschaft der linken Seite" allerdings eine völlig neue Bedeutung bekommen würden.

Der Hinweis auf die Alterserblindung war nur als Hinweis für Gitta gedacht, dass der Kerl muss ja nicht immer "im Dunklen" gestanden haben muss.

Also konzentrieren wir unsere Bemühungen zur Einordnung des Textes auf kultische Zusammenhänge.

Gruss, Iufaa


> Antwort auf Beitrag vom: 17.02.2005 um 12:33:09


32) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Gast_A. am 28.02.2005 um 11:27:16

Hallo Iufaa,

Zitat:
Lanny Bell schreibt in seiner Publikation zum Luxortempel, dass das "Dekadenfest" (mit dem Auszug des Amen-em-ipet aus dem Luxor-Tempel hin zum kleinen Tempel des "Amun vom Djeser set" (18. Dyn. Tempel von Hatschepsut/Thutmosis III in Medinet Habu) erst ab Ramses II nachweisbar wäre.

nach C. Graindorge (Vom weißen Stier des Min zu Amenemope: Metamorphosen eines Ritus, in: C. Metzner-Nebelsick (Hrsg.), Rituale in der Vorgeschichte, Antike und Gegenwart, Rahden/Westf. 2003. S. 42) ist ein Dekadenfest für Amun bereits unter Thutmosis II. belegt:
(in einer Ritualszene für Amun heißt es: ) „...man opfert Rinderfett, [...] Gänse, [...] Thutmosis II. in der Kapelle „Menet-anx“ 10-tägig, an diesem Tag.“
Die Quelle stammt aus dessen Millionenjahrhaus (passender Weise) auf der Westseite, was insofern Sinn machen würde, als diese Bauten ja in den Prozessionsverlauf eingebunden waren. Zu dem Bau Menet-anx konnte ich bislang nichts finden. Vielleicht ein Vorgängerbau zum Kleinen Tempel d. 18. Dynastie in Medinet Habu?
Auch unter Hatschepsut findet sich auf einer Statue des Senmut ein Hinweis auf einen solchen Fest-Turnus (M. Doresse, Le Dieu voilé dans sa châsse et la fête du début de la décade, in: RdE 31, 1979, S. 36f.; Urk. IV, 411, 9f.): „Ich bin es, der [die Inspektion] in der Scheunde des Gottesopfers des Amun für den ersten Tag jeder Dekade angeordnet hat.“
Die Belegkette setzt sich unter Thutmosis III. fort (Grab d. Rechmire, Urk IV, 1115, 8): „Er ist es, der die Trankopfer jede Dekade überwacht“
Insofern zeichnet sich die Bedeutung dieser Ritual-Zyklen schon in der frühen Thutmosidenzeit ab.

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 16.02.2005 um 11:05:09


33) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Gast_A. am 28.02.2005 um 14:16:03

...
Da die Publikation des Blockes mit der Nennung von "mn.t-anx" bei Doresse sehr skizzenhaft ist, habe ich bei Luc Gabolde (Les temples "m´moriaux" de Thoutmosis II et Toutankhamon, in: BIFAO 89, 1989, S. 127-178) auf Tafel XVI.A nachgesehen. Hier ist der Name ganz klar als "Hw.t-Ssp.t-anx" zu lesen. Also nicht "Hw.t-mn.t-anx"!
Gabolde interpretiert diesen Namen als Titel des Millionenjahrhauses des Thutmosis II., das dieser in seinen Fundamenten und Grundbauten zwischen dem Tempel Amenophis' Sa Hapu und Ramses' III. (Medinet Habu) hat errichten lassen. Später wurde der Bau ja von Hatschepsut und Thutmosis III. ausgebaut und dekoriert (es könnte also durchaus sein, dass die Deko, die das Dekadenfest nennt Hatschepsut- oder Thutmosis III.-zeitlich datiert).
Die direkte Nachbarschaft des Baus zu Medinet Habu ist unter Berücksichtigung der Erwähnung eines Dekadenfestes natürlich besonders interessant.
Wie Graindorge (s.o.) vermutet basiert das Fest des Amenemope auf einem ursprünglich landwirtschaftlich und fruchtbarkeitsbezogenen Stierkult des Min-Kamutef, wobei bei diesem Kultgeschehen die königlichen Ahnen- und Regenerationsgötter (bzw. der königliche Ka) im Mittelpunkt gestanden haben sollen. Amenemope übernimmt im Kult für die Urgötter-Ahnen im Kleinen Tempel von Medinet Habu dieselben Funktionen wie der Stier Min-Kamutef im frühen Neuen Reich. Graindorge spricht hierbei von einem "nahtlosen Übergang" der Min-Kamutef Stier-Kultes zum Amenemope-Festgeschehen (S. 42).
Die Reliefs des Thutmosis II.-Totentempels zeigen übrigens mehrfach Schlitten- und Barkenprozessionen sowie Statuenrituale an Ka-Statuen Thutmosis' II.

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 28.02.2005 um 11:27:16


34) Re: Echnaton und die Amunpriester
Gitta am 28.02.2005 um 20:39:28

Hallo zusammen,

mit der Erwähnung des Dekadenfestes "erstmals unter Ramses II." könnte es sich demzufolge ebenso verhalten, wie laut Kesslers Aufsatz mit der Petitionspraxis. Kessler sieht in den hauptsächlich von Assmann propagierten Belegen "persönlicher Frömmigkeit", die erst ab der Ramessidenzeit als Schriftgut greifbar sind, nicht als solche, sondern als eine Fortsetzung und nunmehr auch schriftlich niedergelegte Petitionspraxis an, die bereits in der Voramarnazeiten ausgeübt wurde: ein Wab nimmt die an einen Gott zu richtenden Wünsche/Bitten von "Privat"personen entgegen, bringt sie des Nachts vor einem Festtag im Verborgenen (dunklen Raum) und Geheimen vor die Gottheit und nimmt deren Entscheidung entgegen. Am Morgen des Festtages, also nach der Verjüngung (Chepri), wird die Entscheidung der nun sichtbaren Gottheit (Sonne) draußen den Petitenten kund getan, entweder mündlich oder eben schriftlich, und zwar in Anwesenheit einer Götterstatue, die unter Echnaton durch den König selbst ersetzt wurde. Dabei scheint nicht erwiesen, dass die Anrufung eines jeden Schöpfergottes im Geheimen nicht auch unter Echnaton stattfinden konnte. Lediglich die aussen stattfindende Zeremonie war vorgegeben. Nach Kessler ist die ganze Zeremonie eine juristische und die aufgefundenen Stelen oder Inschriften bezeugen eben diese Orakelsprüche. Seiner Ansicht nach haben die Inschriften nichts mit "persönlicher Frömmigkeit" und auch nichts mit Dissidententum zu tun. Dass man keine derartigen Schriftzeugnisse gefunden hat, die vor die Ramessidenzeit zu datieren sind, könne daran liegen, dass die Texte auf Papyrus niedergeschrieben wurden. Archive dieser Art sind bisher nicht aufgetaucht.

Kesslers Artikel ist mit einer ganzen Reihe von Wenn's, Aber's und Konjunktiven versehen. Aber er ist ziemlich überzeugend.

Wegen der Stele des Nebre und der vielen "wahr an Stimme", die auch nachträglich angebracht worden sein können, habe ich mal den Leiter unseres Berliner Museumsdepots angesprochen, ob sie überhaupt noch im Original existiert oder vielleicht auch als Kriegsverlust abgeschrieben werden muss. Gegebenenfalls würde ich mir das Original dann sehr gern einmal genauer anschauen - sofern ich die Möglichkeit bekomme.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 28.02.2005 um 14:16:03


35) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Iufaa am 28.02.2005 um 20:49:52

Hallo Gast_A,

sieht irgendwie nach einem Zirkelschluss aus. Man hat eine 7-tägige Woche und jeder 7. Tag ist Sonntag, an dem ist frei, man kann in die Kirche und auf den Friedhof gehen - sonst geht´s ja nicht. Und wenn man das so beibehält, veranstaltet man auch zu besonderen Gelegenheiten auch ein Fest an dem Tag.

Besonders amüsiert mich in diesem Zusammenhang die Stelle mit der
Zitat:
Statue des Senmut .... „Ich bin es, der [die Inspektion] in der Scheune des Gottesopfers des Amun für den ersten Tag jeder Dekade angeordnet hat.“
- das heisst doch nichts anderes, dass der am Wochenanfang eine Zeremonie angeordnet hat. Wir haben auch jeden Montag unseren Jour Fix
Die Aussage bedeutet doch nicht, dass am Sonntag Hochamt mit Prozession war.

Ein defätistischer Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 28.02.2005 um 11:27:16


36) Re: Echnaton und die Amunpriester
Gitta am 28.02.2005 um 20:57:51

Hi Iufaa,


Zitat:
Die Aussage bedeutet doch nicht, dass am Sonntag Hochamt mit Prozession war.


Ich weiß auch nicht, ob man diese Zeremonien immer mit Festen in Verbindung bringen muss. Ich kann mir gut vorstellen - und ich glaube Kessler schreibt das auch irgendwo - dass diese Vorgänge zeitlich nicht unbedingt genau festgelegt waren.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 28.02.2005 um 20:49:52


37) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Iufaa am 28.02.2005 um 21:23:50

Hallo Gitta,

ich hoffe, Du bist wieder fit(ter).

Es geht eigentlich weniger um die Frage, wann diverse Feste stattfanden, sondern um die Suche nach den "Anfängen des Dekadenfestes". Wenn man eine zyklische Zeiteinteilung, d.h. eine 10-tägige Woche hat und diese immer mit einem Feiertag abschliesst, dann legt man auch die "kirchlichen" Aktivitäten dahin - ich darf hier auf die dörflichen Traditionen verweisen.
Die Frage ist, sind die "Dekadenfeste" etwas besonderes? Haben sich also im Laufe der Zeit an den "Sonntagen" besondere religiöse Aktivitäten herausgebildet? Offensichtlich ja, denn ab R. II gibt es lt. Bell textliche Belege - nur kann man umgekehrt folgern "Weil irgendwo textliche Bezüge zu den Wochenenden erhalten sind, gab es die Dekadenfeste schon früher".
Sicherlich haben diese Feste eine Historie und man wird selten in der Lage sein, ein Datum "post quem" für die Einführung einer solchen Veranstaltung festzumachen, aber einfach einen zeitlichen Bezug zum "Sonntag" heranzuziehen, erscheint mir etwas zu einfach.

Gruss, Iufaa


> Antwort auf Beitrag vom: 28.02.2005 um 20:57:51


38) Re: Echnaton und die Amunpriester
Gitta am 28.02.2005 um 22:03:52


Zitat:
ich hoffe, Du bist wieder fit(ter).


Ja, danke. Es geht ganz gut - für den Hausgebrauch

Die zeitliche Festlegung ist in der Tat etwas vage. Die Hinweise von Gast_A scheinen ja darauf hinzudeuten, dass irgendein Dekadenfest schon vor Ramses II. stattgefunden hat. Ob nun die Anrufungsriten immer mit dem Dekadenfest in Verbindung stehen, wage ich zu bezweifeln. Wir haben ja eigentlich nur ein einziges echtes Datum, nämlich das im Pawah-Graffito (oder ich habe etwas übersehen). Das kann m.E. Zufall sein oder es war so bedeutsam eben weil es auf einen Festtag fiel. Viel interessanter finde ich die komplette Umdeutung der sogenannten Votivstelen (und auch des obigen Graffitos). Diese Texte wurden ja immer mit herangezogen als Beweis dafür, dass "das Volk" persönliche Götter wählte, angeblich als Folge des aufgezwungenen Aton. Oder gar eine Gegenbewegung anzettelte. Ob hier nicht doch einfach aus heutiger Sicht die "Revolution" Echnatons weit überbewertet wird...

Auf der anderen Seite: als wir in den Gräbern von Amarna waren fiel uns direkt ins Auge, wieviel Katzbuckelnde dort abgebildet sind. Auch auf den Talatatblöcken ist das ziemlich deutlich. Daraufhin aber eine inhaltliche Aussage zu machen, würde ich mich nicht trauen. Vielleicht wurde in Gegenwart des Königs ja zu allen Zeiten gekatzbuckelt, es wurde nur nie so eindeutig und massiert dargestellt.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 28.02.2005 um 21:23:50


39) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Gast_A. am 01.03.2005 um 01:46:14

Hallo Gitta! Hallo Iufaa!

@Iufaa: Der Vorwurf eines Zirkelschlusses ist hier meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt. Ein solcher liegt eher dann vor, wenn teils krampfhaft eine irgendwie geartete „Persönliche Frömmigkeit“ aus allen möglichen altägyptischen Quellen herausgelesen wird. Denn soweit ich das sehe, decken sich die philologischen, ikonographischen und materiellen Phänomene  doch mit den von Assmann und anderen „entdeckten“ Kriterien der „Persönlichen Frömmigkeit“ nur deshalb, weil sie auf eben diese Bedeutung hin erfasst und benannt worden sind. Bislang hat es noch niemand geschafft eine klare Definition dieses Phänomens für eine Objekt-/Textklassifizierung vorzulegen. Das halte ich nicht gerade für eine gesunde Ausgangsbasis um darauf eine komplette „Sinngeschichte“ oder „Volkstheologie“ aufzubauen...
Wir suchen ja auch nicht nach der Henne oder dem Ei. Dass die ägyptische Dekaden-Woche sich aus dem Rhythmus der 10-tägigen Rationenverteilung an die Arbeitergemeinschaften entwickelt hat ist eine IDEE von Helck - nicht mehr. Sie besagt aber nicht OB und wenn ja, WANN diese Entwicklung erfolgte. Da die Dekadenwoche bereits seit dem Alten Reich nachweisbar ist, kann man auch problemlos einen sehr frühen Ansatz fahren. Da die ägyptische Gesellschaft wohl keine säkularen Freiräume kannte, ist es falsch anzunehmen, es hätte zunächst eine rein säkulare und ökonomische Dekaden-Woche gegeben, auf die dann theologisch begründete Feste verteilt wurden.

@ Gitta: Entscheidend für eine Anrufung eines Gottes ist wohl der allgemeine Festkontext bei dem ein Gott xaj also in der Prozession "erschien". Ein solcher Kontext lag auch bei den vielen kleinen, lokalen Festen einzelner Städte oder Dörfer vor. Da die Stelen mit ähnlichen hymnischen Texten wie beim Pawah-Graffito zu 99,9% kein Datum aufweisen ist die Zuweisung zu einem Dekadengeschehen oder einem lokalen Fest an einem anderen Tag nicht immer vorzunehmen. J. Clère hat zB. in seinem Beitrag „Un Monument de la Religion populaire“ (in: RdE 27, 1975, S. 76f.) eine Stele (Musée des Beaux-Arts, Bordeaux, keine Inventarnummer) vorgestellt, in der es heißt:

„Lobpreis spenden für Meresger, Renenutet, die Schöne, Herrin der Speise(n), kehre zu mir um in Frieden! Bei deinem Ka! mögest Du dich besänftigen! Seitens des Bildhauers Qen, wahr an Stimme. Er spricht: „Oh, jedermann der sich vor dieser (Stele) befindet, mögest Du opfern einen Krug Bier für Renenutet, am ersten Monat der Peret-Saison, den 20. Tag. Und sei nicht nachlässig! Hüte dich wohl vor ihr!“

Hier haben wir also ausnahmsweise (!!) ein Datum: 20. Tag des I. Peret. Dies war nicht nur ein Dekadentag, sondern auch - und das überwiegt hier wohl - der Tag der Bootsausfahrt der thebanischen Wadjet (ebenfalls eine Schlangengottheit und funktional mit Meresger austauschbar).
Die einmalige Formulierung mit dem Bieropfer passt durchaus zur Rolle der Göttin: Durch das Bier wird - entsprechend dem Augenmythos - die wilde, gefährliche Gottheit besänftigt.
Clère deutet die Stele ohne Begründung als „monument de la religion populaire“ und den Inhalt wieder so, dass Qen die Gnade für irgendeine reale Sünde sucht und daher persönlich um Vergebung bittet. Von Qen besitzen wir weitere Stelen, in der er u.a. Schu und Iach anruft. Eine dieser Stelen aus der ramessidischen Kapelle B bei Deir el-Medine bezeugt für ihn wieder mal seine reale „Blindheit“ (so von Clère gedeutet) wegen eines falschen Eides (PM I2 II 694 Kapelle B).

Nach der ganzen Reihe an Stelen kann man nun argumentieren, dass Qen unheimlich fromm war und eine ganze Menge „persönlicher“ Lieblingsgötter hatte und dass er es nicht schaffte einen festen Freund im ägyptischen Pantheon zu finden.
Andererseits könnte man hier wieder mit Kessler interpretieren, dass die Stele an Qen als besonders „tüchtigen“ wab-Priester erinnern und dessen günstige Orakel-Anrufungen (angedeutet z.B. durch die Verkündigungs-Floskel „Hütet Euch!“ und die Befriedungssituation der bedrohlichen Göttin) im Festgeschehen (zB. Wadjet-Fest oder Dekadenfest) für die Kultgemeinschaft permanent sichern sollte.

Auch eine ganz andere Deutung innerhalb einer Festsituation muss eventuell in Erwägung gezogen werden.

Diejenigen, die in der Stele angesprochen sind, könnten also auch exklusiv die späteren wab-Priester sein, die in der Kapelle die Anrufungen durchführten und nicht unbedingt beliebige „fromme“ Besucher, in staatlichen Kapellen.

Gruß A.

P.S. @Gitta: Die Stele des Ptah stammt mit sehr großer Wahrscheinlichkeit aus dem Ptahheiligtum, denn dort wurde die spezielle Form des Ptah-(n)-tA-s.t-nfr.w verehrt, also der Ptah des "Tals der Königinnen" wenn man so will. Und eben jenen Ptah finden wir auch auf der Stele wieder.
Übrigens ist das Ptah-Heiligtum gespickt mit Stelen-Löchern, die dort in passend eingeschnittenen Nischen in den Kapelle- und Felswänden eingelassen waren. Wenn Du die Stele mal kurz ausleihen und Iufaa zu seinem nächsten Trip nach Luxor mitgeben könntest, dürfte er wohl feststellen, dass die Stele in eine der Nischen hineinpasst.


> Antwort auf Beitrag vom: 28.02.2005 um 22:03:52


40) Re: Echnaton und die Amunpriester
Gitta am 01.03.2005 um 11:07:29

Hallo Gast_A,


Zitat:
Die Stele des Ptah stammt mit sehr großer Wahrscheinlichkeit aus dem Ptahheiligtum, denn dort wurde die spezielle Form des Ptah-(n)-tA-s.t-nfr.w verehrt, also der Ptah des "Tals der Königinnen" wenn man so will. Und eben jenen Ptah finden wir auch auf der Stele wieder.


Und nicht nur ihn, sondern auch Meretseger, Herrscherin ihres Westens, der neben Ptah im unteren Text Lobpreisung zugedacht wird. Die kleine Figur rechts unten scheint wiederum der Bruder des Steleninhabers zu sein (nicht der Sohn). Ich lese "sein Bruder am Tag seiner Geburt", also sein älterer Bruder? Vielleicht auch sein Onkel?

Dieser Bruder/Onkel, so steht es m.E. im oberen Text, "reinigt für Dich (Ptah) die Erde indem er Wohlriechendes ausgießt auf seinem Boden". Und er spricht Ptah weiter an, meiner Ansicht nach in etwa folgendem Sinne "Lobpreisung für Deinen Ka, der ist der Herr der Götter. Du gibts Dein .... (Speise, Trank ??) jeden Tag für den Ka des Bildhauers am hochgelegenen Platz (?), den Vater (?), Kjj ..., Bildhauer bei Ptah".

Michael würde das wahrscheinlich viel besser und genauer deuten können als ich . Bin immer zu ungeduldig.

Jedenfalls scheint es auch hier so zu sein, dass eine Person zugunsten einer anderen agiert.


Zitat:
Wenn Du die Stele mal kurz ausleihen und Iufaa zu seinem nächsten Trip nach Luxor mitgeben könntest, dürfte er wohl feststellen, dass die Stele in eine der Nischen hineinpasst.


Das geht wohl nur mit einiger krimineller Energie. Ich weiß nicht, ob ich die aufbringe.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 01.03.2005 um 01:46:14


41) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Gast_A. am 01.03.2005 um 15:50:08

Hallo,

hier mal eine - teilweise noch etwas verbesserungsfähige - Übersetzung. Der Text ist wie so oft bei den Stelen verhältnismäßig unaussagekräftig.

Giebelfeld:

(Beischrift zur Person)

Lobpreis spenden deinem Ka, dem Herrn der Götter
mögest Du  [mir] geben eine (schöne) Lebensdauer vor dir jeden Tag
Für den Ka des Graveurs an der Stätte (der Wahrheit?)
Qaha, wahr an Stimme,
sein Vater: Qeny-Min, wahr an Stimmer bei Ptah

Sein Bruder, der Wab des Herrn der Beiden Länder (in Deir el-Medine i.d.R. der „vergöttlichte“ Amenophis I.; möglicherweise auch der lebende Herrscher),
der Stellvertreter (?), Henet-Achutef (? müsste man mal in einen Deir el-Medine Namensindex schauen).

(Beischrift zu den Göttern)

Ptah-„des-Tals-der-Königinnen“
Maat, Tochter des Re
Mögen (sie) geben Leben, Heil und Gesundheit
Guten Schutz hinter ihm
wie Re, jeden Tag.

Textfeld:

(Haupttext)

Lobpreis spenden für Ptah-„des-Tals-der-Königinnen“
die Erde küssen für Meresger
die Herrin des Westens
Verherrlichen der Hathor, Oberste in Theben
mögen sie mir geben eine schöne, gesunde und heile Lebensdauer in meiner „Stellung“ (?)
an der „Stätte der Wahrheit“
nicht werde gebracht Ähnliches/Gleiches (?) zu dem (also unübertroffen?),
was ihr (die Götter?) gebt jeden Tag;
bis dass ich sterbe (?) als 110-Jähriger auf Erden
für den Ka des Vorstehers der Graveure an der „Stätte der Wahrheit“
Qaha, wahr an Stimme
sein Vater: der Vorsteher der Graveure an der „Stätte der Wahrheit“
Qeni-Min, wahr an Stimme
Sein Sohn: Iy-r-njw.t
sein Bruder: Ramose

Gruß A.

P.S.: Auch hier agieren wieder "Kultleiter", also authorisiertes Personal, das durch seine Stellung (wab-Priester, Mannschaftsleiter usw.) berechtigt war, an den staatlichen Kultstätten zu agieren. Das Räucher-, Speise- und Wasseropfer weist ebenfalls darauf hin.
Wie Gitta schon angemerkt hat, ist das Ptahheiligtum eine königliche Kultstätte (vgl. etwa die Inschriften Ramses' III. und des Vezirs).

> Antwort auf Beitrag vom: 01.03.2005 um 11:07:29


42) Re: Echnaton und die Amunpriester
Gitta am 01.03.2005 um 16:49:33


Zitat:
mögen sie mir geben eine schöne, gesunde und heile Lebensdauer in meiner „Stellung“ (?)
an der „Stätte der Wahrheit“
nicht werde gebracht Ähnliches/Gleiches (?) zu dem (also unübertroffen?),
was ihr (die Götter?) gebt jeden Tag;
bis dass ich sterbe (?) als 110-Jähriger auf Erden


Das klingt zwar nicht unbedingt nach Petition, aber warum soll ein solcher Wunsch nicht auch durch einen Wab vorgebracht worden sein? Jetzt könnte man spekulieren: vielleicht sägte jemand am Stuhl Bei den Familienclans und -klüngeln in DEM...

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 01.03.2005 um 15:50:08


43) Re: Echnaton und die Amunpriester
 Michael Tilgner am 02.03.2005 um 21:34:16

Hallo, Gast_A.,

hier mein Vorschlag zu den Spalten 3-5 (von links) des "Haupttextes", allerdings auch nicht ganz unproblematisch:

...

Spalte 3-4 von links

dj=tn n=j aHaw nfr snb wDA Hr=j m s.t mAa.t
"möget ihr mir geben eine erfüllte / schöne Lebenszeit, Gesundheit und Heil auf mich an der 'Stätte der Wahrheit'"

aHaw nfr "eine erfüllte / schöne Lebenszeit" (es gibt auch "lange Lebenszeit" u.ä.) ist oft in Opferformeln belegt. Ich kenne kein Beispiel mit mehreren Adjektiven, daher habe ich "Gesundheit und Heil" nominal übersetzt.
Hr "[Präp, vor Suffix mit Einkonsonatenzeichen r komplementiert] auf, über ... " (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 546)

Mir scheint daher das folgende nur eine Variante zu sein:



Spalte 4

nn jnj sp Hr-a
"ohne sogleich das Elend wegzuräumen" - scheint mir nicht ganz richtig zu sein aber wie sonst?

jnj sp "das *Unglück / Elend wegräumen" (S. 74, 691)
Hr-a "[Adverb] sofort, (so)gleich, unverzüglich" (S. 549)


Spalte 4-5

dj=tn ra nb r pH.wj m jmj 110 Hr-tp tA
"möget ihr geben jeden Tag bis zum Ende / Lebensende als einer von 110 [Jahren] auf der Erde"

pH.wj "... (13) Ende, Lebensende ..." (S. 288)
jmj "[Substantiv, Nisbe] ... der als ... auftritt ... - jmj wAs.t der von Theben ..." (S. 47)
Hr-tp "auf, oben auf" (S. 546)

...

Eigentlich geht es schön auf - bis auf die eine Stelle!

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 01.03.2005 um 15:50:08