Hallo, Lolli, zum Namen "Nofretete" Nfr.t jj.tj Der erste Bestandteil ist ein Substantiv, abgeleitet von nfr "gut, schön, vollkommen" mit der Femininendung .t, also "die Gute, Schöne, Vollkommene". Der zweite Bestandteil ist das Verb jj "kommen" mit der Endung .tj. Diese ist das Pseudopartizip - eine entsprechende Wortform gibt es im Deutschen nicht - für die 3. Person Singular feminin. Das Ganze bildet einen Satz, nämlich die sog. pseudoverbale Konstruktion - wiederum gibt es so etwas im Deutschen nicht. Eine Analyse der Verwendung solcher Sätze hat ergeben, dass bei Verben der Bewegung - wie in diesem Fall - das Ergebnis der Bewegung hervorgehoben wird ("emphasize the result of the movement", Alan H. Gardiner, Egyptian Grammar, 3. Auflage, 1957, § 320). Das wird im Deutschen durch "ist gekommen" angenähert. In der ägyptologischen Kunstaussprache wird der Name Neferet-i-i-ti ausgesprochen: Zwischen Konsonanten wird ein "e" eingefügt, und der Halbkonsonant oder "schwache Konsonant" j wird als "i" gesprochen. Im Angelsächsischen oder auch im Französischen wird die Königin dementsprechend Nefertiti genannt; im Deutschen hat sich die Lesung Nofretete durchgesetzt. Aufgrund keilschriftlicher Analogien wird der Name eher wie Nafteta geklungen haben. Allerdings ist Nofretetes Name selbst, soweit ich weiß, keilschriftlich nicht überliefert. Einzelheiten übergehe ich hier. Hermann Ranke, Die ägyptischen Personennamen, Bd. I, Glückstadt, 19351 hat den Namen auf S. 201 unter der Nr. 12 eingetragen (in der Ägyptologie wird diese Angabe abgekürzt zu: PN I, 201.12). Im Namenszusatz nfr-nfr.w-Jtn kann nfr.w allein nicht als Superlativ aufgefasst werden; daher kommt nur eine der von mir aufgezählten Übersetzungen in Frage. Wichtig ist der Umstand, dass sich die Namen des Gottes und der Königin gegenüberstehen, was durch die Spiegelung des Gottesnamens erreicht wird. Diese Umkehrung der Lese- bzw. Schreibrichtung ist keineswegs ungewöhnlich: Wir finden sie z.B. auch in der Kartusche bei Ramses II. in seinem Eigennamen, wo sich Amun und Re gegenübersitzen, von Angesicht zu Angesicht; die Hieroglyphe C12 für Jmn ist gespiegelt. Ein anderes Beispiel ist der Eigenname Amenemopes (Pharao der 21. Dynastie), wo sich zwei Hieroglyphen C12A (extended library) einander zuwenden. Der Umkehrung einzelner Hieroglyphen oder einzelner Wörter wurde eine ganze Studie gewidmet: Henry George Fischer, The Orientation of Hieroglyphs, Part I: Reversals, New York, 19772. Unser Fall wird dort in § 33a "Reversals of divine names" unter Nr. (5) diskutiert (S. 92-93). Erstaunlich ist, dass im Namen Nfr-nfr.w-Jtn-tA-Srj(.t) "Neferneferuaton-tascheri", eine Tochter Nofretetes, der Gottesname Aton entsprechend der Leserichtung von rechts nach links geschrieben ist, während er in der Kartusche Nofretetes gespiegelt wird! Ein Beispiel findet man im Grab des Merire II (Lepsius, Denkmäler, III, Bl. 99b3). Über den Grund kann man nur spekulieren. Eine Ausnahme von dieser "Regel" ist auch bekannt: Abgebildet in N. de G. Davies, The Rock Tombs of El Amarna, Part III: The Tombs of Huya and Ahmes, London, 1905, Taf. 274 oben rechts, während Aton in Nofretetes Kartusche oben links gespiegelt ist. Wahrscheinlich hat der Zeichner nur nicht aufgepasst. Es sei noch angemerkt, dass auf der Diskussionsseite des Wikipedia-Artikels zu Nofretete5 bereits vor 10 Jahren auf die fehlerhafte hieroglyphische Schreibung des Namens hingewiesen wurde - geändert hat sich aber nichts! Viele Grüße, Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 15.11.2023 um 16:39:42
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