Zitat:
Er selbst geht davon aus, dass Echnaton und Nofretete Tutanchamuns Eltern sind. Dieselbe Ansicht vertritt wohl auch Hermann A. Schlögl in seinem Buch über Nofretete (2012). |
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Auch die Publikation von Schlögl ist in dieser Hinsicht mit Vorsicht zu lesen. Im Text „Zum Buch“ der Kindle-Version (die mir vorliegt) wird behauptet: „Vor allem kann Hermann A. Schlögl auf der Grundlage einer neuen DNS-Analyse der königlichen Mumien, die eigens für dieses Buch durchgeführt wurde, endgültig die familiäre Abkunft und die verwandtschaftlichen Beziehungen von Nofretete belegen und damit bisherige Analysen, die in den Medien für Aufsehen sorgten, aber auf falschen Zuweisungen beruhten, in das Reich der Legende verweisen.“ Hier ist als Erstes festzuhalten, dass die „neue DNS-Analyse“ nicht etwa bedeutet, dass neue Proben von den Mumien gewonnen und analysiert wurden. Vielmehr wurden die von Hawass et al. in JAMA, Vol 303, No. 7, 20101, publizierten Daten neu ausgewertet. Schlögl hat dafür zwei Experten gewonnen (Fr. Götz, Qualitype AG, Dresden, M. A. Lee-Kirsch, Universitätsklinikum Dresden), die die Daten mit einer neu entwickelten Software „GenoProof 2“ ausgewertet haben – Hawass et al. verwendeten (lt. Schlögl) die Version „GenoProof 1.3“. Nun darf man bei einer neuentwickelten Softwareversion nicht erwarten, dass die nächste oder übernächste Version bei gleichem Datensatz massiv andere Ergebnisse auswirft. Dies erkennt Schlögl auch an, in dem er in seinem Buch schreibt: „..Die im Jahre 2010 in JAMA publizierten, archäologisch aber nicht einzuordnenden Forschungsergebnisse entstanden offenbar aufgrund einer falschen Zuschreibung der Mumie (CG 61074 -> A. III.), der Fehler lag also nicht in der DNS-Analyse.“ Entsprechend finden sich in dem Buch (Kindle-Version) auch keine Daten aus der von Schlögl veranlassten Neuauswertung – m. a. W. mangels Daten aus der neuen Auswertung darf man davon ausgehen, dass diese Auswertung die von Hawass et al. publizierten Verwandtschaftsverhältnisse bestätigen. Was eine Software noch weniger kann, ist Proben einen „Namen“ zuweisen, die Probenbezeichnung und damit die Zuordnung zu einem Probenspender (bzw. einer Person) erstellt der Versuchsleiter. Sowohl bei Hawass et al. als auch bei Schlögl ist daher die Datentabelle (modifizierte Tabelle 1 aus der JAMA-Publikation) von unsicheren Personenzuweisungen zu bereinigen. Dies ist in der angehängten Tabelle erfolgt. Sicher identifiziert sind nur drei Mumien: die von Thuya und Yuya, sowie die von Tutankhamun – alle anderen Mumien sind in der modifizierten Tabelle lediglich durch eindeutige Herkunftsbezeichnungen identifiziert (z.B. E[lder]n L[ady] aus KV35). Da Schlögl in seinem Buch ausdrücklich nicht den Ergebnissen der DNS-Analysen von Hawass et al. und somit nicht den daraus abgeleiteten Verwandtschaftsverhältnissen (eine Analyse der Verwandtschaftsverhältnisse auf Basis der Hawass-Publ. findet sich hier2) widerspricht, gilt auch weiterhin: 1. Thuya und Yuya sind die Eltern der Elder Lady aus KV35 (bei Hawass als Gemahlin von A. III, Teje, bei Schlögl als Gemahlin des Aja, Taemwadjesi (Teje-Tjj), „identifiziert). 2. der unbekannte Mann aus KV35 (von Hawass als A. III., von Schlögl als Aja identifiziert) und die EL aus KV35 sind die Eltern des unbekannten Mannes aus KV55 und der Younger Lady (YL aus KV35) – diese beiden sind nach der Analyse von Hawass et al. Geschwister. Die Frage nach der Identifikation der Mumie aus KV35 (CG 61074) verweist auf einen massiven Fehler im Studiendesign der Hawass-Untersuchungen, denn im Kairener Museum befindet sich eine Mumie, die als die von Thutmosis IV. (CG 46037), Vater von Amenhotep III., identifiziert wird. Eine DNS-Untersuchung wäre hier angezeigt gewesen, um die schon länger angezweifelte Identifikation der Mumie CG 61074 als A. III. zu überprüfen. 3. der unbekannte Mann aus KV55 und die Younger Lady aus KV35 sind de Eltern von Tutankhamun. Mit diesem Ergebnis der Hawass-Untersuchung haben beide Publikationen Probleme. Da bei Hawass et al. die Mumie des Mannes aus KV55 (Vater von Tutankhamun) mit Echnaton identifiziert wird, kann die Younger Lady (die Mutter von Tutankhamun) nicht Nofretete sein, denn die Echnaton und Nofretete waren nach allg. Meinung der Ägyptologen nicht Geschwister – folglich wird bei Hawass die Younger Lady aus KV35 mit einer - namentlich (noch) nicht identifizierten - Tochter von A. III. und Teje identifiziert. Schlögl ignoriert diesen Befund in seinem Stammbaum und zeichnet Echnaton und Nofretete als Eltern von Tutankhamun ein, nach dem Befund müsste man wohl eher einen Fehltritt von Nofretete mit ihrem Bruder Semenkhkare annehmen.
> Antwort auf Beitrag vom: 01.10.2012 um 11:52:09
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