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Ägyptologie Forum >> Pharao & Hofstaat


1) Die Kartusche der Nofretete
 Lolli2u am 14.11.2023 um 15:20:12 - Anhang: 2 Anhänge

Lepsius erwarb zwischen 1842 und 1845 auf seiner Forschungsreise unter anderem ein kleines Weihetäfelchen aus Kalzit-Alabaster, welches Rattmann und Seyfried zufolge links außen neben Echnaton die Kartusche der großen Königsgemahlin Nofretete zeigt. Leider kann ich die Hieroglyphen ihrer Kartusche nicht genau erkennen und bei Wallis Budge fehlt sie. Könnte jemand anhand der von Liepe und Settgast angefertigten Fotografien eine schematische Darstellung der in ihrer Kartusche befindlichen Hieroglyphen vornehmen ? Ihre Kartusche wird sich auf der linken Außenseite befinden.

https://smb.museum-digital.de/singleimage?resourcenr=2937

https://www.ub.uni-mainz.de/de/sammlungen/berliner-origininale-aegyptische-repliken

Ich habe eine Detailansicht von der Unterseite der Weihetafel in den Anhang gestellt. Bildnachweis : Lepsius, Weihetäfelchen, Kalzit-Alabaster, Ident.-Nr.: ÄM 2045.  Foto : Jürgen Liepe, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Staatliche Museen zu Berlin, Lizenz : CC BY-NC-SA.
Daneben zudem eine Replik aus der Gipsformerei der Staatliche Museen zu Berlin, Herstellungsjahr 1975, Inventar-Nummer : JGU ÄG 12. Foto : Jürgen Settgast 1986, Ankauf durch die Universitätssammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz 2009, Lizenz : CC BY-NC-SA.

Quellen :

Rattmann, Arnd : Weihetäfelchen. In : Seyfried, Friederike : Im Licht von Amarna - 100 Jahre Fund der Nofretete, Katalog zur Ausstellung des Ägyptischen Museums der Staatliche Museen zu Berlin, Berlin 2012, S. 35, Abb. 3, sowie S. 236 - 237, Kat.-Nr. 24, ÄM 2045.

Gruß in die Runde

Lolli

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2) Re: Die Kartusche der Nofretete
 Michael Tilgner am 14.11.2023 um 16:08:40 - Anhang: Nofretete_Kartusche_in_Berlin_AeM_2045.jpg

Hallo, Lolli,

eine Umzeichnung des Weihetäfelchen Berlin, Ägyptisches Museum, Inv.-Nr. ÄM 2045 findet man in Günther Roeder, Aegyptische Inschriften aus den Staatlichen Museen zu Berlin, Bd.2, 1924, S. 2531 (links oben).

Nofretetes Kartusche - genau: unten links: siehe Anhang. Fünf nfr-Zeichen (F35 der Gardiner-Liste) hintereinander: Toll!

Hm.t-nsw wr.t Nfr-nfr.w-Jtn-Nfr.t-jj.tj anx.tj D.t nHH
"die Große Gemahlin des Königs 'Vollkommen ist die Vollkommenheit des Aton, die Schöne ist gekommen [= Nofretete]', sie möge leben ewig (und) immerdar"

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 14.11.2023 um 15:20:12


1: https://archive.org/details/aegyptischeinsch02kn/page/253/mode/1up


3) Re: Die Kartusche der Nofretete
 Lolli2u am 14.11.2023 um 16:48:03

Suuper ! Ganz lieben Dank Michael.

Ich würde das von Dir entsprechend Gardiner F 35 erstellte Schema ihrer Kartusche hier in einen Lexikon-Artikel einstellen wollen.

Lolli  

> Antwort auf Beitrag vom: 14.11.2023 um 16:08:40


4) Re: Die Kartusche der Nofretete
 Michael Tilgner am 15.11.2023 um 00:39:04 - Anhang: Nofretete_Kartusche_in_Berlin_AeM_2045_Korrektur.jpg

Hallo, Lolli,

ich muss meine Ausführungen zu Nofretetes Kartusche ergänzen - und korrigieren!


Jtn "Aton" (Wb I, 145)

Wie man im Original bzw. in der Umzeichnung sieht, ist das Zeichen M17 j spiegelverkehrt und steht am Ende des Wortes statt am Anfang.

  statt  


Das bedeutet, dass das ganze Wort spiegelverkehrt ist! Das ist kein Fehler, sondern absichtlich so, denn in dieser Form taucht Nofretetes Kartusche häufig - oder gar immer - auf. Aton "schaut" in der Kartusche auf Nofretete bzw. Nofretete "schaut" Aton an!

Die zweite Korrektur betrifft das letzte Zeichen in der Kartusche.

Normalerweise ist es B7 "Königin trägt Diadem und eine Blume" als Determinativ für Königinnennamen. Hier scheint es nur B1 "sitzende Frau" als Determinativ für Frauennamen zu sein.


B7 -- B1

Ich habe beide Änderungen vorgenommen und die korrigierte Fassung angehängt.


Für Nfr-nfr.w-Jtn habe ich in der Literatur unterschiedliche Übersetzungen gefunden.

"Vollkommen ist die Vollkommenheit des Jati" (Jan Assmann, Ägyptische Hymnen und Gebete, Zürich / München, 1975, S. 216)

"Schön ist die Güte Atons" (Cyril Aldred, Echnaton. Gott und Pharao Ägyptens, Bergisch Gladbach, 1980, S.188)

"Schön an Schönheit ist Aton" (im gleichen Buch im Nachtrag des Übersetzers, S. 293)

"Der Vollkommenste (oder: Schönste) ist Aton" (Erik Hornung, Echnaton. Die Religion des Lichts, Zürich, 1995, S. 46)

"Der Sonnengott ist vollkommen an Schönheit" (Christian Bayer, Echnaton. Sonnenhymnen, Stuttgart, 2007, S. 9)

"Vollkommen sind die Schönheiten des Aton" (Friedrike Seyfried, Im Licht von Amarna, Petersberg, 2012, S. 189)


nfr "gut sein, schön sein" (Wb II, 253), zusätzlich: "vollkommen, vollendet sein" (TLA-Lemma-Nr. 854519)
nfr.w "Schönheit, Güte" (Wb II, 260)
Jtn "Aton" (= Sonnengott bzw. Jati)

Grammatikalisch wird diese Formulierung verschieden aufgefasst:

Als sDm=f-Satz: nfr ist ein Verb "gut / schön / vollkommen sein" - nfr.w "Schönheiten / Vollkommenheit / Güte"

Als nfr-Hr-Konstruktion: nfr ist nur ein Adjektiv "gut / schön / vollkommen", näher bestimmt "an" durch nfr.w, ein Substantiv "Schönheit"

Als Superlativ: nfr-nfr.w "der Vollkommenste / Schönste" - einen Superlativ gibt es nicht im Mittelägyptischen, er muss aus dem Kontext erschlossen werden, beispielsweise durch einen Genitiv; in diesem Fall wäre nfr substantiviert zu lesen, also "der Schöne der Schönen" = "der Schönste".

Ich halte Assmanns Übersetzung für gelungen, aber es sind eben auch andere denkbar.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 14.11.2023 um 16:48:03


5) Re: Die Kartusche der Nofretete
 Lolli2u am 15.11.2023 um 16:39:42 - Anhang: 3 Anhänge

Wundervoll ! Ich würde ihre Titulatur demnach also [ergänzt] in etwa wie folgt zu lesen haben : Nofretete, die Große Gemahlin des Königs [Echnaton], Vollkommen ist der Vollkommenste des Aton, die Schöne [Nofretete] ist gekommen, sie möge leben ewig [und] immerdar. Trifft das zu ?

Soeben habe ich unter dem Begriff Nofretete1 in unserem Lexikon einen Artikel angelegt. Leider konnte ich die von dir in Transkription und Übersetzung gebrachte Kartusche der Nofretete dort nicht platzieren, weil ich dort nicht von meinem Rechner hochladen kann. Würdest du oder jemand anderes dies für mich tun ? Die von Dir erstellte Kartusche würde sich dort sehr gut machen und würde den Eintrag sehr schön vervollständigen.  

Mir sind diesbezüglich zudem noch die Ergebnisse in einer Abhandlung aufgefallen, welche Norman de Garis Davies 1905 im Zuge seiner Untersuchung der Gräber Amarna 4 und 6 (Panehesi und Meryra) veröffentlicht hatte. Auf den Seiten 14 - 15, sowie auf den Platten XXIX und XXXII - XXXVIII finden sich ebenfalls sehr wertvolle Angaben und Darstellungen zur Königin Nofretete :

Internet Archive : https://archive.org/details/cu31924020525352/page/n25/mode/2up?view=theater

Norman de Garis Davies : The rock tombs of El-Amarna, Part II, The tombs of Panehesy and Meryra II, London 1905, S. 14 - 15 u. Platten XXIX u. XXXII - XXXVIII.

Die bei Garis Davies in der Zeichnung auf Platte 38 abgebildeten Kartuschen der Nofretete scheinen entsprechend der Gardiner Liste viermal die Hieroglyphe B 1 (sitzende Frau), sowie einmal B 7 (Königin mit Diadem und Blume) im Schild zu führen.

Herzlichen Gruß

Lolli  

> Antwort auf Beitrag vom: 15.11.2023 um 00:39:04


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=lexikond&id=231117164350

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6) Re: Die Kartusche der Nofretete
 Michael Tilgner am 16.11.2023 um 14:50:47 - Anhang: Aton_in_Nofretetes_Kartusche.pdf

Hallo, Lolli,

zum Namen "Nofretete"


Nfr.t jj.tj

Der erste Bestandteil ist ein Substantiv, abgeleitet von nfr "gut, schön, vollkommen" mit der Femininendung .t, also "die Gute, Schöne, Vollkommene".

Der zweite Bestandteil ist das Verb jj "kommen" mit der Endung .tj. Diese ist das Pseudopartizip - eine entsprechende Wortform gibt es im Deutschen nicht - für die 3. Person Singular feminin. Das Ganze bildet einen Satz, nämlich die sog. pseudoverbale Konstruktion - wiederum gibt es so etwas im Deutschen nicht. Eine Analyse der Verwendung solcher Sätze hat ergeben, dass bei Verben der Bewegung - wie in diesem Fall - das Ergebnis der Bewegung hervorgehoben wird ("emphasize the result of the movement", Alan H. Gardiner, Egyptian Grammar, 3. Auflage, 1957, § 320). Das wird im Deutschen durch "ist gekommen" angenähert.

In der ägyptologischen Kunstaussprache wird der Name Neferet-i-i-ti ausgesprochen: Zwischen Konsonanten wird ein "e" eingefügt, und der Halbkonsonant oder "schwache Konsonant" j wird als "i" gesprochen. Im Angelsächsischen oder auch im Französischen wird die Königin dementsprechend Nefertiti genannt; im Deutschen hat sich die Lesung Nofretete durchgesetzt. Aufgrund keilschriftlicher Analogien wird der Name eher wie Nafteta geklungen haben. Allerdings ist Nofretetes Name selbst, soweit ich weiß, keilschriftlich nicht überliefert. Einzelheiten übergehe ich hier. Hermann Ranke, Die ägyptischen Personennamen, Bd. I, Glückstadt, 19351 hat den Namen auf S. 201 unter der Nr. 12 eingetragen (in der Ägyptologie wird diese Angabe abgekürzt zu: PN I, 201.12).

Im Namenszusatz nfr-nfr.w-Jtn kann nfr.w allein nicht als Superlativ aufgefasst werden; daher kommt nur eine der von mir aufgezählten Übersetzungen in Frage.

Wichtig ist der Umstand, dass sich die Namen des Gottes und der Königin gegenüberstehen, was durch die Spiegelung des Gottesnamens erreicht wird. Diese Umkehrung der Lese- bzw. Schreibrichtung ist keineswegs ungewöhnlich: Wir finden sie z.B. auch in der Kartusche bei Ramses II. in seinem Eigennamen, wo sich Amun und Re gegenübersitzen, von Angesicht zu Angesicht; die Hieroglyphe C12 für Jmn ist gespiegelt. Ein anderes Beispiel ist der Eigenname Amenemopes (Pharao der 21. Dynastie), wo sich zwei Hieroglyphen C12A (extended library) einander zuwenden.

Der Umkehrung einzelner Hieroglyphen oder einzelner Wörter wurde eine ganze Studie gewidmet: Henry George Fischer, The Orientation of Hieroglyphs, Part I: Reversals, New York, 19772. Unser Fall wird dort in § 33a "Reversals of divine names" unter Nr. (5) diskutiert (S. 92-93).

Erstaunlich ist, dass im Namen Nfr-nfr.w-Jtn-tA-Srj(.t) "Neferneferuaton-tascheri", eine Tochter Nofretetes, der Gottesname Aton entsprechend der Leserichtung von rechts nach links geschrieben ist, während er in der Kartusche Nofretetes gespiegelt wird! Ein Beispiel findet man im Grab des Merire II (Lepsius, Denkmäler, III, Bl. 99b3). Über den Grund kann man nur spekulieren. Eine Ausnahme von dieser "Regel" ist auch bekannt: Abgebildet in N. de G. Davies, The Rock Tombs of El Amarna, Part III: The Tombs of Huya and Ahmes, London, 1905, Taf. 274 oben rechts, während Aton in Nofretetes Kartusche oben links gespiegelt ist. Wahrscheinlich hat der Zeichner nur nicht aufgepasst.

Es sei noch angemerkt, dass auf der Diskussionsseite des Wikipedia-Artikels zu Nofretete5 bereits vor 10 Jahren auf die fehlerhafte hieroglyphische Schreibung des Namens hingewiesen wurde - geändert hat sich aber nichts!

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 15.11.2023 um 16:39:42


1: http://giza.fas.harvard.edu/pubdocs/309/full/
2: https://www.metmuseum.org/art/metpublications/The_Orientation_of_Hieroglyphs_Part_1_Reversals
3: https://digitalcollections.nypl.org/items/510d47d9-5974-a3d9-e040-e00a18064a99
4: https://archive.org/details/cu31924020525360/page/n140/mode/1up
5: https://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Nofretete


7) Re: Die Kartusche der Nofretete
 Lolli2u am 16.11.2023 um 22:20:35

Hallo Michael.

In der Tat, der Wikipedia Artikel zur Königin Nofretete ist sehr gründlich recherchiert und wirklich schön illustriert, aber die dort gezeigte Kartusche ist definitiv fehlerhaft

Auffällig ist zudem, dass in wichtigen Hauptartikeln zumeist keine ältere Literatur verwendet wird, obwohl sich diese inzwischen in public domain befindet und den LeserInnen eine rasche Überprüfung der Inhaltlichen Angaben erlauben würde. Norman de Garis Davies etwa hätte sich dort im Abschnitt Weblinks bestens als ergänzende Quelle geeignet, aber man verzichtet auf sein Fachwissen und sucht die Inhalte und Aussagen in den Beiträgen wie etwa zu Nofretete so weit als möglich über aktuelle Werke zu belegen. Dieses einseitige setzen auf Aktualität hat jedoch zur Folge, dass solche Werke in der Regel nicht spontan zur Verfügung stehen und erst zeitaufwendig per Fernleihe bestellt, oder teils sehr kostspielig erworben werden müssen. Hat man eine solche Neuerscheinung dann erreicht und studiert den Inhalt, ist man über das Niveau dieser Werke mitunter doch recht enttäuscht.

Natürlich sind die in alten Beiträgen vorgetragenen Aussagen in mancher Hinsicht völlig veraltet, doch diese Autoren verstanden die altägyptische Sprache und zeigten dies auch. Nicht selten findet man deshalb nur dort das Gesuchte. Glücklicherweise hat der Verfasser des Artikels Nofretete dann einen Link auf die Amarna Gräber angelegt, sodass Udimu dort die Beiträge von Garis Davies als Volltext zum tragen bringen konnte. Dessen Aussagen tragen sehr zum Verständnis der Nofretete bei. Über zwei Ecken kriegt man das Nötigste dann also doch irgendwie vermittelt.

Gruß Lolli  

> Antwort auf Beitrag vom: 16.11.2023 um 14:50:47


8) Re: Die Kartusche der Nofretete
 Lolli2u am 17.11.2023 um 18:05:08

Hallo Michael,

Ape hat inzwischen den Lexikon Eintrag zu Nofretete ediert. Ich hoffe er gefällt dir. Wenn du dort noch etwas hinzufügen möchtest oder Anregungen haben solltest, dann nimm bitte entsprechende Ergänzungen vor.

Beste Grüße

Lolli

> Antwort auf Beitrag vom: 16.11.2023 um 22:20:35


9) Re: Die Kartusche der Nofretete
 Lolli2u am 18.11.2023 um 16:12:02 - Anhang: 3 Anhänge

Zum allgemeinen Verständnis sind mir insbesondere noch folgende Beiträge zur Königin Nofretete aufgefallen :

* Ludwig Borchardt : Porträts der Königin Nofret-Ete aus den Grabungen 1912/13 in Tell el-Amarna, Leipzig 1923, Blatt 2 - 6.

Internet Archive : https://archive.org/details/gri_33125009524253/page/n47/mode/2up?view=theater

* Hermann Parzinger, Lars Petersen, Sandra Steiß, Margarete Büsing, Jürgen Liepe et alias : Die Büste der Nofretete. Der Fund : Wer fand die Büste der Nofretete ? Hrsg. v. Ägyptisches Museum und Papyrussammlung der Staatliche Museen zu Berlin.

SMB Online : https://www.smb.museum/museen-einrichtungen/aegyptisches-museum-und-papyrussammlung/sammeln-forschen/bueste-der-nofretete/der-fund-und-die-fundteilung/

* Im Licht von Amarna, 100 Jahre Fund der Nofretete, Ausstellungskatalog für das Ägyptische Museum und die Papyrussammlung der SMB, hrsg. v. Friederike Seyfried: https://www.smb.museum/fileadmin/website/Museen_und_Sammlungen/Aegyptisches_Museum_Papyrussammlung/02_Sammeln_Forschen/Sammlung/Nofretete/Katalog/amarna-katalog-deutsch_med-res.pdf

Die erste Präsentation der Büste der Nofretete findet sich 1912 auf einem Foto dokumentiert und wurde v.l.n.r durch Hermann Ranke, Paul Hollander und Mohammed es-Senussi am Fundort Tell el-Amarna (Achet-Aton) vorgenommen. Das Foto machte Johann Georg von Sachsen. Die durch Ludwig Borchardt veröffentlichten Aufnahmen sind inzwischen Gemeinfrei und befinden sich in public domain. Die Aufnahmen des Ägyptischen Museums der Staatliche Museen zu Berlin wurden unter der Lizenz CC NC-BY-SA freigegeben. Sehr schön ist auch, dass der von den Staatliche Museen zu Berlin auf der rechten Seite eingestellte, 2012 von Friederike Seyfried herausgegebene Katalog zu der in Berlin ausgerichteten Ausstellung der Nofretete dort als Volltext mit der Möglichkeit zum Download zur Verfügung gestellt wird. Ich stelle drei ältere Fotos von ihrer Büste in den Anhang und verbleibe

mit einem Gruß in die Runde

Lolli  

> Antwort auf Beitrag vom: 17.11.2023 um 18:05:08

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10) Re: Die Kartusche der Nofretete
 Michael Tilgner am 19.11.2023 um 18:34:03

Hallo, Lolli,

eine Änderung an der Umschrift von Nofretetes Kartusche habe ich vorgenommen, ihr Name nämlich ist auch darin enthalten.

Zum Text:

Zitat:
Ihre berühmte Büste zeigt sie sogar mit der blauen Krone.

Das stimmt so, und auch anderweitig wird das so beschrieben. Dennoch: Nofretetes Krone ist nicht mit der Blauen Krone1 (auch:Chepresch-Krone) der Pharaonen zu verwechseln; sie ist eine eigenständige Form, wie es erläutert wurde in: Eva Barabara Althoff, Kronen und Kopfputz von Königsfrauen im Neuen Reich, Hildesheim, 2009, S. 24:

Zitat:
Die berühmte hohe Blaue Krone von Nofretete scheint eine Neuschöpfung speziell für diese Königin gewesen zu sein. Keine ihrer unmittelbaren Nachfolgerinnen trägt sie, selbst ihre Tochter Anchesenamun nicht, die ja die Kappenkrone weiter nutzt. Somit ist anzunehmen, dass sie unmittelbar an Nofretete gebunden ist.

Des weiteren schreibst Du, dass Nofretete auch die Atef-Krone getragen habe. Das konnte ich in den von Dir angegebenen Literaturstellen nicht finden, habe sie aber schließlich in der Davies-Publikation The Tombs of Panehesy and Meryra II, Taf. VIII entdeckt. Vielleicht kannst Du das noch ergänzen.

In der Formulierung

Zitat:
Ihre Tochter Anchesenpaaton, welche bis zu ihrem Übertritt zunächst den Namen Anchesenamun trug, (...)

hast Du die Namensänderung vertauscht: Sie hieß zunächst Anchesenpaaton und änderte ihren Namen nach dem Ende der Amarna-Zeit in Anchesenamun.

Viele Grüße,
MIchael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 18.11.2023 um 16:12:02


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=lexikond&id=030911125918&uid=231117164350-050427115304


11) Re: Die Kartusche der Nofretete
 Lolli2u am 19.11.2023 um 23:24:07 - Anhang: 3 Anhänge

Hallo Michael,

prima das Du im Lexikon Eintrag die Umschrift der Kartusche Nofretetes um ihren Eigennamen ergänzt hast. Ape und ich hatten bei der Bearbeitung des Begriffs zur selben Zeit denselben Einfall und so kam es, dass zwar zeitgleich gleich zweimal dieselbe Kartusche hochgeladen wurde, diese aber ohne vollständige Umschrift blieb. Ich habe dieses anschließend dann nicht mehr bemerkt, aber immerhin hat sich der Fehler dann keine 10 Jahre plus X durchgehalten

Was deine Auffassung hinsichtlich der blauen Krone der Nofretete betrifft, dass diese eben keine Kriegskrone sei, so teile ich deine Meinung in diesem Punkt nicht, denn im Grab des Panehesi wird sie mit eben dieser Krone allein auf einem Streitwagen stehend dargestellt. Siehe dazu Norman de Garis Davies, Rock tombs of El-Amarna, Part II, Platte XVI. Ich habe das entsprechende Bild hier in den Dateianhang eingestellt. Des weiteren finden wir die späte Nofretete am Beispiel der Stand-Schreitfigur des Ägyptischen Museums ÄM 21263 (Datierung um 1345 v. Chr.) auch mit der blauen Kappenkrone dargestellt und daher sollte man an der Stelle also genau abwägen.

Die Darstellung auf Platte VIII, wo Norman de Garis Davies die Königin Nofretete mit Atef-Krone, sowie König Echnaton mit Hemhem-Krone zeigt, ist für das Verständnis der Herrschaft und Position der Königin Nofretete natürlich ebenfalls sehr bedeutend, weshalb ich diese Abbildung ebenfalls hier in den Dateianhang eingestellt habe. Danke, dass Du mich nochmals darauf hingewiesen hast.

Ich werde im Lexikon Eintrag also diese Angabe ergänzen, obwohl sich aus dem zweiten Teil der von Garis Davies veröffentlichten Untersuchungen noch sehr viel mehr schöpfen ließe und man sich letztlich entscheiden muss, was man davon vorstellt. Es steht dir frei dort weitere inhaltliche Ergänzungen zu machen. Der nötige Grundstock dafür ist nunmehr gelegt.

Schließlich hatte sich bei mir der Gedanke festgesetzt, dass sich Amenhotep IV (Echnaton) im 5. Jahr seiner Regierung vom bisherigen Staatskult des Amun distanziert hatte. Daher macht es für mich keinen Sinn, dass seine älteste Tochter in der Zeit bis zum Bruch bereits Anchesenpaaton geheißen haben soll. Hast du dafür eine zuverlässige Quelle ? Bei Tyldesley, Nefertiti, queen of Egypt, finden sich in der Hinsicht keine definitiven Aussagen.      

Joyce Tyldesley : Nefertiti, queen of Egypt. In : Encyclopedia Britannica. Online unter : https://www.britannica.com/biography/nefertiti

Wenn Christina Hanus in Seyfried 2012, S. 38 dazu schreibt, dass Tutanchaton und Anchesenpaaton im 3. Jahr ihrer eigenen Regierung schließlich ihre Namen in Anchesenamun und Tutanchamun umformten, so dürfte diese Namensänderung wohl vor allem deshalb glaubhaft gewesen sein, weil es die ursprünglichen Geburtsnamen waren, welche sie damit annahmen. Für diese These fehlen mir jedoch zuverlässige Zeugnisse. Andererseits habe ich mich in unserem Lexikon Eintrag zu Anchesenamun natürlich auch mit der Position von Udimu vertraut gemacht, allein auch diese überzeugte mich nicht wirklich. Dieser Sachverhalt scheint bislang nicht abschließend ermittelt worden zu sein. Dennoch werde ich auch hier selbstverständlich tun, was Konsens ist und nehme die gewünschte Änderung also in den nächsten Tagen vor.

Herzliche Grüße

Lolli

Quelle :

Christina Hanus : Die Zeit vor und nach Amarna - Anfänge und Auswirkungen des Aton-Glaubens. In : Friederike Seyfried : Im Licht von Amarna - 100 Jahre Fund der Nofretete, Ausstellungskatalog für das Ägyptische Museum, Berlin 2012, S. 32 - 41. Siehe dazu weiter oben in Beitrag # 8 den Link zur Volltextausgabe.  

> Antwort auf Beitrag vom: 19.11.2023 um 18:34:03

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12) Re: Die Kartusche der Nofretete
 Lolli2u am 19.11.2023 um 23:53:45 - Anhang: Kartusche_der_Nofretete_im_Grab_des_Panehesi_Aus_Norman_de_Garis_Davies_The_rock_tombs_of_El_Amarna_II_London_1905_Platte_V_Gemeinfrei_In_public_domain_.jpg

In Hinblick auf das Zeichen B 7 dürfte selbstverständlich auch noch die folgende Kartusche der Nofretete von Interesse sein, welche Norman de Garis Davies, The rock tombs of El-Amarna II, London 1905, Platte V, im Grab des Panehesi aufgenommen hatte.

> Antwort auf Beitrag vom: 19.11.2023 um 23:24:07


13) Re: Die Kartusche der Nofretete
 Lolli2u am 21.11.2023 um 11:49:26 - Anhang: 3 Anhänge

Die Tatsache, dass nicht nur Teje, die Mutter des Echnaton, sondern auch Königin Nofretete (1353-1336) selbst in ihren frühen Regierungsjahren als Hohepriesterin des Amun in Erscheinung trat und die Ausübung dieser Funktion auch öffentlich propagierte, wird insbesondere durch entsprechende Darstellungen auf den Grenzstelen von El-Amarna bezeugt. Sie finden sich bei Norman de Garis Davies, The rock tombs of El-Amarna, Part V, London 1908, Platten XXV - XXVI (Stelen U und S), sowie Platte XXXIII (Stele N).

Link : https://archive.org/details/rocktombsofelama17davi/page/n135/mode/2up?view=theater

Siehe dazu auch Christina Hanus in : Friederike Seyfried, Im Licht von Amarna, Berlin 2012, S. 36, Abb. 4 (Rekonstruktion der Grenzstele N)

Dies wiederum stützt meine These, dass ihre Tochter Anchesenpaaton ursprünglich einmal den Namen Anchesenamun getragen und diesen nach dem Zusammenbruch des Aton-Kultes dann wieder angenommen haben wird.


 

> Antwort auf Beitrag vom: 19.11.2023 um 23:53:45

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14) Re: Die Kartusche der Nofretete
 Lolli2u am 21.11.2023 um 21:44:02 - Anhang: 3 Anhänge

Ein wichtiges Indiz dafür, dass die Königin Nofretete nicht nur ihre eigene blaue Krone trug, sondern sich möglicherweise auch mit derjenigen ihres Gemahls Echnaton öffentlich darstellen ließ, könnte das Relief im Türsturz des bislang nicht identifizierten Grabes Amarna Nr. 20 sein. Die Darstellung findet sich in Norman de Garis Davies, The rock tombs of El-Amarna, Part V, London 1908, Platte XV.

Norman de Garis Davies ist verwundert, dass die im Eingang von Grab Nr. 20 inschriftlich genannte Königin Nofretete in dem dazugehörigen Relief nicht selbst zu sehen ist, doch gezeigt werden vermutlich Königin Nofretete links mit Kartuschen und König Echnaton rechts mit seiner markanten Kinnpartie. Beide weisen ansonsten ein sehr ähnliches Äußeres auf, denn sie tragen dasselbe Ornat und die Blaue Krone und verehren in der Darstellung die Gottheit Aton. Obwohl die Kartusche des rechts in der Darstellung stehenden König Echnaton nicht lesbar ist, erkennt man ihn doch an seinem markanten Kinn. Der Kommentar von Garis Davies zu dieser Darstellung im Türsturz des bislang nicht identifizierten Grabes Amarna Nr. 20 findet sich ebenda, El-Amarna, Part V, Seite 14. Demnach besteht kein Zweifel, dass die Bildhauer hier tatsächlich sowohl Echnaton, als auch Nofretete mit der Blauen Krone dargestellt haben könnten. Ungewöhnlich ist zudem, dass Nofretete und Echnaton ausgerechnet mit diesen Insignien sogar gleich groß dargestellt wurden. Bei diesem Grab Nr. 20 könnte es sich um das der dort dazu genannten, königlichen Schwester Mutbenret (Mutnedjmet) handeln.

Link : https://archive.org/details/rocktombsofelama17davi/page/14/mode/2up?view=theater    

Die Königin Nofretete ließ ihre gesellschaftliche Stellung bekanntlich durch das tragen verschiedener Kronen öffentlich anzeigen. Diesbezüglich griff sie möglicherweise auch auf die Blaue Krone ihres Gemahls Echnaton zu.  

Beste Grüße

Lolli

> Antwort auf Beitrag vom: 21.11.2023 um 11:49:26

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15) Re: Die Kartusche der Nofretete
 Lolli2u am 21.11.2023 um 23:15:36 - Anhang: 2 Anhänge

Vielleicht bringen ja die insbesondere auf der linken und rechten Seite des Reliefs von Grab Nr. 20 erhalten gebliebenen Inschriftenteile Licht in den Sachverhalt. Ich habe mich an der Stelle gefragt, ob sich die Kartusche des rechts im Bild gezeigten Echnaton dort zumindest in Teilen irgendwo erhalten hat, denn ich konnte nur links diejenigen der Nofretete lesen.

Mutbenret (Mutnedjmet), die Schwester des Echnaton, findet sich vermutlich links unten mit einem Wedel dargestellt ?

Quelle : Norman de Garis Davies, The rock tombs of El-Amarna, Part V, London 1908, Platte XV (Grab Nr. 20).



> Antwort auf Beitrag vom: 21.11.2023 um 21:44:02

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16) Re: Die Kartusche der Nofretete
 Lolli2u am 22.11.2023 um 08:42:51 - Anhang: Nofretete_grose_koenigliche_Gemahlin_Kartusche_sitzende_Dame_mit_Krone_und_Blumenzweig_Gardiner_Liste_B7_Quelle_Norman_de_Garis_Davies_The_rock_tombs_of_El_Amarna_Foto_In_public_domain_Gemeinfrei_.jpg

Leider konnte ich zu dem Relief von Grab Amarna Nr. 20 kein entsprechendes Foto finden, was oftmals sehr hilfreich ist. Ich erinnere mich diesbezüglich etwa an die Aufnahmen von Horst Schliephack in Semna. Würde man auf einem solchen Foto auf der linken Seite etwa eine Person in langem Kleid sehen, so hätte man tatsächlich von einer Frau auszugehen, doch ohne einen qualitativ aussagekräftigen fotografischen Nachweis lässt sich dazu keine sichere Aussage treffen, außer vielleicht diejenige, dass die Inschrift in der Tat von Nofretete spricht, diese aber in der Zeichnung des Reliefs nicht in gewohnter Weise gezeigt wird. Ob es sich dabei um "eine Laune" der Bildhauer handelt, wie Norman de Garis Davies sagt, oder aber den vermutlich insgesamt drei Handwerkern bei der Erstellung des Reliefs ein Fehler in der Darstellung des königlichen Paares unterlief, man wird es vermutlich nicht mehr klären können. Letzteres ist durchaus möglich, weil die Arbeiten zur Dekoration des Grabes Nr. 20 an dieser Stelle abgebrochen wurden, wie Davies dazu sagt.

Man fühlt sich an dieser Stelle irgendwie unmittelbar an das 2012 von Anke Weber beschriebene, unfertige Relief mit der Darstellung zweier königlicher Personen erinnert. Dieses in dem Katalog von Friederike Seyfried, Berlin 2012, S. 412 - 413 vorgestellte Relief wurde am 11. Dezember 1911 von Ludwig Borchardt entdeckt und stammt vermutlich aus der Bildhauerwerkstatt im Gebäude El-Amarna O 49.14. Gezeigt wird die Königin Nofretete, welche die blaue Chepresch-Krone tragend ihrem Gemahl Echnaton, der lediglich eine Perücke trägt, zu trinken einschenkt. Dieses in dem Katalog mit der Nummer 200 gezeigte Relief, welches sich mit der Inventar-Nummer ÄM 20716 im Ägyptischen Museum zu Berlin befindet, hat für die Interpretation des im Eingang von Grab Amarna Nr. 20 gesetzten Reliefs erhebliche Bedeutung. Gleiches dürfte für das von Weber in Hinblick auf das im Kat. Nr. 202 besprochene Relief gelten, welches unter der Inventar Nummer ÄM 15000 ebenfalls die Königin Nofretete zeigt, hier jedoch mit einer blauen Kappenkrone (Ebenda, S. 416 - 417). Leider können diese beiden in Kalkstein gesetzten Reliefs hier aus urheberrechtlichen Gründen nicht gezeigt werden, weshalb ich darum bitte, diese in dem von Seyfried herausgegebenen Ausstellungskatalog nachzuschlagen. Dieser findet sich im Beitrag # 8 unter dem Titel "Im Licht von Amarna" als Volltext eingestellt.      

Zusammenfassend wird man sicherlich aussagen können, dass die Königin Nofretete zu ihrer Zeit mit den folgenden Kronen dargestellt wurde :

1.) Atef-Krone, so etwa in Davies, El-Amarna, Part II, Platte VIII.
2.) Blaue Krone, so etwa in Davies, El-Amarna, Part II, Platte XVI, sowie Seyfried, Katalog Nummer 200 u. 202.
3.) Doppelfeder-Krone, so etwa in Davies, El-Amarna, Part V, Platte XXVI u. XXXIII.

Ihre Kartusche variierte mitunter, doch dürfte sie vornehmlich in der von Michael in # 3 mitgeteilten Schreibweise Verbreitung gefunden haben. Dem entsprechende Darstellungen finden sich daher auch bei Norman de Garis Davies, womit ich für meinen Teil die Erörterungen über die Kartusche der Königin Nofretete beenden möchte.

Beste Grüße    

> Antwort auf Beitrag vom: 21.11.2023 um 23:15:36


17) Re: Die Kartusche der Nofretete
 Michael Tilgner am 22.11.2023 um 23:36:56

Hallo, Lolli,

ich will nur auf zwei Fragen eingehen.

Nofretetes Blaue Krone

Nofretetes Blaue Krone ist von der "Blauen Krone" der Pharaonen (auch Chepresch-Krone genannt) zu unterscheiden, hatte ich angemerkt.

Zitat:
Was deine Auffassung hinsichtlich der blauen Krone der Nofretete betrifft, dass diese eben keine Kriegskrone sei, so teile ich deine Meinung in diesem Punkt nicht, denn im Grab des Panehesi wird sie mit eben dieser Krone allein auf einem Streitwagen stehend dargestellt.

Dass es sich um zwei unterschiedliche Kronen, ist unzweifelhaft. Ein schönes Beispiel ist die Doppelstatue Louvre E 155931. Der Louvre hat 27 (!) Einzelbilder zu diesem Stück eingestellt, so dass man sich diese Statue von allen Seiten und im Detail genau ansehen kann. Auf etlichen dieser Fotos sind die Kopfbedeckungen klar zu erkennen: Echnaton trägt die Chepresch-Krone, Nofretete die nur bei ihr nachgewiesene hohe Blaue Krone.

Ihre außergewöhnliche Rolle und Bedeutung zeigt sich nicht nur in ihrer Darstellung auf dem Streitwagen, sondern auch in einer singulären Szene (Boston, Museum of Fine Arts, Inv.-Nr. 64.5212), in der sie eine Feindin erschlägt (in der Kajüte zu sehen), wobei sie ebenfalls ihre Blaue Krone trägt. Diese Ikonographie ist sonst - d.h. zu allen Zeiten - nur dem Pharao vorbehalten.

Danach ist ganz klar, dass man Nofretetes Blaue Krone als Gegenstück zur Chepresch-Krone sehen kann - nur: Es sind eben doch verschiedene Kronen!

Zur Abbildung in Grab 20, wo Du meinst:

Zitat:
gezeigt werden vermutlich Königin Nofretete links mit Kartuschen und König Echnaton rechts mit seiner markanten Kinnpartie

Meiner Meinung nach handelt es sich links und rechts jeweils um Echnaton, wie es auch im Grab des Panehesy dargestellt ist (N. de G. Davies, The Rock Tombs of El Amarna, Part II: The Tombs of Panehesy and Meryra II, London, 1905, Taf. 53); dort allerdings steht Nofretete jeweils hinter ihm. Insofern ist Davies' Verwunderung über die fehlende Königin in Grab 20 nachvollziehbar.

Namensänderung bei Anchesenpaaton

Zitat:
Schließlich hatte sich bei mir der Gedanke festgesetzt, dass sich Amenhotep IV (Echnaton) im 5. Jahr seiner Regierung vom bisherigen Staatskult des Amun distanziert hatte. Daher macht es für mich keinen Sinn, dass seine älteste Tochter in der Zeit bis zum Bruch bereits Anchesenpaaton geheißen haben soll.

Die Hinwendung zum Aton-Kult vollzog sich schon, als Amenhotep IV. noch in Karnak war. So konnten die sog. Talatat-Blöcke zu einem Teil wieder zusammengesetzt werden. Vier Tempel wurden rekonstruiert, darunter ein Tempel, dessen Namen mit Gm-pA-Jtn angegeben wurde: "Aton ist gefunden". Dieses Gebäude wurde wahrscheinlich im Jahr 2 der Regierungszeit von Amenophis IV. errichtet.

Als älteste Tochter Nofretetes und Echnatons gilt Meretaton, ihre zweite Tochter ist Meketaton, die wohl im Jahr 5/6 geboren wurde. Das hat man daraus geschlossen, dass sie nachträglich in die Grenzstele K eingefügt wurde. Erst als dritte wurde Anchesenpaaton geboren, d.h. später als Jahr 5/6, wahrscheinlich im Jahr 7 oder 8. Meines Wissens gibt es keine Belege, die einen ursprünglichen Namen Anchesenamun zeigen würden.

Dem Beitrag Nicholas Reeves, The Royal Family, in: Rita E. Freed et al., Pharaohs of the Sun, London, 1999, S. 81-954 habe ich diese Informationen entnommen.

Ähnliches steht in Dorothea Arnold, The Royal Women of Amarna, New York, 19965, S. 11-12.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 22.11.2023 um 08:42:51


1: https://collections.louvre.fr/ark:/53355/cl010008248
2: https://collections.mfa.org/objects/46198/river-scene-with-royal-barges-and-tow-boats
3: https://archive.org/details/rocktombsofelama14davi/page/n73/mode/2up
4: https://www.academia.edu/7457516/The_Amarna_Royal_Family_1999_
5: https://www.metmuseum.org/art/metpublications/The_Royal_Women_of_Amarna_Images_of_Beauty_from_Ancient_Egypt


18) Re: Die Kartusche der Nofretete
 Michael Tilgner am 23.11.2023 um 19:05:58 - Anhang: 2 Anhänge

Hallo, Lolli,

ich habe mich noch einmal mit der Darstellung auf dem Türpfosten im Grab 20 befasst.

Zu den Inschriftenteilen rechts und links: Obwohl zum Teil zerstört, lassen sie sich doch zu den Namen von drei Töchtern ergänzen. Mehr Klarheit zur Frage, ob die dargestellten (großen) Personen Echnaton und Nofretete oder nur zweimal Echnaton sind, tragen die Kartuschen oberhalb der Szene bei. Diese sind auf der Taf. 15 leider zerstört, aber man kann doch etwas daraus ablesen. Dazu habe ich die Taf. 26 herangezogen, aus dem gleichen oben bereits erwähnten Band von Davies, Amarna V, 1905.

Diese Tafel stellt die Grenzstele S dar. Man erkennt in der Abbildung eine Struktur, die sich auch auf vielen anderen Darstellungen wiederfindet: In der Mitte die Sonnenscheibe Aton, die ihre mit Händen versehenen Strahlen zum königlichen Paar ausstreckt, das einmal links und einmal rechts steht.

Zu sehen sind auf jeder Seite 5 Kartuschen: Aton am nächsten stehen zwei etwas größere Kartuschen; sie enthalten seine Namen. Damit ist Aton auch als Herrscher Ägyptens gekennzeichnet. Daran schließen sich zwei kleinere Kartuschen mit dem Thron- und Eigennamen Echnatons an. Ganz außen rechts bzw. links folgt die Kartusche mit dem Namen Nofretetes.

Wendet man dieses Schema auf die Darstellung des Grabes 20 an, so erkennt man zwar keine Hieroglyphen, aber die gleiche Struktur. Rechts sind 5 Kartuschen erkennbar, zwei größere, drei kleinere. Links zwei größere, dann eine Lücke, in die aber gut zwei Kartuschen passen würden, und schließlich eine Kartusche, in der sogar der (erweiterte) Name Nofretetes lesbar ist. Das spricht dafür, dass rechts und links neben der Sonnenscheibe jeweils Echnaton dargestellt ist. Für Nofretete wäre rechts und links Platz da, sie fehlt aber aus irgendeinem Grunde.

Ich hänge die Ausschnitte aus den Tafeln 15 und 26 mit einer etwas besseren Auflösung an.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 22.11.2023 um 23:36:56

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